SEITE 1 - Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
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GEWERKSCHAFT ERZIEHUNG UND WISSENSCHAFT • STADTVERBAND KÖLN • KREISVERBAND RHEIN-BERG • AUSGABE 3/2011
Der Kalscheurer Weiher<br />
ist eine Perle unter den Erholung spendenden Landschaftsgestaltungen,<br />
zumal diese Perle noch in ihrer Muschel schlummert, den meisten völlig<br />
unbekannt, kein Schild weist den Weg. Nicht einmal Google Maps kennt ihn,<br />
wie die Karte zeigt. Sind den Ausflüglern der Decksteiner <strong>und</strong><br />
der Aachener Weiher wohlbekannt, kann man sonntags - selbst<br />
bei schönem Wetter - hier die Besucher an den Fingern abzählen.<br />
Dies finden viele Vögel sehr angenehm, die man vom Tretboot<br />
aus auf der Insel im Weiher w<strong>und</strong>erbar beobachten kann.<br />
Dieses Vergnügen war mir nicht beschieden, da mein Beobachtungsposten<br />
- wie das Titelbild zeigt - von Turbulenzen<br />
durchwalkt wurde, die auf sportlich unzureichende Bedienung<br />
des Vortrieb-Mechanismus zurückzuführen waren.<br />
Niemand von uns vieren hatte zuvor mit einem Ruderboot<br />
Erfahrungen machen können, entsprechend lustig war die<br />
Seefahrt.<br />
Nicht immer lustig ging es zu in der jüngeren Geschichte des<br />
Weihers. Der Verein ›Natur, Bildung <strong>und</strong> Soziales, Bürger informieren<br />
Bürger e. V.‹ kurz Nabis, rief im März 2010 zu einer<br />
Bürgerversammlung auf, da er fürchtete, dem Weiher ginge es an den<br />
Kragen. Die Stadt hatte der ›Kölner Grün Stiftung‹ die Pflege des Weihers<br />
übertragen, doch man argwöhnte, dass die Geschäftsführer dieses gemeinnützigen<br />
Vereins nur an der Immobilie interessiert wären zu Gunsten des<br />
Baukonzerns Bauwens-Adenauer, sind doch die Geschäftsführer der ›Grün<br />
Stiftung‹ Paul Bauwens-Adenauer <strong>und</strong> Dr. Patrick Adenauer. Man hörte die<br />
Nachtigall trapsen ...<br />
Es bildete sich der Verein ›Unser Kalscheurer Weiher e.V.‹, der<br />
sich für den Erhalt von Kiosk <strong>und</strong> Bootsverleih einsetzte - <strong>und</strong><br />
mit Erfolg. Seit dem 1. April 2011 ist dieser Verein offizieller<br />
Pächter, <strong>und</strong> auch der Bauantrag für einen Neubau des Kioskes<br />
ist genehmigt.<br />
Noch steht der rostrote Bauwagen als Notlösung, aber die<br />
beiden Damen, die ihn bewirtschaften, zeigten uns stolz das<br />
hölzerne Modell des geplanten Neubaus*.<br />
Ob das den Besucherstrom befördert, bleibt abzuwarten. Der<br />
Uferbereich, der tatsächlich durch die ›Grün Stiftung‹ einer<br />
Pflege <strong>und</strong> Gestaltung unterworfen wurde, macht nämlich den<br />
Eindruck einer ›Betreten-verboten-Wiese‹, aber das wird sich<br />
noch ändern.<br />
Eigentlich wollte ich gar nicht den Weiher selbst zum Thema des Titelbildes<br />
machen, sondern eine noch viel verstecktere Sehenswürdigkeit:<br />
Nichts Besonderes für Köln, aber immerhin ein - nur per Bötchen zu erreichendes<br />
- gut erhaltenes Römergrab. Was mich dann davon abgehalten<br />
hat, es zu fotografieren, kann man sich denken: Turbulenzen!<br />
Thomas Sommerkamp<br />
* http://kalscheurer-weiher.de, da gibt´s noch mehr Fotos.<br />
<strong>SEITE</strong> 2<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber: GEW Stadtverband Köln<br />
Hans-Böckler-Platz 1<br />
50672 Köln<br />
Erscheint fünfmal im Jahr; Bezugspreis 1,25 Euro;<br />
Für GEW-Mitglieder ist der Bezug des forum im<br />
Mitgliedsbeitrag enthalten.<br />
Leserbriefe geben nicht in jedem Fall die Meinung<br />
der Redaktion wieder.<br />
REDAKTION<br />
Klaus Minartz<br />
GESCHÄFTSSTELLE<br />
Montag bis<br />
Donnerstag 10.00 bis 16.00 Uhr<br />
Freitag 12.00 bis 16.00 Uhr<br />
Telefon 02 21 51 62 67<br />
Telefax 02 21 52 54 46<br />
Homepage www.gew-koeln.de<br />
E-MAIL gew-koeln@netcologne.de<br />
Konto 1320732101<br />
SEB AG, BLZ 370 101 11<br />
DRUCK<br />
Zimmermann, Köln<br />
DTP<br />
Thomas Sommerkamp, Siegen<br />
Redaktionsschluss:<br />
22. Juli 2011<br />
TELEFONISCHE RECHTSBERATUNG<br />
Telefon 02 21 51 62 67<br />
Montag <strong>und</strong> Donnerstag 17.00 bis 19.00 Uhr<br />
<strong>und</strong> nach Vereinbarung<br />
In den Ferien:<br />
Landesrechtsschutzstelle 02 01 2 94 03 37<br />
Der Kalscheurer Weiher 2<br />
Impressum <strong>und</strong> Inhalt 3<br />
Bildungspolitik<br />
<strong>SEITE</strong> 3<br />
INHALT<br />
forum 3/2011<br />
Gemeinschaftsschule: Auf die sanfte Tour 4<br />
Kölner Inklusionsplan 9<br />
Fit für die Inklusion 10<br />
Kita<br />
Ges<strong>und</strong>heitsschutz 12<br />
Profis für die Kitas 13<br />
<strong>Gewerkschaft</strong>liche Hochschularbeit<br />
HIB<br />
17<br />
Änderungen im Vorbereitungsdienst 18<br />
Handlungsorientierte Medienpädagogik 19<br />
Fachgruppen & Arbeitskreise 20<br />
Rechtsberatung 21<br />
Bonuszahlungen für <strong>Gewerkschaft</strong>er 22<br />
Prekäre Beschäftigungsverhältnisse 23<br />
Pausengepräch 27<br />
Aktive Ruheständler 28<br />
Kham Nomadenhilfe 30<br />
Aphorismen zur Kernenergie 32<br />
Über unsere Kölner Internet-Seite www.gew-koeln.de<br />
oder übere www.gew-nrw.de sind aktuelle Informationen,<br />
Newsletter, Kommentare <strong>und</strong> Archivmaterialien zu allen<br />
bildungspolitischen Aspekten abrufbar.<br />
Nach der Eingabe des Benutzernamens (mit großem<br />
Anfangsbuchstaben) <strong>und</strong> der Mitgliedsnummer (hat 10<br />
Ziffern <strong>und</strong> beginnt in NRW mit einer 4, sie steht auf dem<br />
Mitgliedsausweis oder auf dem Adressaufkleber der NDS)<br />
stehen alle Daten vollständig zur Verfügung.
Auf die sanfte Tour<br />
Gemeinschaftsschule in NRW<br />
Rettung des Gymnasiums oder der Weg zur einen Schule für alle?<br />
von Karl-Heinz Heinemann<br />
aus: Pädagogik 4/11<br />
Im nächsten Schuljahr sollen die<br />
ersten 17 Gemeinschaftsschulen<br />
in Nordrhein-Westfalen ihre<br />
Tore öffnen. Der neue Schultyp<br />
wird nur als Versuchsschule eingeführt.<br />
Ist die Gemeinschaftsschule<br />
wirklich ein Fortschritt in<br />
Richtung von längerem gemeinsamem<br />
Lernen oder nur eine<br />
Umetikettierung von Hauptschulen?<br />
Der 11. im elften - während in<br />
Köln vor dem Rathaus der<br />
Karneval ausgerufen wird,<br />
beschließt der Gemeinderat im<br />
benachbarten Bornheim, die<br />
einzige Hauptschule des Orts<br />
in einer Gemeinschaftsschule<br />
umzuwandeln. Diese für<br />
Nordrhein-Westfalen neue<br />
Schulform steht nicht im<br />
Schulgesetz. Deshalb wird sie<br />
zunächst nur auf Antrag des<br />
Schulträgers als Versuchsschule<br />
genehmigt. Außer den vier<br />
Mitgliedern der FDP-Fraktion<br />
stimmen alle Ratsmitglieder<br />
dafür. Dass Sozialdemokraten<br />
<strong>und</strong> Grüne dieses Projekt der<br />
von ihren Parteien getragenen<br />
Landesregierung unterstützen,<br />
ist kein W<strong>und</strong>er, aber auch die<br />
CDU, die stärkste Fraktion im<br />
Bornheimer Rat, stimmt für<br />
eine Schulform, die von ihrer<br />
Partei im Landtag immer noch<br />
heftig bekämpft wird. Zwei<br />
Punkte führt die CDU- Rats-<br />
BILDUNGSPOLITIK BILDUNGSPOLITIK<br />
vertreterin Gabriele Kretschmer<br />
zur Begründung an:<br />
Erstens leidet die einzige<br />
Hauptschule am Ort an ständiger<br />
Auszehrung. Die im<br />
letzten Jahr abgelöste CDU-<br />
FDP-Landesregierung habe<br />
alles unternommen, um diese<br />
Schulform aufzuwerten, doch<br />
es habe nichts genützt. Und<br />
zweitens suchten Eltern heute<br />
nach den besten Ausgangspositionen<br />
ihrer Kinder. Darauf<br />
muss sie sich heftige Vorwürfe<br />
ihres FDP-Kollegen anhören:<br />
Es sei »wirklich spannend, hier<br />
zu erleben, wie schnell Überzeugungen<br />
völlig erodieren<br />
können.« Die erste genehmigte<br />
Gemeinschaftsschule in Nordrhein-<br />
Westfalen steht in Ascheberg<br />
- auch hier war es ein<br />
CDU-Bürgermeister, der schon<br />
zu Zeiten der Vorgängerregierung<br />
von CDU <strong>und</strong> FDP dieses<br />
Modell vorangetrieben hatte. In<br />
der Bornheimer CDU-Fraktion<br />
ging es heftig her, da habe sie<br />
sich schon einige Blessuren<br />
geholt, meint Gabriele Kretschmer.<br />
Man versah den Antrag<br />
mit einer Präambel, in der<br />
beteuert wird, dass sich das<br />
gegliederte Schulsystem bewährt<br />
habe <strong>und</strong> das Ganze<br />
keinesfalls als Angriff auf das<br />
Gymnasium zu verstehen sei.<br />
Damit wird noch einmal<br />
deutlich gemacht: es geht in<br />
Bornheim nicht um »eine<br />
Schule für alle «, sondern<br />
bestenfalls um ein Zwei-Säu-<br />
<strong>SEITE</strong> 4<br />
lenmodell. Dafür heben dann<br />
auch die grünen Ratsmitglieder<br />
ihre Hand. Er hätte das nicht so<br />
geschrieben, beteuert Markus<br />
Schnapka, der grüne Beigeordnete,<br />
der für die Schulen<br />
zuständig ist. Es ist eine besondere<br />
Konstellation in Bornheim,<br />
der Stadt zwischen Köln<br />
<strong>und</strong> Bonn mit etwa 50 000<br />
Einwohnern, verstreut auf 14<br />
Gemeinden. Der Bürgermeister<br />
ist Sozialdemokrat, aber im Rat<br />
bildet die CDU die größte<br />
Fraktion, <strong>und</strong> sie regiert zusammen<br />
mit den Grünen.<br />
Doch die Schulprobleme der<br />
Gemeinde sind typisch für das<br />
Land. In der Stadt gibt es ein<br />
Gymnasium, eine kleine<br />
Hauptschule mit rückläufigen<br />
Schülerzahlen <strong>und</strong> eine Gesamtschule<br />
mit 1 500 Schülern,<br />
aber keine öffentliche Realschule,<br />
Viele Kinder müssen in<br />
Schulen der benachbarten<br />
Städte auspendeln. Die Europaschule,<br />
so nennt sich die<br />
Gesamtschule am Ort, nimmt<br />
jedes Jahr r<strong>und</strong> 180 Schüler<br />
auf, doch ebenso viele Eltern<br />
<strong>und</strong> Kinder müssen wegen<br />
fehlender Plätze abgewiesen<br />
werden. Im ganzen Land<br />
Nordrhein-Westfalen waren es<br />
im letzten Schuljahr knapp<br />
15000 Kinder, die vergeblich<br />
einen Platz an einer Gesamtschule<br />
nachsuchten. Die<br />
einzige Hauptschule in Bornheim<br />
macht einen guten<br />
Eindruck: Das neue Gebäude<br />
wirkt sauber <strong>und</strong> belebt. Das<br />
Kollegium hat ein überzeugendes<br />
pädagogisches Konzept<br />
- Berufsorientierung, musische<br />
Bildung, Ganztagsbetreuung<br />
- daran könnte sich manche<br />
andere Schule ein Beispiel<br />
nehmen. Doch es nützt nichts<br />
- diese Schule bekommt nur<br />
noch die Schüler, die von<br />
anderen Schulen abgelehnt<br />
wurden oder nach der sechsten<br />
Klasse von dort zurückgeschickt<br />
werden. Sie in eine<br />
Gemeinschaftsschule umzuwandeln<br />
ist der einzige Weg,<br />
ihr Überleben zu sichern. R<strong>und</strong><br />
die Hälfte der Hauptschulen in<br />
NRW bringt nicht mehr<br />
genügend Schüler zusammen,<br />
um den Betrieb weiter zu<br />
führen, gleiches gilt für 30<br />
Prozent der Realschulen <strong>und</strong><br />
15 Prozent der Gymnasien,<br />
stellte Renate Hendricks, die<br />
schulpolitische Sprecherin der<br />
SPD, im Düsseldorfer Landtag<br />
fest. Die Gemeinschaftsschule<br />
ist ein Kernelement der Schulpolitik<br />
der neuen Landesregierung.<br />
Kinder sollen nicht schon<br />
mit neun oder zehn Jahren, am<br />
Ende der Gr<strong>und</strong>schule auf<br />
verschiedene Schulformen<br />
aufgeteilt werden. Mindestens<br />
zwei Schulen - in der Regel<br />
eine Haupt- <strong>und</strong> eine Realschule,<br />
in der Theorie kann<br />
auch ein Gymnasium dabei<br />
sein, schließen sich zu einer<br />
Gemeinschaftsschule zusammen.<br />
Diese Voraussetzung ist<br />
in Bornheim<br />
eindeutig nicht<br />
erfüllt. Kann sie<br />
hier auch nicht,<br />
weil es am Ort<br />
keine Realschule<br />
gibt. Nur bei zehn<br />
der genehmigten<br />
17 Schulen ist auch<br />
eine Realschule mit<br />
dabei, von einem<br />
Gymnasium ganz<br />
zu schweigen. Nach<br />
einer Umfrage des Verbands<br />
Bildung <strong>und</strong> <strong>Erziehung</strong> vom<br />
vergangenen Oktober trugen<br />
sich 83 Hauptschulen <strong>und</strong> 20<br />
Realschulen mit der Absicht,<br />
sich in eine Gemeinschaftsschule<br />
umzuwandeln. Ohne die<br />
Beteiligung einer zweiten Schule<br />
besteht die Gefahr, dass<br />
lediglich eine im Bestand<br />
bedrohte Hauptschule ihr<br />
Türschild auswechselt, um<br />
wieder attraktiver zu werden.<br />
Gerade in Nordrhein-Westfalen<br />
ist diese Befürchtung<br />
begründet, denn hier wird<br />
heute schon der Hauptschulabschluss<br />
nach der Klasse zehn<br />
vergeben, <strong>und</strong> an jeder Hauptschule<br />
können Schüler auch die<br />
Fachoberschulreife bekommen,<br />
<strong>und</strong> mit Qualifikationsvermerk<br />
führt sie schon heute bis zum<br />
Abitur, Was unterscheidet also<br />
die Gemeinschaftsschule von<br />
einer Hauptschule? Erstens,<br />
dass sie »gymnasiale Standards<br />
« einschließen soll. Konkret<br />
bedeutet das, dass ab Klasse<br />
<strong>SEITE</strong> 5<br />
sechs eine zweite Fremdsprache<br />
angeboten werden muss,<br />
dafür braucht die Schule auch<br />
Gymnasiallehrer. Die Lehrpläne<br />
<strong>und</strong> Bücher müssen von<br />
vornherein so angelegt sein,<br />
dass der mittlere Abschluss<br />
<strong>und</strong> das Abitur erreicht werden<br />
können — also muss der<br />
Unterricht anders aussehen als<br />
an einer Hauptschule. Aber<br />
wie? Die künftigen Lehrer<br />
bekommen erst mal eine<br />
Fortbildung. Niemand aus dem<br />
Kollegium möchte hier weg,<br />
um Lehrern von außen Platz zu<br />
machen. Kann so ein Neubeginn<br />
aussehen, wenn das alte<br />
Hauptschulkollegium weitermacht?<br />
Sie soll eine kleine<br />
Gesamtschule sein, meint<br />
Rainer Michaelis, der Projektleiter<br />
für die Gemeinschaftsschulen<br />
im Düsseldorfer<br />
Schulministerium: »Das<br />
Gr<strong>und</strong>konzept, längeres gemeinsames<br />
Lernen, Binnendifferenzierung,<br />
Orientierung an<br />
allen Bildungswegen, das sind
Elemente, die sowohl in der<br />
Gesamtschule als auch in der<br />
Gemeinschaftsschule stecken.«<br />
Mit dem Unterschied, dass sie<br />
erheblich kleiner ist, sie braucht<br />
nur drei Parallelklassen mit<br />
mindestens 23 <strong>und</strong> höchstens<br />
25 Schülern, es reichen also 69<br />
Schüler, statt 112 als Mindestgröße<br />
für einen Gesamtschuljahrgang.<br />
Die Gemeinschaftsschule<br />
ist die Antwort auf den<br />
Geburtenrückgang: Auch auf<br />
dem Lande sollen Gemeinden<br />
Schulen behalten, die alle<br />
Abschlüsse anbieten. Bis Klasse<br />
sechs wird in jedem Fall in<br />
heterogenen Lerngruppen<br />
gearbeitet, danach ist die<br />
Aufteilung nach Abschlussniveaus<br />
möglich. Von den 17<br />
genehmigten Gemeinschaftsschulen<br />
haben lediglich zwei<br />
diese Trennung ab Klasse<br />
sieben im Konzept vorgesehen.<br />
Werden die Kinder nach der<br />
Klasse sechs getrennt, so wäre<br />
der Unterschied zu der nun<br />
von der CDU favorisierten<br />
»Verb<strong>und</strong>schule« kaum noch<br />
auszumachen. Diese Schule<br />
wäre im Gr<strong>und</strong>e keine Gemeinschaftsschule<br />
mehr, so wie<br />
der Begriff durch Ernst Rösner<br />
für das schleswig-holsteinische<br />
Reformmodell geprägt wurde.<br />
Nur drei der Neugründungen<br />
entstehen in Großstädten, eine<br />
in Bochum <strong>und</strong> zwei in Köln,<br />
während andere Großstädte<br />
dieses Angebot ignorieren.<br />
Stattdessen werden dort neue<br />
BILDUNGSPOLITIK BILDUNGSPOLITIK<br />
Gesamtschulen gegründet.<br />
Während die alte Regierung<br />
Gesamtschulen zu verhindern<br />
suchte — so scheiterte eine<br />
Gründung in Sankt Augustin<br />
an zwei fehlenden Schülern -<br />
sind sie nun relativ problemlos<br />
möglich. In Köln mussten im<br />
letzten Jahr über 800 Kinder<br />
abgewiesen werden, die einen<br />
Gesamtschulplatz haben<br />
wollten. Das würde für die<br />
Gründung von sechs neuen<br />
Gesamtschulen reichen. Tatsächlich<br />
wurde nur eine neu<br />
eingerichtet. Doch drei Hauptschulen,<br />
deren Bestand bedroht<br />
ist, wie der der meisten städtischen<br />
Hauptschulen, wollen<br />
sich in Gemeinschaftsschulen<br />
umwandeln, um ihr Überleben<br />
zu sichern. Angeblich scheitert<br />
die Gründung neuer Gesamtschulen<br />
an den fehlenden<br />
Gebäuden. Auch in Bornheim<br />
setzt die neue Gemeinschaftsschule<br />
auf die 180 Eltern <strong>und</strong><br />
Kinder, die regelmäßig von der<br />
Gesamtschule abgewiesen<br />
werden. Doch realistisch<br />
rechnet der Schuldezernent<br />
Schnapka nur mit einer zusätzlichen<br />
dritten Klasse an der<br />
bisherigen Hauptschule. Denn<br />
ohne eigene gymnasiale Oberstufe<br />
bleibt sie eine »Mittelschule«,<br />
wenn auch mit integrierten<br />
Bildungsgängen, Im<br />
Unterschied zur Stadtteilschule<br />
in Hamburg, die regelmäßig<br />
eine eigene Oberstufe hat <strong>und</strong><br />
deshalb eher mit Gesamtschu-<br />
<strong>SEITE</strong> 6<br />
len <strong>und</strong> Gymnasien vergleichbar<br />
ist, oder gar zum Berliner<br />
Modell, das eine Schule von<br />
Klasse eins bis 13 vorsieht. Die<br />
Eltern der dritten <strong>und</strong> vierten<br />
Klassen werden befragt, ob sie<br />
denn ihr Kind an der geplanten<br />
Gemeinschaftsschule anmelden<br />
würden. Markus Schnapka, der<br />
Beigeordnete, der für die<br />
Schulen zuständig ist <strong>und</strong> die<br />
Sache vorangetrieben hat, zog<br />
mit der Leiterin der Franziskus-Hauptschule,<br />
dem Standort<br />
der geplanten Gemeinschaftsschule,<br />
durch die Gr<strong>und</strong>schulen<br />
des Ortes <strong>und</strong> warb für die<br />
Gemeinschaftsschule. Die<br />
Gr<strong>und</strong>schule in Bornheim-<br />
Walldorf. Auch hier ein schmucker<br />
Neubau, gut 40 Eltern sind<br />
auf den Stufen des Foyers<br />
versammelt. Henriette Heitmann,<br />
die Leiterin der Hauptschule<br />
in Bornheim-Merten<br />
stellt ihr Konzept vor. Während<br />
sie sonst für die Möglichkeiten<br />
des gemeinsamen Lernens<br />
werben muss, sehen es die<br />
Eltern der Walldorfer Gr<strong>und</strong>schule<br />
gerade als den Vorzug<br />
der neuen Schule an, dass die<br />
Kinder länger zusammen<br />
bleiben. An dieser Gr<strong>und</strong>schule<br />
sind es die Eltern gewohnt, dass<br />
Kinder in einer Klasse in<br />
unterschiedlichem Tempo<br />
lernen, denn hier sind Kinder<br />
vom ersten bis zum vierten<br />
Schuljahr in einer Klasse<br />
zusammen. Nach den Eckpunkten<br />
des Schulministeri-<br />
ums wäre es möglich, eine<br />
Gemeinschaftsschule unter<br />
Einschluss einer Gr<strong>und</strong>schule<br />
zu gründen, wie es in Berlin für<br />
die Gemeinschaftsschule<br />
verbindlich ist - im Unterschied<br />
zur dortigen »Integrierten<br />
Sek<strong>und</strong>ärschule «. Was in<br />
Berlin eher beruhigend wirkt,<br />
würde in Düsseldorf Menschen<br />
erschrecken. In NRW gab es<br />
dazu bisher keinen einzigen<br />
Antrag. Die Gr<strong>und</strong>schulen<br />
leiden noch nicht unter<br />
Existenznöten, da lassen sie<br />
sich nicht auf diesen Schulversuch<br />
ein. Dabei bestünde darin<br />
eine große Chance, dem Ziel<br />
des längeren gemeinsamen<br />
Lernens oder gar der einen<br />
Schule für alle näher zu kommen.<br />
Die Gr<strong>und</strong>schulen sind<br />
die einzigen wirklichen Gesamtschulen.<br />
Würde man sie<br />
bis zur zehnten Klasse verlängern,<br />
so blieben sicher viele<br />
Kinder in dieser Schule, die<br />
nun am Ende der Gr<strong>und</strong>schule<br />
ins Gymnasium wechseln. Die<br />
Gemeinschaftsschule NRW<br />
oszilliert zwischen einer<br />
Fast-Gesamtschule <strong>und</strong> einer<br />
Mittelschule, die bestenfalls<br />
Haupt- <strong>und</strong> Realschulen<br />
zusammenfasst <strong>und</strong> damit die<br />
neue Form der »Volksschule«<br />
wird, die das Gymnasium<br />
braucht, um seine Existenz als<br />
zwar längst nicht mehr Elite-,<br />
aber doch die bessere Schule zu<br />
sichern. Kein Zweifel: Mit der<br />
Gemeinschaftsschule ist eine<br />
»Denkst Du jetzt immer noch, dass ich nur Klausuren korrigierten kann?«<br />
neue Dynamik in die Schulformdiskussion<br />
gekommen.<br />
Die Gesamtschule hat ihre<br />
Bedeutung als Kampfbegriff<br />
eingebüßt. So hat die CDU<br />
NRW ein neues Schulkonzept<br />
vorgelegt, in dem zwar die<br />
Gemeinschaftsschule als neuer<br />
Versuch verteufelt wird, eine<br />
»Einheitsschule« ins Werk zu<br />
setzen, doch dagegen wird die<br />
Gesamtschule plötzlich als<br />
bewährte <strong>und</strong> etablierte Schulform<br />
explizit anerkannt. Bei<br />
der rot-grünen Minderheitsregierung<br />
wächst die Hoffnung<br />
auf einen »Schulkonsens« mit<br />
der CDU. Erstmals bewegt sie<br />
sich weg vom strikten Festhalten<br />
an der Hauptschule. Doch<br />
die Bedingungen, die von der<br />
konservativen Opposition an<br />
ein in ihren Augen konsensfähiges<br />
Schulkonzept gestellt<br />
werden, sind klar: Das Gymnasium<br />
muss erhalten bleiben.<br />
Und dem werden Sozialdemo-<br />
<strong>SEITE</strong> 7<br />
kraten <strong>und</strong> Grüne auch nicht<br />
offen widersprechen. Nach dem<br />
Scheitern der im Prinzip<br />
halbherzigen Schulreform in<br />
Hamburg durch den Volksentscheid<br />
sehen sich die Grünen<br />
<strong>und</strong> ihre Frontfrau Sylvia<br />
Löhrmann in der Auffassung<br />
bestärkt, dass man Veränderungen<br />
nicht durch den offensiven<br />
Kampf um die Idee eines<br />
gemeinsamen Lernens für eine<br />
demokratische Gesellschaft<br />
erreichen kann, sondern nur<br />
»auf die sanfte Tour«. Nicht die<br />
Landesregierung führt die neue<br />
Schulform ein, sondern die<br />
Schulträger - eine Politik der<br />
Ermöglichung, sagt die Landesregierung.<br />
Sylvia Löhrmann<br />
freut sich über die CDU-Bürgermeister,<br />
die dieses Angebot<br />
annehmen, <strong>und</strong> sie hofft, dass<br />
das Thema dadurch an ideologischer<br />
Schärfe verliert. In<br />
Nordrhein- Westfalen wählen<br />
auch konservative Gemeinden
lieber die integrierte Form der<br />
Gemeinschaftsschule, obwohl<br />
sie die Möglichkeit hätten, die<br />
»Gemeinschaftsschule light«<br />
einzuführen, die nichts anderes<br />
wäre als die in ihrem jüngsten<br />
schulpolitischen Beschluss von<br />
der CDU favorisierte »Verb<strong>und</strong>schule«.<br />
In der Tat geht<br />
eine Abschaffung des schulischen<br />
Auslesesystems nur mit<br />
einer breiten gesellschaftlichen<br />
Unterstützung. Die scheint es<br />
derzeit nicht zu geben. Aber sie<br />
ist möglich. Erinnern wir uns<br />
an den Strukturplan für das<br />
Bildungswesen von 1970 <strong>und</strong><br />
den Bildungsgesamtplan von<br />
1972. Damals gab es in einem<br />
anderen gesellschaftlichen <strong>und</strong><br />
kulturellen Klima auch einen<br />
gesellschaftlichen Konsens für<br />
ein integriertes Bildungssystem,<br />
da unterschrieben CDU-<br />
Kultusminister Forderungen,<br />
bei denen heute Sozialdemokraten<br />
verschämt auf ihre<br />
Schuhspitzen schauen würden.<br />
Doch heute findet die Idee des<br />
gemeinsamen Lernens, der<br />
Anerkennung von Differenz<br />
statt Ausgrenzung <strong>und</strong> Aussonderung<br />
wieder mehr Zustimmung,<br />
aus unterschiedlichen<br />
Gründen. Den einen geht es<br />
um die eigenen Kinder, den<br />
anderen um das Qualifikationspotential,<br />
den Dritten um<br />
die kommunale Schulentwicklung.<br />
Und anderen wiederum<br />
BILDUNGSPOLITIK<br />
um die gesellschaftliche Integration<br />
aller Gruppen <strong>und</strong><br />
Schichten. Die Gemeinschaftsschule<br />
kann diese verschiedenen<br />
Motive bündeln, <strong>und</strong> sie<br />
kann durch ihre Praxis die Idee<br />
des gemeinsamen Lernens<br />
voran bringen. Dazu ist es aber<br />
nötig, nicht so sehr auf den<br />
Konsens mit denen zu schielen,<br />
denen es lediglich um die<br />
Erhaltung des heiligen deutschen<br />
Gymnasiums geht. Die<br />
Schülerschaft wird, soweit sie<br />
nicht ohnehin die vormalige<br />
Hauptschulklientel ist, aus<br />
abgewiesenen Gesamtschülern<br />
bestehen, also von Eltern, die<br />
ohnehin ein integriertes System<br />
vorziehen. Und solange die<br />
Gymnasien Schüler aussondern<br />
können, wird von vornherein<br />
eine Hierarchie von<br />
besseren <strong>und</strong> schlechteren<br />
Schulen mit den »besseren«<br />
<strong>und</strong> den »schlechteren« Schülern<br />
gesetzt <strong>und</strong> es wird sich an<br />
der gymnasialen Denke nichts<br />
ändern. Nötig ist also ein<br />
Abschulungsverbot. Übrigens<br />
auch für alle anderen Sek<strong>und</strong>ärschulen.<br />
Dort, wo schon das<br />
vermeintlich zweigliedrige<br />
System eingeführt wurde,<br />
bildet sich nämlich eine neue<br />
Dreigliedrigkeit heraus: In<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
werden mittlerweile zehn<br />
Prozent der Schüler in Förderschulen<br />
abgeschoben, in<br />
<strong>SEITE</strong> 8<br />
Sachsen sind es sechs Prozent.<br />
Die Sonderschulen übernehmen<br />
die Funktion der Hauptschulen<br />
- also müssen Sonder-<br />
<strong>und</strong> Förderschulen abgeschafft<br />
werden, also: Inklusion, wenn<br />
man es mit dem gemeinsamen<br />
Lernen ernst nimmt. Und<br />
schließlich: Integrierte Schulen<br />
sind gegenüber dem Auslesesystem<br />
so lange benachteiligt, wie<br />
Eltern <strong>und</strong> Kinder nur einen<br />
Rechtsanspruch auf einen Platz<br />
in der ihnen zugewiesenen<br />
gegliederten Schulform haben,<br />
nicht aber auf einen Platz in<br />
einer Gesamtschule oder<br />
Gemeinschaftsschule. Sicher,<br />
das würde eine Gemeinde wie<br />
Köln vor eine harte Herausforderung<br />
stellen, plötzlich 800<br />
neue Gesamtschul- (oder<br />
Gemeinschaftsschul)-Plätze zu<br />
schaffen. Und auch mancher<br />
Gesamtschulleiter wird erst<br />
einmal verzweifeln, denn<br />
bisher konnten vor allem<br />
Kinder mit Hauptschulempfehlung<br />
abgelehnt werden, damit<br />
die »Drittelung« - potentielle<br />
Haupt- oder Realschüler <strong>und</strong><br />
Gymnasiasten - wenigstens<br />
angestrebt werden kann. Aber<br />
aus der Sicht der Eltern <strong>und</strong><br />
Kinder <strong>und</strong> im Interesse der<br />
Bildungsgerechtigkeit ist nicht<br />
einzusehen, warum es keinen<br />
Rechtsanspruch auf einen Platz<br />
in einer integrierten Schule<br />
gibt.<br />
von Ulrike Müller-Harth<br />
(Arbeitskreis Inklusion)<br />
Am Mittwoch, dem 13.4.2011<br />
hatte die Stadt Köln (federführend<br />
das Dezernat IV für<br />
Bildung, Jugend <strong>und</strong> Sport)<br />
in das Nicolaus-August-Otto-<br />
Berufskolleg in Köln-Deutz<br />
eingeladen. Wir waren vom<br />
Stadtverband zu dritt vertreten.<br />
Mit dieser Auftaktveranstaltung<br />
sollte ein erster Schritt zur<br />
Erstellung des Inklusionsplans<br />
gemacht werden, zu dem der<br />
Rat der Stadt Köln die Verwaltung<br />
beauftragt hat <strong>und</strong> der<br />
bis Anfang 2012 fertig gestellt<br />
werden soll.<br />
Die Verwaltung möchte im<br />
Rahmen eines breit angelegten<br />
Kommunikationsprozesses<br />
Vertreterinnen <strong>und</strong> Vertreter<br />
der in Köln mit dem Thema<br />
befassten Institutionen <strong>und</strong><br />
Gruppierungen einbeziehen<br />
<strong>und</strong> für Mitwirkung an der<br />
Erstellung des Inklusionsplanes<br />
gewinnen. Daher war die Auftaktveranstaltung<br />
als Arbeitskonferenz<br />
geplant, in der alle<br />
160 eingeladenen Personen aus<br />
den verschiedensten Bereichen<br />
(u. a. Stadt Köln, Parteien,<br />
Schulaufsicht aller Schulformen,<br />
Vertreterinnen <strong>und</strong><br />
Vertreter der Verbände, Eltern<br />
<strong>und</strong> auch Schülerinnen <strong>und</strong><br />
Schüler) aufgefordert waren,<br />
ihre Vorstellungen zum Inklusionsplan<br />
einzubringen. Neben<br />
drei Fachvorträgen von Prof.<br />
SCHULENTWICKLUNG<br />
Dr. Preuss-<br />
Lausitz (TU<br />
Berlin), Klaus<br />
Hebborn<br />
(Deutscher<br />
Städtetag)<br />
<strong>und</strong> Bettina<br />
von Amrhein<br />
(Universität<br />
zu Köln)<br />
waren 12<br />
Arbeitsgruppen<br />
Kern der<br />
Veranstaltung.<br />
In diesen Arbeitsgruppen<br />
sollten die<br />
thematischen<br />
Handlungsfelderabgedeckt<br />
werden, die aus Sicht der<br />
Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer<br />
bei der Erstellung des<br />
Inklusionsplans zu berücksichtigen<br />
sind. Gerade in diesen<br />
heterogen zusammengesetzten<br />
Arbeitsgruppen zeigte sich der<br />
unterschiedliche Kenntnis- <strong>und</strong><br />
Entwicklungsstand der Institutionen,<br />
aber auch der beteiligten<br />
Personen selbst zu Fragen<br />
der Inklusion. Es wurde in drei<br />
Phasen intensiv diskutiert <strong>und</strong><br />
gearbeitet, so dass am Ende<br />
der Veranstaltung von jeder<br />
Arbeitsgruppe im Plenum drei<br />
Empfehlungen aus den verschiedenen<br />
Themenbereichen<br />
für den Inklusionsplan vorgestellt<br />
werden konnten. Diese<br />
Empfehlungen sollen, wie Frau<br />
Dr. Klein (Beigeordnete der<br />
<strong>SEITE</strong> 9<br />
Inklusion<br />
Auftaktveranstaltung der Stadt Köln<br />
zum Inklusionsplan an Kölner Schulen<br />
Stadt Köln für Bildung, Jugend<br />
<strong>und</strong> Sport) in ihren Abschlussworten<br />
betonte, in die Arbeit<br />
einer Steuergruppe einfließen,<br />
in der ebenso wieder Vertreterinnen<br />
<strong>und</strong> Vertreter aus<br />
den verschiedenen Bereichen<br />
mitarbeiten werden.<br />
Insgesamt kann die Veranstaltung<br />
– vor allem wegen der<br />
gewählten Form, einen breiten<br />
Kommunikationsprozess<br />
einzuleiten – als sehr gelungen<br />
bezeichnet werden.<br />
Es bleibt nun für alle am<br />
Prozess Beteiligten die Aufgabe,<br />
sich einzumischen, Vorstellungen<br />
<strong>und</strong> Forderungen<br />
einzubringen, damit der Inklusionsplan<br />
der Stadt Köln zu<br />
einem konkreten Handlungsplan<br />
wird <strong>und</strong> sich nicht nur in<br />
Absichtserklärungen verliert.
SCHULENTWICKLUNG SCHULENTWICKLUNG<br />
Fit für die Inklusion<br />
Welche Fortbildung brauchen Lehrkräfte für integrierte <strong>und</strong> inklusive Schulen?<br />
von Anne Ratzki<br />
Der Begründer des Frontalunterrichts,<br />
Amos Comenius, hat<br />
im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert darüber<br />
nachgedacht, wie ein Lehrer<br />
zugleich viele Schüler unterrichten<br />
könnte: Der Lehrer solle zu<br />
keinem Schüler hingehen <strong>und</strong><br />
keinem Schüler erlauben zu ihm<br />
zu kommen, meinte Comenius,<br />
sondern vom Katheder aus<br />
unterrichten <strong>und</strong> wie die Sonne<br />
gleichmäßig auf alle Schüler<br />
scheinen.<br />
Comenius hatte eines vergessen:<br />
Die Schüler sind nicht gleich. Sie<br />
sind verschieden. Dafür hatte<br />
jedoch ein späterer Pädagoge,<br />
Christian Trapp, im 19.Jh. einen<br />
Tipp, wie man mit der Verschiedenheit<br />
der Köpfe umgehen<br />
solle: Der Lehrer solle sich auf<br />
die „Mittelköpfe“ konzentrieren,<br />
meinte er, auch vom Katheder<br />
aus. Dieser Rat hat den<br />
Unterricht bis heute geprägt.<br />
Die Folgen des Frontalunterrichts<br />
kennen wir: Gelangweilte<br />
Schüler, die schneller lernen<br />
könnten, frustrierte Schüler, die<br />
den Lehrer nicht verstehen <strong>und</strong><br />
hoffnungslos hinterherhinken.<br />
Und nun, im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert,<br />
steht in allen Schulgesetzen,<br />
der Lehrer, die Lehrerin, solle<br />
individuell fördern - bei immer<br />
größerer Verschiedenheit der<br />
Köpfe. In Schulen des längeren<br />
gemeinsamen Lernens, in integrativen<br />
Lerngruppen geht es<br />
auch gar nicht anders. Aber wie<br />
macht man das?<br />
Das ist die Frage, die inzwischen<br />
auf vielen Ebenen diskutiert<br />
wird: Wie sollen zukünftige<br />
Lehrkräfte an den Unis, wie<br />
sollen Lehrer <strong>und</strong> Lehrerinnen<br />
an den Schulen ausgebildet <strong>und</strong><br />
fortgebildet werden?<br />
Bei der Lehrerfortbildung kann<br />
ich gr<strong>und</strong>sätzlich zwei Tendenzen<br />
erkennen:<br />
1. Man gibt den Lehrkräften<br />
Tipps für Unterrichtsmethoden,<br />
die sie in ihren Klassen einsetzen<br />
können <strong>und</strong> die individualisiertes<br />
Lernen ermöglichen sollen:<br />
Wochenplan <strong>und</strong> Freiarbeit,<br />
Portfolio, Kooperatives Lernen,<br />
Schüler-Selbsteinschätzung,<br />
Stationenlernen, Gruppenpuzzle<br />
usw. Hans Wocken nennt das in<br />
seinem neuen Buch „indirekten<br />
Unterricht“, weil der Lehrer<br />
nicht mehr direkt instruiert, sondern<br />
über Medien oder andere<br />
SchülerInnen Lernen initiiert<br />
<strong>und</strong> fördert (Hans Wocken: Das<br />
Haus der inklusiven Schule,<br />
2011)<br />
2. Eine zweite Richtung geht von<br />
der Haltung der LehrerInnen<br />
aus, die sich ändern muss: Das<br />
Kind wird nicht mehr nur<br />
als Teil einer Klasse gesehen,<br />
die fleißig oder faul, gut oder<br />
schlecht ist, sondern als Einzelwesen.<br />
Vor allem ist es nicht<br />
mehr ein Defizitwesen, das Fehler<br />
macht, sondern ein reiches<br />
Kind, das schon viel gelernt hat<br />
<strong>und</strong> viel mitbringt. Fehler sind<br />
Lerngelegenheiten. Kinder werden<br />
in ihrer Unterschiedlichkeit<br />
wahrgenommen <strong>und</strong> deshalb<br />
können sie auch einander beim<br />
<strong>SEITE</strong> 10<br />
Lernen unterstützen.<br />
Hier erst beginnt die Aufgabe<br />
der Lernmethoden. Statt belehrt<br />
zu werden, lernen die Kinder<br />
selbständig mit individueller<br />
Beratung, in Freiarbeit, Lernbüros,<br />
mit Portfolios <strong>und</strong> Lerntagebüchern.<br />
Sie werden zunehmend<br />
für ihr eigenes Lernen verantwortlich.<br />
Kooperatives Lernen<br />
verbindet individuelles Lernen<br />
mit Lernen in Gruppen <strong>und</strong><br />
nutzt geradezu die Unterschiede<br />
unter den Lernenden.<br />
Die Rolle der Lehrenden ändert<br />
sich vom Wissensvermittler zum<br />
Lernberater, vom Einzelkämpfer<br />
zum Teammitglied. Diagnose<br />
<strong>und</strong> Förderung braucht die<br />
Zusammenarbeit der Lehrenden<br />
im Team.<br />
Welche Wirkungen haben die<br />
beiden Ansätze für Fortbildung?<br />
Für die erste Richtung steht<br />
die Unterrichtsentwicklung im<br />
Vordergr<strong>und</strong>, ohne die Frage der<br />
Heterogenität zu diskutieren.<br />
Als Deutschland bei PISA 2001<br />
beschämend schlecht abschnitt,<br />
verordneten die Kultusminister<br />
eine Verbesserung des Unterrichts,<br />
um der Diskussion über<br />
die Struktur des Schulwesens<br />
zu entgehen. Viele gute Methoden<br />
<strong>und</strong> Ratschläge wurden<br />
(wieder)entdeckt <strong>und</strong> vermittelt<br />
(Klippert, Hilbert Meyer)<br />
- trotzdem hat sich bis heute<br />
wenig im Unterricht verändert,<br />
die heutigen Diskussionen <strong>und</strong><br />
die strukturellen Vorschläge der<br />
Bildungskonferenz z.B. gleichen<br />
weitgehend denen von 2001.<br />
Wer nur auf Unterrichtsentwicklung<br />
setzt, greift zu kurz,<br />
sie allein ist nicht nachhaltig,<br />
wenn sie nicht in einem Zusammenwirken<br />
von Lehrerrolle <strong>und</strong><br />
Schülerrolle verankert ist. Wichtig<br />
ist dabei ein anderer Blick<br />
auf den Schüler, die Schülerin,<br />
auf die Heterogenität der Lerngruppe.<br />
Es geht nicht mehr um<br />
die Frage, welches Kind nicht in<br />
diese Klasse, diese Schule passt<br />
<strong>und</strong> wiederholen oder die Schule<br />
verlassen sollte, sondern wie diese<br />
Heterogenität im Unterricht<br />
als Chance zu nutzen ist. Nur<br />
wenn sich durch eine andere<br />
Einstellung der Lehrkräfte die<br />
Lernkultur verändert, bekommen<br />
die Methoden einen festen<br />
<strong>und</strong> wirkungsvollen Platz.<br />
Wo gibt es Fortbildungen für<br />
inklusive Schulen?<br />
Die Struktur der Lehrerfortbildung<br />
steht vor großen Veränderungen,<br />
die zur Zeit diskutiert<br />
werden. Soll es wieder ein<br />
Landesinstitut, gar eine zentrale<br />
Lehrerfortbildung geben? Welche<br />
Rolle sollen die Lehrerbildungsinstitute<br />
der Universitäten<br />
spielen? Wie ist das Verhältnis<br />
von kommunaler Fortbildung<br />
<strong>und</strong> Fortbildungsabteilungen in<br />
den Bezirksregierungen?<br />
Ich halte es für wichtig, dass sich<br />
die GEW hier einmischt: wie<br />
können Lehrkräfte auf die neuen<br />
Herausforderungen vorbereitet<br />
werden, auf einen Unterricht,<br />
der durch Verzicht auf Selektion<br />
viel entlasteter <strong>und</strong> entspan-<br />
nter sein könnte – wer in den<br />
nordischen Ländern Unterricht<br />
besucht hat, kennt dieses fre<strong>und</strong>liche,<br />
entspannte Klima.<br />
Die GEW B<strong>und</strong> hat durch ein<br />
eigenes Fortbildungsprojekt bereits<br />
Maßstäbe gesetzt. Zusammen<br />
mit dem Forum Eltern <strong>und</strong><br />
Schule (FESCH), dem Weiterbildungsinstitut<br />
der GGG, hat die<br />
GEW ein Fortbildungsprojekt<br />
Vielfalt in der Schule entwickelt,<br />
das auf dem Hintergr<strong>und</strong><br />
nordischer Erfahrungen <strong>und</strong><br />
Erfahrungen in deutschen Gesamtschulen<br />
das Thema Umgang<br />
mit Heterogenität in den Mittelpunkt<br />
stellt. In sieben Bausteinen<br />
werden die Gr<strong>und</strong>lagen für<br />
den Unterricht in heterogenen<br />
<strong>und</strong> inklusiven Schülergruppen<br />
<strong>und</strong> die konkrete Umsetzung im<br />
Unterricht vermittelt:<br />
1. Basisbaustein Heterogenität<br />
2. Basisbaustein Individualisiertes<br />
Lernen<br />
3. Baustein Lehrern <strong>und</strong> Lernen<br />
in heterogenen Gruppen<br />
4. Baustein Vertrauenskultur als<br />
Gr<strong>und</strong>lage des Lernens<br />
5. Baustein Selbsteinschätzung<br />
der Lernenden<br />
6. Baustein Portfolio<br />
7. Baustein Lernentwicklungsplan<br />
<strong>und</strong> Lernentwicklunsgespräche.<br />
(Flyer Vielflat in der Schule mit<br />
einer Beschreibung der Bausteine<br />
liegen in der Geschäftsstelle<br />
aus)<br />
Auch das Kölner Institut zur<br />
Förderung der Teamarbeit, das<br />
eng mit GEW <strong>und</strong> FESCH zu-<br />
<strong>SEITE</strong> 11<br />
sammenarbeitet, bietet Fortbildungen<br />
zur Teamarbeit <strong>und</strong> zum<br />
Umgang mit Heterogenität an.<br />
Ausblick<br />
Die rasante Entwicklung der<br />
Gesamtschulen <strong>und</strong> Gemeinschaftsschulen<br />
- für die nächste<br />
R<strong>und</strong>e liegen bereits über 50<br />
Anträge vor – wird Unterricht<br />
in heterogenen Klassen zum<br />
Normalfall machen. Der Auftrag<br />
zur Inklusion, der durch die<br />
Behindertenrechtskonvention<br />
erteilt wurde <strong>und</strong> kommunal<br />
<strong>und</strong> landesweit in Inklusionsplänen<br />
umgesetzt wird, wird die<br />
Heterogenität in den Klassen<br />
weiter erhöhen. Es ist eine große<br />
Chance, diese Herausforderung<br />
für einen anderen Umgang<br />
zwischen SchülerInnen <strong>und</strong><br />
Lehrkräften, für einen besseren<br />
Bildungserfolg aller, besonders<br />
aber von Kindern aus benachteiligten<br />
Familien, <strong>und</strong> für eine<br />
demokratische Schulkultur zu<br />
nutzen.<br />
Kontakte:<br />
FESCH:<br />
rainer.kopp.fesch@t-online.de<br />
GEW: martina.schmerr@gew.de<br />
Institut zur Förderung der Teamarbeit:<br />
www.teaminstitut-koeln.de
Einladung<br />
Supervision<br />
für Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer<br />
Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer empfinden<br />
sich oft als Einzel kämpfer.<br />
Ob Unsicherheit, Unzufriedenheit mit<br />
sich selbst, Probleme im Umgang mit<br />
Schülern oder mit der Schulleitung –<br />
mit ihren beruflichen Sorgen bleiben<br />
Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer häufig allein.<br />
In der Supervision werden berufliche<br />
Probleme aufgegriffen, um dann<br />
gemeinsam in der Gruppe<br />
nach Lösungen zu suchen.<br />
Durch die Reflektion des eigenen<br />
Handelns erfahren Lehrer innen <strong>und</strong><br />
Lehrer Stär kung in ihrer beruflichen<br />
Rolle sowie persönliche Entlastung.<br />
Die GEW bietet zwei Supervisionsgruppen<br />
an, die sich alle 3-4 Wochen<br />
jeweils dienstags bzw. donnerstags<br />
treffen.<br />
Die Termine werden mit den<br />
Teilnehmern <strong>und</strong> dem Supervisor<br />
jeweils für vier Termine<br />
beim 1. Treffen vereinbart.<br />
Kosten für 4 Termine:<br />
GEW-Mitglieder 40 Euro<br />
(Nichtmitglieder 80 Euro)<br />
Moderiert werden die Gruppen von<br />
Frank Schneider<br />
Systemischer Supervisor (SG)<br />
<strong>und</strong> IBSO-Köln<br />
<strong>Gewerkschaft</strong><br />
<strong>Erziehung</strong> <strong>und</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />
Köln<br />
von Hildegard Merten<br />
KITA KITA<br />
Tarifvertrag Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />
Im Sommer 2010 sind mehr als<br />
1500 Beschäftigte in den Kitas<br />
der Stadt Köln nach den ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Belastungen in ihren<br />
Einrichtungen befragt worden.<br />
Dies geschah im Rahmen der<br />
noch ausstehenden Umsetzung<br />
des Tarifvertrags „Ges<strong>und</strong>heitsschutz“,<br />
den die Erzieherinnen<br />
im Sommer 2008 erstreikt<br />
haben.<br />
Am 1. Februar 2011 wurden<br />
die Ergebnisse der Befragung<br />
vorgestellt.<br />
Sie bestätigen eine Reihe von voran<br />
gegangenen Untersuchungen<br />
(Prof. Rudow 2004, GEW-Studie<br />
2007, DGB-Index 2008).<br />
Hohe körperliche Belastungen<br />
wie Lärm, unangenehme Körperhaltung,<br />
schlechtes Raumklima<br />
<strong>und</strong> schwere körperliche Arbeit<br />
führen dauerhaft zu starken<br />
ges<strong>und</strong>heitlichen Störungen.<br />
Hinzu kommen die hohen psychischen<br />
Anforderungen. Hochkonzentriertes<br />
Arbeiten, die<br />
Notwendigkeit, mehrere Dinge<br />
gleichzeitig erledigen zu müssen,<br />
für die weder Zeit noch Raum<br />
zur Verfügung stehen, führen zu<br />
Erschöpfung.<br />
Diese Überforderung wirkt sich<br />
bis in den Privatbereich aus. Beruf<br />
<strong>und</strong> Familienleben können<br />
nicht in Einklang gebracht werden.<br />
Die Folge ist oft erheblicher<br />
Stress im persönlichen Umfeld.<br />
Seit 2009 zieht sich nun die Um-<br />
<strong>SEITE</strong> 12<br />
setzung des Tarifvertrags zum<br />
Ges<strong>und</strong>heitsschutz hin.<br />
Noch wird dies von den ErzieherInnen<br />
in Kauf genommen.<br />
Der Fachkräftemangel führt aber<br />
schon jetzt dazu, dass Stellen<br />
nicht mehr besetzt werden können.<br />
Und es ist nicht abzusehen,<br />
dass sich unter den gegebenen<br />
Bedingungen (s.o.) qualifizierter<br />
Nachwuchs finden lässt.<br />
Jeder Träger/Arbeitgeber ist<br />
also gut beraten, umgehend<br />
alle Maßnahmen zu ergreifen,<br />
die seine Mitarbeiterinnen <strong>und</strong><br />
Mitarbeiter entlasten, damit<br />
deren körperliche <strong>und</strong> seelische<br />
Ges<strong>und</strong>heit lange erhalten bleibt.<br />
Und damit kann sofort begonnen<br />
werden. Das Arbeitsschutzgesetz<br />
ist eine gute Gr<strong>und</strong>lage,<br />
die den Träger/Arbeitgeber<br />
schon jetzt verbindlich verpflichtet<br />
ges<strong>und</strong>heitsschützenden <strong>und</strong><br />
ges<strong>und</strong>heitsvorsorgenden Maßnahmen<br />
für seine Beschäftigten<br />
zu veranlassen. Dazu ist keine<br />
Tarifbindung nötig.<br />
Wir wollen am 16. Juni über die<br />
Konsequenzen aus der Kölner<br />
Befragung zum Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />
diskutieren <strong>und</strong> uns austauschen<br />
über das, was bereits in<br />
den Kitas zur Ges<strong>und</strong>erhaltung<br />
der Beschäftigten geschieht. Wir<br />
stellen die rechtlichen Gr<strong>und</strong>lagen<br />
vor, die ein sofortiges<br />
Handeln ermöglicht.<br />
Termin:<br />
Donnerstag, 16. Juni 2011<br />
um 18.00 Uhr<br />
im Kölner DGB-Haus.<br />
von Bernhard Eibeck,<br />
Referent für Jugendhilfe <strong>und</strong><br />
Sozialarbeit beim GEW-<br />
Hauptvorstand<br />
Mit einer b<strong>und</strong>esweiten Initiative<br />
„Profis für die Kita“ beteiligt<br />
sich die GEW gemeinsam<br />
mit den am „R<strong>und</strong>en Tisch“<br />
engagierten <strong>Gewerkschaft</strong>en<br />
<strong>und</strong> Berufsverbänden an einer<br />
Werbekampagne für den Erzieherberuf.<br />
Eine heikle Aufgabe,<br />
hat die GEW doch erst kürzlich<br />
mit der Veröffentlichung einer<br />
von ihr in Auftrag gegebenen<br />
Studie die schlechten Arbeitsbedingungen<br />
in Kindertagesstätten<br />
angeprangert. Dennoch: Wenn<br />
der qualitative Standard in den<br />
Einrichtungen gehalten <strong>und</strong> der<br />
Ausbau an Plätzen für unter<br />
dreijährigen Kinder weitergehen<br />
soll, brauchen wir mehr Erzieherinnen<br />
<strong>und</strong> Erzieher. So stellt<br />
sich der Beruf der Erzieherin in<br />
doppeltem Sinne als Mangelberuf<br />
dar: mit erheblichen Mängeln<br />
<strong>und</strong> zu wenig Nachwuchs,<br />
insgesamt aber ein Traumjob<br />
mit Zukunftspotential.<br />
Mehr Plätze <strong>und</strong> Personal in<br />
Kitas - B<strong>und</strong>esweite Trends<br />
Der Ausbau der Plätze für<br />
unter dreijährige Kinder in<br />
Kindertagesstätten hat einen<br />
erheblichen Fachkräftebedarf<br />
ausgelöst. Damit einher geht<br />
eine Debatte darüber, wie auf<br />
einem Arbeitsmarkt, in dem<br />
besonders attraktive Branchen<br />
um den besten Nachwuchs<br />
werben, die Qualität der<br />
Profession gesichert werden<br />
kann. Alle Beteiligten – Politik,<br />
Träger, Eltern, Berufsverbände<br />
– sind sich darin<br />
einig, dass an der erreichten<br />
Qualität der pädagogischen<br />
Angebote keine Abstriche<br />
gemacht werden dürfen.<br />
Im Gegenteil: Es muss alles<br />
unternommen werden, das<br />
Fachkraftniveau durch Ausbildung,<br />
Studium <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
weiter zu steigern.<br />
Die Personalakquise führt in<br />
regional unterschiedlicher<br />
Ausprägung zu Problem auf<br />
dem Arbeitsmarkt. Dabei sind<br />
verschiedene Problemkonstellationen<br />
festzustellen: Im<br />
Osten gibt es - bei höherem<br />
Durchschnittsalter der beschäftigten<br />
Erzieher/innen - einen<br />
hohen Ersatzbedarf für aus<br />
dem Dienst Ausscheidende.<br />
In einigen Regionen steigen<br />
die Geburtenzahlen wieder an<br />
<strong>und</strong> lösen neuen Bedarf aus.<br />
Zugleich gibt es kaum Nachwuchs,<br />
weil die Kapazitäten der<br />
Fachschulen bei Weitem nicht<br />
ausreichen. Im Westen gibt es<br />
hohen Bedarf an neuen Plätzen<br />
für unter dreijährige Kinder.<br />
Ebenso gibt es eine steigende<br />
Nachfrage nach Ganztagsplätzen<br />
<strong>und</strong> nach Erzieher/innen<br />
in Gr<strong>und</strong>schulen. Außerdem<br />
entsteht zusätzlicher Personalbedarf<br />
durch, wenn auch<br />
geringe, Verbesserungen beim<br />
<strong>SEITE</strong> 13<br />
Profis für die Kita<br />
Personalschlüssel. Insgesamt<br />
werden b<strong>und</strong>esweit in den<br />
nächsten fünf Jahren mehr als<br />
120.000 neue Erzieherinnen<br />
<strong>und</strong> Erzieher gesucht. Es ist zu<br />
befürchten, dass bis zu 40.000<br />
Stellen unbesetzt bleiben, weil<br />
es nicht genügend Nachwuchs<br />
gibt.<br />
Bessere Arbeitsbedingungen<br />
<strong>und</strong> Ausbildung an Hochschulen<br />
Die Ausbildungslandschaft ist<br />
im Umbruch. Gab es früher<br />
eine Dominanz der Fachschulen<br />
<strong>und</strong> der Berufsfachschulen,<br />
so sind in den letzten Jahren<br />
r<strong>und</strong> 70 Studiengänge entstanden,<br />
die man unter dem Begriff<br />
›Kindheitspädagogik‹ zusammenfassen<br />
kann. Damit wird<br />
auf die Forderung reagiert, den<br />
Erzieherberuf <strong>und</strong> das Arbeitsfeld<br />
Kindertagesstätten stärker<br />
zu akademisieren. Auf der<br />
anderen Seite gibt es Bemühungen,<br />
gering Qualifizierte<br />
<strong>und</strong> Personen mit schlechten
Schulabschlüssen aus der Arbeitslosigkeit<br />
heraus in das Arbeitsfeld<br />
zu führen. Die GEW<br />
warnt davor, die Qualitätsstandards<br />
der Erzieherausbildung<br />
aufzuweichen, um so auf die<br />
Schnelle Personal zu gewinnen.<br />
Bei zurückgehenden Schülerzahlen,<br />
die die allgemeinbildenden<br />
Schulen verlassen,<br />
wird der Wettbewerb um „gute<br />
Schüler/innen“ schärfer. Das<br />
Image, die gesellschaftliche<br />
Wertschätzung <strong>und</strong> die Attraktivität<br />
des Berufs „Erzieher/in“<br />
müssen aufgewertet werden.<br />
Eine besondere Herausforderung<br />
ist die hohe Zahl von<br />
Kindern mit Migrationshintergr<strong>und</strong>.<br />
B<strong>und</strong>esweit - <strong>und</strong><br />
in einigen Regionen besonders<br />
stark – steigt ihr Anteil. Bei<br />
den unter Dreijährigen lag er<br />
im Jahr 2010 bei 16 Prozent,<br />
bei 3- bis 6-jährigen Kindern<br />
bei 27 Prozent. Den höchsten<br />
Anteil haben 3- bis 6-jährige<br />
Migrantenkinder in Offenbach<br />
mit 70,7 Prozent. Danach folgt<br />
Heilbronn mit 63,2 Prozent,<br />
vor Frankfurt am Main mit<br />
62,2 <strong>und</strong> Ludwigshafen mit 60<br />
Prozent. Demgegenüber liegt<br />
der Anteil der Erzieherinnen<br />
<strong>und</strong> Erzieher mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
in Hessen bei 3,5<br />
Prozent. Die kulturelle <strong>und</strong><br />
ethnische Vielfalt muss sich<br />
auch in der Zusammensetzung<br />
des pädagogischen Personals<br />
widerspiegeln. Dazu muss man<br />
gezielt auf Schulabgänger/in-<br />
KITA KITA<br />
nen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
zugehen <strong>und</strong> sie für den Beruf<br />
werben. Eine in gleicher Weise<br />
in Kindertagesstätten unterrepräsentierte<br />
Gruppe sind Männer.<br />
Sie sind nach wie vor eine<br />
verschwindend kleine Minderheit:<br />
3,3 Prozent im Beruf der<br />
Erzieher/in <strong>und</strong> 4,7 Prozent im<br />
Beruf Kinderpflege.<br />
Berufliche Realität<br />
ernüchternd<br />
Für einen Beruf kann man nur<br />
dann überzeugend werben,<br />
wenn ihn mit all seinen Facetten,<br />
mit Licht <strong>und</strong> Schatten<br />
darstellt <strong>und</strong> die Probleme klar<br />
benennt. Von einem attraktiven<br />
Beruf, für den man nur<br />
genug werben muss, um den<br />
enormen Arbeitskräftebedarf<br />
zu decken, kann keine Rede<br />
sein. Der Nachwuchs findet<br />
überwiegend nur noch zeitlich<br />
befristete Stellen, mit der<br />
weitverbreiteten Teilzeitbeschäftigung<br />
landet man auf<br />
Hartz-IV-Niveau <strong>und</strong> mit 54<br />
Jahren ist man so ausgepowert,<br />
dass man frühzeitig in Rente<br />
geht. Und das mit einer Rente,<br />
die häufig Altersarmut bedeutet.<br />
Dies ist das Ergebnis einer<br />
von der Max-Traeger-Stiftung<br />
der GEW in Auftrag gegebenen<br />
Studie zur beruflichen,<br />
familiären <strong>und</strong> ökonomischen<br />
Situation von Erzieherinnen<br />
<strong>und</strong> Kinderpflegerinnen. Dr.<br />
Kirsten Fuchs-Rechlin von der<br />
Arbeitsstelle Kinder- <strong>und</strong> Ju-<br />
<strong>SEITE</strong> 14<br />
gendhilfestatistik an der Technischen<br />
Universität Dortm<strong>und</strong><br />
hat die aktuellen Daten des<br />
Mikrozensus 2008 ausgewertet<br />
<strong>und</strong> in einem 60seitigen Bericht<br />
zusammengefasst.<br />
Mit Burnout in die Rente <strong>und</strong><br />
dann ein Leben in Armut<br />
Erzieherinnen <strong>und</strong> Kinderpflegerinnen<br />
gehen insgesamt<br />
im Durchschnitt mit 59 Jahren<br />
in den Ruhestand. Ein Viertel<br />
davon gibt als Gr<strong>und</strong> für den<br />
vorzeitigen Ruhestand ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Gründe an. Diejenigen,<br />
die wegen Krankheit den<br />
Beruf aufgeben, gehen bereits<br />
mit 54 Jahren in Rente.<br />
Nach einer Studie des <strong>Wissenschaft</strong>lichen<br />
Instituts der AOK<br />
(WIdO) vom April 2011 liegen<br />
Erzieherinnen unter den zehn<br />
Berufen mit dem höchsten<br />
Burnout-Risiko an siebenter<br />
Stelle. Auf 1.000 AOK-Versicherte<br />
kommen 149 Krankheitstage,<br />
d.h. eine Erzieherin<br />
ist im Durchschnitt 15 Tage im<br />
Jahr wegen Burnout arbeitsunfähig.<br />
Eine Erzieherin, die seit dem<br />
21. Lebensjahr bis zum 59. Lebensjahr<br />
ununterbrochen Vollzeit<br />
gearbeitet hat, kommt bei<br />
einem Bruttoeinkommen von<br />
2.500 Euro auf eine Monatsrente<br />
in Höhe von r<strong>und</strong> 876<br />
Euro. Dass eine Erzieherinnen<br />
das Renteneintrittsalter von 67<br />
Jahren erreicht, ist angesichts<br />
der Belastungen in diesem<br />
Beruf nicht zu erwarten. Somit<br />
werden alle Beschäftigten in<br />
Kindertagesstätten mit erheblichen<br />
Rentenabschlägen<br />
rechnen müssen.<br />
Kein Auskommen mit dem<br />
Einkommen<br />
Das Nettoeinkommen von<br />
Erzieherinnen liegt 224 Euro<br />
unter dem Durchschnitt aller<br />
Erwerbstätigen. Bei den Kinderpflegerinnen<br />
beträgt der<br />
Abstand 392 Euro.<br />
Von den Beschäftigten mit<br />
frühpädagogischer Ausbildung<br />
schaffen es knapp 90 Prozent,<br />
mit dem Verdienst ihren<br />
Lebensunterhalt zu sichern.<br />
Erzieherinnen liegen mit 92<br />
Prozent etwas darüber, Kinderpflegerinnen<br />
jedoch erheblich<br />
unter dieser Quote. Nur 71<br />
Prozent der in diesem Beruf<br />
Beschäftigten verdienen so viel,<br />
dass sie damit ihren Lebensunterhalt<br />
decken können.<br />
Acht Prozent der Kinderpflegerinnen<br />
erhalten zusätzlich<br />
zu ihrem geringen Verdienst<br />
Transfergeldleistungen nach<br />
Hartz IV. Viele Erzieherinnen<br />
<strong>und</strong> Kinderpflegerinnen, die<br />
nur eine Teilzeitbeschäftigung<br />
haben, erzielen ein so geringes<br />
Einkommen, dass sie ihren<br />
Lebensunterhalt damit nicht<br />
bestreiten können. Nur 65<br />
Prozent derer, die weniger als<br />
21 St<strong>und</strong>en arbeiten, reicht das<br />
Einkommen zur Existenzsicherung.<br />
Bei denjenigen, die bis zu<br />
34 St<strong>und</strong>en arbeiten, sind es 82<br />
Prozent. Besonders betroffen<br />
sind alleinerziehende Erzieherinnen.<br />
Insbesondere Kinderpflegerinnen<br />
haben eine hohes<br />
Armutsrisiko. Bei einem Einpersonen-Haushalt<br />
gilt als armutsgefährdet,<br />
wer weniger als<br />
786 Euro im Monat verdient.<br />
12 Prozent der Kinderpflegerinnen<br />
sind armutsgefährdet.<br />
Bei den Berufsanfänger/innen<br />
sind es 18 Prozent, d.h. fast<br />
jede fünfte frühpädagogische<br />
Fachkraft hat zu Beginn ihres<br />
Berufslebens ein Nettoeinkommen<br />
von unter 786 Euro.<br />
Pädagogik befristet <strong>und</strong> in<br />
Teilzeit<br />
Ein das Arbeitsfeld seit Langem<br />
prägendes Strukturmerkmal ist<br />
die hohe Teilzeitbeschäftigung.<br />
Die Hälfte der Erzieherinnen<br />
<strong>und</strong> nur 30 Prozent der Kinderpflegerinnen<br />
haben eine<br />
Vollzeitstelle. Im Westen geht<br />
die Vollzeitquote bei beiden<br />
Berufsgruppen kontinuierlich<br />
zurück: Von 65 Prozent in den<br />
1990er-Jahren über 56 Prozent<br />
im Jahr 2000 auf 50 Prozent<br />
<strong>SEITE</strong> 15<br />
im Jahr 2008. Im Osten liegt<br />
die Zahl der Vollzeitstellen<br />
weit darunter, erholt sich aber<br />
langsam. So ist dort die Vollzeitquote<br />
von 37 Prozent im<br />
Jahr 2000 auf 44 Prozent im<br />
Jahr 2008 gestiegen. Die wenigen<br />
Männer, die in diesem<br />
Arbeitsfeld tätig sind, haben zu<br />
62 Prozent eine Vollzeitstelle.<br />
Zu den Strukturmerkmalen<br />
von Arbeitsverhältnissen<br />
gehört auch die Sicherheit<br />
des Arbeitsverhältnisses. Hier<br />
gibt es einen neuen Bef<strong>und</strong>:<br />
Zwar haben 85 Prozent der<br />
Erzieherinnen <strong>und</strong> Kinderpflegerinnen<br />
eine zeitlich unbefristete<br />
Stelle, von den unter<br />
25-jährigen Fachkräften aber<br />
nur 49 Prozent. Auffällig ist<br />
auch, dass die Befristungsquote<br />
bei Frühpädagog/innen mit<br />
Migrationshintergr<strong>und</strong> um<br />
zehn Prozentpunkte höher liegt<br />
als bei Personen ohne Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
(24 Prozent<br />
gegenüber 14 Prozent). Die<br />
Quote der befristeten Beschäftigungsverhältnisse<br />
bei Frühpädagog/innen<br />
ist damit doppelt<br />
so hoch wie im Durchschnitt
aller Berufe. Unter diesen Umständen,<br />
so zeigen regionale<br />
Studien, verlassen viele junge<br />
Fachkräfte das Arbeitsfeld Kindertagesstätte<br />
nach kurzer Zeit<br />
wieder, weil sie in anderen Tätigkeitsbereichen<br />
eine höhere<br />
Arbeitsplatzsicherheit finden.<br />
Hessen: mehr als 10.000<br />
Neueinstellungen in Kitas bis<br />
2015 nötig<br />
Die Zahl der unter dreijährigen<br />
Kinder in Kindertagesstätten<br />
<strong>und</strong> Tagespflege hat sich seit<br />
dem Jahr 2006 zwar mehr als<br />
verdoppelt, die jetzt erreichten<br />
30.078 Plätze entsprechen aber<br />
nur einer Quote von 19,3 Prozent.<br />
Die Arbeitsstelle für Kinder-<br />
<strong>und</strong> Jugendhilfestatistik,<br />
die gemeinsam mit dem Deutschen<br />
Jugendinstitut <strong>und</strong> dem<br />
Statistischen B<strong>und</strong>esamt die<br />
Entwicklung beobachtet, rechnet<br />
damit, dass nach In-Kraft-<br />
Treten des Rechtsanspruchs<br />
auf einen Kitaplatz im Jahr<br />
2015 die Betreuungsquote bis<br />
zum Jahr 2015 auf 42 Prozent<br />
steigen muss. Das bedeutet für<br />
Hessen eine Verdopplung der<br />
„U3-Plätze“, was einer Steigerung<br />
des Personals in Kindertagesstätten<br />
auf Vollzeitstellen<br />
von 34.119 Erzieherinnen <strong>und</strong><br />
Erzieher auf 40.015 entspricht.<br />
Nimmt man die Zahl der aus<br />
dem Dienst ausscheidenden<br />
Kolleginnen hinzu, die bis zum<br />
KITA<br />
Jahr 2015 auf r<strong>und</strong> 4.200 Personen<br />
geschätzt wird, so ergibt<br />
sich ein Einstellungsbedarf von<br />
mehr als 10.000 Fachkräften.<br />
An den hessischen Fachschulen<br />
werden bis zum Jahr 2015 r<strong>und</strong><br />
8.200 Erzieherinnen <strong>und</strong> Erzieher<br />
ausgebildet. Davon werden<br />
aber, so die Hochrechnung, nur<br />
5.300 eine Tätigkeit in einer<br />
Kita aufnehmen. Somit bleibt<br />
ein Fehlbedarf, der zur Zeit<br />
nicht gedeckt werden kann, in<br />
Höhe von 4.700 Vollzeitstellen.<br />
Vier Forderungen der GEW<br />
Die GEW hat ein Vier-Punkte-<br />
Programm vorgeschlagen, um<br />
die Situation der Fachkräfte zu<br />
verbessern <strong>und</strong> den Bereich<br />
der sozialpädagogischen Berufe<br />
aufzuwerten.<br />
1. Unbefristete Vollzeitstellen,<br />
insbesondere für Berufsanfänger.<br />
Diese sind mit zusätzlichen<br />
Finanzzuweisungen der Länder<br />
an die Kommunen <strong>und</strong> Kitaträger<br />
abzusichern.<br />
2. Eine Ausbildung, die den<br />
Beruf der Erzieherin auch für<br />
Abiturienten attraktiv macht.<br />
Dazu ist der weitere Ausbau<br />
gr<strong>und</strong>ständiger Studienangebote<br />
an den Hochschulen für<br />
Soziale Arbeit notwendig.<br />
3. Verbesserung der Arbeitsbedingungen,<br />
Verminderung<br />
der Krankheitsquote <strong>und</strong><br />
Erhöhung der Verbleibsdauer<br />
im Beruf, insbesondere durch<br />
<strong>SEITE</strong> 16<br />
Anrechnung eines Drittels der<br />
Arbeitszeit für Vor- <strong>und</strong> Nachbereitung<br />
sowie ein Personalschlüssel<br />
für Gruppen mit Kindern,<br />
die jünger als drei Jahre<br />
sind, von 1:4 <strong>und</strong> bei den drei-<br />
bis sechsjährigen von 1:10.<br />
4. Anhebung der Bezahlung,<br />
damit jede Erzieherin <strong>und</strong><br />
jeder Erzieher von dem Gehalt<br />
leben kann.<br />
Materialien<br />
zur Berufsinformation<br />
Die GEW hat gemeinsam mit<br />
dem „R<strong>und</strong>en Tisch <strong>Gewerkschaft</strong>en<br />
<strong>und</strong> Berufsverbände“<br />
im Februar 2011 mit finanzieller<br />
Unterstützung des B<strong>und</strong>esministeriums<br />
für Familie,<br />
Senioren, Frauen <strong>und</strong> Jugend<br />
(BMFSFJ) eine Reihe von Broschüren,<br />
Flyern <strong>und</strong> Plakaten<br />
herausgegeben, mit denen vor<br />
allem in den Abgangsklassen<br />
der Schulen <strong>und</strong> in der Berufsorientierung<br />
über den Beruf<br />
informiert werden kann. Die<br />
Materialien können – gerne<br />
auch für die ganze Klasse –<br />
kostenlos bestellt werden unter:<br />
http://www.gew.de/Initiative_<br />
gegen_Erziehermangel_Profis_fuer_die_Kita.html<br />
von Andrea Britze<br />
Hochschule <strong>und</strong> Forschung ist<br />
einer der vier zentralen Arbeitsbereiche<br />
der GEW. Die in<br />
diesem Bereich beschäftigten<br />
Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen sind<br />
in der Regel besonders auf gewerkschaftliche<br />
Unterstützung<br />
angewiesen, da ihre Arbeitsbedingungen<br />
besonders prekär<br />
sind. Befristete Verträge, eine<br />
hohe Arbeitsbelastung <strong>und</strong> fehlende<br />
Perspektiven für Nachwuchswissenschaftlerinnen<br />
<strong>und</strong> Nachwuchswissenschaftler<br />
erwecken eher den Eindruck<br />
eines Alptraumjobs <strong>Wissenschaft</strong><br />
denn eines Karrierewegs,<br />
in den zu investieren es sich<br />
lohnt.<br />
Gleichzeitig steht die GEW an<br />
den Hochschulen vor einem<br />
strukturellen Problem, denn<br />
Beschäftigte an Hochschulen<br />
sind - auch aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />
Beschäftigungs situation -<br />
scheinbar nur schwer zu organisieren<br />
<strong>und</strong> zu mobilisieren.<br />
Dabei hätten die Angestellten<br />
allen Gr<strong>und</strong>, innerhalb <strong>und</strong><br />
außerhalb ihrer <strong>Gewerkschaft</strong><br />
für ihre Interessen <strong>und</strong> eine<br />
Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen<br />
einzutreten.<br />
Auch die GEW hat sich dem<br />
Arbeitsbereich Hochschule<br />
<strong>und</strong> Forschung in jüngster<br />
Vergangenheit wieder verstärkt<br />
gewidmet <strong>und</strong> mit der Veröffentlichung<br />
des Templiner<br />
Manifests dafür gesorgt, dass<br />
HuF<br />
<strong>Gewerkschaft</strong>liche Hochschularbeit<br />
Neue Perspektiven<br />
Reformmöglichkeiten<br />
<strong>und</strong> -bedingungen<br />
der universitäten<br />
Arbeitsbedingungen<br />
wieder innerhalb <strong>und</strong><br />
außerhalb der GEW<br />
diskutiert werden. Im<br />
Rahmen des Templiner<br />
Manifests hat<br />
die Junge GEW Köln<br />
auf Initiative einiger<br />
sehr engagierter<br />
wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
hin im April 2011 eine<br />
Veranstaltung an der Uni Köln<br />
organisiert, die, gut besucht<br />
<strong>und</strong> mit Unterstützung eines<br />
Vortrags von Klemens Himpele<br />
(Referent im GEW-Hauptvorstand<br />
für Hochschule <strong>und</strong><br />
Forschung), seit langer Zeit<br />
eines der ersten erfolgreichen<br />
Signale der GEW an der<br />
Hochschule gewesen ist. Hier<br />
wurde auch deutlich, dass eine<br />
Zusammenarbeit zwischen den<br />
verschiedenen Statusgruppen<br />
an der Universität entscheidend<br />
ist <strong>und</strong> dass eigentlich<br />
wünschenswerte Reformen wie<br />
die Abschaffung der Studiengebühren<br />
zum nächsten Wintersemester<br />
auf keinen Fall einen<br />
Keil zwischen Studierende <strong>und</strong><br />
Mittelbau treiben dürfen, obwohl<br />
der Mittelbau nun durch<br />
fehlende Gelder eine empfindliche<br />
Mehrbelastung spürt.<br />
Schon während der Veranstaltung<br />
wurde deutlich, dass es<br />
nicht reicht, über Probleme<br />
<strong>SEITE</strong> 17<br />
<strong>und</strong> Reformmöglichkeiten zu<br />
diskutieren, sondern dass es<br />
mehr bedarf, um eine Mobilisierung<br />
von Kolleginnen <strong>und</strong><br />
Kollegen an Hochschulen zu<br />
ermöglichen <strong>und</strong> eine echte<br />
Verbesserung von Arbeitsbedingungen<br />
zu verwirklichen.<br />
Das Angebot einer Fortsetzung<br />
des Austauschs wurde sehr positiv<br />
von den Teilnehmenden<br />
aufgenommen <strong>und</strong> in der<br />
Zwischenzeit kam es zu einem<br />
weiteren Treffen <strong>und</strong> zur Planung<br />
weiterer Veranstaltung zu<br />
hochschulpolitischen Themen.<br />
Die Chancen auf mehr Bewegung<br />
<strong>und</strong> politischen Druck<br />
in Hochschule <strong>und</strong> Forschung<br />
stehen gut!<br />
Möchtet ihr auch auf den<br />
Emailverteiler für die neu gegründete<br />
Hochschulgruppe?<br />
Dann schreibt eine Email an:<br />
andrea.britze@googlemail .com<br />
Weitere Infos unter:<br />
www.gew.de/Templiner_Manifest.html<br />
www.jungegew.de
Die wesentlichen Änderungen<br />
zum reformierten Vorbereitungsdienst<br />
von Naoual Kailouli<br />
Seit Anfang Mai liegt eine<br />
reformierte Ordnung des<br />
Vorbereitungsdienstes <strong>und</strong><br />
der Staatsprüfung (OVP) vor.<br />
Künftig werden die LehramtsanwärterInnen<br />
nur noch 18<br />
Monate statt 24 Monate ausgebildet.<br />
Diese Verkürzung ist als<br />
Folge der Bachelor <strong>und</strong> Master<br />
Umstrukturierung der Lehramtsstudiengänge<br />
anzusehen,<br />
da im Masterstudium die Studierenden<br />
ein Praxissemester<br />
durchführen werden müssen(/<br />
dürfen).<br />
Im Folgenden sind die wesentlichen<br />
Änderungen zusammengefasst:<br />
Individuellere Ausbildungsplanung<br />
„Die neue Lehrerausbildung<br />
stellt die Entwicklung der<br />
Lehrpersönlichkeit in den<br />
Mittepunkt.“ (MSW, 2011)<br />
So soll innerhalb der ersten<br />
HIB HIB<br />
sechs Wochen das sogenannte<br />
„Entwicklungs- <strong>und</strong> Perspektivgespräch“<br />
(EPG) stattfinden,<br />
um den weiteren Verlauf der<br />
Ausbildung des jeweiligen<br />
Lehramtsanwärters zu planen.<br />
Basis hierfür wird der erste<br />
Unterrichtsbesuch sein.<br />
Neue Einstellungstermine<br />
Damit später in der zweiten<br />
Ausbildungsphase des Vorbereitungsdienstes<br />
der selbstständige<br />
Unterricht in einem<br />
Schuljahr oder zwei vollständigen<br />
Halbjahren erfolgen<br />
kann, wird künftig zum 1. Mai<br />
<strong>und</strong> 1. November eingestellt.<br />
Erhöhung des Ausbildungsunterrichts<br />
in der Schule<br />
Der Ausbildungsunterricht<br />
wurde von 12 Wochenst<strong>und</strong>en<br />
auf 14 Wochenst<strong>und</strong>en erhöht.<br />
Dies wurde in der Stellungnahme<br />
des DGB NRW in der Ver-<br />
<strong>SEITE</strong> 18<br />
bändeberatung zum Entwurf<br />
der neuen OVP im Dezember<br />
stark kritisiert.<br />
Keine zweite Staatsarbeit<br />
mehr<br />
Eine weitere wesentliche<br />
Neuerung ist der Wegfall der<br />
zweiten Staatsarbeit. Demzufolge<br />
wird sich die Zusammensetzung<br />
der Note des zweiten<br />
Staatsexamens ändern.<br />
Stattdessen werden die schriftlichen<br />
Ausarbeitungen der unterrichtspraktischen<br />
Prüfungen<br />
(UPPs) gesondert bewertet.<br />
Ausbildungsunterricht am<br />
Studienseminar<br />
Die Ausbildung am Studienseminar<br />
(Zentrum für schulpraktische<br />
Lehrerausbildung) erfolgt<br />
ab November nicht mehr<br />
jahrgangsstufenübergreifend.<br />
Deswegen werden wahrscheinlich<br />
die Studienseminare nur<br />
noch alle 1,5 Jahre einstellen.<br />
Noch Fragen?<br />
Für angehende LehramtsanwärterInnen,<br />
die mit dem<br />
Referendariat im November<br />
anfangen werden, gilt die neue<br />
OVP.<br />
Seit dem 16. Mai können sich<br />
Studierende, die im November<br />
mit dem Referendariat in NRW<br />
beginnen möchten, bewerben.<br />
Bewerbungsschluss ist der 20.<br />
Juni. Deswegen wird das HIB<br />
Ende Mai/ Anfang Juni die<br />
Informationsveranstaltungen<br />
zum Referendariat anbieten,<br />
bei denen die wesentlichen Informationen<br />
zum Bewerbungs-<br />
<strong>und</strong> Einstellungsverfahren<br />
sowie zur neuen OVP geklärt<br />
werden sollen.<br />
Lehramtsstudierende können<br />
sich gerne persönlich oder<br />
telefonisch in meiner Sprechzeit<br />
(Do. 10 bis 14 Uhr) beraten<br />
lassen.<br />
Termine:<br />
Informationsveranstaltung für<br />
Lehramtsstudierende<br />
Erstes Staatsexamen - was nun?<br />
Dienstag 7. 6. 2011<br />
Lehramt Sonderpädagogik<br />
18:00 bis 19:15<br />
Hörsaal XVIII Hauptgebäude<br />
Mittwoch 8. 6. 2011<br />
Lehramt Gr<strong>und</strong>schule<br />
19:00 bis 20:15<br />
Hörsaal 172 IBW Gebäude<br />
(Herbert-Lewin Straße 2)<br />
Die Termine für das Lehramt<br />
Haupt-/ Real-/Gesamtschule<br />
<strong>und</strong> Gymnasium/ Gesamtschule<br />
werden in Kürze folgen <strong>und</strong><br />
auf der Homepage des HIB<br />
bekannt gegeben.<br />
Weitere Infos:<br />
www.hib-koeln.de<br />
www.schulministerium.nrw.de/<br />
BP/SEVON<br />
http://www.schulministerium.<br />
nrw.de/ZBL/index.html<br />
Handlungsorientierte<br />
Medienpädagogik<br />
Spielerische Ansätze in der Jugendmedienarbeit<br />
von Anika Schlichting<br />
Unter diesem Titel, bietet<br />
die Fachhochschule Köln<br />
in Zusammenarbeit mit der<br />
Donau Universität in Krems<br />
(Österreich) einen neuen<br />
Masterstudiengang an. Der<br />
neue Studiengang ist berufsbegleitend<br />
angelegt sowie in<br />
zwei Einheiten aufgeteilt. Der<br />
Zertifikatslehrgang umfasst<br />
eine Studienzeit von zwei <strong>und</strong><br />
das Masterstudium von vier<br />
Semestern. Der Startschuss<br />
fiel am 29.04.2011 in Köln. Im<br />
Zentrum dieses Studienganges<br />
steht die Nutzbarmachung<br />
moderner Computerspiele für<br />
medienpädagogische Projekte.<br />
Zielgruppe sind Personen, die<br />
sich mit Computerspielen <strong>und</strong><br />
Unterhaltungsmedien aus der<br />
pädagogischen Perspektive<br />
<strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen<br />
wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />
beschäftigen möchten.<br />
„Spielend Lernen“ heißt hier<br />
das Stichwort. Interessant ist<br />
dieser Masterstudiengang für<br />
Pädagogen/-innen, Lehrer/<br />
innen, Wissensmanager/innen<br />
<strong>und</strong> Trainer/-innen. Im<br />
Rahmen dieses Masterstudienganges<br />
sollen insbesondere<br />
praxisorientierte Ansätze für<br />
die schulische <strong>und</strong> außerschulische<br />
Medienpädagogik<br />
vermittelt <strong>und</strong> aufgezeigt<br />
werden, sowie diese mit klassischen<br />
Methoden wie Spiel-,<br />
<strong>SEITE</strong> 19<br />
Theater- oder Erlebnispädagogik<br />
kombiniert werden können.<br />
Das neue Studienangebot<br />
ist interdisziplinär ausgelegt.<br />
Inhalte sind unter anderem<br />
Medienethik <strong>und</strong> Jugendschutz,<br />
Pädagogik des Spiels,<br />
Methoden der Spiel-, Theater-<br />
<strong>und</strong> Erlebnispädagogik,<br />
pädagogische <strong>und</strong> technische<br />
Medienkompetenzvermittlung,<br />
informelles Lernen in Bezug<br />
auf interaktive Medienwelten,<br />
wie auch <strong>Wissenschaft</strong>stheorie<br />
<strong>und</strong> Forschungsmethodik.<br />
Hinzu kommen Anwendungsszenarien<br />
spielerischen Lernens<br />
<strong>und</strong> Möglichkeiten des pädagogisch<br />
gelenkten Einsatzes interaktiver<br />
Unterhaltungsmedien<br />
zur Vermittlung alternativer<br />
Freizeitbeschäftigungen.<br />
Interessierte können jedoch<br />
noch bis zum zweiten Präsenztermin<br />
am 2. Juni oder zum<br />
dritten Präsenztermin am 19.<br />
August einsteigen.<br />
Die Semestergebühr für das<br />
Masterstudium beträgt 1725<br />
Euro. Für das zweisemestrige<br />
Zertifikationsprogramm werden<br />
pro Semester 1850 Euro<br />
fällig.<br />
Weitere Infos unter:<br />
www.f01.fh-koeln.de/go/homp<br />
www.donau-uni.ac.at/de/<br />
studium/medienpaedagogik/<br />
index.php
FACHGRUPPEN & ARBEITSKREISE RECHTSBERATUNG<br />
Bei allen Veranstaltungen der Fachgruppen <strong>und</strong> Arbeitskreise sind Interessierte<br />
aus anderen Schulformen <strong>und</strong> Bildungsbereichen herzlich willkommen!<br />
Alle Termine finden, wenn nicht anders angegeben, im Kölner DGB-Haus, Hans-Böckler-Platz 1, statt. Fachgruppentermine<br />
die nach Redaktionsschluss eingehen, sind im Internet unter<br />
www.gew-koeln.de zu finden.<br />
FG Gr<strong>und</strong>schule<br />
Mittwoch, 15.6.2011<br />
19.00 Uhr<br />
Tagungsraum EG<br />
Wolfgang Raabe,<br />
Tel.: 02203/51342<br />
Martina Schütte,<br />
Tel.: 02236/321318<br />
FG Hauptschule<br />
Mehmet Ali Ates,<br />
Tel.: 0221/461418<br />
Sigried Pleyl-von Laer,<br />
Tel.: 0221/725604<br />
FG Förderschule<br />
Dienstag, 7.6.2011<br />
19.30 Uhr<br />
Tagungsraum EG<br />
Themen nach Wunsch.<br />
Christiane Balzer,<br />
Tel.: 0221/9524740<br />
Iris Tschauder,<br />
Tel.: 0221/8230540<br />
FG Gesamtschule<br />
Gudrun Neumann,<br />
Tel.: 0221/7607786<br />
FG Realschule<br />
Maria Backhaus,<br />
Tel.: 02233/713671<br />
Elke Görgen-Schmickler,<br />
Tel.: 0221/419327<br />
FG Gymnasium<br />
Hans-Josef Vöckel,<br />
Tel.: 0221/626258<br />
FG Berufskolleg<br />
Mechtild Degen-Sieg,<br />
Tel.: 02236/322241<br />
Dietrich Weinkauf,<br />
Tel.: 0221/352956<br />
FG Kita<br />
Donnerstag, 16.6.2011<br />
18.00 Uhr<br />
Tagungsraum EG<br />
Überlastung in den Kindergärten<br />
abstellen<br />
Ges<strong>und</strong>heitsschutz – eine Verpflichtung<br />
für jeden Träger,<br />
Gesetzliche Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong><br />
Maßnahmen<br />
Neues von der KiBiz-Revision<br />
Brunhilde Seeber,<br />
Tel.: 0163/9158338<br />
AK LEMK<br />
Dienstag, 28.6.2011<br />
16.00 Uhr<br />
GEW-Besprechungsraum<br />
Spyros Kostadimas,<br />
Tel.: 02203/14357<br />
Süleyman Ates,<br />
Tel.: 0221/632346<br />
AK Angestellte<br />
jeden ersten Montag im Monat<br />
um 19.00 Uhr<br />
Besprechungsraum 1. OG<br />
Hans-Peter Persy,<br />
Tel.: 0221/733294<br />
AK Offener Ganztag<br />
Das nächste Treffen findet nach<br />
den Sommerferien statt.<br />
Max-Georg Beier,<br />
Hildegard Merten,<br />
Tel.: 0221/516267<br />
<strong>SEITE</strong> 20<br />
AK Schulentwicklung<br />
Dienstag, 28. Juni 2011<br />
18 Uhr, DGB-Haus<br />
Klaus Minartz,<br />
Tel.: 0221/526722<br />
AK Schulsozialarbeit<br />
Montag, 27.6.2011<br />
17.00 Uhr<br />
kleines Sitzungszimmer 1. OG<br />
Johannes Vogel<br />
ijvogel@t-online.de<br />
AK Inklusion<br />
Dienstag, 12.7.2011<br />
18.00 Uhr<br />
Tagungsraum – EG<br />
Ulli Müller-Harth,<br />
Tel.: 0221/512687<br />
Uschi Kellermann,<br />
Tel.: 0221/16846200<br />
Junge GEW<br />
jeden zweiten Mittwoch im<br />
Monat um 19.45 Uhr<br />
info@jungegew.de<br />
www.jungegew.de<br />
AK Betriebsräte/Mitarbeitervertretungen<br />
Aktuelle Themen <strong>und</strong> Erfahrungsaustausch<br />
Unsere Hotline für Betriebsräte<br />
<strong>und</strong> Mitarbeitervertretungen:<br />
betriebsraete@gew-koeln.de<br />
Heiner Frey,<br />
Tel.: 02742/969493<br />
Nina Goerges, 0221/516267<br />
Sonderurlaub/Arbeitsbefreiung für Veranstaltungen<br />
von Christine Oberhäuser<br />
In der Sonderurlaubsverordnung<br />
(SUrlV) § 4 für Beamte/<br />
innen bzw. im TV-L § 29 für<br />
Angestellte ist festgelegt, unter<br />
welchen Bedingungen für<br />
staatsbürgerliche, berufliche,<br />
kirchliche, gewerkschaftliche,<br />
sportliche <strong>und</strong> ähnliche Zwecke<br />
Urlaub gewährt werden<br />
kann. Dafür stehen maximal<br />
fünf Tage im Kalenderjahr<br />
zur Verfügung; im Ausnahmefall<br />
können 10 Tage bewilligt<br />
werden. Der Urlaub kann<br />
auch während der Dienstzeit<br />
genehmigt werden, wenn die<br />
Teilnahme außerhalb der<br />
Überst<strong>und</strong>en<br />
Keine pauschale Abgeltung<br />
Wird in einem Formulararbeitsvertrag vereinbart:<br />
„Mit der vorstehenden Vergütung sind<br />
erforderliche Überst<strong>und</strong>en des Arbeitnehmers<br />
abgegolten“, ist eine solche Klausel unwirksam.<br />
Der Arbeitnehmer kann daraus nicht<br />
erkennen, welche Arbeitsleistung er ohne<br />
zusätzliche Vergütung erbringen muss.<br />
B<strong>und</strong>esarbeitsgericht, Urteil vom 1. September<br />
2010 – 5 AZR 517/08<br />
Dienstzeit nicht möglich ist<br />
<strong>und</strong> dienstliche Gründe nicht<br />
entgegenstehen.<br />
Der Antrag auf Sonderurlaub<br />
(SU) ist auf dem Dienstweg<br />
über die Schulleitung zu stellen.<br />
Antragsformulare müssten<br />
in der Schule vorhanden sein,<br />
können aber auch von der<br />
Webseite der Bezirksregierung<br />
Köln herunter geladen werden<br />
(www.bezreg-koeln.nrw.de/<br />
brk_internet/service/ unter:<br />
Formulare <strong>und</strong> Anträge/Abteilung<br />
04 – Schule/Dezernat 47).<br />
Diese Anträge sollten frühzeitig<br />
gestellt werden, damit eine<br />
sachgerechte Prüfung möglich<br />
ist.<br />
<strong>SEITE</strong> 21<br />
„In jedem Einzelfall ist sorgfältig<br />
zu prüfen, ob Sonderurlaub<br />
außerhalb der unterrichtsfreien<br />
Zeit zugelassen werden kann<br />
[…]. Allgemein ist es nicht<br />
gerechtfertigt, Sonderurlaub<br />
ohne nähere Prüfung allein<br />
unter Hinweis auf den mit ihm<br />
verb<strong>und</strong>enen Ausfall des vorgesehenen<br />
Unterrichts oder auf<br />
die Notwendigkeit von Vertretungsunterricht<br />
abzulehnen.“<br />
(BASS 21-05 Nr.11 SUrlV; Anwendung<br />
auf Lehrer/-innen)<br />
Die endgültige Genehmigung<br />
erteilt die Schulleitung.<br />
Kirchliche Einrichtungen<br />
dürfen auch bestreikt werden<br />
Auch in kirchlichen Einrichtungen sind gewerkschaftlich<br />
organisierte Streikmaßnahmen<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich zulässig. Bei der Abwägung zwischen<br />
dem verfassungsrechtlich gewährleisteten<br />
Selbstbestimmungsrecht der Kirchen <strong>und</strong> dem<br />
nach dem Gr<strong>und</strong>gesetz garantierten Streikrecht<br />
ist zu berücksichtigen, dass in kirchlichen<br />
Einrichtungen auch Arbeitnehmer beschäftigt<br />
werden, deren Tätigkeit nicht zum in christlicher<br />
Überzeugung geleisteten „Dienst am Nächsten“<br />
zählen.<br />
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 13.<br />
Januar 2011 – 8 Sa 788/10
von Heiner Frey<br />
Auf dem <strong>Gewerkschaft</strong>stag 2010<br />
hatte die Antragskommission<br />
einen entsprechenden Antrag<br />
Bielefelds, der u. a. von Köln unterstützt<br />
wurde, ohne Kommentar<br />
abgelehnt. Zur Antragsberatung<br />
kam es schließlich aus „Zeitgründen“<br />
nicht mehr.<br />
Dem Landesvorstand gegenüber<br />
übte ich harte Kritik an der Ablehnung<br />
von tariflichen „Bonuszahlungen“<br />
für <strong>Gewerkschaft</strong>ler<br />
<strong>und</strong> fügte die Gr<strong>und</strong>lagen meines<br />
Beitrags an:<br />
In meinem geplanten Diskussionsbeitrag<br />
ich hätte ein Zitat an<br />
den Anfang gestellt <strong>und</strong> „rhetorisch“<br />
gefragt, von wem es wohl<br />
stamme:<br />
„Die Anwendung moderater tarifvertraglicherDifferenzierungsklauseln<br />
dient zur Stärkung der<br />
Tarifautonomie!“<br />
Dieses Zitat stammt weder von<br />
Michael Sommer, noch von Frank<br />
Bsirske, auch nicht von Olaf<br />
Scholz oder Guntram Schneider,<br />
nein es stammt von der CDU-<br />
Landtagsfraktion NRW (Petersberger<br />
Erklärung 2008).<br />
Drei Argumentationslinien möchte<br />
ich anreißen:<br />
1. der Gr<strong>und</strong>gesetz-Auftrag<br />
Art. 9 Abs.3 garantiert die Koalitionsfreiheit,<br />
diese wiederum<br />
sichert die Tarifautonomie.<br />
Durch die Tarifautonomie kommen<br />
Tarifverträge zustande, die<br />
originär nur für <strong>Gewerkschaft</strong>smitglieder<br />
gelten. Voraussetzungen<br />
für „gute“ Tarifverträge<br />
TARIFPOLITIK<br />
Bonuszahlungen für <strong>Gewerkschaft</strong>smitglieder?<br />
sind starke, d. h. mitgliederstarke<br />
<strong>Gewerkschaft</strong>en - <strong>und</strong> Bonuszahlungen<br />
erhöhen den Organisationsgrad.<br />
Infofern „verifizieren“<br />
Bonuszahlungen den GG-Auftrag<br />
der Koalitionsfreiheit.<br />
(Quasi im Umkehrschluss hat<br />
das BAG diese Haltung bestätigt,<br />
indem es dem Christlichen <strong>Gewerkschaft</strong>sb<strong>und</strong>,<br />
der für Arbeitgeberverbände<br />
insbesondere der<br />
Leiharbeitsunternehmen „Gefälligkeitstarifverträge“abzuschließen<br />
bereit war, die Tariffähigkeit<br />
wegen ›fehlender Mächtigkeit‹<br />
abgesprochen hat!)<br />
2. individueller Aspekt<br />
<strong>Gewerkschaft</strong>smitglieder tragen<br />
durch ihre Beitragszahlung <strong>und</strong><br />
ehrenamtliche Mitarbeit materiell<br />
<strong>und</strong> ideell zur Erhaltung der<br />
Tarifautonomie <strong>und</strong> zu Tarifverträgen<br />
bei.<br />
Ca. 80 % meiner Kollegen nehmen<br />
die Leistungen unseres Tarifvertrages<br />
in Anspruch ohne eine<br />
Gegenleistung zu erbringen. Unter<br />
diesem Aspekt liegt es nahe, hochgeschätzte<br />
Kollegen, mit denen ich<br />
mich arbeitsbezogen eng verb<strong>und</strong>en<br />
fühle, als „Trittbrettfahrer“ zu<br />
betrachten.<br />
Auch das BAG hat in einem Urteil<br />
festgestellt, dass Bonuszahlungen,<br />
soweit sie sich unterhalb des Mitgliedbeitrags<br />
befinden <strong>und</strong> nicht<br />
die tatsächliche Ertragsverteilung<br />
im Betrieb verschieben, keinen<br />
Verstoß gegen die Gleichbehandlung<br />
darstellen.<br />
<strong>Gewerkschaft</strong>smitglieder sind mit<br />
ihrer Verantwortlichkeit für die<br />
Tarifautonomie nicht mit Außenstehenden<br />
gleichzusetzen. Sehr<br />
<strong>SEITE</strong> 22<br />
treffend hat Ilse Schaad Bonuszahlungen<br />
als „Nachteilsausgleich“<br />
bezeichnet!<br />
3. arbeitsrechtlicher Aspekt<br />
Noch 1967 untersagt das BAG<br />
ein 60 DM höheres Urlaubsgeld<br />
für <strong>Gewerkschaft</strong>ler mit dem<br />
Argument der „negativen Koalitionsfreiheit“,<br />
dies widerspreche<br />
dem Gerechtigkeitsgefühl Außenstehender.<br />
Schon in den 80ern<br />
ändert sich der Tenor der Urteile<br />
<strong>und</strong> 2006 stellt das BAG fest, Art.<br />
9 GG schütze Außenstehende<br />
nur vor dem Zwang zum Beitritt.<br />
Zwang liege aber nur vor, wenn<br />
die Alternative zum Beitritt in<br />
„erheblichen wirtschaftlichen<br />
Nachteilen“ bestehe.Der Anreiz<br />
zum Beitritt stelle hingegen keinen<br />
Zwang dar. Die Frage tarifvertraglicherDifferenzierungsklauseln<br />
mag in den Verhandlungen<br />
im ÖD, etwa um LEGO, eine<br />
nachgeordnete Bedeutung haben.<br />
In Bildungsunternehmen mit<br />
geringem Organisationsgrad <strong>und</strong><br />
entsprechend schwachen, schlechten<br />
Tarifverträgen erhöhen sie<br />
den Organisationsgrad!<br />
Zwei Beispiele möchte ich anführen:<br />
Ver.di hat in einer Niederlassung<br />
der IB-GmbH, dem Arbeitsprojekt<br />
mit eigenem Tarifvertrag im Rahmen<br />
von „KölnArbeit“, im März<br />
2010 tariflich eine Bonuszahlung<br />
von 200 Euro abgeschlossen. Die<br />
Auswirkungen auf den Organisationsgrad<br />
sind spürbar.<br />
Beim IB e.V. haben ver.di <strong>und</strong><br />
GEW eine Bonuszahlung von ca.<br />
250 Euro vereinbart!<br />
von Jürgen Amendt,<br />
›Neues Deutschland‹<br />
Zeitverträge, schlecht bezahlte<br />
Jobs auf Honorarbasis, Löhne<br />
aufHartz IV-Niveau: Prekäre<br />
Beschäftigungsverhältnisse<br />
sind bei den freien Trägern der<br />
Jugend-, Sozial- <strong>und</strong> Bildungsarbeit<br />
keine Ausnahme. Das<br />
ist nicht unbedingt nur Schuld<br />
der privaten Arbeitgeber, denn<br />
die Tätigkeit der Sozialarbeiter,<br />
Lehrkräfte <strong>und</strong> Erzieherinnen<br />
wird vom Staat ungenügend<br />
finanziert.<br />
Wie viel sind der Gesellschaft<br />
Sozialarbeit, Bildung, die<br />
Betreuung von Kindern <strong>und</strong><br />
Jugendlichen, die Integration<br />
von Zuwanderern wert? Oder<br />
anders gefragt: Wie viel ist<br />
dem Staat gute Arbeit für gute<br />
Bildung wert? ›Wenig‹, lautet<br />
die ernüchternde Antwort<br />
von Dörte Wihan aus Berlin.<br />
Vor einigen Jahren hat sie<br />
für einen kleinen Träger eine<br />
Kindertagesstätte im Stadtteil<br />
Friedrichshain aufgebaut. Das<br />
Angebot an Kita-Plätzen kann<br />
dort seit Jahren nicht mehr mit<br />
dem stetig steigenden Bedarf<br />
Schritt halten. Bei jungen Familien<br />
ist der Stadtteil beliebt.<br />
Der Bezirk müsste also alles für<br />
eine qualifizierte frühkindliche<br />
Bildung tun.<br />
Sollte man jedenfalls meinen,<br />
doch die Realität sieht anders<br />
aus. »Schon die Anschubfi-<br />
JUGENDHILFE / WEITERBILDUNG<br />
... <strong>und</strong> am Wochenende wird gekellnert<br />
Skandalös: prekäre Beschäftigungsverhältnisse bei freien Trägern<br />
nanzierung für die Kita war<br />
schwierig«, erzählt Wihan.<br />
»Ohne private Kredite wäre<br />
die Gründung der Kita gar<br />
nicht möglich gewesen«<br />
Das, was man an staatlichen<br />
Geldern erhalte, reiche auch<br />
heute nicht aus, um den<br />
Erzieherinnen gute Gehälter<br />
zahlen zu können, sagt<br />
die Kita-Leiterin. »Große<br />
Träger können sich z. B.<br />
über F<strong>und</strong>raising alternative<br />
Geldquellen erschließen, dafür<br />
fehlen uns aber die Zeit <strong>und</strong><br />
das Personal.«<br />
Berufseinsteiger trifft es<br />
Doch auch bei den großen<br />
Trägern wie den Wohlfahrtsverbänden<br />
oder den Kirchen<br />
wird gerechnet, weiß Bernhard<br />
Eibeck, Referent für<br />
Jugendhilfe <strong>und</strong> Sozialarbeit<br />
beim GEW-Hauptvorstand.<br />
Vor allem Berufseinsteiger<br />
im Kita-Bereich <strong>und</strong> Beschäftigte<br />
in Ostdeutschland seien<br />
von prekären Jobs betroffen.<br />
»Sie sind mehrheitlich befristet<br />
beschäftigt«, heißt es in<br />
einer Studie der Universität<br />
Dortm<strong>und</strong>, die unter Federführung<br />
der <strong>Erziehung</strong>s- <strong>und</strong><br />
Sozialwissenschaftlerin Kirsten<br />
Fuchs-Rechlin entstand. Gegen<br />
das Abrutschen in Hartz IV<br />
gibt es nach Fuchs-Rechlin<br />
nur zwei »Versicherungen:<br />
die Anstellung in einem Normalarbeitsverhältnis<br />
(in Vollzeit<br />
<strong>und</strong> unbefristet) oder das<br />
<strong>SEITE</strong> 23<br />
Zusammenleben in einer Partnerschaft«.<br />
Im Klartext: »Mit<br />
einer Teilzeitbeschäftigung<br />
kann kein existenzsicherndes<br />
Einkommen erzielt werden.«<br />
Der Kreis der Betroffenen ist<br />
groß, da jede zweite Fachkraft<br />
in einer kommunalen wie in<br />
einer Einrichtung in freier<br />
Trägerschaft weniger als 32,5<br />
Wochenst<strong>und</strong>en arbeitet.<br />
Bei den freien Trägern kommt<br />
hinzu, dass viele nicht oder<br />
nur angelehnt an den Tarifvertrag<br />
für den öffentlichen<br />
Dienst (TVöD) zahlen. B<strong>und</strong>esweit<br />
schneiden die privaten<br />
Arbeitgeber in Mecklenburg-<br />
Vorpommern dabei besonders<br />
schlecht ab. Nahezu 80 Prozent<br />
der Kitas (B<strong>und</strong>esschnitt: 66<br />
Prozent) befinden sich im<br />
Nordosten der Republik in<br />
freier Trägerschaft - das Gros<br />
stellen wiederum die großen<br />
Wohlfahrtsverbände wie<br />
Caritas, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt<br />
(AWO) oder die im<br />
Paritätischen Wohlfahrtsverband<br />
zusammengeschlossenen
Organisationen. »Mit Ausnahme<br />
der kirchlichen Träger Caritas<br />
<strong>und</strong> Diakonie haben sich<br />
mittlerweile alle freien Träger<br />
aus einem Tarifvertragssystem<br />
verabschiedet«, kritisiert<br />
Daniel Taprogge von der GEW<br />
Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Die Gehälter liegen im Schnitt<br />
bis zu 15 Prozent unter dem<br />
Niveau des TVöD. In Zahlen<br />
heißt das: Erhalten Berufseinsteiger<br />
im Erzieherberuf an<br />
einer staatlichen Kita knapp<br />
2100 Euro brutto (Vollzeitstelle),<br />
bekommen die Kolleginnen<br />
<strong>und</strong> Kollegen bei den freien<br />
Trägern r<strong>und</strong> 300 Euro weniger.<br />
Doch das ist eher ein theoretischer<br />
Wert, denn die meisten<br />
Erzieherinnen haben nur<br />
Teilzeitarbeitsverträge. »Im<br />
Schnitt verdienen sie nur 1400<br />
bis 1500 Euro brutto«, rechnet<br />
Taprogge vor. »Ich kenne<br />
Kolleginnen, die müssen am<br />
Wochenende kellnern, um über<br />
die R<strong>und</strong>en zu kommen«, sagt<br />
der Kita-Referent des GEW-<br />
Landesverbandes. Aussicht auf<br />
Gehaltserhöhungen hätten nur<br />
die wenigsten Erzieherinnen,<br />
denn die Gehälter seien meist<br />
selbst nach mehreren Jahren<br />
Berufstätigkeit nicht höher als<br />
beim Berufseinstieg.<br />
Für Silvia Sandmann vom Paritätischen<br />
Wohlfahrtsverband<br />
des Landes trägt die Regierung<br />
in Schwerin die Hauptschuld<br />
JUGENDHILFE / WEITERBILDUNG JUGENDHILFE / WEITERBILDUNG<br />
an der Situation der Erzieherinnen<br />
<strong>und</strong> Erzieher. Die Kitas<br />
im Land seien unterfinanziert,<br />
sagt sie. Die Finanzierung<br />
habe 2009 auf dem Niveau des<br />
Jahres 2006 gelegen, obwohl<br />
in diesem Zeitraum die Zahl<br />
der Kinder in den Kitas gestiegen<br />
ist. Statt fünf Millionen<br />
Euro zusätzlich in die Kitas zu<br />
stecken, hätte das Land zehn<br />
Millionen Euro mehr für die<br />
frühkindliche Bildung ausgehen<br />
müssen.<br />
Dass sich die Kita-Beschäftigten<br />
wehren, ist eher selten<br />
- <strong>und</strong> dies sei nicht nur in<br />
Mecklenburg-Vorpommern so,<br />
sagt Eibeck. Die Möglichkeiten<br />
zur Gegenwehr sind auch deshalb<br />
begrenzt, weil es bei den<br />
freien Trägern kaum eine organisierte<br />
Arbeitnehmerschaft<br />
gebe. Eiheck: »Genaue Zahlen<br />
über den gewerkschaftlichen<br />
Organisationsgrad in den Kitas<br />
freier Träger gibt es nicht, aber<br />
er liegt sicherlich unter 15<br />
Prozent.«<br />
Das ist ein Bef<strong>und</strong>, der für den<br />
Sozial- <strong>und</strong> Bildungsbereich an<br />
sich zutrifft. Aktionen wie die<br />
des Betriebsrats des Internationalen<br />
B<strong>und</strong>es (IB), einem der<br />
größten freien Träger im Sozial-<br />
<strong>und</strong> Bildungsbereich, gegen<br />
das Ausmaß der befristeten Beschäftigung<br />
beim IB sind eher<br />
selten. Generell gilt: Gerade bei<br />
Berufsanfängern haben Fristverträge<br />
Konjunktur.<br />
Mittlerweile wird nach Be-<br />
<strong>SEITE</strong> 24<br />
rechnungen des Instituts für<br />
Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Berufsforschung<br />
(IAB) fast jeder zweite<br />
neu abgeschlossene Arbeitsvertrag<br />
(47 Prozent) mit einem<br />
Verfallsdatum versehen, <strong>und</strong><br />
nur für jeden zweiten Arbeitnehmer<br />
ist ein Zeitvertrag das<br />
Sprungbrett für eine Daueranstellung,<br />
Tendenz weiter<br />
fallend. Gr<strong>und</strong>lage dafür ist<br />
das Teilzeit- <strong>und</strong> Befristungsgesetz<br />
(TzBfG), das die rotgrüne<br />
B<strong>und</strong>esregierung 2001<br />
beschlossen hatte (s. Kasten).<br />
Berufsanfänger müssen heute<br />
damit leben, dass sie nach dem<br />
Auslaufen eines Zeitvertrages<br />
sogleich in die nächste befristete<br />
Beschäftigung rutschen.<br />
Überdurchschnittlich hoch ist<br />
die Befristungsquote bei den<br />
sozialen Dienstleistungen. Laut<br />
IAB-Studie arbeitet in diesem<br />
Sektor nur noch ein Drittel der<br />
Neubeschäftigten unbefristet.<br />
Befristung als Dauerzustand<br />
Was ursprünglich den Einstieg<br />
in das Berufsleben erleichtern<br />
sollte, wird so zum Dauerzustand.<br />
Sabine Skubsch vom<br />
Konzernbetriebsrat des IB<br />
spricht von ›modernen Wanderarbeitern‹,<br />
die von einer<br />
befristeten Stelle zur nächsten<br />
weitergereicht werden <strong>und</strong><br />
denen dabei immer die Angst<br />
vor sozialem Abstieg <strong>und</strong> Arbeitslosigkeit<br />
im Nacken sitze.<br />
Ähnlich beschreibt Stephanie<br />
Odenwald, Leiterin des Orga-<br />
nisationsbereichs Berufliche<br />
Bildung <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
beim GEW-Hauptvorstand, die<br />
Situation. Bei den freien Trägern<br />
der Beruflichen Weiterbildung<br />
arbeite die Mehrzahl der<br />
Betroffenen auf Honorarbasis.<br />
,»Meistens sind das Scheinselbstständige,<br />
die arbeitnehmerähnlich<br />
beschäftigt<br />
sind, die die Beiträge für die<br />
soziale Absicherung zu h<strong>und</strong>ert<br />
Prozent selbst tragen müssen.«<br />
Prekär: Integrationskurse<br />
Besonders prekär ist die Situation<br />
bei den Integrationskursen,<br />
in denen Deutsch als<br />
Zweitsprache (DaZ) unterrichtet<br />
wird . Die Kurse gibt<br />
es seit sechs Jahren, sie sollen<br />
- teilweise verpflichtend - eingewanderten<br />
Ausländern in<br />
600 Unterrichtsst<strong>und</strong>en ausreichend<br />
Deutschkenntnisse<br />
sowie in 45 Unterrichtsst<strong>und</strong>en<br />
ein Basis wissen über die deutsche<br />
Gesellschaft vermitteln.<br />
Kursträger sind Sprachschulen<br />
<strong>und</strong> andere Bildungsträger,<br />
die eine Zulassung vom B<strong>und</strong>esamt<br />
für Migration <strong>und</strong><br />
Flüchtlinge (BAMF) benötigen.<br />
Die Zahl der teilnehmenden<br />
Ausländer <strong>und</strong> Spätaussiedler<br />
belief sich laut BAMF im Jahr<br />
2009 auf 116 052 Menschen,<br />
die von r<strong>und</strong> 16 000 Lehrkräften<br />
unterrichtet wurden.<br />
An die Pädagogen stellt das<br />
BAMF hohe Anforderungen:<br />
Voraussetzung, um Integrati-<br />
onskurse leiten<br />
zu können, ist<br />
ein Hochschulabschluss,<br />
wenn<br />
nicht ›Deutsch<br />
als Fremdsprache‹<br />
bzw.<br />
›Deutsch als<br />
Zweitsprache‹<br />
studiert wurde,<br />
sind diverse<br />
Fortbildungen<br />
notwendig. Bei<br />
der Finanzierung<br />
der Kurse ist<br />
das zuständige B<strong>und</strong>esinnenministerium<br />
allerdings weniger<br />
anspruchsvoll. Die Kursträger<br />
erhalten pro Teilnehmer <strong>und</strong><br />
Unterrichtsst<strong>und</strong>e 2,35 Euro.<br />
Maximal 20 Sprachschüler darf<br />
ein Kurs laut BAMF-Vorschrift<br />
haben, macht also höchstens<br />
47 Euro pro Unterrichtsst<strong>und</strong>e.<br />
Davon müssen Arbeitsmaterialien<br />
bezahlt, die Rechnungen<br />
für Raum- <strong>und</strong> Heizkosten<br />
beglichen werden.<br />
Für die Dozenten bleibt da<br />
nicht viel übrig. »Wenn ich<br />
soviel unterrichte wie eine<br />
vollbeschäftigte Schullehrkraft,<br />
also etwa 1000 Schulst<strong>und</strong>en<br />
im Jahr, habe ich ein Bruttojahreseinkommen<br />
von 15 000<br />
Euro. Nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge<br />
<strong>und</strong> der<br />
Fahrtkosten bleiben mir, bei<br />
guter Auslastung, monatlich<br />
575 Euro zum Leben. Wenn das<br />
Jobcenter mich nicht zwingen<br />
könnte, noch schlechtere Arbeit<br />
<strong>SEITE</strong> 25<br />
Rechtsgr<strong>und</strong>lage für Befristungen<br />
Rechtliche Gr<strong>und</strong>lage für befristete Arbeitsverträge<br />
ist das Teilzeit- <strong>und</strong> Befristungsgesetz<br />
(TzBfG), das am 1. Januar 2001 in Kraft<br />
trat <strong>und</strong> eine einheitliche Rechtsgr<strong>und</strong>lage<br />
für befristete Arbeitsverhältnisse schuf. Der<br />
Gesetzgeber unterscheidet dabei zwischen<br />
einer Befristung mit <strong>und</strong> einer ohne sachlichen<br />
Gr<strong>und</strong>. Als sachlicher Gr<strong>und</strong> zählen z. B. ein nur<br />
vorübergehender höherer Arbeitskräftebedarf,<br />
Anstellung zur Probe nach Ausbildung oder<br />
Studium, um den Berufseinstieg zu erleichtern;<br />
eine Anschlussbefristung (so genannte Kettenbefristung)<br />
ist nur zulässig, wenn jeweils ein<br />
neuer Gr<strong>und</strong> vorliegt. Ohne sachlichen Gr<strong>und</strong><br />
darf höchstens zwei Jahre befristet eingestellt<br />
werden; Kettenbefristungen sind nicht erlaubt.<br />
Wichtig: Auf Befristung mit sachlichem Gr<strong>und</strong><br />
darf keine ohne sachlichen Gr<strong>und</strong> folgen!<br />
anzunehmen, hätte ich längst<br />
gesagt: ohne mich«, sagt der<br />
Deutschlehrer Karl Kirsch.<br />
Auf der nach unten offenen<br />
Skala prekärer Beschäftigungsverhältnisse<br />
dürften die<br />
DaZ-Lehrkräfte derzeit fast<br />
konkurrenzlos sein. Entlohnt<br />
wird nur die reine Unterrichtsst<strong>und</strong>e,<br />
die Vor- <strong>und</strong> Nachbereitung<br />
werden nicht vergütet.<br />
Kein Geld gibt es in den Ferien,<br />
Ausfallentschädigungen sind<br />
in den Honorarvereinbarungen<br />
ebenfalls nicht vorgesehen.<br />
Die Mehrheit der Lehrkräfte<br />
erhalte einen Honorarsatz, der<br />
unterhalb des Verdienstes eines<br />
Bauhilfsarbeiters liegt, kritisiert<br />
Arnfried Gläser, Referent<br />
für Berufliche Bildung <strong>und</strong><br />
Weiterbildung beim GEW-<br />
Hauptvorstand. Im Schnitt<br />
verdienten die Betroffenen<br />
netto kaum 10 000 Euro im<br />
Jahr. Viele seien auf staatliche<br />
Zusatzleistungen angewiesen.
Die GEW hat daher im März<br />
gemeinsam mit dem Netzwerk<br />
der DaZ-Lehrkräfte die<br />
B<strong>und</strong>esregierung aufgefordert,<br />
das Honorar für Lehrkräfte in<br />
Integrationskursen pro Unterrichtseinheit<br />
auf mindestens<br />
30 Euro anzuheben <strong>und</strong> diese<br />
fest einzustellen. Mit einer<br />
Vergütung von über 20 Euro<br />
pro St<strong>und</strong>e liegen die Volkshochschulen<br />
(VHS) am oberen<br />
Ende der Honorarskala. An<br />
der VHS Berlin werden gar 25<br />
Euro gezahlt. Hier haben die<br />
Honorarkräfte zudem einen<br />
arbeitnehmerähnlichen Status,<br />
d. h. sie erhalten z. B. Lohnfortzahlung<br />
im Krankheitsfall.<br />
»Die VHSn sind allerdings in<br />
einer besseren Lage als andere<br />
Kursanbieter, denn sie<br />
können die DaZ-Kurse durch<br />
die Einnahmen in anderen<br />
Bereichen querfinanzieren«,<br />
sagt GEW-Weiterbildungsexpertin<br />
Odenwald. Das heißt:<br />
Die VHSn müssen in anderen<br />
Bereichen Geld erwirtschaften,<br />
um die Unterfinanzierung der<br />
Integrationskurse durch das<br />
B<strong>und</strong>esinnenministerium zu<br />
kompensieren. Andere Anbieter<br />
zahlen deutlich schlechtere<br />
JUGENDHILFE / WEITERBILDUNG<br />
St<strong>und</strong>ensätze; im Schnitt sind<br />
es zwischen 14 <strong>und</strong> 18 Euro; als<br />
Mindesthonorar hat das BAMF<br />
15 Euro pro St<strong>und</strong>e festgelegt.<br />
Dass sich Integrationskurse<br />
besser finanzieren lassen, zeigt<br />
ein Blick ins europäische Ausland:<br />
In Spanien bekommen<br />
die Kursanbieter einen dreifach<br />
höheren St<strong>und</strong>ensatz als in<br />
Deutschland; in Österreich gilt<br />
für Lehrkräfte, die bei privaten<br />
Trägern der Erwachsenenbildung<br />
beschäftigt sind, seit<br />
Oktober vergangenen Jahres<br />
ein Tarifvertrag.<br />
Entlohnt mit 12,50 Euro<br />
In Deutschland dagegen hat<br />
das B<strong>und</strong>esinnenministerium<br />
offenbar keine Probleme<br />
damit, selbst Kursanbieter<br />
positiv zu evaluieren, die es mit<br />
Arbeitnehmerrechten nicht<br />
allzu genau nehmen. In einem<br />
Arbeitsvertrag der ›inlingua<br />
Sprachschule Köln‹ etwa wird<br />
einer Lehrkraft eine Arbeitszeit<br />
zugemutet, die montags<br />
bis freitags zwischen 7 Uhr 30<br />
<strong>und</strong> 21 Uhr sowie samstags<br />
zwischen 8 <strong>und</strong> 15 Uhr liegen<br />
kann. »Die An- <strong>und</strong> Abfahrt<br />
zu Unterricht in den Räumen<br />
eines K<strong>und</strong>en zählt dabei nicht<br />
als Teil der Arbeitszeit«, heißt<br />
es in dem der E& W vorliegenden<br />
Vertrag. Urlaub muss<br />
hauptsächlich während Ostern,<br />
Pfingsten <strong>und</strong> Weihnachten<br />
genommen werden. Entlohnt<br />
wird diese Bereitschaft für fle-<br />
<strong>SEITE</strong> 26<br />
xiblen Arbeitseinsatz mit 12,50<br />
Euro pro St<strong>und</strong>e.<br />
Die Vertragsbedingungen bei<br />
›inlingua‹ seien typisch, jedoch<br />
nicht der schlimmste Fall von<br />
Ausbeutung, erklärt Gläser.<br />
»Es gibt noch Ausschläge nach<br />
unten, z. B. Sprachschulen<br />
mit Verträgen, in denen eine<br />
Entlohnung von zwölf Euro<br />
oder noch weniger festgelegt<br />
ist. Die Honorarkräfte müssen<br />
aber unterschreiben, dass der<br />
Arbeitgeber ihnen mindestens<br />
15 Euro pro St<strong>und</strong>e zahlt.«<br />
Auch Karl Kirsch hat früher<br />
für ›inlingua‹, einem nach dem<br />
Franchise-Prinzip aufgebauten,<br />
b<strong>und</strong>esweit tätigen Bildungsträger<br />
gearbeitet. Heute organisiert<br />
er in Magdeburg<br />
einen Arbeitskreis betroffener<br />
Lehrkräfte. »Unser Elend ist<br />
politisch gewollt«, sagt er. »Das<br />
BAMF akzeptiert die Firma jedes<br />
Jahr neu als Kursträger <strong>und</strong><br />
erlaubt ihr damit ganz offiziell,<br />
Honorare zu zahlen, die 2,50<br />
Euro unter dem eigentlichen<br />
Mindestsatz liegen.« Seine<br />
Kollegin in Köln hat vor gut<br />
einemJahr trotz aller Warnungen<br />
den Arbeitsvertrag bei<br />
inlingua unterschrieben. »Und<br />
es hat ihren Aufenthalt in unserem<br />
›gastfre<strong>und</strong>lichen Land‹<br />
letztlich beendet«, bemerkt<br />
Kirsch bitter-ironisch. »Sie ist<br />
Anfang des Jahres zurück in<br />
die Vereinigten Staaten gezogen.«<br />
von Wolfgang Hardenacke<br />
Anne Pesch lächelt. Sie beugt sich zu<br />
ihrer Kollegin rüber <strong>und</strong> sagt: „Lies das<br />
mal.“ Petra Rath nimmt das Blatt <strong>und</strong><br />
murmelt halblaut vor sich hin: „`Um<br />
die Klassengemeinschaft zu stärken,<br />
muss der Lehrer ein richtiges A*loch<br />
sein, dann hält die Klasse zusammen.<br />
Ist aber wirklich nur für die Klassengemeinschaft<br />
gut. Soll also keine<br />
Aufforderung für Lehrer sein, sich wie<br />
ein richtiges A*loch zu benehmen´ -<br />
Interessant. Von wem stammt das?“<br />
„Du weißt doch, dass die SV eine<br />
Umfrage durchführt zu dem Thema:<br />
Was ist eine gute Lehrerin, was ist ein<br />
guter Lehrer?“, antwortet Kollegin<br />
Pesch, „<strong>und</strong> dabei gibt es auch solche<br />
Antworten.“ Inzwischen sind die<br />
Kollegen Weiß <strong>und</strong> Brück ebenfalls im<br />
Lehrerzimmer eingetrudelt <strong>und</strong> wollen<br />
von der Verbindungslehrerin Pesch<br />
wissen, ob es denn schon Ergebnisse<br />
der SV-Umfrage gibt.<br />
„Wir sind in der SV gerade dabei, die<br />
Ergebnisse auszuwerten <strong>und</strong> daraus<br />
eine Art von Kompetenzbündel zu<br />
entwickeln“, erklärt Anne Pesch <strong>und</strong><br />
nimmt ein Blatt vom Stapel. „Ein Beispiel<br />
ist diese Antwort: `Kommt eine<br />
Lehrerin morgens in die Klasse <strong>und</strong><br />
man sieht ihr an, dass ihre Arbeit ihr<br />
gefällt, dann ist das eine gute Lehrerin.<br />
Solche Lehrerinnen brennen darauf,<br />
ihren Schülern den Stoff zu vermitteln.<br />
Sie loben die Schüler, sind mit dem<br />
Herzen dabei, geben aber nicht den<br />
Kumpel´.“<br />
„Anspruchslos sind die ja nicht gerade“,<br />
sprudelt es aus Rainer Brück. „Für<br />
uns ist der Unterricht doch oft schwierig.<br />
Sei es durch häufige Störungen,<br />
GLOSSE<br />
Pausengespräch<br />
sei es wegen der `Hab‘-kein‘-Bock´-<br />
Einstellung vieler SchülerInnen.“<br />
„Außerdem stellt sich doch die<br />
Frage“, ergänzt Petra Rath, „ist es auch<br />
möglich, guten Unterricht zu machen,<br />
ohne schlaflose Nächte zu haben <strong>und</strong><br />
alle Freizeit zu opfern? Manchmal<br />
bekomme ich spät am Abend noch<br />
eine SMS von Kollegin Busch mit dem<br />
Text: `Planst du noch oder schläfst du<br />
schon?´ “<br />
„Vielleicht sollten wir alle ein wenig<br />
gelassener sein“, gibt Kollege Weiß zu<br />
bedenken.<br />
„Gelassenheit, das ist leichter gesagt<br />
als getan!“, empört sich Rainer Brück.<br />
„Auf der einen Seite erwarten die<br />
SchülerInnen von uns, dass wir emotionale<br />
Nähe herstellen, um besser motivieren<br />
zu können <strong>und</strong> auf der anderen<br />
Seite sollen wir eine gewisse Distanz<br />
halten, damit die Beziehungs-Balance<br />
stimmt, wie es heute heißt.“<br />
„Meine Erfahrung ist“, wirft Petra Rath<br />
ein, „wenn unsere SchülerInnen merken,<br />
dass wir uns nicht für sie interessieren,<br />
interessieren sie sich auch nicht<br />
für das, was wir unterrichten wollen.“<br />
„Was dem Herzen widerstrebt, lässt<br />
der Kopf nicht ein“, zitiert Kollege Weiß<br />
Arthur Schopenhauer.<br />
„Eben!“ stimmt Kollegin Rath zu. „Wir<br />
wissen doch alle: Unsere Unterrichtsthemen<br />
allein lösen nur begrenzte<br />
Begeisterung aus.“<br />
„Kommt mal von der Decke runter“,<br />
mahnt Anne Pesch ein, „<strong>und</strong> hört euch<br />
die SV-Mitglieder an. Diese haben<br />
nämlich Beispiele zur Hand, wonach es<br />
durchaus LehrerInnen mit dem besten<br />
Draht zu ihren SchülerInnen gibt – bei<br />
denen diese trotzdem nichts lernen.<br />
Umgekehrt finden sich unterkühlte<br />
LehrerInnen, die ihre SchülerInnen<br />
<strong>SEITE</strong> 27<br />
zumindest kognitiv auf Trab bringen – aber<br />
manchmal um den Preis gründlicher Demotivierung.<br />
Eine Eins in Latein, nur keine Lust<br />
mehr aufs Fach!“<br />
„Apropos eine Eins in Latein“, meldet sich Petra<br />
Rath, „eines meiner schönsten Schulerlebnisse<br />
war, wie die Deutschlehrerin zu unserer<br />
Super-Klassenstreberin <strong>und</strong> Oberpetze sagte:<br />
`Dir, Beate, muss ich wohl eine Eins geben.<br />
Dem Rest der Klasse kann ich nur sagen:<br />
Schulschlau – Lebens-dumm.´ Für diesen<br />
Spruch haben wir sie geliebt.“<br />
„Liebe Petra“, bemerkt nun Kollegin Pesch<br />
süffisant, „wie verträgt sich deine eigene<br />
Schülerin-Erfahrung wohl mit dieser<br />
aktuellen Meinung einer Schülerin: `Dann<br />
sollen die LehrerInnen natürlich gerecht sein,<br />
alle SchülerInnen gleich behandeln, keine<br />
ausgrenzen oder doofe Sprüche über sie<br />
loswerden´.“<br />
„Danke für die Belehrung“, antwortet<br />
Kollegin Rath ein wenig eingeschnappt. „Ich<br />
weiß auch, dass ihr Verhalten politisch nicht<br />
korrekt war. Aber es tat unserer Seele gut!“<br />
Ohne darauf einzugehen, nimmt Anne Pesch<br />
einen weiteren Zettel von dem Stapel <strong>und</strong><br />
liest vor: „Abschließend kann ich nur sagen,<br />
dass es für mich am Wichtigsten ist, dass<br />
die LehrerInnen locker sind, aber dennoch<br />
Grenzen setzen können, Autorität ausstrahlen,<br />
aber keine Angst verbreiten.“<br />
„Freiheiten ja, Frechheiten nein“, meint<br />
Kollege Weiß.<br />
„Die SchülerInnen haben große Ansprüche<br />
an uns <strong>und</strong> hoffentlich auch viel Verständnis“,<br />
fügt Kollege Brück etwas verhalten<br />
hinzu.<br />
„Jeder hört nur, was er hören will“, denkt<br />
Anne Pesch, packt ihre Unterlagen zusammen<br />
<strong>und</strong> ist sehr zufrieden mit der SV-<br />
Arbeit im Allgemeinen <strong>und</strong> der Umfrage im<br />
Besonderen.
EINLADUNG Einladung ins mittelalterliche<br />
ZONS<br />
durch das wir uns sachk<strong>und</strong>ig führen lassen<br />
am Donnerstag, 14. Juli 2011<br />
Wir treffen uns um 11.15 Uhr vor der „Touristinfo Zons“,<br />
Schlossstraße 2-4.<br />
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt; deshalb bitte in der<br />
GEW Geschäftsstelle (Tel.: 0221-516267 oder per<br />
E-Mail: kontakt@gew-koeln.de) verbindlich an- <strong>und</strong> im<br />
Verhinderungsfall auch wieder abmelden.<br />
Wer Mitfahrgelegenheit sucht oder anbietet, bitte bei<br />
der Anmeldung Bescheid sagen (Parkmöglichkeit:<br />
Wiesenstraße oder Vor dem Rheintor/Parkstraße).<br />
Anreise mit ÖPNV:<br />
Köln Hbf ab 10.14 Uhr<br />
S11 (Gleis 11B-C)<br />
Dormagen an 10.46 Uhr<br />
ab 10.50 Uhr Bus 886<br />
Zons, Schlossstraße an 10.58 Uhr<br />
oder<br />
Köln Hbf ab 10.42 Uhr<br />
RE (Gleis 9B-D)<br />
Dormagen an 10.55 Uhr<br />
ab 11.04 Uhr Bus 875<br />
Zons, Schlossstraße an 11.09 Uhr<br />
Wer nach dem gemeinsamen Besuch in Gaststätte/Café<br />
noch nicht nach Hause möchte, kann das Museum Zons<br />
besuchen (Öffnungszeit 14 Uhr bis 18 Uhr):<br />
Neben der größten Jugendstil-Zinnsammlung<br />
Europas findet z. Z. die Ausstellung<br />
„Wahlverwandtschaften um 1900“ statt.<br />
Es handelt sich um eine Sammlung historischer<br />
Katagamis (Färbeschablonen zum Gestalten<br />
von Kimonos), die in Europa Jugendstil-Künstler<br />
inspirierten.<br />
<strong>Gewerkschaft</strong><br />
<strong>Erziehung</strong> <strong>und</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />
Köln<br />
AKTIVE RUHESTÄNDLER AKTIVE RUHESTÄNDLER<br />
<strong>SEITE</strong> 28<br />
Spaß beiseite Humor <strong>und</strong> Politik in Deutschland<br />
Ausstellung im Haus der Geschichte<br />
von Helga Löbbert<br />
„Die Bretter, die“ laut Schiller, „die Welt<br />
bedeuten“, wurden in den ersten Wochen<br />
nach dem 2. Weltkrieg nicht nur<br />
horizontal sondern auch vertikal zusammengezimmert.<br />
Es entstanden Räume,<br />
in denen Kabarettisten agieren konnten.<br />
„Wenn sich alle Pläne dieser Wochen<br />
verwirklichten, gäbe es bald wieder mehr<br />
Kabaretts <strong>und</strong> Theater als unzerstörte<br />
Häuser,“ merkte Erich Kästner 1945 an.<br />
Der Bedarf war mächtig. Noch 1919 hatte<br />
Kurt Tucholsky gesagt: “Was darf Satire?<br />
Alles.“ Wie wir alle wissen, war dem<br />
nicht so. Nicht nur die Schriften Tucholskys<br />
wurden verbrannt. Kabarettisten<br />
<strong>und</strong> Satiriker gingen wie viele andere ins<br />
Ausland oder tauchten unter. Wer blieb,<br />
wie Werner Finck, riskierte mit jedem<br />
Auftritt, von der Gestapo verhaftet zu<br />
werden. Aber nach Ende der Nazi-Herrschaft<br />
standen wieder viele auf den oben<br />
erwähnten Brettern <strong>und</strong> das Publikum<br />
nahm begierig Witze <strong>und</strong> Pointen auf.<br />
Der Besuch von Kabarett<br />
<strong>und</strong> Theater ließ allerdings<br />
schlagartig 1948 nach der<br />
Währungsreform nach. Man<br />
knauserte mit dem Geld für<br />
Kultur in den westlichen Besatzungszonen,<br />
die auf dem<br />
Wege waren, B<strong>und</strong>esrepublik<br />
im Wohlstand zu werden.<br />
Anders in der Sowjetischen<br />
Besatzungszone, die auf<br />
dem Wege war, Deutsche<br />
Demokratische Republik<br />
zu werden. 1976 ließ das<br />
Ministerium für Kultur<br />
verlauten: „Der Besuch von<br />
Kabarettveranstaltungen<br />
ist immer mehr zu einem<br />
gesellschaftlichem Bedürfnis<br />
geworden. Die bestehenden<br />
Einrichtungen sind gegenwärtig<br />
nicht in der Lage, die<br />
vorhandene Nachfrage auch<br />
nur annähernd zu befriedigen.“<br />
Dabei gab es zeitweise<br />
650! Kabaretts in der DDR,<br />
<strong>und</strong> alle wurden überwacht!<br />
Was müssen die Personal<br />
bei der Stasi gehabt haben.<br />
Hier würde sich ein Anlass<br />
für eine längere politische<br />
Debatte über die Unterschiede<br />
deutscher Politik<br />
<strong>und</strong> Lebensart zwischen<br />
1945 <strong>und</strong> 1989 ergeben.<br />
Ist nicht vorgesehen, aber<br />
die Originalbestuhlung der<br />
Lach- <strong>und</strong> Schießgesellschaft<br />
(Westen) <strong>und</strong> Distel (Osten)<br />
lässt zumindest Schlüsse<br />
auf das Konsumverhalten<br />
des kabarettistischen Publi-<br />
kums in Ost <strong>und</strong> West in<br />
den 70er Jahren zu. Wir<br />
durften Platz nehmen.<br />
Puritanisch in den engen<br />
Reihen der Distel, mit Getränk<br />
<strong>und</strong> aufgelockert an<br />
Tischen im Münchener<br />
Kabarett, was jetzt nichts<br />
über die Programme<br />
sagt. DDR-Kabarett war<br />
allerdings immer „ein<br />
Ritt auf der Rasierklinge“,<br />
der Staat passte schön<br />
auf. Im Westen konnten<br />
schon einmal die Sender<br />
die Aufgabe der Zensur<br />
übernehmen. Bei Religion<br />
hörte dann aber<br />
auch hier der Spaß auf.<br />
Als Rudi Carell 1987 in<br />
„Rudis Tageschau“ eine<br />
Szene zeigte, in der es so<br />
aussah, als ob Ayatollah<br />
Khomeini mit Dessous<br />
beworfen würde, führte<br />
dies zu heftigen diplomatischen<br />
Verwicklungen.<br />
Das deutsche Konsulat<br />
in Teheran ist zwar heute<br />
wieder geöffnet, aber<br />
Radio Bremen lehnte es<br />
ab, eine Kopie dieser Sendung<br />
für die Ausstellung<br />
zur Verfügung zu stellen,<br />
wahrscheinlich soll das<br />
deutsche Konsulat auch<br />
geöffnet bleiben.<br />
„Spaß beiseite“, ein merkwürdiger<br />
Titel für diese<br />
Ausstellung, aber vielleicht<br />
fängt da der deutsche<br />
Humor schon an.<br />
<strong>SEITE</strong> 29<br />
Einladung<br />
Geldgöttin, Verschwenderin,<br />
Bankerin<br />
Frauen <strong>und</strong> Geld: ein Widerspruch?<br />
Für uns heute ist es unvorstellbar,<br />
dass es im alten Rom eine Göttin des Geldes<br />
gab, die bis heute großen Einfluss hat.<br />
Aber können Frauen überhaupt mit Geld<br />
umgehen?<br />
Im Laufe der Jahrh<strong>und</strong>erte erwirtschafteten<br />
Frauen Geld auf die unterschiedlichste Art<br />
<strong>und</strong> Weise: Sie teilten Geld als Hausherrin<br />
<strong>und</strong> Hausfrau ein; sie arbeiteten damit als<br />
Bankerin oder Wechslerin; sie ergaunerten<br />
es als Diebin oder Schmugglerin; sie<br />
verprassten es als Luxusweib<br />
<strong>und</strong> sie vererbten es.<br />
Mittwoch, 15. 6. 2011 um 11 Uhr<br />
Stadtführung<br />
Treffpunkt vor dem Museum für<br />
Angewandte Kunst,<br />
An der Rechtschule<br />
(KVB-Haltestelle: Dom/Hbf)<br />
Dauer: 2 St<strong>und</strong>en<br />
Kosten: 8 Euro<br />
Bitte in der GEW Geschäftsstelle (Telefon:<br />
0221-516267 oder<br />
per E-Mail: kontakt@gew-koeln.de)<br />
anmelden, da die Teilnehmeranzahl<br />
begrenzt ist.<br />
<strong>Gewerkschaft</strong><br />
<strong>Erziehung</strong> <strong>und</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />
Köln
Kham Nomadenhilfe<br />
Zur Unterstützung von Nomaden im osttibetischen Kham<br />
von Sandra Busch<br />
Die Region Kham liegt ganz im<br />
Osten Tibets <strong>und</strong> zeichnet sich<br />
aus durch beeindruckende Gebirgslandschaften,wüstenähnliche<br />
Steppen <strong>und</strong> tiefe Flusstäler.<br />
Auch heute noch sind die<br />
meisten Menschen dort Nomaden.<br />
Seit vielen Jahrh<strong>und</strong>erten<br />
führen sie ein einfaches, naturverb<strong>und</strong>enes<br />
<strong>und</strong> traditionelles<br />
Leben. Doch die Modernisierung,<br />
die in ganz China <strong>und</strong><br />
somit auch in Tibet stattfindet,<br />
hält auch in den Nomadengebieten<br />
Einzug. Die Nomaden<br />
sind nicht mehr in der Lage, ihr<br />
traditionelles Leben zu führen<br />
<strong>und</strong> die Anpassung an die Moderne<br />
fällt schwer. Die meisten<br />
Nomaden leben unter einfachen<br />
Verhältnissen, viele von<br />
ihnen in bitterster Armut. Eine<br />
schulische Ausbildung erhalten<br />
nur wenige Kinder <strong>und</strong> auch<br />
die medizinische Versorgung<br />
ist schlecht.<br />
INTERNATIONALES INTERNATIONALES<br />
Die Nomaden werden in ihrer<br />
Heimat immer mehr an den<br />
Rand der Gesellschaft gedrängt.<br />
Der Verein Kham-Nomadenhilfe<br />
e.V. möchte helfen, die<br />
Lebenssituation der Nomaden<br />
zu verbessern. Die Idee zu dem<br />
Projekt entwickelte 2007 der<br />
nur 20-jährige Tashi Donchub.<br />
Tashi Donchub ist selber<br />
Nomade <strong>und</strong> stammt aus<br />
ärmsten Verhältnissen. Seine<br />
Eltern starben<br />
als er noch<br />
ein Kind war<br />
an harmlosen<br />
Krankheiten, die<br />
nicht behandelt<br />
werden konnten,<br />
da der Familie<br />
das Geld fehlte -<br />
ein Schicksal, das<br />
er mit sehr vielen<br />
Tibetern teilt.<br />
Mit zehn Jahren<br />
wurde er in einem Kinderdorf<br />
aufgenommen. Schon damals<br />
entwickelte Tashi den Wunsch,<br />
einmal selber notleidenden<br />
Menschen helfen zu können.<br />
Als er 2007 an einer tibetischen<br />
Oberschule angenommen<br />
wurde, gründete er mit drei<br />
Fre<strong>und</strong>en aus Tibet <strong>und</strong> seiner<br />
Englischlehrerin aus Köln das<br />
Hilfsprojekt Kham-Nomadenhilfe<br />
e.V.. Inzwischen ist der<br />
Verein sowohl in Deutschland<br />
als auch in Tibet als gemeinnützig<br />
eingetragen.<br />
<strong>SEITE</strong> 30<br />
Die Hauptziele des Projekts<br />
sind die Verbesserung der<br />
schulischen Bildung sowie der<br />
medizinischen Versorgung in<br />
den Nomadengebieten Osttibets.<br />
Das Projekt arbeitet nach<br />
dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“<br />
<strong>und</strong> richtet sich ausschließlich<br />
nach den Bedürfnissen<br />
<strong>und</strong> Notwendigkeiten<br />
der Menschen vor Ort. In den<br />
letzten drei Jahren haben wir<br />
dank großzügiger Spenden bereits<br />
einiges erreichen können.<br />
Darunter zum Beispiel:<br />
Bau einer Krankenstation: 2008<br />
wurde eine Krankenstation<br />
errichtet. Die mittellose Bevölkerung<br />
kann sich dort umsonst<br />
behandeln lassen. Dadurch soll<br />
die medizinische Versorgung in<br />
der Region verbessert werden.<br />
In Osttibet <strong>und</strong> speziell in den<br />
Nomadengebieten sterben die<br />
Menschen sehr früh, zumeist<br />
an harmlosen Erkrankungen.<br />
Bau einer Gr<strong>und</strong>schule: Im<br />
Sommer 2009 wurde gemeinsam<br />
mit der lokalen Dorfbevölkerung<br />
eine Gr<strong>und</strong>schule<br />
gebaut. 120 Kinder, viele von<br />
ihnen sind Waisen, können nun<br />
den Unterricht besuchen.<br />
Schülerhilfe an weiterführenden<br />
Schulen: Bisher konnte<br />
bereits etwa 100 Schülern der<br />
Besuch weiterführender Schulen<br />
ermöglicht werden. In Tibet<br />
ist die schlechte Ausbildung<br />
der mittellosen tibetischen<br />
Bevölkerung ein großes Pro-<br />
blem. Insbesondere durch die<br />
Zuwanderung von gut ausgebildeten<br />
Chinesen ist es für<br />
Tibeter schwer, in ihrer Heimat<br />
eine Anstellung zu finden.<br />
Die Mitglieder aus Deutschland<br />
arbeiten bei allen Vorhaben<br />
intensiv mit den Mitgliedern<br />
in Tibet zusammen. Die<br />
deutschen Unterstützer bereisen<br />
das Projektgebiet halbjährlich.<br />
Im Sommer 2010 konnte<br />
Tashi Donchub für drei Monate<br />
Deutschland besuchen. Hier<br />
führte er Tibet-AGs <strong>und</strong> Vorträge<br />
über das Projekt durch,<br />
unter anderem an verschiedenen<br />
Schulen in Köln. Einer<br />
dieser Vorträge am Albertus-<br />
Magnus-Gymnasium (AMG)<br />
in Ehrenfeld beeindruckte die<br />
Schüler so sehr, dass sie sich<br />
entschlossen, eine Kooperation<br />
zwischen ihrer Schule <strong>und</strong> dem<br />
Tibetprojekt zu initiieren. Seit<br />
dem Frühling 2011 ist der Verein<br />
Kham-Nomadenhilfe e.V.<br />
nun offizielles Schulprojekt<br />
des AMG <strong>und</strong> ergänzt damit<br />
die Unterstützung,<br />
die<br />
das Projekt<br />
bereits durch<br />
die benachbarte<br />
OT St.<br />
Anna <strong>und</strong><br />
die Gr<strong>und</strong>schuleOverbeckstraße<br />
erhält.<br />
Die Zusammenarbeit<br />
mit Schulen in Deutschland<br />
bildet einen Schwerpunkt des<br />
Vereins. Dabei soll aber nicht<br />
nur die Projektarbeit in Tibet<br />
gefördert werden, sondern die<br />
Schüler erhalten außerdem<br />
einen Einblick in die Lebenswelten<br />
von Menschen <strong>und</strong><br />
insbesondere<br />
Kindern aus<br />
verschiedenen<br />
Ländern <strong>und</strong><br />
Kulturen. Zusätzlich<br />
erfahren sie,<br />
wie viel Freude<br />
es bereiten kann,<br />
anderen zu helfen.<br />
Die Kinder<br />
der Gr<strong>und</strong>schule<br />
Overbeckstraße<br />
haben mit Hilfe<br />
von zwei Spendenläufen<br />
beispielsweise die<br />
komplette Gr<strong>und</strong>schule in Tibet<br />
finanziert. Für ihr Engagement<br />
erhielten sie sogar den 1.<br />
Preis des Kinderwelten Awards<br />
im Bereich Bildung!<br />
<strong>SEITE</strong> 31<br />
Der Verein freut sich über die<br />
breite Unterstützung, die er<br />
inzwischen insbesondere aus<br />
dem schulischen Bereich in<br />
Köln erhält. Derzeit ist der Bau<br />
eines Waisenhauses neben der<br />
Gr<strong>und</strong>schule in Tibet geplant,<br />
denn viele der Kinder, die<br />
die Schule besuchen, haben<br />
keine Eltern <strong>und</strong> leben unter<br />
schrecklichen Bedingungen.<br />
Die Schüler in Köln haben<br />
schon viele Ideen, wie sie das<br />
Geld für den Bau sammeln <strong>und</strong><br />
ihren Fre<strong>und</strong>en in Tibet helfen<br />
können! So ist das Projekt<br />
nicht nur ein Beispiel für funktionierende<br />
Hilfe zur Selbsthilfe<br />
in der Entwicklungszusammenarbeit,<br />
sondern auch für<br />
eine gute Zusammenarbeit <strong>und</strong><br />
Fre<strong>und</strong>schaft zwischen Schülern,<br />
Lehrern <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en<br />
aus Deutschland <strong>und</strong> Tibet.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.nomadenhilfe.de<br />
info@nomadenhilfe.de
KITA<br />
<strong>SEITE</strong> 32<br />
G 10629 F Postvertriebsstück DPA Entgelt bezahlt<br />
Nr. 3 GEW forum Hans-Böckler-Platz 1 50672 Köln<br />
Zwölf Aphorismen zur Kernenergie<br />
von Detlef Träbert<br />
Das einstmals gegebene Versprechen einer strahlenden Zukunft dank Kernkraft<br />
erweist sich als ebenso geschmacklos wie Radioaktivität.<br />
Wenn wir die Kernenergie hinter uns lassen,<br />
haben wir die Bewältigung ihrer Hinterlassenschaften vor uns.<br />
Kernkraftwerke sind die Geister des Zauberlehrlings von heute,<br />
der keinen Meister hat, um sie wieder unter Kontrolle zu bringen.<br />
Die Kernenergie ist der Himmel der Fortschrittsgläubigen mit integrierter Hölle.<br />
Die Kernschmelze ist das Fegefeuer auf Erden.<br />
Wer bei der Kernkraft mit dem Restrisiko kalkuliert,<br />
riskiert die restlose Zerstörung.<br />
Es gibt Restrisiken,<br />
aber keine Restkatastrophen.<br />
Wenn wir dem Restrisiko Tür <strong>und</strong> Tor öffnen,<br />
tritt die Katastrophe ein.<br />
Verantwortliches Handeln erfordert,<br />
das Undenkbare zu bedenken.<br />
Atomkraft ist keine Übergangs-,<br />
sondern eine Endzeittechnologie.<br />
Lernen wir Menschen nicht mehr Demut vor der Schöpfung,<br />
werden uns weitere Katastrophen demütigen.<br />
Kernkraft ist unglaublich stark:<br />
stärker als jede Vernunft.