6,95 MB - Ragnitz
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Hyvää paivää!<br />
Guten Tag!<br />
Ich berichte euch in diesem Artikel<br />
über ein Land, das den meisten von<br />
uns unbekannt ist, obwohl es zur EU<br />
gehört, nämlich Finnland. Ich absolviere<br />
zur Zeit mein Auslandssemester<br />
in der Kymenlaakson ammattikorkeakoulu,<br />
also der Kymenlaakson Universität.<br />
Kymenlaakson ist eine Region<br />
im Osten Finnlands. Die Hauptstadt<br />
dieser Region ist Kouvola, wo ich<br />
seit August wohne und „International<br />
Business“ studiere.<br />
Wenn man die Baltic Princess - eine<br />
Fähre, die immer zwischen Tallinn<br />
und Helsinki hin und her fährt - am<br />
größten finnischen Hafen verlässt,<br />
betritt man ein Land mit einer vollkommen<br />
fremden Kultur, Sprache und<br />
Landschaft.<br />
Die Sprache ist für einen „Nicht-Suomi“<br />
quasi unerlernbar und skurril.<br />
Sie kennt keine Geschlechter, keine<br />
Zukunft und kein Wort für „bitte“. Es<br />
gibt aber 15 Fälle, 11 Worte für „Bär“,<br />
und man unterscheidet 11 Arten von<br />
„Schneeregen“. Auch die Finnen<br />
selbst scheinen ein skurriles Volk zu<br />
sein. Schön hergerichtete Häuser<br />
mit Blumen an den Fenstern oder<br />
schöne Gärten wird man in Finnland<br />
nicht finden. Die Finnen wohnen in<br />
schmucklosen, meist roten Holzhäusern.<br />
Finnische Städte wirken kalt und<br />
bestehen meist nur aus betonierten<br />
Zweckbauten.<br />
Bei uns würde man sagen, die fünf<br />
Millionen Finnen sind ein ganz eigenes<br />
Volk, und es ist in den ersten<br />
Wochen für einen Österreicher ganz<br />
schwer, mit ihnen „warm zu werden“.<br />
Sie sind sehr verschlossen, wortkarg<br />
oder reden in Gegenwart von<br />
Fremden gar nicht. Sie grüßen oder<br />
lächeln nicht, wenn man ihnen auf der<br />
Straße begegnet, und sie scheinen<br />
dauermelancholisch zu sein. Da wird<br />
eine Gruppenarbeit für die Uni dann<br />
zur Nervenprobe.<br />
Dies war mein Eindruck nach den ersten<br />
Wochen hier im hohen Norden.<br />
Doch im Laufe der Zeit hat sich alles<br />
geändert. Man muss bei den Finnen<br />
hartnäckig und freundlich bleiben,<br />
dann beginnen sie sich zu öffnen<br />
und man findet heraus, dass sie ein<br />
ganz lustiges, kleines aber stolzes<br />
Völkchen sind. Der größte Sympathiebeweis,<br />
den man als „Nicht Finne“<br />
erhalten kann, ist dann aber eine<br />
Einladung ins „Mökki“. Das ist ein<br />
kleines Ferienhaus an einem der über<br />
200.000 finnischen Seen. Es besteht<br />
meist nur aus einer Küche, einem<br />
Schlafraum und einer holzbefeuerten<br />
Sauna. In Finnland gibt es über 2<br />
Millionen Saunas und beinahe jede<br />
Familie hat eine.<br />
Auch in den Städten verändert sich<br />
an manchen Tagen etwas. Wenn man<br />
sich an einem der 24 „Flaggentagen“<br />
in der Stadt Helsinki befindet, wird<br />
sie zur buntesten Stadt, die man sich<br />
vorstellen kann. An solch einem „Flaggentag“<br />
schmücken hunderte blaue<br />
Kreuze auf weißem Hintergrund das<br />
Stadtbild, und in jedem finnischen<br />
Garten wird am Morgen eine Fahne<br />
gehisst.<br />
Ungewohnt für einen Österreicher ist<br />
auch das Klima. Im August ging die<br />
Sonne erst gegen Mitternacht unter,<br />
und wir verbrachten viele schöne<br />
Abende am nahe gelegenen See.<br />
Das Wasser ist aber auch im Sommer<br />
verdammt kalt, ich habs probiert!<br />
Jetzt, Mitte November bekommt man<br />
die Sonne nicht mehr so häufig zu<br />
Gesicht. Drei Wochen ohne Sonnenschein<br />
ist jetzt, aufgrund der dicken<br />
Wolkendecke, keine Seltenheit. Die<br />
Temperaturen im Dezember, wenn die<br />
Sonne dann gar nicht mehr so recht<br />
aufgehen will, bewegen sich zwischen<br />
–30 und –10 Grad. Das bleibt dann so<br />
bis in den März.<br />
Aufgrund der landschaftlichen Gegebenheiten<br />
ist Süd- und Zentralfinnland<br />
ein Paradies für Kanuten, Fliegenfischer<br />
und Wanderer. Die vielen<br />
Seen, die alle mit Flüssen verbunden<br />
sind, und die riesigen Birkenwälder<br />
sind neben den Städten Helsinki,<br />
Turku und Oulu einen Besuch im<br />
Sommer wert.<br />
Die Stadt Oulu ist das Tor zu Lappland,<br />
der nördlichsten Region Europas,<br />
mit der Hauptstadt Rovaniemi.<br />
Etwas nördlich von Rovaniemi, exakt<br />
am Polarkreis, habe ich den Weihnachtsmann<br />
in seinem Büro besucht<br />
und einen Brief im offiziellen Postamt<br />
von Santa Klaus aufgegeben. Dort<br />
kommen jährlich tausende Briefe an,<br />
mit den Wunschzetteln von Kindern<br />
aus aller Welt. Lappland ist im Winter<br />
das High-Light Skandinaviens. Das<br />
verschneite Weihnachtsmanndorf, die<br />
geschmückten Rentierschlitten in den<br />
Straßen, die Husky-Farmen und Hundeschlitten-Rennen,<br />
das Eisfischen<br />
und die Polarlichter lassen dort nicht<br />
nur Kinderherzen höher schlagen.<br />
Mit diesem, dann doch noch positiven<br />
Bericht über meine momentan zweite<br />
Heimat bleibt mir nur noch takaisin<br />
nähdään pian zu sagen – auf ein<br />
baldiges Wiedersehen.<br />
Pauli Kiendler