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BRIEF AUS DEM HAUS SCHLESIEN – JUNI 2008 Konzert<br />

Auf Schubert-Pfaden im Schneegebirge und anderswo<br />

Als im Jahre 1999 der I. Band meines<br />

Heimatbuchs ‘Und in dem Schneegebirge’<br />

vorgestellt wurde, kam es zufällig<br />

auch zu einem Kontakt mit dem<br />

schlesischen Opern-, Konzert- und<br />

Liedsänger Engelbert Kutschera anläßlich<br />

seiner CD-Veröffentlichung<br />

von Franz Schuberts Liederzyklus<br />

„Die schöne Müllerin“, wozu es hieß:<br />

„In dem CD-Beiheft berichtet E. Kutschera<br />

hochinteressant über die Familiengeschichte<br />

Franz Schuberts.“ Die<br />

Familie war väterlicher- und mütterlicherseits<br />

Jahrhunderte in <strong>Schlesien</strong> /<br />

Altvatergebirge beheimatet. Und das,<br />

was ich da zur Biographie der Schubertfamilie<br />

erfuhr, war schon erstaunlich;<br />

hier nur ein paar Details daraus:<br />

Franz Schuberts Vorfahren väterlicherseits<br />

stammen aus Mährisch-<br />

<strong>Schlesien</strong>, wo die Familie in Neudorf-<br />

Alt, Bezirk Schönberg am Altvatergebirge,<br />

Pfarrgemeinde Hohen-Seibersdorf,<br />

seit dem Ende des 30jährigen<br />

Krieges (1618-1648) ansässig war. Der<br />

Großvater Carl (1723-1787) soll <strong>als</strong><br />

Regimentsmusiker sieben Jahre in<br />

den schlesischen Kriegen gedient haben.<br />

Zurückgekehrt, heiratete er Susanna<br />

Mück, die einzige Tochter eines<br />

wohlhabenden Bauern. Dem Ehepaar<br />

Carl und Susanna wurde 1763 <strong>als</strong><br />

fünftes Kind Franz Theodor Florian,<br />

der Vater Franz Schuberts, geboren.<br />

Franz Theodor Schubert, der Vater,<br />

besuchte das Jesuitenstift in Brünn,<br />

um Lehrer zu werden. Dort erhielt<br />

Vater Schubert auch eine gediegene<br />

musikalische Ausbildung. Er arbeitete<br />

<strong>als</strong> Schulgehilfe in seinem Heimatort<br />

und zog <strong>als</strong> Zwanzigjähriger zu seinem<br />

Bruder Karl, Schullehrer in<br />

Wien-Leopoldstadt. Nach zwei Jahren<br />

wurde Franz Theodor Schubert ‘wirklicher<br />

Lehrer‘ in Lichtental. 1785 heiratete<br />

er die 28jährige Schlossermeisterstochter<br />

und gelernte Köchin Elisabeth<br />

Vietz, gebürtig aus Zuckmantel,<br />

Bezirk Freiwaldau, in Österreichisch-<br />

<strong>Schlesien</strong>. Viele Kinder wurden den<br />

Schuberts geboren, von denen aber<br />

nur fünf am Leben blieben. Am 31. Januar<br />

1797 erblickte Franz Peter, ‘unser<br />

Franz Schubert‘, <strong>als</strong> zwölftes Kind<br />

in dem damaligen Vorort Lichtental<br />

das Licht der Welt.<br />

Das alles und weitere Einzelheiten zur<br />

Herkunft der Mutter hatte ich mit<br />

Interesse gelesen - ohne es aber auf<br />

einer einschlägigen Landkarte geographisch<br />

zu orten. Dazu bedurfte es<br />

erst eines weiteren Anstoßes: Unser<br />

älterer Sohn, dem ich mein frisch gedrucktes<br />

Buch vom „Schneegebirge“<br />

auf den weihnachtlichen Gabentisch<br />

gelegt hatte, drängte schon bald darauf,<br />

ihm doch einmal unsere Heimat -<br />

und ja auch die seiner Vorfahren! - zu<br />

zeigen. Damit nahm die schon bei der<br />

Arbeit am Band I erwogene zweite<br />

Heimreise konkretere Gestalt an. Und<br />

erst jetzt, im Rahmen der Reisevorbereitungen,<br />

fand ich auch heraus, daß<br />

die Schubert-Familie offenbar aus einem<br />

Dörfchen stammte, das - kaum<br />

20 km von uns entfernt - am Südhang<br />

des Schneebergs liegt. Und mehr noch<br />

staunte ich, <strong>als</strong> ich entdeckte, daß<br />

man nur dorthin gelangen konnte,<br />

wenn man sich von dem im Marchtal<br />

liegenden Ort Blaschke - tschechisch<br />

Vlaské - auf den Weg machte!<br />

Schon am zweiten Tag unseres Heimataufenthalts<br />

brachen wir, ja neugierig<br />

gemacht auf die andere Seite<br />

des Schneegebirges, in Richtung Süden<br />

auf und fuhren über Mittelwalde,<br />

Bobischau und den Wallfahrtsort<br />

Grulich gemächlich durch die kleinen<br />

Orte des Marcht<strong>als</strong> unserem eigentlichen<br />

Ziel entgegen. Unserem Sohn,<br />

der am Steuer saß, fiel zwar bald das<br />

Ortsschild Vlaské auf; wir aber<br />

schwiegen und ließen ihn unaufgeklärt<br />

links abbiegen in Richtung Vysoka,<br />

wie Neudorf (seit 1930 Schubert-<br />

Neudorf) heute heißt. Etwa drei Kilometer<br />

fährt man einen bewaldeten<br />

Hang hinauf, und niemandem sonst<br />

sind wir auf dieser schmalen Zufahrt<br />

zum Schubert-Ort begegnet. Schließlich<br />

lichtete sich der Wald, und in den<br />

Blick kam eine bescheidene Ansiedlung<br />

mit Feldern und Wiesen: Unübersehbar<br />

eine beachtliche Kapelle<br />

in frisch restauriertem Zustand; vom<br />

kleinen Parkplatz auf halbem Wege<br />

dorthin ein Rastplatz mit einer großen,<br />

offenbar zu Schuberts 200. Geburtstag<br />

aufgestellten Schautafel mit<br />

Informationen in tschechischer und<br />

deutscher Sprache. Kaum dort angelangt,<br />

hatte unser Sohn auf der Tafel<br />

bereits auch unseren Familiennamen<br />

<strong>als</strong> Bezeichnung des Nachbarorts entdeckt<br />

- und konnte sich nicht genug<br />

darüber wundern! Als wir nach längerem<br />

Verweilen in diesem stillen Winkel<br />

südlich des Schneebergs wieder<br />

zutal fuhren, wußte er <strong>als</strong>o schon Be-<br />

scheid, wohin es anschließend gehen<br />

sollte.<br />

Doch bleiben wir noch einen Augenblick<br />

bei den Schuberts: Wenn sie von<br />

hier stammten, waren sie offenbar im<br />

selben Siedlungsraum verwurzelt und<br />

zu <strong>Haus</strong>e wie wir Grafschafter nördlich<br />

des Glatzer Schneebergs, der sich<br />

auf halbem Wege zwischen Konradswalde<br />

und Neudorf erhob. Und es ist<br />

gewiß anzunehmen, daß Franz Schuberts<br />

Vater eine der unseren ganz<br />

ähnliche Mundart gesprochen hat.<br />

Auch viele Ortsnamen an den südlichen<br />

Ausläufern des Schneebergs<br />

erinnern an solche nördlich der Landesgrenze,<br />

wie etwa Mohrau, Ebersdorf,<br />

Hannsdorf, Heinzendorf, Kunzendorf,<br />

Ullersdorf oder Waltersdorf -<br />

der Nachbarort von ‘Blaschke‘.<br />

Ähnlich bescheiden wie das Schubertdorf<br />

kam uns auch der Talort vor,<br />

der unseren Namen trug bzw. in<br />

tschechischer Form immer noch trägt:<br />

Ein paar Bauernhöfe, bei denen man<br />

sich nicht sicher war, ob sie noch bewirtschaftet<br />

werden, ein Wegekreuz,<br />

ein verwittertes Heiligenstandbild, ein<br />

Gedenkstein für die Gefallenen des<br />

Ersten Weltkriegs.<br />

Nach dem hier Gesagten wird der in<br />

Wien geborene geniale Komponist<br />

Franz Schubert zwar nicht zum Schlesier,<br />

aber vielleicht wundert man sich<br />

nun weniger darüber, daß seine Deutsche<br />

Messe - ‘die Schubert-Messe’! -<br />

uns Grafschaftern wie aus dem Herzen<br />

gesprochen vorkommt! Auch<br />

sonst geht uns seine unverkennbar<br />

melodisch geprägte Musik doch sehr<br />

nahe. Und so dürfte es sicher auch ein<br />

Erlebnis werden, seinen Klängen bei<br />

der Klavier-Matinée zu lauschen, die<br />

am 20. Juli 2008 - im 180. Jahre nach<br />

Franz Schuberts viel zu frühem Tod!<br />

- im HAUS SCHLESIEN stattfindet<br />

unter dem Leitmotiv: „Wanderschaft -<br />

zwischen Heimat und Fremde“.<br />

Informationen / Kartenvorverkauf<br />

/ Reservierungen über HAUS<br />

SCHLESIEN, Tel. (02244) 886-0<br />

Fax (02244) 886-200.<br />

e-mail: info@hausschlesien.de<br />

Die Einnahmen kommen in vollem<br />

Umfang dem HAUS SCHLESIEN zugute!<br />

Dr. Gerhard Blaschke, Köln<br />

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