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Urheberrechtliche Hinweise zur Nutzung Elektronischer Bachelor ...

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<strong>Urheberrechtliche</strong> <strong>Hinweise</strong> <strong>zur</strong> <strong>Nutzung</strong> <strong>Elektronischer</strong> <strong>Bachelor</strong>-Arbeiten<br />

Die auf dem Dokumentenserver der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern (ZHB) gespeicherten und via<br />

Katalog IDS Luzern zugänglichen elektronischen <strong>Bachelor</strong>-Arbeiten der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit<br />

dienen ausschliesslich der wissenschaftlichen und persönlichen Information.<br />

Die öffentlich zugänglichen Dokumente (einschliesslich damit zusammenhängender Daten) sind<br />

urheberrechtlich gemäss Urheberrechtsgesetz geschützt. Rechtsinhaber ist in der Regel 1 die Hochschule<br />

Luzern – Soziale Arbeit. Der Benutzer ist für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich.<br />

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Allfällige abweichende oder zusätzliche Regelungen entnehmen Sie bitte dem urheberrechtlichen Hinweis in<br />

der <strong>Bachelor</strong>-Arbeit selbst.<br />

Sowohl die Hochschule Luzern – Soziale Arbeit als auch die ZHB übernehmen keine Gewähr für Richtigkeit,<br />

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Die Wiedergabe von Namen und Marken sowie die öffentlich zugänglich gemachten Dokumente berechtigen<br />

ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen und Marken im Sinne des<br />

Wettbewerbs- und Markenrechts als frei zu betrachten sind und von jedermann genutzt werden können.<br />

Luzern, 15. März 2010<br />

Hochschule Luzern<br />

Soziale Arbeit<br />

Dr. Walter Schmid<br />

Rektor<br />

1<br />

Ausnahmsweise überträgt die HSLU SA das Urheberrecht an Studierende <strong>zur</strong>ück. In diesem Fall ist der /die Studierende/r<br />

Rechtsinhaber.


Case Management<br />

in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Daniel Koller<br />

Jim Wolanin - Stämpfli<br />

Pirmin Wolfisberg<br />

<strong>Bachelor</strong>arbeit der Hochschule Luzern - Soziale Arbeit


1x Diplomarbeit & 2x <strong>Bachelor</strong>arbeit<br />

Ausbildungsgang Sozialarbeit<br />

Kurs TZ 2004-2009 & VZ 2006-2009<br />

Daniel Koller, Jim Wolanin - Stämpfli, Pirmin Wolfisberg<br />

Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen – (k)ein neues<br />

Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Diese Diplomarbeit/<strong>Bachelor</strong>arbeit wurde eingereicht im August 2009 in 4 Exemplaren <strong>zur</strong> Erlangung des<br />

vom Fachhochschulrat der Hochschule Luzern ausgestellten Diploms für Sozialarbeit.<br />

Diese Arbeit ist Eigentum der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit. Sie enthält die persönliche<br />

Stellungnahme des Autors/der Autorin bzw. der Autorinnen und Autoren.<br />

Veröffentlichungen – auch auszugsweise – bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung durch die Leitung<br />

<strong>Bachelor</strong>.<br />

Reg. Nr.:


Vorwort der Schulleitung<br />

Die Diplomarbeit bzw. <strong>Bachelor</strong>arbeit ist Bestandteil und Abschluss der beruflichen Ausbildung<br />

an der Hochschule Luzern, Soziale Arbeit. Mit dieser Arbeit zeigen die Studierenden,<br />

dass sie fähig sind, einer berufsrelevanten Fragestellung systematisch nachzugehen, Antworten<br />

zu dieser Fragestellung zu erarbeiten und die eigenen Einsichten klar darzulegen. Das während<br />

der Ausbildung erworbene Wissen setzen sie so in Konsequenzen und Schlussfolgerungen für<br />

die eigene berufliche Praxis um.<br />

Die Diplomarbeit bzw. <strong>Bachelor</strong>arbeit wird in Einzel- oder Gruppenarbeit parallel zum Unterricht<br />

im Zeitraum von zehn Monaten geschrieben. Gruppendynamische Aspekte, Eigenverantwortung,<br />

Auseinandersetzung mit formalen und konkret-subjektiven Ansprüchen und Standpunkten<br />

sowie die Behauptung in stark belasteten Situationen gehören also zum Kontext der<br />

Arbeit.<br />

Von einer gefestigten Berufsidentität aus sind die neuen Fachleute fähig, soziale Probleme als<br />

ihren Gegenstand zu beurteilen und zu bewerten. Sozialarbeiterisches Denken und Handeln ist<br />

vernetztes, ganzheitliches Denken und präzises, konkretes Handeln. Es ist daher nahe liegend,<br />

dass die Diplomandinnen und Diplomanden ihre Themen von verschiedenen Seiten beleuchten<br />

und betrachten, den eigenen Standpunkt klären und Stellung beziehen sowie auf der Handlungsebene<br />

Lösungsvorschläge oder Postulate formulieren.<br />

Ihre Diplomarbeit bzw. <strong>Bachelor</strong>arbeit ist somit ein wichtiger Fachbeitrag an die breite thematische<br />

Entwicklung der professionellen Sozialen Arbeit im Spannungsfeld von Praxis und Wissenschaft.<br />

In diesem Sinne wünschen wir, dass die zukünftigen SozialarbeiterInnen mit ihrem<br />

Beitrag auf fachliches Echo stossen und ihre Anregungen und Impulse von den Fachleuten aufgenommen<br />

werden.<br />

Luzern, im August 2009<br />

Hochschule Luzern, Soziale Arbeit<br />

Leitung <strong>Bachelor</strong>


Abstract<br />

Das Case Management entstand aus der Sozialen Arbeit und wird in unterschiedlichen Gebieten<br />

angewendet, so auch in Sozialversicherungen. In dieser Forschungsarbeit wird untersucht,<br />

inwiefern sich SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen in Deutschschweizer Sozialversicherungen<br />

eignen.<br />

Mittels einer quantitativen Erhebung wird aufgezeigt, dass nur 5.8% der Case ManagerInnen<br />

in Sozialversicherungen SozialarbeiterInnen sind. In jedem dritten Case Management Team<br />

arbeitet jedoch mindestens eine Sozialarbeiterin oder ein Sozialarbeiter. Es wurde eine qualitative<br />

Analyse anhand von 12 Interviews mit Expertinnen und Experten durchgeführt. Die Ergebnisse<br />

wurden in Verbindung mit dem Kompetenzprofil aus der Literatur für SozialarbeiterInnen<br />

und Case ManagerInnen gebracht. Es zeigt sich, dass SozialarbeiterInnen weitgehend<br />

die geforderten Kompetenzen für diese Tätigkeit mitbringen. Teilweise wird jedoch in<br />

der Praxis von den SozialarbeiterInnen ein fundierteres Versicherungswissen und ein ausgepräteres<br />

ökonomisches Denken gefordert. Das Konzept, nach dem die Sozialversicherungen<br />

ein Case Management betreiben, scheint in Bezug auf die Eignung von SozialarbeiterInnen<br />

entscheidend zu sein. In einem klientelorientierten Case Management (consumerdriven)<br />

eignen sich SozialarbeiterInnen eher als in einem organisationsgesteuerten Case<br />

Management (system-driven).<br />

Um dieses Praxisfeld für die Soziale Arbeit umfangreicher zu erschliessen, plädieren die Autoren<br />

für den Abbau von gegenseitigen Vorurteilen, einer stärkeren Gewichtung des Case<br />

Managements in der <strong>Bachelor</strong>ausbildung und eine klare wissenschaftliche Ausrichtung der<br />

Sozialen Arbeit.


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Tabellenverzeichnis...................................................................................................4<br />

Abbildungsverzeichnis..............................................................................................4<br />

Einleitung....................................................................................................................7<br />

Ausgangslage .....................................................................................................................7<br />

Fragestellung ......................................................................................................................7<br />

Leitende Annahmen ...........................................................................................................8<br />

Zielsetzung ..........................................................................................................................8<br />

Berufsrelevanz ....................................................................................................................8<br />

Aufbau der Arbeit ...............................................................................................................9<br />

1 Theorie.................................................................................................................11<br />

1.1 Soziale Arbeit ...........................................................................................................11<br />

1.1.1 Definitionen der Sozialen Arbeit ..........................................................................11<br />

1.1.2 Methodische Aspekte und Zielrichtungen der Sozialen Arbeit ............................13<br />

1.1.3 Handlungskonzepte der Sozialen Arbeit .............................................................14<br />

1.1.4 Kompetenzen der SozialarbeiterInnen ................................................................17<br />

1.2 Case Management ...................................................................................................22<br />

1.2.1 Entwicklung des Case Managements .................................................................22<br />

1.2.2 Definitionen des Case Managements .................................................................23<br />

1.2.3 Handlungskonzepte des Case Managements.....................................................25<br />

1.2.4 Rahmenbedingungen des Case Managements ..................................................29<br />

1.2.5 Kompetenzen der Case ManagerInnen ..............................................................31<br />

1.2.6 Ist Case ManagerIn ein Beruf?............................................................................33<br />

1.2.7 Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen.........................34<br />

2 Methode...............................................................................................................35<br />

2.1 Eingrenzungen des Befragungskreises ................................................................35<br />

2.2 Quantitative Erhebung ............................................................................................36<br />

2.3 Stichprobe ................................................................................................................37<br />

2.4 Qualitative Erhebung...............................................................................................38<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 2


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

3 Ergebnisse ..........................................................................................................40<br />

3.1 Quantitative Erhebung ............................................................................................40<br />

3.2 Qualitative Erhebung...............................................................................................44<br />

3.2.1 Verständnis von Case Management ...................................................................45<br />

3.2.2 Gründe <strong>zur</strong> Einführung des Case Managements ................................................48<br />

3.2.3 Kompetenzen der Case ManagerInnen ..............................................................49<br />

3.2.4 SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen ......................................................52<br />

3.2.5 Einfluss der Qualifikationen der Case ManagerInnen auf das Fallergebnis........55<br />

4 Diskussion ..........................................................................................................56<br />

4.1 Gemeinsamkeiten zwischen Sozialer Arbeit und Case Management.................56<br />

4.2 Unterschiede zwischen Sozialer Arbeit und Case Management.........................57<br />

4.3 Bewertung der quantitativen und qualitativen Erhebungen................................58<br />

4.4 Kompetenzvergleich aus Theorie und Praxis .......................................................61<br />

4.5 Kritische Würdigung................................................................................................68<br />

5 Schlussfolgerung ...............................................................................................71<br />

5.1 Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?...........................................................71<br />

5.2 Kritische Reflexion und Ausblick...........................................................................72<br />

6 Literaturverzeichnis ...........................................................................................76<br />

7 Anhang ................................................................................................................81<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 3


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: Sozialkompetenzen der SozialarbeiterInnen ................................................18<br />

Tabelle 2: Selbstkompetenzen der SozialarbeiterInnen ................................................19<br />

Tabelle 3: Methodenkompetenzen der SozialarbeiterInnen ..........................................20<br />

Tabelle 4: Fachkompetenzen der SozialarbeiterInnen ..................................................21<br />

Tabelle 5: Orientierung des Case Managements ..........................................................26<br />

Tabelle 6: Kompetenzprofil von Case ManagerInnen....................................................32<br />

Tabelle 7: Grundgesamtheit (N) für die Ziehung der Stichprobe ...................................38<br />

Tabelle 8: Expertinnen und Experten von Deutschschweizer Sozialversicherungen ....45<br />

Tabelle 9: Gegenüberstellung der Sozialkompetenzen .................................................62<br />

Tabelle 10: Gegenüberstellung der Selbstkompetenzen.................................................63<br />

Tabelle 11: Gegenüberstellung der Methodenkompetenzen...........................................64<br />

Tabelle 12: Gegenüberstellung der Fachkompetenzen...................................................67<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Haupt- und Schlussteil der vorliegenden <strong>Bachelor</strong>arbeit ..............................10<br />

Abbildung 2: Das Luzerner Modell - ein multiperspektivisches Handlungsmodell.............16<br />

Abbildung 3: Die Verknüpfungsaufgabe ............................................................................25<br />

Abbildung 4: Ein multifunktionaler Rahmen für die Praxis des Case Managements .........27<br />

Abbildung 5: Übersicht der Phasen des Case Managements nach Neuffer......................28<br />

Abbildung 6: Realisierungsebenen von Case Management ..............................................30<br />

Abbildung 7: Die Handlungskompetenz als Schnittmenge der Kompetenzfelder..............31<br />

Abbildung 8: Arbeitsschritt I, II und III der Erhebungen .....................................................35<br />

Abbildung 9: Übersicht der befragten Versicherungen ......................................................40<br />

Abbildung 10: Anteil an Versicherungen mit Case Management nach Typ der<br />

Sozialversicherung........................................................................................41<br />

Abbildung 11: Durchschnittliche Anzahl interne Case ManagerInnen pro<br />

Sozialversicherung........................................................................................42<br />

Abbildung 12: Anteil SozialarbeiterInnen in Case Management Teams bei<br />

Sozialversicherungen mit einem internen Case Management......................43<br />

Abbildung 13: Anteil Institutionen, die selber ein Case Management anbieten ...................44<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 4


Vorwort<br />

Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Diese <strong>Bachelor</strong>arbeit wurde von Daniel Koller, Jim Wolanin-Stämpfli und Pirmin Wolfisberg<br />

anlässlich ihres Studienabschlusses in Sozialarbeit an der Hochschule Luzern - Soziale Arbeit<br />

gemeinsam verfasst.<br />

Esther Wermuth und Daniel Schaufelberger vom Institut Weiterbildung/Dienstleistungen/<br />

Forschung (WDF) der Hochschule Luzern - Soziale Arbeit reichten das Thema Case Manager<br />

in Versicherungen - ein neues Arbeitsfeld für Sozialarbeitende für eine Forschungs-<br />

<strong>Bachelor</strong>arbeit ein. Dieser Leitgedanke wurde von uns aufgegriffen und mit Einbezug der<br />

themengebenden Personen an die gemeinsamen Interessen angepasst. Da die grundlegende<br />

Themenidee durch das WDF erfolgte, konnten die Autoren bereits zu Beginn davon ausgehen,<br />

dass sowohl Bedürfnis als auch Bedarf für die vorliegende Forschungsarbeit besteht.<br />

Soziale Arbeit ist stetig im Wandel, sowohl in der Lehre als auch in der Praxis. Die Motivation<br />

bestand darin, mit dieser <strong>Bachelor</strong>arbeit zum Diskurs der beruflichen Entwicklung der Sozialen<br />

Arbeit beizutragen, indem das Tätigkeitsfeld Case Management in Deutschschweizer<br />

Sozialversicherungen für SozialarbeiterInnen untersucht wurde.<br />

Persönliche Motivation von Daniel Koller<br />

Viele Personen, die mich nach dem Thema unserer <strong>Bachelor</strong>arbeit fragten, wunderten sich<br />

zu hören, dass wir das Thema Case Management in Sozialversicherungen wählten. Die meisten<br />

von ihnen wussten wenig über dieses Tätigkeitsfeld. Auch für mich war das während<br />

der Ausbildung zum Sozialarbeiter mehrmals kurz gestreifte Thema Case Management lange<br />

ein grosses Fragezeichen. Im Laufe der Ausbildung und im Austausch mit fachkundigen<br />

Personen bemerkte ich mein zunehmendes Interesse an diesem breiten Arbeitsfeld. Auch<br />

während des Praktikums kam ich mehrmals mit dem Case Management in Kontakt. Ich bemerkte,<br />

dass ein gutes Case Management sehr viel mit Sozialer Arbeit zu tun hat und <strong>zur</strong><br />

Linderung von sozialen Problemen beitragen kann. Mit dieser Arbeit konnte ich sehr interessante<br />

Kontakte knüpfen und Wissen über Case Management generieren sowie verbreiten.<br />

SozialarbeiterInnen haben das professionelle Wissen, um soziale Probleme kompetent zu<br />

bearbeiten. Die Professionalität der Sozialen Arbeit mit der Praxis des Case Managements<br />

zu verbinden, scheint mir eine spannende Herausforderung. Mit dieser Arbeit konnte ich ein<br />

spannendes Arbeitsgebiet kennen lernen und hoffe, dieses Wissen an interessierte Menschen<br />

weiter zu geben.<br />

Persönliche Motivation von Jim Wolanin-Stämpfli<br />

2002 bin ich das erste Mal im Rahmen meiner Tätigkeit als Fachspezialist bei einer Krankenversicherung<br />

mit dem Begriff Case Management in Berührung gekommen. Nach einer<br />

Auseinandersetzung mit diesem Schlagwort ist mir bewusst geworden, dass zwischen dem<br />

Case Management und der Sozialen Arbeit ein enges Band liegt. Um den Einstieg in dieses<br />

Tätigkeitsgebiet zu schaffen, habe ich 2004 das Studium an der Hochschule Luzern - Soziale<br />

Arbeit aufgenommen. Kurz darauf wurde bei meinem damaligen Arbeitgeber ein Case Management<br />

eingeführt, bei dem ich schon bald mitwirken konnte. Vom Sommer 2007 bis in<br />

das Frühjahr 2008 absolvierte ich ein Anstellungspraktikum in diesem Bereich. Da ich der erste<br />

Sozialarbeiter war, der als Case Manager in einer Versicherung ein Praktikum absolvierte,<br />

war eine intensive Auseinandersetzung mit der Sozialen Arbeit und dem Case Management<br />

unabdingbar. Diese spannende Thematik hat mich so gepackt, dass ich beschloss<br />

meine Abschlussarbeit dieser zu widmen. Weiter habe ich mich im Rahmen einer Arbeitsgruppe<br />

des Netzwerk Case Management Schweiz mit der Erarbeitung von ethischen Standards<br />

für dieses anspruchsvolle Tätigkeitsfeld befasst. Dabei wurde mir immer wieder bewusst,<br />

in welchem Spannungsfeld sich das Case Management bewegt und welchen Wissensfundus<br />

die Soziale Arbeit zu dessen Bewältigung bietet.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 5


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Persönliche Motivation von Pirmin Wolfisberg<br />

Ein Beweggrund sich dieser Thematik anzunehmen war, dass ich mir sehr gut vorstellen<br />

kann, nach dem <strong>Bachelor</strong> of Science in Sozialer Arbeit einer Tätigkeit als Case Manager<br />

nachzugehen. Ein Antrieb dafür ist, dass ich mich schon mehrmals mit Personen aus meinem<br />

Bekanntenkreis, welche im Case Management arbeiten, über dieses Arbeitsgebiet unterhalten<br />

habe. Während der Ausbildung zum Sozialarbeiter wurde das Thema Case Management<br />

nie vertieft. Beim Durchsehen der Vorschläge für eine <strong>Bachelor</strong>arbeit seitens der<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit hat mich das Thema Case Manager in Versicherungen -<br />

ein neues Arbeitsfeld für Sozialarbeitende sofort interessiert. Für mich ist es wertvoll, zum<br />

Abschluss des Studiums mit einer Thematik vertieft zu befassen, der mein persönliches Interesse<br />

zu Grunde liegt. Durch eine optimale Themenwahl können für die berufliche Zukunft<br />

wichtige Informationen generiert werden. Ich bin sehr froh, mich mit dem Thema Case Management<br />

beschäftigt zu haben.<br />

Herzlichen Dank<br />

Ein halbes Jahr liegt zwischen der Themenwahl und dem Abgabetermin dieser <strong>Bachelor</strong>arbeit.<br />

In diesem Zusammenhang hatten wir zu vielen Menschen Kontakt, sei dies persönlich<br />

oder per E-Mail. Andere wiederum mussten uns in dieser Zeit entbehren. An dieser Stelle<br />

wollen wir die Gelegenheit wahrnehmen, für die unterschiedlichsten Unterstützungen zu<br />

danken. Unser Dank gilt Dr. Marius Metzger, Dozent <strong>Bachelor</strong>kolloquium, Daniel Schaufelberger<br />

und Roland Woodtly für die Fachpoolstunden, sowie allen, die an der E-Mail Befragung<br />

teilgenommen haben. Den 12 Expertinnen und Experten danken wir für ihre Zeit und<br />

die interessanten Gespräche. Herzlichen Dank an unsere Partnerinnen und Familien für die<br />

tatkräftige Ermutigung und Unterstützung.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 6


Einleitung<br />

Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Einleitend wird die Ausgangslage der Thematik Case Management in Schweizer Versicherungen<br />

beschrieben. Anschliessend werden die daraus entstandenen Fragestellungen mit<br />

den leitenden Annahmen aufgezeigt. In einem weiteren Teil werden die Zielsetzungen und<br />

die Berufsrelevanz erläutert. Mit einer Darstellung zum Aufbau dieser Forschungsarbeit<br />

schliesst das Kapitel ab.<br />

Bei der sprachlichen Gleichstellung beider Geschlechter orientieren sich die Verfasser am<br />

Leitfaden <strong>zur</strong> sprachlichen Gleichbehandlung von Frau und Mann des Gleichstellungsbüros<br />

des Kantons Luzern (2007). Dieser sieht vor, dass beide Geschlechter erwähnt werden, jedoch<br />

nur dann, wenn auch beide Geschlechter gemeint sind. Zusätzlich werden die Richtlinien<br />

für schriftliche wissenschaftliche Arbeiten an der Hochschule Luzern - Soziale Arbeit<br />

(2008) eingehalten.<br />

Ausgangslage<br />

Case Management ist eine Methode, die eng mit der Sozialen Arbeit verknüpft ist und in den<br />

USA aufgrund der unkoordinierten Versorgung im ambulanten Sektor entwickelt wurde (Wolf<br />

Rainer Wendt, 2001, S. 15). Das Case Management findet in den letzten Jahren wachsende<br />

Bedeutung im deutschsprachigen Raum. Weiterbildungen in Case Management werden<br />

auch an Hochschulen der Sozialen Arbeit angeboten. Zunehmend nimmt die Methode Case<br />

Management nebst den klassischen Tätigkeitsfeldern der Sozialen Arbeit, auch Einzug in die<br />

Schweizer Versicherungen (Kranken- und Unfallversicherungen, Invalidenversicherung, Privatversicherungen,<br />

Pensionskassen, etc.). Obwohl es sich um eine sozialarbeiterische Methode<br />

handelt, die in der Entstehungsgeschichte des Case Management vorwiegend von<br />

SozialarbeiterInnen ausgeführt wurde (ebd. S. 141), sind die Case ManagerInnen bei den<br />

Versicherungen in der Schweiz oft keine SozialarbeiterInnen. In der letzten Zeit kann jedoch<br />

ein Trend beobachtet werden, dass zunehmend SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen<br />

in Sozialversicherungen tätig sind. Dieses Phänomen des Einbezugs von SozialarbeiterInnen<br />

in Sozialversicherungen ist grundsätzlich neu in der Schweiz und daher noch unerforscht.<br />

Fragestellung<br />

Mit der ersten Hauptfrage soll der Eignung der SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen<br />

in Deutschschweizer Sozialversicherungen nachgegangen werden. Die Teilfragen zielen auf<br />

die geforderten Kompetenzen und Anforderungen von Case ManagerInnen wie auch SozialarbeiterInnen<br />

ab.<br />

Hauptfrage 1: - Inwiefern eigenen sich SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen in<br />

Deutschschweizer Sozialversicherungen?<br />

Teilfragen: - Welche Kompetenzen/Anforderungen werden von den Case ManagerInnen<br />

in Deutschschweizer Sozialversicherungen gefordert?<br />

- Welche Kompetenzen/Anforderungen werden von SozialarbeiterInnen gefordert?<br />

- Welche Kompetenzen/Anforderungen sprechen für oder gegen SozialarbeiterInnen<br />

im Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen?<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 7


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Da, wie bereits erwähnt, die Methode des Case Managements vermehrt auch in Schweizer<br />

Sozialversicherungen angewendet wird, ist eine Analyse dieses Tätigkeitsfeldes vorzunehmen.<br />

Hauptfrage 2: - Was wird unter Case Management verstanden und was unter Sozialer<br />

Arbeit?<br />

Teilfragen: - Wie hoch ist der Anteil SozialarbeiterInnen im Case Management von<br />

Deutschschweizer Sozialversicherungen?<br />

- Wie wird das Case Management in der Praxis verstanden und angewendet?<br />

Die Beantwortung der letzten Hauptfrage soll das Handlungswissen für die Schlussfolgerung<br />

in Bezug auf die Soziale Arbeit unterstützen.<br />

Hauptfrage 3: - Was müssen SozialarbeiterInnen tun, um sich im Case Management zu<br />

positionieren?<br />

Leitende Annahmen<br />

Aufgrund der historisch gewachsenen Verknüpfung zwischen dem Case Management und<br />

der Sozialen Arbeit gehen die Verfasser davon aus, dass ausgebildete SozialarbeiterInnen<br />

grundsätzlich über grosse Teile der geforderten Kompetenzen für die Tätigkeit als Case ManagerInnen<br />

verfügen. Es besteht die Annahme, dass sich SozialarbeiterInnen in einem auf<br />

die Konsumentinnen und Konsumenten gerichteten Kontext (vgl. consumer-driven in Kapitel<br />

1.2.3) auch im Feld der Sozialversicherungen als Case ManagerInnen eignen. Die Vermutung<br />

liegt nahe, dass bei den Deutschschweizer Sozialversicherungen, die mit einem consumer-driven<br />

Case Management arbeiten, tendenziell mehr SozialarbeiterInnen tätig sind.<br />

Weiter gehen die Verfasser davon aus, dass die Eignung der SozialarbeiterInnen für das<br />

Case Management von den Personalverantwortlichen der Sozialversicherungen noch zu<br />

wenig erkannt wird.<br />

Zielsetzung<br />

Das Hauptziel dieser <strong>Bachelor</strong>arbeit ist herauszufinden, inwiefern sich SozialarbeiterInnen<br />

als Case ManagerInnen für Sozialversicherungen eignen. Weiter soll eruiert werden, ob das<br />

Case Management in diesem Kontext für SozialarbeiterInnen ein neues Berufsfeld sein<br />

kann. Darüber hinaus soll diese Forschungsarbeit einen Beitrag zum gegenseitigen Verständnis<br />

der SozialarbeiterInnen und der Case ManagerInnen leisten. Mögliche zukünftige<br />

Anstellungen von SozialarbeiterInnen im Case Management können gegebenenfalls daraus<br />

resultieren. Daher richtet sich diese <strong>Bachelor</strong>arbeit sowohl an SozialarbeiterInnen, als auch<br />

an im Case Management tätige Personen. Des Weiteren adressiert sich diese Arbeit an alle<br />

am Thema interessierten Personen.<br />

Berufsrelevanz<br />

Das berufliche Tätigkeitsfeld der SozialarbeiterInnen ist sehr breit gefächert. Dieses erstreckt<br />

sich von der gesetzlichen Sozialarbeit über Beratungsfunktionen für private Hilfsvereine bis<br />

hin zu privaten Unternehmungen (vgl. Karl August Chassé & Hans-Jürgen von Wensierski,<br />

2008). Viele Deutschweizer Sozialversicherungen haben in den letzen Jahren in ihrer Organisation<br />

die Methoden des Case Managements eingeführt (vgl. Kapitel 1.2.7). Trotz der Ver-<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 8


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

bindung von Case Management und Sozialer Arbeit in Forschung und Praxis werden in den<br />

Deutschschweizer Sozialversicherungen nach wie vor wenige SozialarbeiterInnen beschäftigt<br />

(vgl. Kapitel 3.1). Da es sich um ein neues, nicht erforschtes Tätigkeitsfeld der Sozialen<br />

Arbeit handelt und die Etablierung noch nicht klar ist, besteht ein berufsrelevanter Erkenntnisbedarf.<br />

Aufbau der Arbeit<br />

Damit der Eignung der SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen im Kontext einer Sozialversicherung<br />

nachgegangen werden kann, werden sowohl bei der Sozialen Arbeit wie auch<br />

beim Case Management die relevanten Theorien beigezogen. Dies erfolgt im ersten Kapitel,<br />

das in die folgenden Themengebiete unterteilt ist: Theorie der Sozialen Arbeit und Theorie<br />

des Case Managements. In beiden Bereichen wird jeweils auf die Definitionen, die Handlungskonzepte<br />

und die geforderten Kompetenzen eingegangen. Im Theorieblock <strong>zur</strong> Sozialen<br />

Arbeit werden zusätzlich methodische Aspekte und Zielrichtungen dieser Profession 1 erläutert.<br />

Dies um das Professionsverständnis der Sozialen Arbeit näher darzulegen und damit<br />

die Basis für einen Vergleich mit dem Case Management zu bieten. Der Theorieteil zum Case<br />

Management beginnt mit Erläuterungen zu dessen historischen Wurzeln sowie der Beweggründe<br />

für die Entstehung und Verbreitung. Nach den Angaben <strong>zur</strong> Definition und den<br />

Handlungskonzepten wird auf die Rahmenbedingungen des Case Managements eingegangen.<br />

Anschliessend wird der Frage nachgegangen, ob Case ManagerInnen einen eigenständigen<br />

Beruf ausüben. Erläuterungen zum aktuellen Stand des Case Managements in<br />

Deutschschweizer Sozialversicherungen runden dieses Kapitel ab.<br />

Nach der Darlegung des theoretischen Bezugsrahmens widmet sich das zweite Kapitel den<br />

Forschungsmethoden. Dieses Kapitel zeigt auf, wie die Eingrenzung des Befragungskreises<br />

erfolgte, die quantitative Erhebung durchgeführt, die Stichprobe gezogen und schliesslich die<br />

qualitative Erhebung ausgeführt wurde.<br />

Das dritte Kapitel gibt Auskunft über die Ergebnisse der durchgeführten empirischen Forschung.<br />

Im ersten Teil werden die mittels einer E-Mail Befragung gewonnen Ergebnisse der<br />

quantitativen Erhebung dargelegt. Auf die Ergebnisse der 12 Expertinnen- und Experteninterviews<br />

wird im qualitativen Teil eingegangen.<br />

Im vierten Kapitel, der Diskussion, werden die theoretischen Hintergründe mit den Ergebnissen<br />

gegenübergestellt und bewertet. Die leitende Annahme wird bei der kritischen Würdigung<br />

wieder aufgenommen und unter Einbezug der Theorien und Forschungsergebnisse<br />

beurteilt.<br />

Der Diskussionsteil bildet das Fundament für das fünfte Kapitel mit den Schlussfolgerungen<br />

für die Soziale Arbeit. Dabei wird auf die Frage, ob das Case Management in Deutschschweizer<br />

Sozialversicherungen ein neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen ist, eingegangen.<br />

Abschliessend erfolgt eine kritische Reflexion und ein Ausblick.<br />

1 Der IFSW (2000) spricht in seiner Definition klar von der Profession Soziale Arbeit. Auf Grund dessen wird im<br />

vorliegenden Text, ohne auf die mannigfaltige Diskussion einzugehen, die Sozialen Arbeit als Profession bezeichnet.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 9


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Die nachfolgende Grafik veranschaulicht den Haupt- und Schlussteil der vorliegenden <strong>Bachelor</strong>arbeit.<br />

Abbildung 1: Haupt- und Schlussteil der vorliegenden <strong>Bachelor</strong>arbeit<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Theorien zu Sozialer Arbeit<br />

und<br />

Case Management<br />

Quantitative und qualitative Erhebung<br />

Quantitative und qualitative Ergebnisse<br />

Diskussion unter Einbezug der<br />

Theorie und Forschung<br />

Schlussfolgerung für die<br />

Soziale Arbeit<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 10


1 Theorie<br />

Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

In diesem Kapitel wird auf die relevanten theoretischen Grundlagen aus der Sozialen Arbeit<br />

sowie dem Case Management eingegangen.<br />

1.1 Soziale Arbeit<br />

Im folgenden Unterkapitel werden die aktuellen Definitionen, die methodischen Aspekte, die<br />

Zielrichtungen, die Handlungskonzepte sowie die Kompetenzen der SozialarbeiterInnen aufgezeigt.<br />

1.1.1 Definitionen der Sozialen Arbeit<br />

Die Schwierigkeit der Definition der Sozialen Arbeit ist gemäss Brigitta Michel-Schwartze<br />

(2009), dass sie sich nur schwer in herkömmliche Kategorien einordnen lässt (S. 7). Da sich<br />

die Soziale Arbeit um die Beobachtung, Reflexion und Beeinflussung von sich verändernden<br />

sozialen Prozessen kümmert, kann sie sich laut Friedrich Kambartel (2004) die Soziale Arbeit<br />

nicht als Wissenschaft im traditionellen Sinne bezeichnen, da sie nicht ohne Zutun der<br />

Wissenschaft selbst besteht und unabhängig von der Betrachtung besteht (zit. in Michel-<br />

Schwartze, 2009, S. 7 ff.). Dies erklärt den Umstand, dass seit Beginn der beruflichen Sozialen<br />

Arbeit eine wissenschaftliche Fundierung gefordert wurde, welches aber trotz intensiven<br />

Bemühungen nur zögerlich gelang (Albert Mühlum, 2004, S. 9). Michel-Schwartze (2009)<br />

stellt fest, dass während einer langen Zeitperiode es den PraktikerInnen überlassen wurde,<br />

für ihr Arbeitsfeld Methoden zu entwickeln. Dies führte dazu, dass bei den TheoretikerInnen<br />

ein diffuses Verständnis von Methoden entstand und in den 90er Jahren, nicht zuletzt wegen<br />

des ökonomischen Drucks, etliche Publikationen zu den Methoden der Sozialen Arbeit entstanden<br />

(S. 9). Unterdessen gehen jedoch einige Autorinnen und Autoren davon aus, dass<br />

es sich bei der Sozialen Arbeit um eine eigenständige Wissenschaft handelt (vgl. Ernst Engelke,<br />

2002, S.9). Engelke (2002) spricht von einer „relativ selbständigen wissenschaftlichen<br />

Disziplin“ (S. 9). Er fügt an, dass die Soziale Arbeit auf eine bereits ansehnliche Tradition <strong>zur</strong>ückblicken<br />

kann und über Erkenntnismethoden und Wissensbestände verfügt. Weiter erwähnt<br />

Engelke die enge Verknüpfung mit anderen Wissenschaftsdisziplinen aus dem human-,<br />

sozial-, rechts- und geisteswissenschaftlichen Spektrum und betont, wie vielseitig und<br />

breit das Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit ist. Dies ist ein wichtiger Grund, wieso es schwierig<br />

ist, die Soziale Arbeit zu definieren und die Wissensbestände einzugrenzen (ebd. S. 9). Unabhängig<br />

davon, ob Soziale Arbeit effektiv eine Wissenschaft darstellt oder sich dazu entwickelt,<br />

kann festgehalten werden, dass die wissenschaftliche Verortung der Sozialen Arbeit<br />

umstritten ist. Theorie- und auch die Wissenschaftsentwicklung als solches sind nicht zuletzt<br />

Produkte von konkreten Menschen (ebd. 2002, S. 7). Der Kontext, in dem sich eine Theorie<br />

entwickelte, ist somit bei der Beurteilung dieser immer zu berücksichtigen.<br />

Ob Soziale Arbeit eine Profession oder ein Beruf ist, darüber gehen die Meinungen in der<br />

Soziologie und den Handlungswissenschaften und dementsprechend in der Gesellschaft<br />

auseinander. Professionelle Soziale Arbeit braucht wissenschaftlich fundiertes Wissen, um<br />

Interventionen nach aussen begründen zu können. In diesem Diskurs geht es konkret darum,<br />

wie wissenschaftlich fundiertes Wissen und professionelles Handeln miteinander in Beziehung<br />

stehen. Professionelle sind laut Werner Obrecht (2003) Personen, die Kenntnisse<br />

von professionellen Methoden haben und diese zielgerichtet im Rahmen ihres Handelns anzuwenden<br />

vermögen. Eine Methode ist dabei ein System von Regeln und Handlungsanweisungen,<br />

wie ein bestimmtes Problem gelöst werden kann. Eine professionelle Methode<br />

gründet auf einem wissenschaftlichen Verständnis von bestimmten Mechanismen, die im Interventionsbereich<br />

wirken und durch die eine methodische Intervention in Gang gesetzt wird<br />

(S. 8). Maja Heiner (2007) begründet die Umstrittenheit des Professionalisierungsgrades der<br />

Sozialen Arbeit mit der Unterschiedlichkeit der Aufgabenfelder, speziell auch wegen der Heterogenität<br />

der Wissensquellen und Wissensbestände sowie der Anlehnung von Wissen aus<br />

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neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

anderen Wissenschaftsdisziplinen (S. 17). Ein wichtiger Meilenstein <strong>zur</strong> Begriffsklärung der<br />

Sozialen Arbeit war die Schaffung einer internationalen Definition der Profession Soziale Arbeit,<br />

die nach mehrjähriger Diskussion im Jahre 2000 von der Weltkonferenz der International<br />

Federation of Social Workers (IFSW) erlassen wurde. Die Definition lautet wie folgt:<br />

Die Profession Soziale Arbeit fördert den sozialen Wandel, Problemlösungen in<br />

menschlichen Beziehungen sowie die Ermächtigung und Befreiung von Menschen, um<br />

ihr Wohlbefinden zu heben. Unter <strong>Nutzung</strong> von Theorien menschlichen Verhaltens und<br />

sozialer Systeme vermittelt Soziale Arbeit am Punkt, wo Menschen und ihre sozialen<br />

Umfelder aufeinander einwirken. Dabei sind die Prinzipien der Menschenrechte und<br />

sozialer Gerechtigkeit für die Soziale Arbeit fundamental. (S. 1)<br />

Die Soziale Arbeit reicht von der Herausforderung des sozialen Wandels in der Gesellschaft<br />

bis hin <strong>zur</strong> spezifischen Lebenswelt der Individuen, Familien und sozialen Organisationen, in<br />

deren Auftrag sie arbeitet. Der IFSW (2000) beschreibt die vielschichtige Tätigkeit der Sozialen<br />

Arbeit folgendermassen: „Soziale Arbeit ist ein Korrelationssystem bestehend aus Werten,<br />

Theorie (wissenschaftliche Erkenntnisse) und Praxis“ (S. 1).<br />

Bezüglich der Werte definiert der IFSW (2000) die Soziale Arbeit wie folgt:<br />

Soziale Arbeit entfaltet sich aus humanitären und demokratischen Idealen heraus und<br />

ihre Werte basieren auf dem Respekt vor der Gleichheit, Besonderheit und Würde aller<br />

Menschen. Die Menschenrechte und die Ideale sozialer Gerechtigkeit dienen als Motivation<br />

und Begründung des sozialberuflichen Handelns. Solidarisch mit denen, die benachteiligt<br />

sind (…), bemüht sich die Profession (…), die soziale Integration zu fördern.<br />

(S. 1)<br />

Im Unterschied zum schweizerischen Dachverband der Professionellen der Sozialen Arbeit<br />

AvenirSocial (2006a) betont der IFSW (2000) in seiner Definition die Menschenrechte, die<br />

humanitären und demokratischen Ideale, die in der Sozialen Arbeit als Grundwerte und<br />

Grundhaltung vorausgesetzt werden. AvenirSocial (2006a) beschreibt die Soziale Arbeit folgendermassen:<br />

Die Profession Soziale Arbeit umfasst ein heterogenes Konglomerat von differenzier-<br />

ten fachspezifischen Tätigkeiten. Sie alle drehen sich um das Vorbeugen, Lindern und<br />

Lösen von Problemen, welche im Zusammenhang mit der Einbindung von Menschen<br />

in die Sozialstruktur (…), entstehen können. Die Konsequenz solcher „sozialen“ Probleme<br />

besteht darin, dass die Befriedigung biologischer, psychischer, sozialer, ökono-<br />

mischer und kultureller Bedürfnisse für Individuen, Gruppen, Gemeinwesen und gesellschaftliche<br />

Systeme be- oder verhindert wird. (S. 2)<br />

Gemeinsam beschreiben beide Definitionen das Ziel, Menschen sozial, in ihre gesellschaftlichen<br />

Systeme, zu integrieren. Soziale Arbeit berücksichtigt die komplexen Beziehungen zwischen<br />

dem Individuum und seinem sozialen Umfeld sowie deren gegenseitigen Beeinflus-<br />

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neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

sung. Die internationale Definition der Sozialen Arbeit existiert seit dem Jahr 2000. Das späte<br />

Erscheinen dieser Definition des Berufsverbandes ist sicherlich einer der Gründe für die<br />

mannigfachen Fremddefinitionen, wie dies Silvia Staub-Bernasconi (2007, S. 1) beschreibt.<br />

Hilfe <strong>zur</strong> Selbsthilfe, also die Ermächtigung und Befreiung der Menschen von den vielfältigen<br />

Problemen ist einer der vielen Tätigkeitsbereiche, für welche die Soziale Arbeit zuständig ist.<br />

Respekt sowie die Gleichbehandlung aller Menschen unter Einbezug der Menschenrechte<br />

sind weitere wichtige Merkmale der Sozialen Arbeit (vgl. internationalen Definition des IFSW,<br />

2000). Das Doppelmandat von Beratung und Kontrolle wird in der Theorie wie in der Praxis<br />

immer wieder thematisiert. Laut Staub-Bernasconi (2007, S. 6) ist das Doppelmandat sogar<br />

ein zentrales Strukturmerkmal der Sozialen Arbeit. Bei diesem Doppelmandat gilt es, das<br />

Gleichgewicht zwischen den Rechtsansprüchen und den Bedürfnissen der Klientinnen bzw.<br />

der Klienten einerseits, und andererseits die sozialen Kontrollinteressen der öffentlichen<br />

Steuerungssysteme aufrechtzuerhalten. Staub-Bernasconi (2007) erweitert dieses Doppelmandat<br />

um ein weiteres Mandat. In diesem dritten Mandat geht es um das Mandat der Profession<br />

Soziale Arbeit für sich selbst. Zum einen besteht dieses aus der wissenschaftlichen<br />

Fundierung ihrer Methoden in Verbindung mit den eigenen Alltagstheorien, also mit den eigenen<br />

Methoden, den eigenen Werten und der Intuition. Zum anderen besteht es aus dem<br />

Ethikkodex, welcher sich die Profession unabhängig von externen Einflüssen gibt und dessen<br />

Handhabung sie selbst kontrolliert. Staub-Bernasconi erwähnt die Menschenrechte und<br />

die Gerechtigkeit, die als ethische Leitlinien jederzeit beachtet werden sollen (S. 7).<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Professionalität im Umgang mit Problemen,<br />

das Abdecken der Grundbedürfnisse sowie eine ganzheitliche Sichtweise der betroffenen<br />

Person angestrebt werden soll. Solidarität mit den betroffenen Menschen und ein demokratisches<br />

Vorgehen gehören im Weiteren zu den zentralen Elementen in den Definitionen<br />

der Sozialen Arbeit.<br />

1.1.2 Methodische Aspekte und Zielrichtungen der Sozialen Arbeit<br />

Gemäss AvenirSocial (2006a) ist es die Aufgabe und das Ziel der Profession, „mit ihrer Tätigkeit<br />

und in Kooperation mit anderen Professionen die Handlungsfähigkeit der betroffenen<br />

Menschen (…) (wieder) herzustellen, damit diese selber diejenigen sozialen Beziehungen<br />

eingehen (…) können, welche ihnen die Befriedigung ihrer Bedürfnisse und die Gestaltung<br />

ihrer Lebensverhältnisse erst ermöglichen“ (S. 3). AvenirSocial (2006a) siedelt diese Hauptaufgabe<br />

auf drei Ebenen an:<br />

• auf der individuellen Ebene, d.h. mit den direkt Betroffenen und ihren Bezugsper-<br />

sonen (mikrosoziale Ebene);<br />

• im Rahmen von Gruppen und spezifischen Kollektiven (mesosoziale Ebene);<br />

• auf gesellschaftlicher Ebene mit ganzen sozialen Systemen, d.h. in Bezug auf<br />

Organisation, Strukturierung und Entwicklung von Gemeinwesen (makrosoziale<br />

Ebene). (S. 3)<br />

AvenirSocial (2006a) fordert, dass die Soziale Arbeit auf die grösstmögliche Selbstbestimmung<br />

der betroffenen Menschen achtet und nach den Prinzipien von Gerechtigkeit und<br />

Gleichheit aller Menschen handelt. Die Interventionen sollen immer mit den betroffenen Personen<br />

angegangen werden (S. 3).<br />

In der Sozialen Arbeit bekommt die Forschung einen immer grösseren Stellenwert, dies nicht<br />

zuletzt wegen der Verortung der Ausbildungen auf Hochschulstufe und der Schaffung von<br />

konsekutiven Masterstudiengängen. Für den internationalen Berufsverband IFSW (2000) basieren<br />

die Methoden der Sozialen Arbeit „auf einem durch Forschung und evaluierte Praxis<br />

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reflektierten Bestand an abgesichertem Wissen, das jeweils zusammen mit stellenspezifischem<br />

und persönlichem Erfahrungswissen der konkreten Situation entsprechend präzisiert<br />

wird“ (S. 2). Diese klare Forderung des IFSW nach Forschung und Evaluation gibt dem allgemeinen<br />

Begehren nach empirisch begründetem Handeln zusätzlichen Antrieb.<br />

Da die Soziale Arbeit in einer Vielzahl von Arbeitsfeldern und Lebenslagen zum Zug kommt,<br />

kann es gemäss Michael Galuske & Wolfgang Müller (2002) keine alles übergreifende Methode<br />

der Sozialen Arbeit geben (S. 490).<br />

SASSA (2007), die Fachkonferenz für Soziale Arbeit der Fachhochschulen Schweiz, beschreibt<br />

die Entwicklung der Methoden, der Professionalität und der Ziele der Sozialen Arbeit<br />

wie folgt:<br />

Soziale Arbeit versteht sich als transdisziplinäre Handlungswissenschaft. Ihr Wissen<br />

bezieht sie aus verschiedenen Disziplinen mit dem Ziel, soziale Probleme auf unterschiedlichen<br />

Problemebenen und mit einem breiten methodischen Repertoire zu bearbeiten.<br />

Eine berufsspezifische und wissenschaftlich fundierte Methodenentwicklung ist<br />

damit eine zentrale Voraussetzung für die weitere Professionalisierung der Sozialen<br />

Arbeit. (S. 13)<br />

Heiner (2007) beschreibt den Auftrag und das zu erreichende Ziel der Sozialen Arbeit folgendermassen:<br />

„Vermittlung zwischen Individuum und Gesellschaft im Spannungsfeld von<br />

Hilfe, Kontrolle und Prävention“ (S. 101). Gesamthaft geht es demnach bei der Sozialen Arbeit<br />

um den methodischen Aspekt, den Menschen als ein spezifisches Individuum wahrzunehmen,<br />

das in ein soziales System eingebunden ist und von diesem kontinuierlich beeinflusst<br />

wird. Komplexe Situationen sollen analysiert werden können, um mit gezielten Methoden<br />

Hilfe zu bieten. Diese Methode kommt bei anstehenden Veränderungen und Problemen,<br />

welche die betroffenen Personen zu bewältigen haben, zum Einsatz.<br />

1.1.3 Handlungskonzepte der Sozialen Arbeit<br />

Die handlungstheoretischen Ansätze beschäftigen sich mit der Frage, über welches Wissen<br />

und Können Professionelle verfügen müssen, damit ihr Handeln als professionell bezeichnet<br />

werden kann. Die meisten Professionsmodelle stimmen darin überein, dass professionelles<br />

Handeln geplantes, verantwortungsvolles und ziel- bzw. problemlösungsorientiertes und<br />

deshalb dem Anspruch nach rationales Handeln ist (vgl. Michaela Pfadenhauer, 2005, S. 9).<br />

Dies gilt grundsätzlich für alle Professionen. Heiner (2007) beschreibt Professionalität als<br />

ethisch und wissenschaftlich fundiertes Handeln. Da die Soziale Arbeit sehr nah am Menschen<br />

ist und oft in entscheidende Lebensbereiche der Klientinnen und Klienten eingreift,<br />

fordert Heiner eine kontinuierliche Reflexion der Werte, Zielvorstellungen und der Konsequenzen<br />

des beruflichen Handelns. Diese Reflexion soll auf der Grundlage von wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen, beruflicher Grundwerte und fachlicher Standards beruhen (S.<br />

169). Die Reflexion des beruflichen Handelns basiert nach Staub-Bernasconi (2007, S. 7)<br />

und Heiner (2007, S. 169) neben wissenschaftlichem Wissen und reflektiertem Praxiswissen<br />

auf einem verbindlichen Berufsethos, der als Leitlinie die Grundwerte, Prinzipien und Ziele<br />

des Berufes festhält. Staub-Bernasconi (1995) erinnert daran, dass in den 70er Jahren die<br />

Bemühungen um die Verwissenschaftlichung der Praxis der Sozialen Arbeit fehlschlugen.<br />

Man hatte sich an einem Modell eines wissenschaftlich ausgebildeten Praktikers orientiert.<br />

Nach diesem sollten die SozialarbeiterInnen aufgrund ihrer wissenschaftlichen Kenntnisse in<br />

der Lage sein, eigenständige Lösungsansätze für praktische Probleme zu entwickeln. Dass<br />

dieses Ziel allein durch die Vermittlung von sozialwissenschaftlichem Wissen erreicht werden<br />

kann, erwies sich jedoch als falsche Annahme. Die <strong>Nutzung</strong> der Theorie für die Praxis zeigte<br />

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neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

sich als sehr schwierig. Die Bestrebungen endeten bei den SozialarbeiterInnen mit Enttäuschungen<br />

und der Bestärkung von Vorurteilen gegenüber der Wissenschaft. Dies führte bis<br />

<strong>zur</strong> verbreiteten Ablehnung wissenschaftlicher Interventionen und hat teilweise sogar <strong>zur</strong> Antiwissenschaftlichkeit<br />

geführt (S. 13).<br />

Soziale Probleme sind generell Verknüpfungen komplexer Gegebenheiten. Um in solchen<br />

Situationen auf professioneller Ebene handlungsfähig zu werden und zu bleiben, bietet nebst<br />

vielen anderen auch das Luzerner Modell (Maria Solèr, Daniel Kunz, Urban Brüschwiler &<br />

Beat Schmocker, 2009) ein wertvolles Werkzeug <strong>zur</strong> Verdeutlichung möglichst aller Gegebenheiten.<br />

Soziale Probleme sind keine starren Konstrukte von Gegebenem. Mit jeder einzelnen<br />

Veränderung im System kann sich beispielsweise die Ausgangslage verändern und<br />

muss somit neu in den Prozess miteinbezogen werden. Es handelt sich bei diesem Modell<br />

nicht um einen fixen Ablauf von Handlungen. Jede Handlung und die darauf folgende Reaktion<br />

kann eine Neuorientierung im Ganzen <strong>zur</strong> Folge haben. Im Nachfolgenden wird exemplarisch<br />

auf das Luzerner Modell verwiesen, da dieses ein wertvolles Handlungsmodell <strong>zur</strong><br />

Verdeutlichung der Gegebenheiten und Vorgehensweisen in der Sozialen Arbeit darstellt:<br />

Bei der Problemorientierung geht es darum, die Ausgangslage zu erfassen, Informationen zu<br />

beschaffen und zu beurteilen, also um die Problem- und Ressourcenanalyse.<br />

In einem zweiten Schritt geht es um die Lösungsorientierung sowie um die Klärung der Ausgangslage.<br />

Woraufhin und wozu: Welche Perspektiven und Zukunftsvorstellungen stellen<br />

sinnvolle Veränderungsziele dar? Dies bedingt die Klärung des Auftrages.<br />

Bei der Handlungsorientierung wird der Problemlösungsprozess geplant und dies erfolgt anhand<br />

eines Hilfsplanes. Wie, wann, wo und womit wird was getan? Diese Fragen müssen<br />

den Beteiligten bekannt und bewusst sein, um sinnvolle Handlungen umzusetzen.<br />

Im vierten Schritt, der Prozessorientierung, geht es um die Steuerung des Problemlösungsprozesses.<br />

Wie wirkt das Eingeleitete, was fehlt, was hat sich verändert? Mit diesen Erkenntnissen<br />

kann der Problemlösungsprozess beurteilt werden und Anpassungen an die<br />

sich kontinuierlich verändernden Gegebenheiten können vorgenommen werden.<br />

Eine Evaluation der vollzogenen Schritte und der darauf folgenden Ergebnisse verdeutlicht<br />

die Wirkung des Handelns. Dies bewirkt eine Reflektion und Verinnerlichung des eigenen<br />

Handelns sowie der Reaktionen auf dieses (S. 18-19).<br />

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Abbildung 2: Das Luzerner Modell - ein multiperspektivisches Handlungsmodell<br />

Lösungsorientierung<br />

II<br />

Problem- und<br />

Ressourcenanalyse<br />

I<br />

Problemorientierung<br />

Erfassen der<br />

Ausgangslage<br />

Klären der<br />

Ausgangslage<br />

Woraufhin? Wozu?<br />

Perspektiven, Zukunftsvorstellungen<br />

suchen und<br />

beurteilen<br />

Was? Wer? Woher?<br />

Wohin? Warum?<br />

Informationen beschaffen<br />

und beurteilen<br />

Veränderungsziele<br />

Auftrag klären<br />

Werte-<br />

orientierung<br />

Problemsituation<br />

Quelle: Solèr, Kunz, Brüschwiler & Schmocker, 2009, S. 18<br />

Planung des<br />

Problemlösungs-<br />

prozesses<br />

Wie? Womit? Wo? Wann?<br />

Handlungsmöglichkeiten<br />

suchen und beurteilen<br />

Steuerung des<br />

Problemlösungsprozesses<br />

Wie wirkt es? Was fehlt?<br />

Was hat sich verändert?<br />

Problemlösungs-<br />

prozess beurteilen<br />

und anpassen<br />

Evaluation<br />

Handlungsorientierung<br />

IV<br />

Prozess-<br />

orientierung<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 16<br />

III<br />

Hilfsplan


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Das Luzerner Modell ist ein theoretisches Handlungsmodell, welches gut in die Praxis umgesetzt<br />

werden kann, da es sich gerade an den oft hochkomplexen und sich fortlaufend verändernden<br />

Praxissituationen orientiert und sich an diese Veränderungen anpassen lässt. Seine<br />

Stärke ist, dass der geschlossene Regelkreis sich jederzeit mit den fortlaufend neuen Gegebenheiten<br />

aus der Praxis verbinden lässt.<br />

Im Vergleich von Handlungskonzepten und deren Anwendung kann gesagt werden, dass die<br />

Schwierigkeit darin besteht, Theorien in die Praxis umzusetzen. Es geht darum, Ausgangslagen<br />

sozialer Probleme zu analysieren, zu definieren und sich ein möglichst objektives Situationsbild<br />

zu machen, um Handlungspläne in Interventionen umzusetzen. Dies sind hohe<br />

Erwartungen und Herausforderungen, die an SozialarbeiterInnen gestellt werden. Die Praxis<br />

verändert sich kontinuierlich durch die aufeinander einwirkenden Faktoren des jeweiligen,<br />

dynamischen Systems. Dies bedingt, dass die SozialarbeiterInnen ihr Handeln laufend reflektieren<br />

und immer wieder neu ausrichten auf neue Informationen aus dem System. Je bewusster<br />

solche Abläufe gemacht werden, desto bessere Dokumentationen und Stellungnahmen<br />

können von SozialarbeiterInnen getätigt werden.<br />

1.1.4 Kompetenzen der SozialarbeiterInnen<br />

Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Kompetenzen SozialarbeiterInnen benötigen, um sich<br />

durch professionelles Handeln auszuzeichnen. Dieser Katalog basiert auf der Grundlage der<br />

SASSA (2007), welche die Sozial-, Selbst-, Methoden- und Fachkompetenzen in Sozialer<br />

Arbeit definiert hat. Das SASSA Rahmenkonzept unterscheidet die Kompetenzen zwischen<br />

<strong>Bachelor</strong>- und Masterabsolventinnen und -absolventen. Beim <strong>Bachelor</strong>studiengang steht die<br />

Kompetenz im Vordergrund, professionelles Wissen situations- und fachgerecht anwenden<br />

zu können. Beim Masterstudiengang geht es um die Fähigkeit, Wissen eigenständig weiterentwickeln<br />

zu können (S. 1-12). In dieser Arbeit wird ausschliesslich auf die Kompetenzen<br />

der <strong>Bachelor</strong>ausbildung eingegangen. Mariana Christen Jakob & Pia Gabriel-Schärer (2007)<br />

verstehen unter Kompetenzen die Fähigkeit und die Bereitschaft unter Einbezug des eigenen<br />

Wissens, handlungsfähig zu werden. Die eigenen Fähigkeiten bilden die Grundlagen einer<br />

konkreten Handlung (S. 7). Sozialkompetenz enthält kommunikative Fähigkeiten <strong>zur</strong> Erreichung<br />

von Zielen in sozialen Interaktionen. Die Selbstkompetenz bezieht sich auf Dispositionen<br />

in der Persönlichkeit und beinhaltet auch den emotionalen Aspekt des beruflichen Handelns.<br />

Situationsübergreifende, flexible kognitive Fähigkeiten <strong>zur</strong> Bewältigung von neuen<br />

Aufgaben machen die Methodenkompetenzen aus. Unter der Fachkompetenz werden die<br />

spezifischen Kenntnisse <strong>zur</strong> Erfüllung einer beruflichen Aufgabe verstanden (Karlheinz<br />

Sonntag, 2004, S. 829). Die folgenden vier Kompetenztabellen werden im Diskussionsteil<br />

wieder aufgegriffen und mit denen des Case Managements verglichen.<br />

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Legende zu den Kompetenztabellen<br />

Kompetenzfelder<br />

Kompetenzen<br />

Verhaltensdimensionen<br />

Tabelle 1: Sozialkompetenzen der SozialarbeiterInnen<br />

Beziehungsfähigkeit<br />

Rollenflexibilität und<br />

Rollensicherheit<br />

Teamfähigkeit<br />

Kritik und Konfliktfähigkeit<br />

Fähigkeit zu Transparenz<br />

und Fairness<br />

Sozialkompetenz<br />

Die SozialarbeiterInnen können:<br />

• Beziehungen aufnehmen und gestalten,<br />

• unterschiedliche Lebensentwürfe, Deutungsmuster, Meinungen und<br />

Ansichten akzeptieren,<br />

• Respekt gegenüber anderen Personen und ihren subjektiven Werten/Haltungen<br />

zeigen,<br />

• eine gute Balance zwischen Engagement und Abgrenzung halten,<br />

• Machtgefälle in professionellen Beziehungen wahrnehmen sowie<br />

transparent und fair damit umgehen.<br />

• Sie können im Einzelfall situationsgerecht verschiedene berufliche Rollen<br />

wahrnehmen, auf widersprüchliche Erwartungen der Adressantinnen<br />

und Adressanten sowie auf Zielgruppen differenziert reagieren<br />

und sich klar und differenziert abgrenzen.<br />

Sie können:<br />

• einen eigenen professionellen Standpunkt im Team vertreten,<br />

• konstruktiv mit VertreterInnen anderer Berufsgruppen zusammenarbeiten,<br />

• Arbeitsbeziehungen motivierend und sachbezogen gestalten und sich<br />

• auch in schwierigen Situationen an Abmachungen halten,<br />

• Leitungsfunktionen und -verantwortung auf der Ebene von Gruppenleitung<br />

übernehmen.<br />

• Sie können konstruktive Kritik und Feedbacks geben sowie annehmen<br />

und diese in angemessener Weise <strong>zur</strong> Verbesserung ihres professionellen<br />

Verhaltens und Handelns nutzen.<br />

• Sie nehmen Konflikte wahr, gehen darauf ein und tragen dazu bei,<br />

dass sie konstruktiv gelöst werden.<br />

• Sie begründen gegenüber Adressantinnen und Adressanten und Zielgruppen<br />

eigene Entscheidungen, sind im Verhandlungsverhältnis fair<br />

und transparent.<br />

Quelle: In Anlehnung an das SASSA Rahmenkonzept, Anhang 1 (2007, S. 11)<br />

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Tabelle 2: Selbstkompetenzen der SozialarbeiterInnen<br />

Selbstreflexion<br />

Selbständigkeit<br />

Belastbarkeit<br />

Lernfähigkeit<br />

Professionelles<br />

Selbstbewusstsein<br />

Selbstkompetenz<br />

• Sie erkennen Unterschiede zwischen eigenen und fremden Erwartungen,<br />

Werten und Normen, können diese wahrnehmen, thematisieren<br />

und in professionelles Handeln umsetzen.<br />

• Sie können ihre Lebenserfahrung reflektieren und Verbindungen <strong>zur</strong><br />

aktuellen Arbeit erkennen.<br />

• Sie können eigene Gefühle und Einstellungen im Umgang mit Adressantinnen<br />

und Adressanten wahrnehmen und die Wirkung der eigenen<br />

Person auf andere reflektieren.<br />

• Sie kennen und reflektieren ihre persönlichen Grenzen und erkennen<br />

Verbindungen <strong>zur</strong> aktuellen Arbeit.<br />

• Sie reflektieren und hinterfragen das eigene berufliche Handeln kontinuierlich.<br />

• Sie sind in der Lage, Reflexionsgefässe wie Supervision, Intervision<br />

usw. zu nutzen.<br />

• Sie können Prioritäten setzen, Entscheidungen im Rahmen der fallbezogenen<br />

Arbeit treffen und durchsetzen, Verantwortung übernehmen<br />

und die eigene Arbeitsorganisation selbständig optimieren.<br />

• Sie sind in der Lage, das eigene Verhalten in Stresssituationen wahrzunehmen,<br />

bewusst mit eigenen Möglichkeiten und Grenzen umzugehen,<br />

sich wenn nötig Unterstützung zu holen um belastende Situationen<br />

zu bewältigen.<br />

• Sie können Erfahrungen angemessen verallgemeinern und zeigen Bereitschaft,<br />

auf Lernanregungen einzugehen und sich neues Wissen zu<br />

erschliessen.<br />

• Sie sind sich bewusst, Professionelle der Sozialen Arbeit zu sein und<br />

stellen sich anderen gegenüber entsprechend dar.<br />

Quelle: In Anlehnung an das SASSA Rahmenkonzept, Anhang 1 (2007, S. 12)<br />

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Tabelle 3: Methodenkompetenzen der SozialarbeiterInnen<br />

Analytisches Können<br />

Planerisches Können<br />

Kooperationskompetenz <br />

Interventionskompetenz <br />

Dokumentationskompetenz <br />

Evaluationskompetenz <br />

Forschungskompetenz<br />

Methodenkompetenz<br />

• Sie sind in der Lage, mit Hilfe ihres professionsspezifischen Fachwissens<br />

und ihrer Wissenskompetenz, das Handlungsfeld und die Handlungssituation<br />

(z.B. soziale und individuelle Problemlagen), das heisst<br />

den "Fall" zu analysieren und zu verstehen.<br />

• Sie können fallbezogene Interventionen zielgerichtet und in Zusammenarbeit<br />

mit den Klientinnen und Klienten bzw. Klientensystemen<br />

planen.<br />

• Sie haben die Fähigkeit, die Hilfe als kooperatives Angebot zu gestalten,<br />

können ein vertrauensfähiges kooperatives Arbeitsbündnis herstellen<br />

und sind in der Lage, mit anderen Fachkräften und/oder Dritten zusammenzuarbeiten.<br />

• Sie können mit Hilfe berufsspezifischer Methoden professionell handeln,<br />

gezielte Interventionen umsetzen/durchführen (z.B. Hilfsplan) und<br />

sind in der Lage, einen „Fall“ aufgrund fachlicher Kriterien abzuschliessen.<br />

• Sie sind in der Lage, den professionellen Handlungsprozess systematisch<br />

zu dokumentieren und die daraus entstehende Information <strong>zur</strong><br />

Verbesserung ihrer Arbeit zu nutzen.<br />

• Sie können ihr professionelles Handeln (Intervention) beobachten, kritisch<br />

reflektieren und evaluieren (Fähigkeit <strong>zur</strong> Fallreflexion).<br />

• Sie sind in der Lage, Forschungsergebnisse zu nutzen, in konkreten<br />

Handlungssituationen fallspezifische und situative Daten zu erheben,<br />

auszuwerten, zu interpretieren sowie Wissen für die Bearbeitung und<br />

Lösung von Problemen zu entwickeln.<br />

Quelle: In Anlehnung an das SASSA Rahmenkonzept, Anhang 1 (2007, S. 10)<br />

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Tabelle 4: Fachkompetenzen der SozialarbeiterInnen<br />

Entwicklung der Sozialen<br />

Arbeit<br />

Soziale Ungleichheit<br />

- soziale Probleme<br />

Entwicklung<br />

Arbeitsfelder der<br />

Sozialen Arbeit<br />

Adressantinnen und<br />

Adressanten<br />

Kommunikation<br />

Organisation<br />

Methoden<br />

Erkenntnismöglichkeiten<br />

und Forschung<br />

Selbstkenntnis<br />

Internationaler Kontext<br />

Fachkompetenz<br />

• Sie kennen die historischen Zusammenhänge, die gesellschaftliche<br />

Funktion und die Entwicklung der Sozialen Arbeit als Disziplin und Profession<br />

(Theorien der Sozialen Arbeit, Professionalisierungstheorien,<br />

Sozialgeschichte, Institutionsgeschichte, Geschichte des beruflichen<br />

Handelns).<br />

• Sie kennen und setzen sich mit sozialer Ungleichheit, sozialen Problemen<br />

und deren Bearbeitung auseinander (Armut, Erwerbslosigkeit, Arbeit,<br />

Kriminalität, Gewalt usw.).<br />

• Sie kennen Entwicklungs-, Sozialisations-, Erziehungs-, Bildungs- und<br />

Lernprozesse, wissen Bescheid über Entwicklungs- und psychische<br />

Beeinträchtigungen (Sozialisationstheorien, Bildungstheorien, Lerntheorien,<br />

Entwicklungstheorien, Erziehungstheorien).<br />

• Sie kennen die Arbeitsfelder der Sozialarbeit und das Sozialwesen der<br />

Schweiz.<br />

• Sie kennen die Adressantinnen und Adressanten (Lebenswelten, Lebenslagen,<br />

Lebens- und Konfliktbewältigung, Handlungs- und Deutungsmuster).<br />

• Sie kennen die Grundlagen sozialer Interaktion und Kommunikation<br />

(Wahrnehmungstheorien, Interaktionstheorien, Kommunikationstheorien).<br />

• Sie kennen Konzepte der Sozialplanung, Qualitätsentwicklung und<br />

Management.<br />

• Sie kennen Konzepte, Methoden und Prozessgestaltungsmodelle der<br />

Sozialarbeit (Gesprächsführung, Beratung, Prozessmodelle, Lebensweltgestaltung,<br />

Case Management, Fallanalysemethoden, kooperative<br />

Agogik, soziale Netzwerkarbeit usw.).<br />

• Sie kennen Erkenntnismöglichkeiten und Forschung (Wissenschaftstheorie,<br />

qualitative und quantitative Methoden der empirischen Sozialforschung).<br />

• Sie kennen Ansätze der Selbstreflexion und Selbstevaluation, Supervision,<br />

Selbsterfahrung.<br />

• Sie kennen internationale Kontexte, international unterschiedliche Figurationen<br />

der Sozialarbeit und deren Handlungsfelder.<br />

Quelle: In Anlehnung an das SASSA Rahmenkonzept, Anhang 1 (2007, S. 9)<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 21


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

1.2 Case Management<br />

Im vorliegenden Kapitel werden Entwicklungen, Definitionen, Handlungskonzepte und Rahmenbedingungen<br />

des Case Managements vorgestellt. Weiter werden Angaben zu den Kompetenzen<br />

von Case ManagerInnen gemacht und es wird der Frage nachgegangen, ob es<br />

sich beim Case Management um einen Beruf handelt. In einem letzten Teil wird auf das untersuchte<br />

Arbeitsfeld, das Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen,<br />

eingegangen.<br />

1.2.1 Entwicklung des Case Managements<br />

Die Herkunft des Case Managements wird in der Literatur unterschiedlich dargestellt. Manfred<br />

Neuffer (2007) zieht beispielsweise eine Linie vom Case Management bis zum Mary<br />

Richmonds Case Work Ansatz <strong>zur</strong>ück, welche die Basis der klassischen Einzelfallhilfe bildete<br />

(S. 39 ff.). Staub-Bernasconi (1991) ist ebenfalls der Ansicht, dass das Case Management<br />

grundsätzlich schon lange von der Sozialen Arbeit bewerkstelligt wird. Sie führt daher auch<br />

an: „Ich mag darin nichts fundamental Neues zu entdecken (…)“ (S. 39). Wendt (1997) hingegen<br />

findet den Schluss, Richmond als Gründermutter des modernen Case Managements<br />

anzusehen, als zu weit hergeholt (zit. in Wolfgang Klug, 2005, S. 40) und ist an anderer Stelle<br />

der Ansicht, dass „das Case Management zunächst als Arbeitsweise in der professionellen<br />

Sozialarbeit rezipiert“ (Wendt, 2002, S. 14) wurde. Neuffer (2007) ist ebenfalls dieser Ansicht<br />

und meint, dass Case Management „eindeutig als Weiterführung der sozialen Einzelfallhilfe<br />

verstanden“ (S. 46) werden kann. Peter Löcherbach (2006) beschreibt das Case Management<br />

wie folgt:<br />

Case Management ist ein Handlungsansatz, der sich verschiedener methodischer<br />

Schritte bedient. Nicht die Einzelschritte des CM-Regelkreises an sich sind neu, da eine<br />

systematische Vorgehensweise im sozialprofessionellen Handeln erwartet werden<br />

kann. Es ist vielmehr die Verknüpfungsleistung von Administration (…), Methodik (…),<br />

und Organisation (…). (S. 302)<br />

Die Schwierigkeit der Erforschung und somit der eindeutigen Zuordnung des Case Managements<br />

liegt nicht zuletzt darin, dass keine konsistente Auslegung des Begriffs Case Management<br />

mit dessen Inhalt und Umfang vorhanden ist (Martin Schmid & Martina Schub, 2006,<br />

S. 287). Ebenso betont Michael Ewers (2005b), dass es heute nicht nur an einer allgemeingültigen<br />

Definition des Case Managements fehlt, sondern auch eine fast unüberschaubare<br />

Vielzahl von Case Management Konzepte vorhanden sind (S. 53). Unabhängig davon, wie<br />

genau Case Management verwurzelt wird, kann festgehalten werden, dass das Case Management<br />

in den 70er Jahren im Rahmen einer Reduktion von stationären Angeboten für psychisch<br />

kranke Menschen und einer Desinstitutionalisierung in den USA eine hohe Bedeutung<br />

erhielt (vgl. Wendt, 2001, S. 14 ff.). Malcolm Payne (1995) betont, dass die dem Case Management<br />

verbunden Aufgaben, wie die Aushandlung von Dienstleistungen, zu Beginn nicht<br />

besonders in das Selbstbild der SozialarbeiterInnen passte. Das Case Management wurde<br />

jedoch von SozialarbeiterInnen übernommen, weil kein anderer Beruf diese Aufgabe übernehmen<br />

konnte und die Soziale Arbeit die entsprechenden Kompetenzen mitbrachte (zit. in<br />

Wendt, 2001, S. 18).<br />

Bis zu den 80er Jahren kümmerten sich in Theorie und Praxis vorwiegend SozialarbeiterInnen<br />

um das Case Management. Danach befassten sich auch Pflegefachpersonen mit dieser<br />

Methode. Trotz der parallelen Anwendung nahmen sich die verschiedenen Berufsgruppen in<br />

den USA jedoch nur beschränkt <strong>zur</strong> Kenntnis (Wendt, 2001, S. 19-20). Heute ist das Case<br />

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neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Management aufgrund seiner Kosteneffizienz in den USA 2 eine in fast allen Feldern der Sozialen<br />

Arbeit angewandte Methode (Klug, 2005, S. 42).<br />

Nach 1980 gelangte das Case Management vom angloamerikanischen Raum nach Europa<br />

und in diverse andere Länder wie beispielsweise nach Australien 3 und Japan 4 . In Deutschland<br />

waren aufgrund der immer komplexeren Bedingungen und knapper werdenden Finanzen<br />

neue Konzepte gefragt, zudem wurde der Ruf nach einer differenzierten Darlegung der<br />

Leistungen der Sozialen Arbeit laut (Ruth Remmel-Fassbender, 2002, S. 65 ff.). Dies führte<br />

nach Remmel-Fassbender dazu, dass Wendt zu Beginn der 90er Jahre seine Überlegungen<br />

zum Case Management publizierte (ebd. S. 65). Das Case Management gewann daraufhin<br />

im deutschsprachigen Raum zunehmend an Popularität. Dabei ist anzumerken, dass die USamerikanischen<br />

und britischen Modelle relativ unkritisch in den deutschen Kontext rezipiert<br />

wurden (Michael Ewers & Doris Schaeffer, 2005, S.13). Die genaue Entwicklung des Case<br />

Managements in der Schweiz kann der Literatur nicht entnommen werden. Spätestens Mitte<br />

der 90er Jahre fand jedoch das Case Management Einzug in die Schweizer Lehre und Praxis.<br />

Als wichtiger Meilenstein wurde im März 2004 das Netzwerk Case Management Schweiz<br />

gegründet, das sich die Erforschung, Förderung und Vernetzung des Case Managements<br />

sowie die Anerkennung von Weiterbildungsangeboten zum Ziel gesetzt hat (Netzwerk<br />

Schweiz, 2004, S. 1).<br />

Inzwischen hat das Case Management eine wachsende Bedeutung erfahren. Beispielsweise<br />

wird das Case Management bei der Pro Senectute und Pro Infirmis, der Sozialhilfe Basel,<br />

der integrierten Psychiatrie Winterthur und diversen Versicherungen angewandt (Yvonne<br />

Hofstetter Rogger, 2006, S. 8-9). Als prominentes Beispiel für den Einzug in die Schweizer<br />

Versicherungswelt sei hier die Suva genannt, welche seit 2003 ein Case Management anbietet,<br />

120 Case ManagerInnen beschäftigt und für ihr New Case Management den Unternehmerpreis<br />

Swiss Excellence Award (2004) gewonnen hat.<br />

1.2.2 Definitionen des Case Managements<br />

Mit der Rezeption des Case Managements wurde auch dessen Benennung in den deutschsprachigen<br />

Raum übernommen. Case heisst Fall, wobei der „Fall“ als abgrenzbarer Sachverhalt<br />

verstanden wird und nicht eine Bearbeitung nach einer bestimmten Klassifikation<br />

oder Art gemeint ist (Wendt, 2001, S. 32). Das englische Management steht für „etwas im<br />

Griff haben“ und „geschickt fertig bringen“. Im Zentrum steht dabei ein bestimmter Sachverhalt<br />

und nicht etwa das Managen eines Menschen (Wendt, 2001, S. 31).<br />

Die uneinheitlichen Definitionen des Case Managements erklären Nora van Riet & Harry<br />

Wouters (2002) damit, dass Definitionen immer aus einem bestimmten Praxisbereich entstammen<br />

und für diesen entsprechend gültig sind (S. 38). So kommt es auch, dass die Case<br />

Management Society of America Case Management als Prozess der Zusammenarbeit bezeichnet.<br />

Die aus den Niederlanden stammenden van Riet & Wouters (2002) sprechen von<br />

einer Funktion im Sozial- und Gesundheitswesen, die sich verschiedener Methoden bedient<br />

(S. 19). Wendt (2001) hingegen bezeichnet das Case Management als Verfahrensweise <strong>zur</strong><br />

Unterstützung des Einzelfalls (S. 14). Roberta Greene (1992) hat speziell für die Sozialarbeit<br />

2<br />

Ein aktueller Trend in den USA ist das sogenannte Intensive Case Management und dessen verkürzte Variante,<br />

dem Disease Management, welches in der Versorgung von besonders schweren medizinischen Fällen zum Zug<br />

kommt. In dieser Anwendungsform des Case Managements dominiert der ökonomische über dem fachlichen<br />

Aspekt (vgl. Volker Brinkmann, 2006, S. 6)<br />

3<br />

Case Management wird in Australien in staatlich organisierten sozialen Anlaufstellen angeboten (vgl. Carl Wolfgang<br />

Müller, 2006, S. 6-8)<br />

4<br />

In Japan wird das Case Management in der Pflegeversicherung flächendeckend angeboten (vgl. Thomas Klie &<br />

Sumiko Okada, 2005, S. 27 ff.).<br />

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Case Management als interpersonaler Prozess der auf einer Beziehung zwischen einem Case<br />

Manager und dem Klienten(-system) beruht definiert (zit. in Ewers, 2005a, S. 56).<br />

Trotz der unterschiedlichen Definitionen wird nach Joana Quinn (1993) immer eine ganzheitliche<br />

Sichtweise eingenommen, um „Probleme zu lösen und definierte Ergebnisse zu erreichen“<br />

(zit. in Ewers, 2005a, S. 57). Um eine Orientierung trotz der unterschiedlichen Definitionen,<br />

Zugänge und Anwendungsmöglichkeiten des Case Managements zu finden, werden<br />

seit den 80er Jahren Klassifizierungsversuche vorgenommen, die sich beispielsweise der<br />

folgenden Gliederung anlehnen: intentioneller Rahmen, Ausbildung der Case ManagerIn, Finanzierungsquellen<br />

(Ewers, 2005a, S. 57 ff.).<br />

Um bei diesen unterschiedlichen Ansätzen ein gemeinsames Verständnis zu erzielen, hat<br />

das Netzwerk Case Management Schweiz an der Generalversammlung vom 30. März 2006<br />

folgende gemeinsame Definition formuliert:<br />

Case Management ist ein spezifisches Verfahren <strong>zur</strong> koordinierten Bearbeitung kom-<br />

plexer Fragestellungen im Sozial-, Gesundheits- und Versicherungsbereich. In einem<br />

systematisch geführten, kooperativen Prozess wird eine auf den individuellen Bedarf<br />

abgestimmte Dienstleistung erbracht bzw. unterstützt, um gemeinsam vereinbarte Ziele<br />

und Wirkungen mit hoher Qualität effizient zu erreichen. Case Management stellt einen<br />

Versorgungszusammenhang über professionelle und institutionelle Grenzen hinweg<br />

her. Es respektiert die Autonomie der Klientinnen und Klienten, nutzt und schont die<br />

Ressourcen im Klienten sowie im Unterstützungssystem. (S.2)<br />

Es fällt auf, dass in dieser Definition nebst den klassischen Anwendungsbereichen des Case<br />

Managements im Sozial- und Gesundheitswesen (vgl. Ewers, 2005b, S. 41-42) explizit auch<br />

den Versicherungsbereich mit einbezogen wird. Der von Greene genannte interpersonale<br />

Prozess lässt sich in der Definition nicht finden. In Bezug auf Klientinnen und Klienten wird<br />

lediglich vom Respektieren der Autonomie und der Schonung von Ressourcen gesprochen.<br />

Folglich lässt sich aus dieser Definition ableiten, dass das Netzwerk Case Management<br />

Schweiz den Versicherungsbereich bewusst mit einschliesst und nicht speziell einen sozialarbeiterischen<br />

Ansatz verfolgt.<br />

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1.2.3 Handlungskonzepte des Case Managements<br />

Case Management ist nach Luis Lowy (1998) eine Verknüpfungsaufgabe zwischen dem Bewältigungssystem<br />

der Klientin oder des Klienten und den Ressourcen des Hilfssystems (zit.<br />

in Wendt, 2001, S. 30).<br />

Abbildung 3: Die Verknüpfungsaufgabe<br />

KLIENT-(PATIENT-)SYSTEM<br />

Einzelne Menschen und Gruppen<br />

mit Problemen / in Notlagen / Belastungen<br />

RESSOURCEN-(HILFE-)SYSTEM<br />

Soziale Umwelt, Mitmenschen<br />

(Familie, Freunde, Kollegen usw.),<br />

natürliche Netzwerke und professionelle<br />

Einrichtungen (institutionelles<br />

Netzwerk)<br />

Was soll erreicht werden? Was haben sie zu bieten?<br />

Wie können die beiden<br />

Systeme (zeitlich, räumlich,<br />

kompetent) bestmöglich<br />

zusammengebracht werden?<br />

Quelle: Lowy, 1998, zit. in Wendt, 2001, S. 30<br />

Diese Verbindungsfunktion des Case Managements ist ohne Austausch zwischen Case ManagerIn<br />

und der betreuten Person nicht realisierbar. Unter dieser Prämisse wird der Definition<br />

von Greene (vgl. Kapitel 1.2.2) des Case Managements als interpersonaler Prozess für<br />

die Soziale Arbeit zusätzliches Gewicht verschafft.<br />

In diesem Verständnis bietet das Case Management nach Neuffer (2007):<br />

(…) die Chance, einzelfallorientiertes Vorgehen mit personaler Netzwerkarbeit und Sozialraumorientierung<br />

ganzheitlich verbinden zu können (…). Ziel ist es, Hilfen anzubieten,<br />

die so wenig wie möglich in die bestehenden Lebensgewohnheiten eingreifen. Die<br />

eigenen Ressourcen des Betroffenen und seines ihn umgebenden sozialen Netzes<br />

werden Ausgangspunkt für die Hilfen. (S. 19)<br />

Nach David Moxley (1992) müssen Case ManagerInnen die Klientinnen und Klienten bei der<br />

Suche nach ihren eigenen Bedürfnisse unterstützen, ohne dabei anhand von eigenen fachlichen<br />

Massstäben die Hilfe anzulegen (in Klug, 2005, S. 45). Zur Beziehung zwischen Case<br />

ManagerIn und Klientinnen oder Klienten führt Remmel-Fassbender (2002) aus, dass die<br />

zunächst von Wendt proklamierte Fokussierung auf die Bewerkstelligung der Unterstützung<br />

anstelle der persönlichen Beziehung unterdessen relativiert wurde. Erfolgreiches Handeln ist<br />

demnach nur bei einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Case MangerIn und<br />

dem Klientel möglich (S. 71-72).<br />

Moxley (1997) unterscheidet in der Zielperspektive des Case Managements zwischen zwei<br />

Arten von Case Management. Es sind dies das system-driven und das consumer-driven Case<br />

Management (zit. in Klug, 2005, S. 48 ff.).<br />

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In der folgenden Tabelle werden die beiden Typen einander gegenüber gestellt.<br />

Tabelle 5: Orientierung des Case Managements<br />

system-driven Case Management<br />

administrative Funktion<br />

consumer-driven Case Management<br />

klientenorientierte Funktion<br />

Kontrolle der Ressourcen Bedürfnisse des Kunden stehen im Mittelpunkt<br />

Case Management bestimmt den Gang der<br />

Untersuchung<br />

Klienten definieren ihre Bedürfnisse und<br />

werden bei deren Befriedigung unterstützt<br />

Rationalisierung und Kostenmanagement Anwaltschaft und verstärkendes Vertrauen<br />

Geteilte Loyalität des Case Managers Loyalität gilt allein dem Klienten<br />

Ziel ist eine optimale interorganisatorische<br />

Organisation (z.B. Vermeidung von Doppelbetreuung,<br />

Überbetreuung, unangemessener<br />

Betreuung)<br />

Quelle: Moxley, 1997, zit. in Klug, 2005, S. 49<br />

Ziel ist erreicht, wenn Ziele des Klienten<br />

erreicht sind<br />

Suzanne Powell (2002) betont, dass diese beiden Typen in einem Spannungsverhältnis stehen<br />

und zum Teil zu Zielkonflikten führen (zit. in Klug, 2005, S. 50). Case ManagerInnen vertreten<br />

in der Praxis oft sowohl die Ziele der Klientin oder des Klienten und der Auftraggeberin<br />

oder dem Auftraggeber, sie befinden sich demnach in einem Doppelmandat. Nicht selten<br />

kann dies zu ethischen Schwierigkeiten führen, die besonders bei der Entscheidungsfindung<br />

sichtbar werden.<br />

Von grosser Bedeutung in diesem Zusammenhang ist, wer die Auftraggebenden für das Case<br />

Management sind. Barbara Holt (2000) führt daher aus, dass ein grosser Unterschied besteht,<br />

ob eine Versicherung, ein Leistungsanbieter (wie beispielsweise ein Spital) oder eine<br />

durch die Klientin oder den Klienten beauftragte Non-Profit-Organisation das Case Management<br />

durchführt. Je nachdem stehen eher die ökonomischen Interessen der Organisation<br />

oder die Ziele der betreffenden Person im Vordergrund (zit. in Klug, 2005, S. 50-51).<br />

Phasen des Case Managements<br />

In komplexen Situationen, in denen das Case Management aktiv ist, müssen laut Wendt<br />

(2001) die Handlungen in einem Zusammenhang stehen (S. 97). Eine einzelne klar abgrenzbare<br />

Intervention ist nicht Gegenstand des Case Managements. Case Management kommt<br />

dann zum Zug, wenn mehrere Personen an der Unterstützung beteiligt sind. Wendt (2001)<br />

führt dies wie folgt aus: „Wer hungert, dem ist nicht mit Case Management geholfen. Wenn<br />

‚auf der Hand liegt′, was zu tun ist, braucht man keine Strategie für das richtige Nebeneinander<br />

und Miteinander“ (S. 96). Im Grundsatz wird durch die Aufteilung der Unterstützung in<br />

verschiedene Phasen die Komplexität reduziert, um die einzelnen Problemstellungen effektiv<br />

und effizient zu bearbeiten (Neuffer, 2007, S. 51). Case Management erfolgt in diesem Sinne<br />

in verschiedenen Arbeitsschritten, die auch als Phasen oder gesamthaft als Regelkreislauf<br />

bezeichnet werden. Je nach Modell wird zwischen mindestens fünf bis acht Arbeitsschritten<br />

unterschieden (Ewers, 2005a, S. 72).<br />

In der Literatur wird die genaue Herkunft dieser Phasen kaum erwähnt. In seinem ersten<br />

Buch über das Case Management war Wendt (1991) der Ansicht, dass die Einteilung der<br />

Phasen des Case Managements aus dem Management von Produktionsvorgängen übernommen<br />

wurde. In dieser Lehre werden die Stadien Zielsetzung, Aktionsplanung, Durchfüh-<br />

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rung, Kontrolle und Bewertung unterschieden. Wendt (1991) begründet diese Entsprechung<br />

so: „Die Analogie (...) ergibt sich einfach aus der Tatsache, dass hier wie dort eine Mehrzahl<br />

von Personen beteiligt ist (mit denen Ziele zu vereinbaren und Aktivitäten abzustimmen sind)<br />

und im Problemlösungsprozess eine komplexe, Zeit beanspruchende Umformung erfolgt“ (S.<br />

25).<br />

Es sei hier jedoch darauf hingewiesen, dass zum Teil auch Handlungskonzepte der Sozialen<br />

Arbeit auf eine ähnliche Phasenabfolge aufgebaut sind (vgl. Kurt Possehl, 2002, S. 7). Aufgrund<br />

der erwähnten engen Beziehung zwischen der Sozialen Arbeit und dem Case Management<br />

kann daher die Hypothese aufgestellt werden, dass die Phasenabfolge des Case<br />

Managements auch in einer Beziehung zu den Handlungskonzepten der Sozialen Arbeit stehen<br />

könnte.<br />

Oftmals lehnen sich die Modelle an die Unterteilung von Moxley (1989) an, der das Case<br />

Management in folgende Phasen gliederte: Assessment (Einschätzung), Planning (Planung),<br />

Intervention (Durchführung), Monitoring (Überwachung) und Evaluation (Be- und Auswertung)<br />

(zit. in Neuffer, 2007, S. 51).<br />

Abbildung 4: Ein multifunktionaler Rahmen für die Praxis des Case Managements<br />

Quelle: Moxley 1989, zit. in Wendt 1995, S. 26<br />

Als Beispiel für die vielfältigen Konzepte wird hier das Konzept von Neuffer dargelegt, welches<br />

neueren Datums ist (2007), primär für die Soziale Arbeit entwickelt wurde und aus dem<br />

deutschsprachigen Raum stammt. Neuffer (2007) orientierte sich bewusst nicht nur an den<br />

Erkenntnissen aus dem angelsächsischen Raum, sondern bezog hiesige Konzepte mit ein<br />

(S. 7). Mit seinem Modell möchte Neuffer dem beziehungs-, prozess- und systemorientierten<br />

Case Management in der Sozialen Arbeit gerecht werden. Die Grundlage für sein Handlungskonzept<br />

bildet das fünfstufige Vorgehen von Moxley. Im Unterschied zum Ursprungsmodell<br />

von Moxley wurde zusätzlich je eine Phase für die Kontaktaufnahme/Intake und für<br />

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den Hilfe-/Förderbedarf eingeführt. Die Intervention und deren Überwachung wurden zu einer<br />

Phase vereint. Dieses neue sechsphasige Modell kann ebenfalls für das Case Management<br />

im Pflege- und Gesundheitsbereich verwendet werden, was sich entsprechend in der<br />

Terminologie niederschlägt. In der nachfolgenden Abbildung werden die Phasen grafisch<br />

dargestellt und auf die einzelnen Phasen wird lediglich stichwortartig eingegangen (vgl. Neuffer,<br />

2007, S. 51 ff.).<br />

Abbildung 5: Übersicht der Phasen des Case Managements nach Neuffer<br />

Kontaktaufnahme<br />

Intake<br />

Assessment<br />

Analyse/Profiling<br />

Einschätzung<br />

Hilfe-/Förderbedarf<br />

Hilfe-/Förderplanung<br />

Durchführung<br />

Controlling<br />

Reassessment<br />

Abschluss<br />

Evaluation<br />

Quelle: In Anlehnung an Neuffer, 2007, S. 52<br />

Case Management Rahmenkonzept<br />

• Erstkontakt<br />

• Klärungshilfe<br />

• Beginn einer Arbeitsbeziehung<br />

• Beratung über Angebote<br />

• Problem- und Ressourcenanalyse/Profiling<br />

• Fachliche Einschätzung<br />

• Einschätzung Dritter<br />

• Hypothesen/Prognosen<br />

• Ziel der Hilfestellung<br />

• Ermittlung des Hilfebedarfs<br />

• Indikatoren für Erfolg<br />

• Entwurf möglicher geeigneter und notwendiger<br />

Hilfen<br />

• Antrag auf Hilfestellung<br />

• Hilfe-/Förderkonferenz<br />

• Hilfeplangespräch<br />

• Auswahl und Festlegung der Hilfen<br />

• Hilfe-/Förderplan<br />

• Überleitung in die Hilfsmassnahmen<br />

• Festlegung der eigenen Interventionen des Case<br />

Managers<br />

• Überprüfung Ziel - Wirkung<br />

• Akzeptanz beim Klientel<br />

• Überprüfung und Kooperation der Hilfe leistenden<br />

Personen und Institutionen<br />

• Fortführung und/oder Revision des Hilfeplans<br />

• Bewertung durch alle Beteiligten<br />

• Fortführung oder Beendigung<br />

• Vermittlung von andere Hilfen<br />

• Evaluation Erfolg - Aufwand<br />

• Auswertung für die Sozialplanung<br />

Der Tabelle können die wesentlichen Verfahrensschritte entnommen werden. Das Ursprungsmodell<br />

von Moxley wird <strong>zur</strong> Visualisierung der Zirkularität der Case Management<br />

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Phasen als Kreis dargestellt (vgl. Wendt, 2001, S. 98). Auch beim tabellenartigen Modell von<br />

Neuffer (2007) sind die einzelnen Phasen nicht in jedem Fall strikt abzuhandeln. Obwohl die<br />

einzelnen Phasen logisch aufeinander abgestimmt sind und sich gegenseitig bedingen, sind<br />

Rückwärtssprünge durchaus möglich und je nach Situation sinnvoll (S. 51).<br />

Nach Wendt (2001) können Case ManagerInnen aufgrund der unterschiedlichen Einsatzgebieten<br />

folgende Rollen einnehmen:<br />

SystemagentIn<br />

Koordiniert die Dienstleistung und deren Vertretung in allen Angelegenheiten.<br />

Kundenanwältin oder Kundenanwalt<br />

Steht dem Klientel unterstützend bei und begleitet es während der Unterstützungszeit advokatorisch.<br />

VersorgungsmanagerIn<br />

Kümmert sich um die ordnungsgemässe und erfolgreiche Versorgung und operiert im Auftrag<br />

der LeistungsträgerIn.<br />

DienstemaklerIn (BrokerIn)<br />

Stimmt Dienstleistungen optimal aufeinander ab und ist besorgt, dass die Dienstleistungen<br />

entsprechend ihrer Kosten und Nutzen erbracht werden.<br />

(S. 145 ff.)<br />

1.2.4 Rahmenbedingungen des Case Managements<br />

Case Management findet nicht losgelöst von Institutionen und allgemeinen Rahmenbedingungen<br />

statt.<br />

Da Case Management nicht zuletzt auch eine Vernetzungsaufgabe ist und gegebenenfalls<br />

quer zu den vorhandenen Strukturen und Zuständigkeiten operiert, müssen die strukturellen<br />

Ebenen bei der Einführung des Case Managements unbedingt beachtet und allenfalls neu<br />

organisiert werden. Laut Jürgen Ribbert-Elias (2006) findet die Frage, wie Case Management<br />

implementiert ist, eine immer grössere Beachtung (S. 141).<br />

Nach John Kenneth Benson (1975) müssen dazu die Domänen, Macht und Mittel aufgeteilt<br />

werden (zit. in van Riet & Wouters, 2002, S. 254). Zudem ist es nach van Riet & Wouters<br />

(2002) essentiell, dass die Einrichtung, in der Case Management betrieben wird, von dessen<br />

Nutzen und Qualität überzeugt ist (S. 254).<br />

Case ManagerInnen benötigen für ihre Tätigkeit nicht nur Handlungsspielraum, sondern<br />

auch eine gewisse Unabhängigkeit. Case Management erfolgt deshalb nicht nur innerhalb<br />

einer Organisation, sondern auch durch externe Case ManagerInnen 5 . Rolf Bauser (2005)<br />

macht darauf aufmerksam, dass immer mehr Versicherungen ein internes Case Management<br />

aufbauen, aber dies je nach Systemvertrauen des Klientels zu Unsicherheiten bis hin<br />

zu einem Misserfolg der Intervention führen kann (S. 32-34). Anderseits ist darauf hinzuweisen,<br />

dass ein internes Case Management durchaus auch seine Vorzüge haben kann, wie<br />

zum Beispiel das Wissen über die Strukturen und die Verfahren der auftraggebenden Sozialversicherung.<br />

Eine weitere Variante der Anwendung des Case Managements bildet die interinstitutionelle<br />

Zusammenarbeit. In den USA werden solche Netzwerke mit den Namen community care<br />

network oder integrated service network betrieben (Wendt, 2001, S. 134-135). In der<br />

Schweiz findet dasselbe in erster Linie durch die IIZ (Interinstitutionelle Zusammenarbeit<br />

zwischen ALV, Sozialhilfe, IV, öffentlicher Berufsberatung), die IIZ-Plus (ergänzt mit den<br />

5 Eine unvollständige Übersicht von Case Management Anbietenden findet sich unter www.netzwerk-cm.ch im<br />

Bereich Links oder unter www.koordination.ch beim Marktplatz.<br />

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Taggeldversicherungen, UVG und den Pensionskassen) und dem IIZ-MAMAC (Medizinisch-<br />

ArbeitsMarktliche Assessments mit Case Management) statt (vgl. www.iiz.ch).<br />

Wendt (2005) unterscheidet drei Ebenen von Case Management: Die Ebene des Einzelfalls<br />

(individuelle Fallsteuerung), die Ebene der Organisation (Systemsteuerung) und die Ebene<br />

der Politik, die immer mehr Organisationen dazu anhält, Case Management als zielwirksames<br />

und effizientes Mittel anzuwenden (S. 7). In der nachfolgenden Darstellung werden die<br />

verschiedenen Ebenen grafisch dargestellt.<br />

Abbildung 6: Realisierungsebenen von Case Management<br />

Case Management als Auftrag der Makroebene<br />

Politik<br />

Case Management, umgesetzt in der Mesoebene<br />

Quelle: Wendt, 2005, S. 8<br />

Organisation<br />

Case Management als<br />

Methode<br />

im betrieblichen Rahmen<br />

Mikroebene<br />

Der Einzelfall wird demnach durch Bedingungen und Vorgaben auf der Meso- und Mikroebene<br />

mit beeinflusst. Dabei ist es laut Wendt (2005) besonders wichtig zu regeln, wer die<br />

Entscheidungen trifft und wie die Zusammenarbeit stattfindet (S. 7 ff.). Dies geht nicht ohne<br />

Kompetenzen und Wendt führt demzufolge an: „Ein Case Manager (auf der Ebene des Einzelfalls<br />

wie auf Systemebene) braucht gegenüber allen Beteiligten die Kompetenz, in der<br />

zielgerichteten Leistungserbringung Regie zu führen“ (ebd. S. 9).<br />

Die Kernaspekte des Case Managements werden nicht überall genügend betrachtet. Ribbert-Elias<br />

(2006) bemängelt, es sei nicht überall Case Management, auch wenn es so benennt<br />

wird. Folgende Punkte sind zu beachten:<br />

1. Vor der Einführung von Case Management muss sich herausstellen, dass andere<br />

Methoden weniger geeignet sind <strong>zur</strong> Problemlösung.<br />

2. Es bedarf einer hoher Akteursdichte und Problemkomplexität.<br />

3. Auf der Systemebene ist eine tragende Struktur für das Case Management notwendig.<br />

4. Die Ablaufschritte (Regelkreis) sind konsequent sowie adressantinnen- und adressantenorientiert<br />

einzuhalten.<br />

5. Die Kontinuität in der Fallintervention und -verantwortung ist vorhanden.<br />

6. Die Intervention erfolgt quer zu den segmentierten Dienstleistungen.<br />

7. Das Case Management ist zeitlich begrenzt.<br />

8. Die Qualitätssicherung und lückenlose Dokumentation ist gewährleistet.<br />

(S. 140 ff.)<br />

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1.2.5 Kompetenzen der Case ManagerInnen<br />

Nach Löcherbach (2005) kann keine Gesundheits-, Pflege-, oder Sozialprofession Case ManagerInnen<br />

hinreichend auf ihre Tätigkeit vorbereiten. Am ehesten gelingt dies den Sozialprofessionen<br />

6 (219 ff.).<br />

Das von Löcherbach aufgestellte Kompetenzprofil ist generalistisch für den gesamten Bereich<br />

des Case Managements angelegt. Da Case Management immer in einem spezifischen<br />

Feld (z.B. in der Krankenpflege, der Sozialhilfe oder bei einer Versicherung) zum Einsatz<br />

kommt, ist das Kompetenzprofil immer auch mit dem für den Anwendungsbereich geforderten<br />

Spezialwissen zu ergänzen (ebd.). In Bezug auf den Begriff Kompetenz stützt sich Löcherbach<br />

auf die Definition von Helmut Knüppel & Johann Wilhelm (1987), nach denen dieser<br />

Begriff „sowohl die Bedeutung der Fähigkeit als auch die der Zuständigkeit für die Lösung<br />

von Problemen“ (zit. in Löcherbach, 2005, S. 220) enthält.<br />

Die Handlungskompetenz ergibt sich aus dem Zusammenwirken von Sach-, Methoden-, Sozial-<br />

und Selbstkompetenz (vgl. Kapitel 1.1.4). Die Handlungskompetenz ihrerseits ist in einem<br />

beruflichen Selbstverständnis eingebettet, das eine Ressourcenorientierung und eine<br />

klare Darlegung der Funktion der Case Managerin oder des Case Managers und eine ethische<br />

Dimension enthält (ebd. S. 221). In der nachfolgenden Abbildung wird veranschaulicht,<br />

wie sich die individuelle Handlungskompetenz zusammensetzt.<br />

Abbildung 7: Die Handlungskompetenz als Schnittmenge der Kompetenzfelder<br />

Quelle: Löcherbach, 2005, S. 221<br />

Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die einzelnen Kompetenzbereiche. Die<br />

verschiedenen Kompetenzbereiche werden anhand von Stichworten erläutert (siehe rechte<br />

Spalte).<br />

6 Auf den Begriff „Profession“ selber geht Löcherbach nicht ein. Es ist davon auszugehen, dass Löcherbach damit<br />

die professionell Tätigen in einem bestimmten Bereich meint.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 31


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Tabelle 6: Kompetenzprofil von Case ManagerInnen<br />

• Kommunikationskompetenz<br />

• Kooperative Handlungskompetenz<br />

• Koordinationskompetenz<br />

• Kritik- und Konfliktfähigkeit<br />

• Fähigkeit <strong>zur</strong> multidisziplinären<br />

Zusammenarbeit<br />

• Selbstsicherheit und Selbst-<br />

Bewusstsein<br />

• Reflexionskompetenz<br />

• Networking<br />

• Verfahrenskompetenz in Assessment,<br />

Serviceplanung,<br />

Linking, Monitoring<br />

• Coaching<br />

• Wissensmanagement<br />

• Evaluationskompetenz<br />

• Erklärungs- und Handlungswissen<br />

• Organisationswissen<br />

• Kenntnis der medizinischen<br />

und sozialen Infra- und Versorgungsstruktur<br />

• Kulturelles Wissen<br />

• Arbeitsfeldspezifisches Wissen<br />

Sozialkompetenz<br />

Die Case ManagerInnen:<br />

• können multidisziplinäre und interinstitutionelle Zusammenarbeit<br />

initiieren und moderieren<br />

• sind zuverlässig und verbindlich<br />

• verfügen über Einfühlungsvermögen<br />

• verfügen über Wahrnehmungsvermögen<br />

• verfügen über Differenzierungsvermögen<br />

• verhalten sich stringent<br />

• sind konsequent<br />

• können Verhandlungen führen<br />

• haben die Fähigkeit, Systeme zu steuern<br />

• verfügen über Rollenperformanz<br />

Selbstkompetenz<br />

Die Case ManagerInnen:<br />

• sind kontaktfähig<br />

• sind offen<br />

• sind authentisch<br />

• sind belastbar<br />

• sind initiativ<br />

• verfügen über die Fähigkeit <strong>zur</strong> Selbstreflexion<br />

• können sich Urteile bilden<br />

• können sich selbst organisieren<br />

Methodenkompetenz<br />

Die Case ManagerInnen:<br />

• verfügen über analytische Fähigkeiten<br />

• verfügen über informatorische Fähigkeiten<br />

• verfügen über planerische Fähigkeiten<br />

• verfügen über verfahrenssichere Fähigkeiten<br />

• sind fähig <strong>zur</strong> Ressourcenallokation und -sicherung<br />

• können Präsentationen durchführen<br />

• verfügen über Medienkompetenz<br />

Sach- und Systemkompetenz<br />

Die Case ManagerInnen:<br />

• kennen Case Management Konzepte und Strategien<br />

• verfügen über Rechts- und Verwaltungskenntnisse<br />

• haben Wissen über die Organisationsentwicklung<br />

• haben Wissen über die Zielgruppen<br />

Quelle: In Anlehnung an Löcherbach, 2005, S. 236-237<br />

• kennen verschiedenste Lebenslagen und Lebensumstände<br />

• kennen soziale Zusammenhänge von Gesundheit und<br />

Krankheit<br />

• haben Grundwissen in der Betriebswirtschaftslehre<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 32


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Laut Roland Woodtly (2008) gibt es in der Schweiz bis heute keine verbindlichen Kompetenzprofile<br />

für das Case Management (S. 1). Da die Qualifikationen für die Anwendung des<br />

Case Managements sehr unterschiedlich sind und sich grundsätzlich jede Person Case ManagerIn<br />

nennen kann, haben sich in der Praxis sogenannte Standards oder Richtlinien für<br />

das Case Management etabliert (Löcherbach, 2006, S. 309).<br />

In der Schweiz wurden erstmals an der Generalversammlung des Netzwerks Case Management<br />

Schweiz vom 30. März 2006 Standards für das Case Management verabschiedet.<br />

Sie enthalten kein konkretes Kompetenzprofil, sondern geben normative Leitlinien an. Weiter<br />

werden in diesen Standards die Rollen der Case ManagerInnen dargelegt, aus denen weitere<br />

Elemente der notwenigen Kompetenzen für diese Tätigkeit entnommen werden können.<br />

So wird beispielsweise erwähnt, dass Case ManagerInnen sich für die Wahrung der Interessen<br />

der Klientinnen und Klienten einsetzen, für Qualität einstehen, Ressourcen aktivieren<br />

sowie Unterstützung bei der Lösung von Problemen bieten (S. 2 ff.). Seit dem Herbst 2007<br />

beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe des Netzwerks Case Management Schweiz mit der Bildung<br />

von ethischen Standards für das Case Management. Die Arbeitsgruppe hat ihren Entwurf<br />

im Juni 2009 dem Vorstand des Netzwerkes übergeben. Zu einem späteren Zeitpunkt<br />

soll er an der Generalversammlung behandelt werden 7 . Obwohl die Standards des Netzwerks<br />

Case Management Schweiz und die Angaben von Löcherbach und Neuffer nicht ganz<br />

deckungsgleich sind und verschiede Aspekte unterschiedlich stark gewichten, bestehen zwischen<br />

ihnen keine diametralen Differenzen.<br />

Nach Löcherbach (2006) hängen die geforderten Kompetenzen auch von der Anwendungsart<br />

des Case Managements ab. Je höher der Implementierungsgrad des Case Managements<br />

ist, desto höher sind die Anforderungen an die Qualifikationen und die notwendigen Kompetenzen<br />

der ausführenden Person (S. 301 ff.).<br />

1.2.6 Ist Case ManagerIn ein Beruf?<br />

In der Zeitschrift CASH vom 18. Mai 2006 (S. 55) wurde die Case Managerin oder der Case<br />

Manager als ein Beruf der Zukunft aufgeführt. Doch ob es sich bei der Tätigkeit im Case Management<br />

um einen Beruf handelt, ist nach wie vor umstritten.<br />

Wendt (2001) führt beispielsweise an, dass sich bei einer empirischen Betrachtung der beruflichen<br />

Zuordnung und Position des Case Managements ein eher verwirrendes Bild darstellt<br />

(S. 140).<br />

Alison Petch (1996) hat drei Ansichten über Case Management ausgemacht:<br />

1. Case Management als eine separate Berufstätigkeit<br />

2. Case Management als eine Rolle oder Aufgabenstellung im Rahmen einer vorhande-<br />

nen Berufstätigkeit und einer Dienststelle<br />

3. Case Management als eine Rolle oder Aufgabe, die in einer Struktur mit zugleich so-<br />

zialer und gesundheitlicher Zuständigkeit übernommen wird<br />

(zit. in Wendt, 2001, S. 141).<br />

Die Case Management Society of America veröffentlichte 1995 Standards für die Praxis des<br />

Case Managements. Deborah Smith, Vorsitzende der Kommission für Praxis-Standards, betonte<br />

jedoch, es sei nicht darum gegangen, die Tätigkeit der Case Managerin oder des Case<br />

Managers als eigenständige Profession zu entwickeln (Wendt, 2001, S. 152). Diese Aussage<br />

deckt sich auch mit den deutschen Case Management Standards, die immer wieder auf die<br />

berufliche Herkunft der Case ManagerInnen verweisen. In den Standards der Case Mana-<br />

7 Der aktuelle Stand der Arbeit dieser Arbeitsgruppe ist noch nicht öffentlich. Weitere Informationen zu diesem<br />

Thema finden sich im Mitgliederbereich unter www.netzwerk-cm.ch.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 33


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

gement Society of America (1995) wird darauf hingewiesen, dass sich Case ManagerInnen<br />

nicht nur an die Standards halten sollten, sondern auch an diejenigen ihrer jeweiligen<br />

Fachdisziplin (zit. in Wendt, 2001, S. 161).<br />

Löcherbach (2003) ist der Ansicht, dass Case Management ein neuer Beruf wird (S. 28). An<br />

anderer Stelle stellt Löcherbach (2005) die Frage, ob Soziale Arbeit die Basisqualifikation<br />

des Case Managements bietet oder andere Professionen sich für die Tätigkeit nicht genauso<br />

gut oder besser eignen. Er lässt diese Frage unbeantwortet und fügt an, dass dieser Punkt<br />

möglicherweise bereichsspezifisch gelöst werden muss, da sich je nach Organisation divergierende<br />

Anforderungen an die Case Managerin oder den Case Manager stellen (S. 244).<br />

Nach Woodtly (2005) ist Case Management nicht ein Beruf, sondern als Funktion zu verstehen,<br />

da unterschiedliche Handlungskompetenzen gefordert werden und diese am besten<br />

über interdisziplinäre Weiterbildung erschlossen werden können. Dies dient laut Woodtly<br />

auch der Professionalisierung. Professionalisierung heisst also nicht, ein neues Berufsbild zu<br />

schaffen, sondern dafür besorgt zu sein, dass sich Fachkräfte auf der Basis ihrer bereits erworbenen<br />

beruflichen Kompetenzen so weiter qualifizieren können, dass sie das formal in<br />

der Schweiz noch nicht festgeschriebene, aber doch klar erkennbare Kompetenzprofil erfüllen<br />

(S. 17-18). Weiter führt Woodtly (2008) an: „Die Profession Sozialarbeit hat Case Management<br />

immer als eine Erweiterung und Vertiefung des methodischen Handlungsrepertoires,<br />

und damit als Weiterentwicklung der beruflichen Kompetenzen und nie als eigenständigen<br />

Beruf verstanden“ (S.1). Da weiterhin verschiedene Professionen als Case ManagerIn in der<br />

Schweiz tätig sein werden, fordert Woodtly (2005), als Präsident des Netzwerkes Case Management<br />

Schweiz, verbindliche Standards in Bezug auf das Case Management und dessen<br />

Anwendung (S. 18).<br />

In der Schweiz arbeitet das Netzwerk Case Management Schweiz an einer Zertifizierung von<br />

Case Management Institutionen. Jedoch werden keine einzelnen Case ManagerInnen oder<br />

Ausbildungen zertifiziert (Protokoll der 5. Generalversammlung des Netzwerks Case Management<br />

Schweiz vom 4. März 2009, S. 3). Nach Löcherbach (2005) nimmt die 2005 gegründete<br />

Deutsche Gesellschaft für Care und Case Management (DGCC) Zertifizierungen bei<br />

Ausbildungsinstituten und AusbildnerInnen des Case Managements vor. Absolventinnen und<br />

Absolventen von zertifizierten Weiterbildungen nennen sich zertifizierte Case Managerin<br />

(DGCC) oder zertifizierter Case Manager (DGCC). Demnächst ist auch ein Master-Studiengang<br />

im Case Management geplant. In Österreich gibt es noch keinen übergreifenden Verein<br />

<strong>zur</strong> Gestaltung des Case Managements und entsprechend keine Standards oder Zertifizierungen<br />

(S. 311 ff.).<br />

1.2.7 Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen<br />

Als eine der ersten Sozialversicherungen führte die Suva das Case Management ein. Anschliessend<br />

haben verschiedene andere Versicherungen, vorwiegend aus dem Unfall- und<br />

Haftpflichtbereich, das Case Management eingeführt (Hofstetter Rogger, 2006, S. 9). Anlässlich<br />

der Unfallversicherungs-Tagung des Schweizerischen Versicherungsverbandes vom 19.<br />

und 20. Mai 2008 wurde eine Befragung bei den Unfallversicherungen vorgenommen. Gemessen<br />

am Marktanteil nahmen 93 Prozent der Unfallversicherungen teil. Die Erhebung<br />

brachte zu Tage, dass alle Befragten ein Case Management anbieten (Schweizer Versicherung,<br />

2008, S. 51). In den Krankenversicherungen hat sich das Case Management dagegen<br />

noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Dies vor allem weil dafür kaum Leistungsanreize<br />

bestehen und sich die Risikoselektion finanziell mehr lohnt (Schweizer Versicherung, 2008,<br />

S. 12). Eine umfassende Befragung aller Sozialversicherungen in Bezug auf ihre Anwendung<br />

des Case Managements und der in diesem Bereich beschäftigten Personen besteht nicht.<br />

Nicht alle Versicherungen, die ein Case Management anbieten, führen dieses auch selber<br />

durch. Nebst Versicherungen, die ein internes Case Management anbieten, gibt es auch solche,<br />

die diese Dienstleistung durch externe AnbieterInnen erbringen lassen.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 34


2 Methode<br />

Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

In diesem Kapitel werden die methodischen Grundlagen und Überlegungen dieser Forschungsarbeit<br />

aufgezeigt. Im ersten Unterkapitel wird die Eingrenzung des Befragungskreises<br />

dargelegt. Die methodischen Aspekte der Untersuchung werden für den quantitativen<br />

Teil im Unterkapitel 2.2 ausgeführt. Das Unterkapitel 2.3 widmet sich dem methodischen<br />

Vorgehen für die qualitative Erhebung.<br />

Zur Beantwortung der zentralen Fragenstellungen konzentrierten sich die Erhebungen dieser<br />

Arbeit auf Sozialversicherungen in der deutschsprachigen Schweiz, die selber ein Case Management<br />

anbieten. Das Untersuchungsfeld wurde in drei Arbeitsschritten erhoben. Um das<br />

Feld des Case Managements in Versicherungen zu erfassen sowie um die Stichprobe für die<br />

Interviews mit den Expertinnen und Experten ziehen zu können, wurde eine quantitative Erhebung<br />

vorgenommen (Arbeitsschritt I und II). Anschliessend erfolgte die qualitative Erhebung<br />

anhand der Expertinnen- und Experteninterviews (Arbeitsschritt III). Die einzelnen Arbeitsschritte<br />

der Untersuchung werden in der nachfolgenden Abbildung graphisch dargestellt.<br />

Abbildung 8: Arbeitsschritt I, II und III der Erhebungen<br />

Arbeitsschritt I Arbeitsschritt II Arbeitsschritt III<br />

Erste Befragung<br />

Form: E-Mail<br />

Methode: Quantitativ<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Zweite Befragung<br />

Form: E-Mail<br />

Methode: Quantitativ<br />

Dritte Befragung<br />

Form: Interview<br />

Methode: Qualitativ<br />

2.1 Eingrenzungen des Befragungskreises<br />

Case Management kann sowohl durch eine Versicherung selber (intern), als auch durch eine<br />

beauftragte eigenständige Organisation (extern) praktiziert werden. Die eigenständigen Case<br />

Management Anbietenden, wie zum Beispiel Movis, Kiebitz und Rehafirst, bieten ihre Dienstleistungen<br />

nicht nur für Sozialversicherungen an und werden daher nicht <strong>zur</strong> Beantwortung<br />

der Fragestellung mit einbezogen.<br />

In der Schweiz entstanden im Laufe des letzten Jahrhunderts je nach Risiko, das abgedeckt<br />

werden sollte, verschiedene Sozialversicherungen. Es sind die Alters- und Hinterlassenversicherung<br />

(AHV), die Invalidenversicherung (IV), die Ergänzungsleistung (EL), die Berufliche<br />

Vorsorge (BV), die Krankenversicherung (KV), die Unfallversicherung (UV), die Arbeitslosenversicherung<br />

(ALV), die Erwerbsersatzordnung (EO), die Militärversicherung, die Familienzulagen<br />

in der Landwirtschaft sowie die kantonalen Familienzulagen (vgl. Gertrud Bollier,<br />

2005).<br />

Case Management ist auf die organisierte Unterstützung von Individuen mit multiplen Problemen<br />

ausgerichtet (vgl. Wendt 1995). Versicherungen mit einem vorwiegend existenzsichernden<br />

Charakter wurden von der Untersuchung ausgeschlossen, da sie aufgrund ihres<br />

Wirkungskreises die Voraussetzungen für ein Case Management nicht erfüllen und somit für<br />

die Fragestellung nicht relevant sind. Darunter fallen die kantonalen Familienzulagen, die EL<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 35


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

<strong>zur</strong> AHV und IV, die AHV, die EO und die ALV 8 . Im Bereich der beruflichen Alters-, Hinterlassenen-<br />

und Invalidenvorsorge (BVG) waren bei der letzten statistischen Erhebung des Bundesamts<br />

für Sozialversicherung 2’543 Vorsorgeeinrichtungen registriert (Pensionskassenstatistik,<br />

2007, S. 9). Gemäss Reto Herger (2007) bietet in der beruflichen Vorsorge nach BVG<br />

keine Versicherung ein internes Case Management an. Es gibt jedoch Versicherungen, die in<br />

einzelnen Vorsorgeeinrichtungen externe Case Management Anbietende hinzuziehen (S.<br />

41). Da sich diese Forschungsarbeit auf das Case Management in Sozialversicherungen mit<br />

einem internen Case Management konzentriert, wurde auf die Erhebung der Beruflichen<br />

Vorsorge nach BVG verzichtet.<br />

Aufgrund der beschriebenen Einschränkungen grenzt sich der Befragungskreis auf folgende<br />

Sozialversicherungen ein: die soziale Krankenversicherung nach KVG, die Unfallversicherung<br />

nach UVG, die eidgenössische Invalidenversicherung nach IVG und die Militärversicherung<br />

nach MVG.<br />

Die Eingrenzung des Befragungskreises auf die Deutschschweiz wurde einerseits aus<br />

sprachlichen Gründen und andererseits aus zeitlichen Ressourcen vorgenommen.<br />

2.2 Quantitative Erhebung<br />

Die erste quantitative Erhebung (vgl. Abbildung 8, Arbeitsschritt I) wurde mittels einer E-Mail<br />

Befragung durchgeführt. Dafür wurden sämtliche in der Deutschschweiz tätigen Kranken-<br />

und Unfallversicherungen, IV-Stellen sowie die Militärversicherung angeschrieben. Die Befragung<br />

der Krankenversicherungen basiert auf dem Verzeichnis der zugelassenen Krankenversicherer<br />

des Bundesamtes für Gesundheit (Stand 01. April 2009), welches 70 Krankenversicherungen<br />

umfasst, die in der Deutschschweiz tätig sind. Die Erhebung der Unfallversicherungen<br />

stützt sich auf die Liste der Unfallversicherer des Bundesamts für Gesundheit<br />

(Stand 01. April 2009). Diese Auflistung umfasst 29 Unfallversicherungen in der<br />

Deutschschweiz. Bei der eidgenössischen Invalidenversicherung handelt es sich um eine<br />

Sozialversicherung, die durch kantonale IV-Stellen vollzogen wird (vgl. Bollier, 2005, S. 175-<br />

176). Die Erhebung der eidgenössischen Invalidenversicherung erfolgte daher über die 20<br />

Deutschschweizer IV-Stellen. Die Adressen der IV-Stellen (2009) wurde anhand der Internetseite<br />

www.ahv-iv.info ermittelt. Die Koordinate der Militärversicherung wurde für die quantitative<br />

Erhebung von deren Homepage (www.suva.ch/militaerversicherung) entnommen.<br />

Insgesamt beinhaltete die erste Befragung 120 Versicherungen.<br />

Verschiedene Krankenversicherungen sind in einer Holding-Struktur organisiert und betreiben<br />

in dieser Form mehrere Krankenversicherungen als Tochtergesellschaften. Dazu gehören<br />

die Groupe Mutuel, die Helsana und die CSS Versicherung. Diese Versicherungen verfügen<br />

über ein Case Management für alle angegliederten Krankenversicherungen und unterhalten<br />

jeweils eine zentrale E-Mail Adresse für Anfragen. Bei diesen drei Krankenversicherungen<br />

wurde daher eine einzige E-Mail Anfrage für die gesamte Holding lanciert.<br />

Die Analyse der zugelassenen Versicherungen brachte zu Tage, dass die Concordia, CSS<br />

Versicherung, Groupe Mutuel, Helsana, ÖKK, Swica, Sympany und Visana sowohl im Kranken-<br />

als auch im Unfallversicherungsbereich tätig sind. Bei diesen Versicherungen bezog<br />

sich die Anfrage sowohl auf den Kranken- wie den Unfallversicherungsbereich. Dieses Vorgehen<br />

musste aufgrund der zentralen E-Mail Adresse gewählt werden und ausserdem wurden<br />

dadurch Doppelbefragungen vermieden.<br />

Da unklar war, ob die jeweiligen Versicherungen ein Case Management anbieten und die<br />

zuständige Person für das Case Management nicht bekannt war, erfolgte die erste Befragung<br />

(vgl. Abbildung 8, Arbeitsschritt I) an die zentrale E-Mail Adresse der Versicherung. Die<br />

8 Die Arbeitslosenversicherung nimmt jedoch im Rahmen der Interinstitutionellen Zusammenarbeit (IIZ) an einem<br />

übergreifenden Case Management teil (vgl. www.iiz.ch).<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 36


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

erste Befragung enthielt lediglich zwei Fragen. Dies aufgrund des Umstands, dass zwei Fragen<br />

schnell beantwortet werden können und dadurch ein möglichst hoher Rücklauf erhofft<br />

wurde. Nach einer kurzen Vorstellung und Darlegung der Beweggründe der Anschrift wurden<br />

folgende zwei Fragen gestellt (vgl. Anhang A):<br />

• Bietet Ihre Versicherung ein Case Management an?<br />

• Wer ist in Ihrer Versicherung für die Anstellung der Case ManagerInnen zuständig?<br />

Wir bitten Sie um Nennung des Namens und der E-Mail Adresse.<br />

Das Ziel dieser Befragung war die Ermittlung des Anteils der Sozialversicherungen, welche<br />

nach der Methode des Case Managements arbeiten. Des Weiteren konnte die Kontaktadresse<br />

der zuständigen Person für das Case Management in der Versicherung für die zweite<br />

Anfrage erfasst werden.<br />

Die zweite E-Mail Befragung (vgl. Abbildung 8, Arbeitsschritt II) konnte nun direkt an die zuständige<br />

Person erfolgen. Diese Erhebung beinhaltete nach einem einleitenden Text folgende<br />

Fragen (vgl. Anhang B):<br />

• Wie viele Case ManagerInnen arbeiten bei Ihrer Versicherung?<br />

• Wie viele SozialarbeiterInnen arbeiten im Case Management?<br />

• Würden Sie sich für ein Interview <strong>zur</strong> Verfügung stellen?<br />

Mit den ersten beiden Fragen konnte im Case Management der Deutschschweizer Sozialversicherungen<br />

das Verhältnis von SozialarbeiterInnen zu Case ManagerInnen ohne sozialarbeiterischen<br />

Hintergrund ermittelt werden. Die dritte Frage diente als Grundlage für die<br />

Stichprobenziehung der Expertinnen- und Experteninterviews.<br />

2.3 Stichprobe<br />

Weder in der Literatur noch im Internet gab es eine Auflistung, welche Deutschschweizer<br />

Sozialversicherungen ein Case Management anbieten. Weiter war unklar, welche Verantwortlichen<br />

des Case Managements in den verschiedenen Sozialversicherungen sich für ein<br />

Expertinnen- oder Experteninterview <strong>zur</strong> Verfügung stellen. Daher wurde für die Stichprobe<br />

der qualitativen Erhebung die deduktive Stichprobenziehung beigezogen, die im nächsten<br />

Abschnitt erklärt wird (vgl. Marius Metzger, 2009, S. 1).<br />

Im Arbeitsschritt I (vgl. Abbildung 8) wurden insgesamt 120 Sozialversicherungsstellen angeschrieben,<br />

wovon 64 antworteten, dass bei ihrer Versicherung ein Case Management angeboten<br />

wird (vgl. Kapitel 3.1). Alle verantwortlichen Personen für das Case Management in<br />

den angeschriebenen Sozialversicherungen wurden gefragt, ob sie sich für ein Interview <strong>zur</strong><br />

Verfügung stellen würden. 15 der 64 Versicherungen wurden für die Bestimmung der Stichprobe<br />

nicht berücksichtigt, da sie lediglich über ein externes Case Management verfügen<br />

(vgl. Kapitel. 3.1).<br />

Unter der Grundgesamtheit (N) werden somit alle Personen als VertreterInnen ihrer Versicherung<br />

verstanden, welche sich bei der zweiten E-Mail Anfrage (vgl. Abbildung 8, Arbeitsschritt<br />

II) zu einem Interview bereit erklärt haben. Dies waren insgesamt 24 von 49 Personen<br />

(vgl. Kapitel 3.1). Nach Arbeitsschritt II (vgl. Abbildung 8) konnte die Stichprobe (n) für die<br />

Expertinnen- und Experteninterviews gezogen werden. (vgl. Metzger, 2009, S. 1)<br />

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Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Tabelle 7: Grundgesamtheit (N) für die Ziehung der Stichprobe<br />

Teamgrösse<br />

Total Institutionen<br />

mit Case<br />

ManagerInnen<br />

davon mit SozialarbeiterInnen<br />

davon ohne SozialarbeiterInnen<br />

1-7 Case ManagerInnen 11 4 7<br />

8-18 Case ManagerInnen 6 2 4<br />

> 18 Case ManagerInnen 7 3 4<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Für die quantitative Erhebung waren 12 Expertinnen- oder Experteninterviews vorgesehen<br />

und zwei Hauptkriterien wurden für die Stichprobe festgelegt. Ein Kriterium war, ob im Case<br />

Management einer Sozialversicherung SozialarbeiterInnen beschäftigt werden. Die Erhebung<br />

sollte dem gesamten Forschungsfeld möglichst gerecht werden, daher wurde die<br />

Teamgrösse als ein weiteres Kriterium für die Stichprobe definiert. Zur Repräsentativität in<br />

der qualitativen Sozialforschung fügt Siegfried Lamnek (2005) dazu an, „dass die Stichprobe<br />

die Struktur der Grundgesamtheit hinsichtlich bestimmter, als wesentlich angesehener<br />

Merkmale möglichst getreu widerspiegelt“ (S. 182). Bei der Festlegung der verschiedenen<br />

Teamgrössen musste darauf geachtet werden, dass beim Kriterium Case Management mit<br />

SozialarbeiterInnen und beim Kriterium Case Management ohne SozialarbeiterInnen jeweils<br />

mindestens zwei Sozialversicherungen vertreten waren. Daher erfolgte die Einteilung der<br />

Teamgrösse in 1-7 Case ManagerInnen, 8-18 Case ManagerInnen und Teams mit mehr als<br />

18 Case ManagerInnen. Schliesslich wurden aus den sechs Feldern je zwei Sozialversicherungen<br />

zufällig ausgewählt. Daraus resultierten die 12 Personen für die Expertinnen- und<br />

Experteninterviews (vgl. Tabelle 8).<br />

2.4 Qualitative Erhebung<br />

Mit der qualitativen Erhebung soll eine inhaltliche Repräsentation der 12 Expertinnen- und<br />

Experteninterviews hergestellt werden. Nach Horst Otto Mayer (2004) steht beim Expertinnen-<br />

oder Experteninterview nicht die interviewte Person im Vordergrund, sondern die Funktion<br />

als Expertin oder Experte für bestimmte Handlungsfelder. Eine zentrale Aufgabe der Interviewenden<br />

ist es, die Befragung möglichst auf das interessierende Expertenwissen zu begrenzen<br />

(S. 37). Um die Vergleichbarkeit der Antworten zu erhöhen wurde als methodisches<br />

Vorgehen das Leitfadeninterview gewählt.<br />

Mayer (2004) erwähnt, dass in der qualitativen Forschung verbale Daten mittels Erzählung<br />

oder Leitfadeninterviews gewonnen werden können. Wenn konkrete Aussagen zu einem bestimmten<br />

Gegenstand bzw. Thema das Ziel der Befragung sind, dann ist das Leitfadeninterview<br />

der ökonomischere Weg als die freie Erzählung. Des Weiteren hat das Leitfadeninterview<br />

den Vorteil, dass es einerseits den Befragten die Möglichkeit bietet, anhand von offen<br />

formulierten Fragen frei zu antworten. Andererseits können die Antworten aufgrund der<br />

Struktur des Leitfadens miteinander verglichen werden. Zudem dient der Leitfaden einem<br />

Raster, das sicherstellt, dass alle wesentlichen Aspekte erhoben werden (S. 36).<br />

Der Fragebogen für das Leitfadeninterview wurde nach den Erläuterungen von Mayer (2004)<br />

entwickelt. Diese Vorgaben beinhalten die Sensibilisierung des Kontextes, die Beachtung<br />

von Problemstellungen und die Bildung von Themenkomplexen und Nachfragethemen (S.<br />

42). Nach Winfried Marotzki (2003) muss im Leitfaden für das Interview sichergestellt werden,<br />

dass die bestimmten Themenbereiche erfragt werden. Anderseits soll der Interviewleitfaden<br />

so offen formuliert sein, dass das narrative Potential der befragten Person zum Tragen<br />

kommen kann. Der Leitfaden sollte aus diesem Grund nicht allzu umfangreich sein (S. 114).<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 38


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neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Für die Interviews wurden auf dieser Grundlage fünf Hauptfragen mit ergänzenden Unterfragen<br />

und einer Abschlussfrage formuliert (vgl. Anhang C). Mit der ersten Frage sollte das<br />

Verständnis zum Case Management der Expertinnen und Experten ergründet werden. Die<br />

zweite Frage diente dem Hintergrund, weshalb die befragte Sozialversicherung das Case<br />

Management eingeführt hat. Mittels der dritten Frage wurde untersucht, welche Kompetenzen<br />

für Case ManagerInnen in der entsprechenden Sozialversicherung notwendig sind, damit<br />

sie erfolgreich arbeiten können. Die vierte Frage zielte auf die Begründung, weshalb SozialarbeiterInnen<br />

angestellt werden bzw. weshalb keine SozialarbeiterInnen angestellt werden.<br />

Die Meinung der InterviewpartnerInnen bezüglich der Qualifikationen der Case ManagerInnen<br />

auf den Fallverlauf wurde mittels der letzten Hauptfrage ergründet.<br />

Nach der Ausarbeitung des Leitfadens wurde ein Pretest mit einer fachkundigen Person aus<br />

der Branche gemacht und daraufhin wurden kleine Anpassungen an den Fragestellungen<br />

vorgenommen. Um den Aufwand für die InterviewpartnerInnen möglichst gering zu halten,<br />

fanden die Befragungen jeweils am Arbeitsplatz der Expertinnen oder Experten statt. Mittels<br />

eines analogen oder digitalen Aufnahmegerätes wurden die Interviews aufgenommen. Dieses<br />

Vorgehen ermöglichte eine exakte Verarbeitung für das sechsstufige Auswertungsverfahren<br />

nach Weindolf Mühlefeld (vgl. Mayer, 2004, S. 46).<br />

Als Vorbereitung für das sechsstufige Auswertungsverfahren nach Mühlefeld wurden die 12<br />

Expertinnen- und Experteninterviews paraphrasiert. Anschliessend erfolgte die erste Stufe<br />

der Auswertung, die das Markieren der Antworten beinhaltete, die sich auf den Leitfaden beziehen<br />

liessen. Im nächsten Schritt wurde ein Kategorienschema erstellt und die Antworten<br />

in dieses eingeordnet. Der dritte Arbeitsschritt beinhaltete das Bilden einer inneren Logik der<br />

Aussagen, wobei auf Zusammenhänge und Widersprüche geachtet wurde. Als vierter Schritt<br />

wurde ein Text <strong>zur</strong> inneren Logik verfasst. Im fünften Arbeitsschritt wurde der Text mit Zitaten<br />

aus den Interviews gestützt. Als sechster und letzter Schritt wurde ein Bericht erstellt,<br />

welcher mit dem Kapitel 4.3 vergleichbar ist. (vgl. Mayer, 2004, S. 47-49)<br />

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3 Ergebnisse<br />

In diesem Kapitel werden die zentralen Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Erhebung<br />

dargestellt. Die Daten des ersten Unterkapitels wurden in Arbeitsschritt I und II erhoben.<br />

Im zweiten Unterkapitel sind die 12 Expertinnen- und Experteninterview präsentiert. Die<br />

Interviews entsprechen dem Arbeitsschritt III (vgl. Abbildung 8).<br />

3.1 Quantitative Erhebung<br />

Im Rahmen der quantitativen Erhebung wurden insgesamt 120 Versicherungen angefragt.<br />

Die vorliegende Darstellung der Ergebnisse dieser Befragung erfolgt weitgehend anonymisiert.<br />

Als Ausnahme gilt die Militärversicherung, da sie nur von einer Stelle vollzogen wird<br />

und somit nur bedingt anonymisiert werden kann. Die nachfolgende Grafik gibt Auskunft über<br />

die Anzahl und prozentuale Verteilung der befragten Versicherungen nach Versicherungsbereich.<br />

Abbildung 9: Übersicht der befragten Versicherungen<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Die grösste Gruppe der Befragten bildeten die Krankenkassen, gefolgt von den Unfallversicherungen<br />

und den kantonalen IV-Stellen. Eine Sonderstellung bildet dabei die Militärversicherung,<br />

die nicht wie die anderen befragten Sozialversicherungen durch verschiedene Träger<br />

durchgeführt wird, sondern als eigenständige Versicherung bei der Suva angegliedert ist.<br />

Es bestand eine erfreulich hohe Rücklaufquote von insgesamt 60% (72 von 120). Dabei ist<br />

anzumerken, dass ein Grossteil der 94 zugelassenen Krankenversicherungen (BAG, Stand<br />

01. April 2009) einen sehr kleinen Versichertenbestand aufweist und daher für Forschungsanfragen<br />

tendenziell weniger bereit ist. Bei Krankenversicherungen, die mehrere Tochtergesellschaften<br />

aufweisen, antwortete jeweils nur der Hauptsitz, was sich entsprechend auf den<br />

Rücklauf auswirkte.<br />

Gewisse Versicherungsgesellschaften operieren sowohl im Kranken- wie auch im Unfallversicherungsgeschäft<br />

(wie z.B. Helsana, Visana, SWICA, Group Mutuel, etc.). Dies schlug sich<br />

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ebenfalls im Rücklauf nieder. Die Versicherungen, die bereits aufgrund ihrer Tätigkeit als Unfallversicherung<br />

Angaben zu ihrem Case Management gemacht hatten, gaben teilweise keine<br />

expliziten Rückmeldungen zu ihrem Case Management in der Krankenversicherung. Der<br />

Rücklauf betrug bei den IV-Stellen 85%, bei den Unfallversicherung 69% und bei den<br />

Krankenversicherungen 49%.<br />

Die Antworten zeigen auf, dass das Case Management bei den Sozialversicherungen weit<br />

verbreitet ist. Insgesamt 89% (64 von 72) der Befragten gaben an, über ein Case Management<br />

zu verfügen. Die Verteilung auf die einzelnen Versicherungszweige kann der nachfolgenden<br />

Grafik entnommen werden.<br />

Abbildung 10: Anteil an Versicherungen mit Case Management nach Typ der<br />

Sozialversicherung<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Es ist anzumerken, dass nicht alle Versicherungen ein eigenes Case Management führen.<br />

Rund jede fünfte Unfallversicherung (22%) sowie zirka jede dritte Krankenversicherung<br />

(34%) setzt beim Case Management auf externe Partnerorganisation. Bei der IV und der Militärversicherung<br />

findet ausschliesslich ein internes Case Management statt.<br />

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Insgesamt werden bei den 72 an der Erhebung teilnehmenden Sozialversicherungen 626<br />

Case ManagerInnen beschäftigt. Dies entspricht über alle Versicherungstypen hinweg rund<br />

8.7 Case ManagerInnen pro Versicherung. Je nach Sozialversicherungszweig sind auch hier<br />

markante Unterschiede erkennbar, wie dies die nachfolgende Grafik zeigt.<br />

Abbildung 11: Durchschnittliche Anzahl interne Case ManagerInnen pro Sozialversicherung<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Zur Berechnung des Anteils der SozialarbeiterInnen im Verhältnis zu den gesamthaft beschäftigten<br />

Case ManagerInnen, wurden lediglich die Daten der Sozialversicherungen verwendet,<br />

die intern ein Case Management durchführen. Es ist davon auszugehen, dass auch<br />

bei den externen Case Management Stellen SozialarbeiterInnen beschäftigt sind und somit<br />

effektiv mehr SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen für eine Sozialversicherung tätig<br />

sind, als hier dargestellt.<br />

Von 626 beschäftigten Case ManagerInnen sind 36 ausgebildete SozialarbeiterInnen, dies<br />

entspricht einem Anteil von 5.8%. Dabei unterscheidet sich der Anteil SozialarbeiterInnen in<br />

den Case Management Teams je nach Versicherungszweig sehr stark, wie die nachfolgende<br />

Abbildung illustriert.<br />

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Abbildung 12: Anteil SozialarbeiterInnen in Case Management Teams bei<br />

Sozialversicherungen mit einem internen Case Management<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Bei der Militärversicherung hat von den 10 Case ManagerInnen niemand einen sozialarbeiterischen<br />

Hintergrund. Bei den anderen Sozialversicherungen schwankt der Anteil der SozialarbeiterInnen<br />

je nach Versicherung stark. Der Anteil an SozialarbeiterInnen bei den IV-<br />

Stellen, Unfall- und Krankenversicherungen beträgt:<br />

IV-Stellen<br />

Bei vier der 12 IV-Stellen arbeiten fünf SozialarbeiterInnen von insgesamt 142 Case<br />

ManagerInnen. Der Anteil SozialarbeiterInnen im Case Management liegt bei diesen<br />

Organisationen zwischen 3% (1 von 31) und 25% (2 von 8). Bei den restlichen acht IV-<br />

Stellen sind keine SozialarbeiterInnen tätig.<br />

Unfallversicherungen<br />

In den 14 befragten Unfallversicherungen werden 19 SozialarbeiterInnen von total 331 Case<br />

ManagerInnen beschäftigt. Bei sechs Institutionen beträgt der Anteil SozialarbeiterInnen<br />

innerhalb der Case Management Teams zwischen 3% (2 von 62) und 43% (3 von 7).<br />

Krankenversicherungen<br />

Bei acht Krankenversicherungen sind in zwei Versicherungen 12 SozialarbeiterInnen von<br />

insgesamt 143 Case ManagerInnen tätig. Der Anteil SozialarbeiterInnen bei diesen Case<br />

Management Teams beläuft sich in einem Fall auf 3% (2 von 62) und im anderen auf 42%<br />

(10 von 24).<br />

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Gesamthaft kann festgehalten werden, dass bei den Sozialversicherungen der Anteil Case<br />

ManagerInnen mit einem sozialarbeiterischen Hintergrund stark schwankt (zwischen 3% und<br />

43%). Zwei Drittel der Institutionen im Sozialversicherungsbereich mit einem Case Management<br />

beschäftigen innerhalb dieser Teams keine SozialarbeiterInnen.<br />

Wie die nachfolgende Darstellung aufzeigt, sind bei einer Grosszahl von Versicherungen (23<br />

von 35, oder 66%) keine SozialarbeiterInnen im Case Management tätig.<br />

Abbildung 13: Anteil Institutionen, die selber ein Case Management anbieten<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

In internen Case Management Abteilungen werden im Durchschnitt 17.9 Case ManagerInnen<br />

beschäftigt (Median liegt bei 18.4). Es besteht in diesem Bereich eine Standardabweichung<br />

(Streuung) von 23.1. Pro Sozialversicherung, die ein Case Management anbieten,<br />

sind im Durchschnitt 1.0 SozialarbeiterInnen angestellt (Median liegt bei 1.5). Die Standardabweichung<br />

beträgt in diesem Gebiet 2.4.<br />

Anhand des Bravais-Pearson-Korrelationskoeffizienten (vgl. Mayer, 2004, S. 118 ff.) wurde<br />

geprüft, ob zwischen der Gesamtzahl der Case ManagerInnen und dem Anteil SozialarbeiterInnen<br />

ein Zusammenhang besteht (z.B. je mehr Case ManagerInnen angestellt sind, desto<br />

mehr SozialarbeiterInnen werden beschäftigt). Gemäss dem ermittelten Korrelationskoeffizienten<br />

(r) von 0.13 ist kein nennenswerter Zusammenhang zwischen der Anzahl Case ManagerInnen<br />

und der Anzahl SozialarbeiterInnen ersichtlich. Folglich hängt es nicht von der<br />

Teamgrösse ab, ob SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen bei den Deutschschweizer<br />

Sozialversicherungen tätig sind.<br />

3.2 Qualitative Erhebung<br />

Es wurden insgesamt 12 Interviews durchgeführt. Durch die offene Form der Befragung wiesen<br />

die Interviews grosse Unterschiede in der Dauer des Gesprächs auf. Die Interviews<br />

dauerten zwischen 35 und 75 Minuten. Die Satzstellungen in den nachfolgenden Interviewausschnitten<br />

wurden zugunsten der Lesefreundlichkeit angepasst. Dies jedoch ohne den<br />

Sinn der Aussage zu verändern. Die Nennung der Geschlechter entspricht den Originalversionen<br />

und wurde nicht verändert. Sämtliche Daten wurden anonymisiert.<br />

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Nachfolgend werden die wichtigsten Ergebnisse aus den Expertinnen- und Experteninterviews<br />

wiedergegeben. Die Ausschnitte sollen den Kern der jeweiligen Aussagen möglichst<br />

treffend wiedergeben, damit Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Antworten<br />

erkennbar werden. Die nachstehende Tabelle 8 verortet die interviewten Personen einerseits<br />

nach Grösse der Case Management Teams und anderseits nach dem Kriterium, ob in den<br />

entsprechenden Teams SozialarbeiterInnen eingesetzt werden. Die Bezeichnungen A1 bis<br />

F2 stehen stellvertretend für die jeweiligen Expertinnen oder Experten. Der Buchstabe in der<br />

Klammer gibt an, ob es sich um eine Interviewpartnerin (w) oder um einen Interviewpartner<br />

(m) handelt.<br />

Tabelle 8: Expertinnen und Experten von Deutschschweizer Sozialversicherungen<br />

Teamgrösse Mit SozialarbeiterInnen Ohne SozialarbeiterInnen<br />

1-7 Case ManagerInnen A1 (w) / A2 (w) B1 (w) / B2 (m)<br />

8-18 Case ManagerInnen C1 (m) / C2 (w) D1 (m) / D2 (m)<br />

> 18 Case ManagerInnen E1 (m) / E2 (m) F1 (m) / F2 (w)<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

3.2.1 Verständnis von Case Management<br />

Die Befragten weisen ein unterschiedliches Verständnis in Bezug auf das Case Management<br />

und dessen Inhalt auf. Eine Zuordnung anhand des erfragten Case Managements Verständnisses<br />

kann nicht eindeutig in die Kategorien system- und consumer-driven (vgl. Kapitel<br />

1.2.3) gemacht werden. Ein reiner system- bzw. consumer-driven Ansatz ist in der Praxis der<br />

Deutschschweizer Sozialversicherungen eher unwahrscheinlich. Um Aussagen zu dieser<br />

Einteilung machen zu können, mussten die jeweiligen Aussagen des gesamten Interviews<br />

beigezogen werden. Es zeigte sich, dass SozialarbeiterInnen in beiden Case Management<br />

Formen tätig sind. Eine gewisse Tendenz zu system-driven ist ersichtlich, wobei der Übergang<br />

zu consumer-driven fliessend erfolgt. Gesamthaft betrachtet kann eine gewisse Tendenz<br />

zu einem erhöhten Anteil an SozialarbeiterInnen bei consumer-driven orientierten Sozialversicherungen<br />

beobachtet werden.<br />

Dem Verständnis von Case Management der verantwortlichen Personen in einer Sozialversicherung<br />

kommt eine bedeutende Rolle zu. Daher werden nachfolgend die zentralen Aussagen<br />

der interviewten Expertinnen und Experten in Bezug auf ihr Verständnis von Case<br />

Management ausgeführt.<br />

A1: „Case Management bedeutet für uns (...) die einheitliche Fallsteuerung nach einem betriebsintern<br />

strukturiertem Prozess.“<br />

A2: „Unter Case Management verstehen wir die Begleitung und Führung von mehreren<br />

Personen in komplexen Fallsituationen wie beispielsweise Arbeitgeber, Arbeitnehmer,<br />

Familie, Versicherungen, Ärztinnen und Ärzte. Wir sehen uns als (...) neutrale Stelle,<br />

die weder für Arbeitnehmer noch für Arbeitgeber die Partei ergreift (...) und wir verstehen<br />

uns auch als Koordinatoren, die einen Fall steuern.“<br />

B1: „Wir arbeiten nach einer internen Betreuungsmethode mit klar festgelegten Prozessschritten<br />

der Fallsteuerung (...).“<br />

B2: „Wir halten uns an die Definition des Netzwerkes Case Management Schweiz: Die<br />

ganze Vernetzung, Koordination, Kooperation und Steuerung von komplexen Situationen<br />

auf die Bedarfssituationen von Betroffenen. Es ist ein Verfahren <strong>zur</strong> Fallsteuerung<br />

(...).“<br />

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C1: „Das Case Management ist für uns die Fallsteuerung mit dem Vorgehen nach einem<br />

intern vorgegebenen Ablauf (...).“<br />

C2: „(...) grundsätzlich ist dies (das Case Management, die Verf.) die Fallsteuerung und<br />

Leitung.“<br />

D1: „Fallführung. (...) den Mensch nicht als Dossier behandeln, sondern als Individuum.<br />

(…) es braucht Zeit, um die Rolle als Case Manager wahrzunehmen.“<br />

D2: „Case Management ist eine sehr starke Koordinationsaufgabe, welche wir all unseren<br />

Versicherten anbieten. Der Case Manager ist die Bezugsperson für eine arbeitsunfähige<br />

Person und Ansprechpartner für den Arbeitgeber. (...) wir versuchen zwischen diesen<br />

beiden Playern zu vermitteln und alle wichtigen Personen, welche bei einer längeren<br />

Arbeitsunfähigkeit involviert sind, mit einzubeziehen.“<br />

E1: „Wir betreiben ein Case Management, weil der Mensch im Zentrum steht. Wir wollen<br />

unsere Kunden beraten und begleiten. Wir wollen nahe sein und Lösungen mit ihnen<br />

erarbeiten, so dass sie schneller wieder arbeitsfähig werden. Rein fachlich gesehen ist<br />

es derselbe Ablauf, den man im Case Management kennt, mit Intake, (...).“<br />

E2: „Da gibt es die Definitionen der Lehre, welche die vier Funktionen Gatekeeper, Anwalt,<br />

Broker und Begleiter beinhaltet. Wir verstehen jedoch etwas anderes unter Case Management.<br />

Wir haben eine gewisse Menge an Ressourcen und bei uns steht die Eingliederung<br />

der Versicherten in den Arbeitsmarkt sehr stark im Vordergrund. (...) bei uns<br />

ist es vorwiegend der Aspekt, dass mehr Zeit für den Einzelfall aufgewendet wird.“<br />

F1: „Unsere Versicherung versteht unter Case Management die Koordination aller Beteiligten<br />

eines Falles. Wir versuchen alle Player an einen Tisch zu bringen. (...) für mich ist<br />

Case Management eine zielgerichtete Arbeitsweise unter Einbezug aller Beteiligten.“<br />

F2: „Unter Case Management verstehen wir eine umfassende Betreuung von Klienten. Wir<br />

haben Kunden, dies sind Betriebe, welche bei uns versichert sind und diese Betriebe<br />

haben wiederum Mitarbeiter, welche unsere Klienten sind und verunfallen können. Wir<br />

betreuen dann diese Menschen. Uns geht es darum, dass wir beiden, Arbeitnehmern<br />

und Arbeitgebern, eine gute Dienstleistung liefern können.“<br />

Zentrale und mehrmals erwähnte Aussagen sind Fallsteuerung, Fallführung, Betreuung, Beratung<br />

und Begleitung sowie mehr Zeit für den Einzelfall durch ein Case Management aufzuwenden.<br />

Die Koordination aller beteiligten Personen sowie die schnellere Wiedereingliederung<br />

der versicherten Personen in den Arbeitsmarkt verstehen einige interviewte Personen<br />

als wesentliches Merkmal des Case Managements.<br />

Bei den Antworten auf die Frage nach dem Erfolg des Case Managements fällt auf, dass der<br />

angelsächsische Begriff Win-win von rund der Hälfte der Interviewten genannt wurde. Als<br />

Win-win-Situation wird in diesem Kontext mehrheitlich ein Mehrwert für alle Beteiligten, wie<br />

beispielsweise ArbeitnehmerIn, ArbeitgeberIn und Versicherung verstanden.<br />

C2: „(...) angestrebt wird eine Win-win-Situation als Ergebnis für alle (...) unter Einbezug<br />

der Aspekte <strong>zur</strong> Zielorientierung, dies mit allen beteiligten Personen (...).“<br />

E1: „(...) und ist eine Win-win-Situation. Die Versicherung ist zufrieden, dass sie weniger<br />

Taggeld bezahlen musste, weil der Versicherte schneller wieder arbeitet. Der Versicherte<br />

ist glücklich, weil man ihm einen guten Behandlungspfad empfehlen und aufzeigen<br />

konnte und weil er wieder arbeiten kann. Der dritte wichtige Player für uns ist der<br />

Betrieb, der bei uns versichert ist. Dieser ist natürlich auch zufrieden, wenn die Wiedereingliederung<br />

in die Arbeitsstelle schnell erfolgt.<br />

E2: „Man erhofft sich (...) eine Win-win-Situation vom Ganzen (…)<br />

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Das eine Win steht jeweils für die Versicherung und dabei ist der monetäre Erfolg einer Sozialversicherung<br />

ein wichtiger Faktor. Allerdings muss sich dieses Bestreben nicht notwendigerweise<br />

kontraproduktiv auf die Klientel auswirken.<br />

B2: „Erfolg bedeutet generell Integration bzw. Verhinderung von Arbeitsunfähigkeit. (...)<br />

wenn man es rein rechnerisch nimmt, ist dies der Hauptfaktor für den Erfolg. Es gibt<br />

natürlich noch andere Erfolgsfaktoren, wie beispielsweise die Zusammenarbeit mit den<br />

Klienten, den Arbeitnehmenden, und den Kunden, den Arbeitgebenden, welche die<br />

Dienstleistung schätzen und da kann man den Erfolg nicht in Franken messen. Dieser<br />

Aspekt spielt aber auch eine immer grössere Rolle.“<br />

C1: „(...) Case Management muss finanziellen Gewinn bringen und dies wird immer evaluiert.“<br />

D1: „(...) sobald Kosteneinsparungen garantiert werden können, beginnt ein Case Management.“<br />

D2: „Für uns ist das Case Management erfolgreich, wenn wir die versicherte Person in den<br />

Arbeitsprozess eingliedern konnten und dies möglichst schnell erfolgte, denn so sparen<br />

wir Versicherungsleistungen in Form von Taggeldern.“<br />

E2: „Unser Bestreben ist es (...) ganz klar, schnell zu reagieren. Denn je schneller man<br />

reagiert, desto grösser ist die Chance einer Eingliederung. Das Ziel ist, Leistungen zu<br />

sparen und nicht mehr Leistungen ausrichten zu müssen.“<br />

F1: „Das oberste Ziel unserer Arbeit ist, dass der Versicherte so schnell wie möglich wieder<br />

<strong>zur</strong>ück an die Arbeit gehen kann. Die Versicherung ist ein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen<br />

und es geht immer um Einsparungen von Geld. Dies ist unser Antrieb, jedoch<br />

im Endeffekt bringen wir unseren Kunden sehr viele Vorteile.“<br />

Ein Case Management ist auch dann erfolgreich, wenn sich die Klientin oder der Klient aus<br />

eigener Kraft, also ohne wesentliches Zutun der Case Managerin oder des Case Managers,<br />

in die Arbeit eingliedern konnte. Ein gelungenes Empowerment kann somit auch als Erfolg<br />

betrachtet werden.<br />

F2: „Erfolg ist für mich, wenn ich merke, dass ich einen Klienten unterstützen konnte auf<br />

dem Weg und er dies schlussendlich vorwiegend selber erreicht hat. Ich sehe mich als<br />

Begleiterin auf diesem Weg. Ich will und kann diesen Schritt aber nicht abnehmen und<br />

irgendwann steht die Person auch wieder alleine da. Der Klient ist dann auf einem guten<br />

Weg, wenn er vorwärts schaut und es auch vorwärts geht. (…) dies ist dann auch<br />

für mich schön. Erfolg ist auch, wenn sich der Klient im Leben wieder etablieren konnte.“<br />

Zudem nennen einige Expertinnen und Experten das Vorhandensein eines Case Managements<br />

als positiv für die Reputation der Versicherung. Das Case Management ist demnach<br />

auch imagefördernd und kann ein Werkzeug für die Kundenbindung darstellen.<br />

A1: „Das Case Management bewirkt eine Steigerung der Zufriedenheit der Kundinnen und<br />

Kunden (...).“<br />

B2: „Auf dem Markt ist das Case Management bei grossen Kunden im oberen Segment eine<br />

wichtige Kundenbindung.“<br />

C1: „Wir wollen nach aussen ein Zeichen setzen, wie Kosten eingespart werden können<br />

und dies auch werbetechnisch nutzen (...).“<br />

D2: „Viele Neukunden orientieren sich vor der Vertragsunterzeichnung über das Case Management<br />

und somit ist diese Dienstleistung unerlässlich. (...) und für uns ist es auch<br />

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der Aspekt, dass wir einer Unternehmung helfen können. Denn wenn wir gute Arbeit<br />

leisten, bleibt uns eine Firma als Kunde erhalten. Eine gute Dienstleistung bedeutet<br />

Kundenbindung.“<br />

E1: „Neben den normalen Versicherungsleistungen bieten wir viele Dienstleistungen an.<br />

Wir definieren uns eher über die Dienstleistungen, denn dort kann man sich noch von<br />

anderen Versicherungen abheben.“<br />

E2: „Ein weiterer Aspekt des Case Managements ist dessen Aussenwirkungsfunktion, also<br />

eine Werbefunktion auf dem Markt.“<br />

F2: „Das Case Management wurde aus (...) Imagegründen eingeführt.“<br />

3.2.2 Gründe <strong>zur</strong> Einführung des Case Managements<br />

Auf die Frage nach den Motiven für die Einführung des Case Managements wurde dessen<br />

Kostenwirksamkeit und die Chance <strong>zur</strong> Kostenlenkung durch die Sozialversicherung von<br />

mehr als der Hälfte der befragten Personen genannt.<br />

B1: „Der Grund für die Einführung war das Ziel der Kostenoptimierung und die Kundenbindung,<br />

insgesamt bedeutet das Case Management auch eine Professionalisierung unserer<br />

Dienstleistung (...).“<br />

B2: „Es waren die Kostenexplosionen Mitte der 90er Jahre. Es gab grosse Zunahmen bei<br />

den Heilungs- und Taggeldkosten. Globalisierung, wirtschaftliche Entwicklung und soziale<br />

Veränderungen in der Gesellschaft sind Faktoren, die eine Rolle spielten. Man<br />

hat bemerkt, dass die Fälle teurer wurden (…) und dass auf der medizinischen und<br />

rechtlichen Ebene das angestammte Verfahren nicht mehr ausreichte und wir sind<br />

dann auf das Verfahren des Case Managements gestossen“.<br />

F2: „Das Case Management wurde aus Kostengründen (...) eingeführt. Man hat bemerkt,<br />

dass wenige Fälle grosse Kosten verursachen und dass man in diesen Fällen handeln<br />

muss, da diese Menschen eine engere Betreuung benötigen. Uns ist auch aufgefallen:<br />

Wenn die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Playern (...) funktioniert, geht es<br />

schneller vorwärts, denn man erkennt die Problemlagen der Betroffenen früher und<br />

kann sie dadurch besser angemessen unterstützen.“<br />

Die zunehmende Komplexität der Versicherungsfälle wurde von einigen Expertinnen und<br />

Experten als weiterer Beweggrund für die Einführung des Case Managements genannt.<br />

A2: „(...) wegen schwierigen und komplexen Krankheits- und Unfallsituationen.“<br />

E2: „Wir haben festgestellt, dass die Mitarbeitenden immer mehr zu tun haben, obwohl die<br />

Fallzahlen nicht steigen. (...) Dass die Fälle immer mehr zu tun geben, ist eine Tatsache.<br />

Das System wird immer komplexer (...) und die Obrigkeitsgläubigkeit in der<br />

Schweiz ist verschwunden oder diese wird vermehrt angezweifelt. Es wird jeder Schritt<br />

hinterfragt und dies löst wiederum Rückfragen aus und verzögert den Prozess. Einfacher<br />

ausgedrückt: es ist komplizierter geworden.“<br />

Bei zwei Versicherungen wurde das Case Management nach entsprechenden Anfragen der<br />

Kundinnen und Kunden eingeführt. Das Case Management stösst seither zunehmend auf die<br />

Aufmerksamkeit von weiteren Kundinnen und Kunden der betreffenden Sozialversicherungen.<br />

A2: „Auf Nachfrage von Arbeitgebenden wurde bei unserer Versicherung das Case Management<br />

eingeführt.“<br />

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D2: „Ein Grosskunde, der über eine betriebsinterne Stelle für Gesundheitsförderung und -<br />

management verfügte, wünschte von unserer Seite ein Case Management. Einer unserer<br />

Mitarbeiter bekam die Aufgabe, ein solches System aufzubauen. Bald haben wir<br />

festgestellt, dass das Case Management eine sehr gute Methode ist. In den letzten<br />

Jahren ist der Bedarf stetig gewachsen und in den letzten drei Jahren hat unser Case<br />

Management einen regelrechten Boom erfahren.<br />

In einer anderen Versicherung wurde das Case Management als eine Erweiterung der<br />

Dienstleistung an den Kunden erkannt.<br />

E1: “Als reine Zahlstelle kann man sich von der Konkurrenz nicht abheben. Dadurch wurde<br />

diese Dienstleistung eingeführt, welche dem Kunden auch wirklich etwas bringt.“<br />

Gesamthaft kann festgehalten werden, dass die wesentlichen Gründe für die Einführung des<br />

Case Managements bei Versicherungen ökonomischer Natur sind: Kosten-, Image- und<br />

Konkurrenzdruck im Dienstleistungsangebot. Jedoch wird in allen untersuchten Sozialversicherungen<br />

Wert darauf gelegt, dass der Kundin oder dem Kunden ein Mehrwert durch diese<br />

Dienstleistung erwachsen soll. Ein Case Management ist für die Befragten dann ideal, wenn<br />

es ökonomischen Gewinn für die Versicherung bedeutet und zugleich für die Kundinnen und<br />

Kunden eine Steigerung der Betreuungsqualität hervorgeht. Das erwähnte Bild der Win-win-<br />

Situation ist in diesem Fall kohärent.<br />

3.2.3 Kompetenzen der Case ManagerInnen<br />

Die befragten Expertinnen und Experten nannten eine Vielzahl von Kompetenzen, über die<br />

eine Case Managerin oder ein Case Manager verfügen sollte, um diese Rolle optimal wahrzunehmen.<br />

Wiederholt wurde darauf hingewiesen, dass der Persönlichkeit der Case ManagerIn<br />

eine starke Gewichtung zukommt. Dafür wird eine gewisse Lebenserfahrung vorausgesetzt.<br />

Bei anderen Expertinnen und Experten wurde die Lebenserfahrung nicht explizit erwähnt,<br />

implizit wird diese jedoch auch verlangt.<br />

A1: „Vor allem Lebenserfahrung und Berufserfahrung brauchen unsere Mitarbeitenden.“<br />

A2: „Lebenserfahrung (...) und ein Alter über 30 Jahre setzen wir voraus.“<br />

F1: „(...) allgemein arbeiten bei uns spezielle Persönlichkeiten (...).“<br />

F2: „Die Case Manager sollten nicht zu jung sein. Denn diese Arbeit bedingt eine gewisse<br />

Lebenserfahrung, da man Kontakt mit Menschen aus verschiedenen Sparten hat (...).“<br />

Hinsichtlich der notwendigen Ausbildungen waren die Aussagen unterschiedlich. Nur eine<br />

Expertin nannte eine tertiäre Ausbildung als Voraussetzung.<br />

A1: „Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Case Management haben eine tertiäre Ausbildung<br />

wie beispielsweise in Sozialer Arbeit, Psychologie, Rechtswissenschaften oder<br />

in einem ähnlichen Fachbereich.“<br />

Einige Expertinnen und Experten wiederum erachten folgende Ausbildungen und Berufserfahrungen<br />

als erfolgsversprechend für die Arbeit als Case ManagerIn.<br />

D2: „(...) Erfahrungen in verwandten Tätigkeiten sind für uns von Vorteil.“<br />

E1: „Ideal ist, wenn die Case Manager aus kaufmännischen oder medizinischen Berufen<br />

kommen und auch Weiterbildungen absolviert haben.“<br />

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F1: „Der Case Manager muss einen breiten Schulrucksack haben (...).“<br />

F2: „Viele unserer Case Manger haben zuvor eine kaufmännische Ausbildung absolviert<br />

(...).“<br />

Oft wurde eine spezifische Weiterbildung in Case Management wie beispielsweise das entsprechende<br />

Certificate in Advanced Studies (CAS) oder zumindest die Bereitschaft diese<br />

Fortbildung zu absolvieren, als Voraussetzung für eine Anstellung als Case ManagerIn in einer<br />

Sozialversicherung genannt.<br />

B2: „(...) es wird eine Weiterbildung in Case Management von unseren Mitarbeitenden verlangt.“<br />

E1: „(...) ideal ist, wenn sie noch den Lehrgang Case Management an einer Fachhochschule<br />

besucht haben.“<br />

F2: „Unsere Versicherung hat ein internes Schulungssystem, um Mitarbeitende im Case<br />

Management auszubilden (...). Dabei wird eingehend das Fünf-Phasen-Modell vermittelt.<br />

Zudem absolvieren die Mitarbeiter das CAS in Case Management an einer Hochschule<br />

und erhalten dann den entsprechenden Fachausweis.“<br />

Nach Meinung von einigen befragten Personen ist ein (Sozial-) Versicherungswissen wichtig,<br />

um die Rolle als Case ManagerIn gut wahrzunehmen. Eine Versicherung setzt sogar als Bedingung<br />

für eine Anstellung den Sozialversicherungsfachausweis voraus.<br />

B2: „Da die Case Manager in ihrer täglichen Arbeit sehr stark in die rechtlichen und vertraglichen<br />

Abläufe involviert sind, brauchen sie ein grosses Sozialversicherungswissen.“<br />

F1: „Die meisten Case Manager bei uns kommen aus dem Versicherungsbereich. Dieses<br />

Wissen ist sehr hilfreich bei der Arbeit als Case Manager, besonders wenn man das<br />

Sozialversicherungssystem kennt. Man kann nur etwas koordinieren, von dem man<br />

Kenntnisse hat.“<br />

F2: „Eine Voraussetzung für eine Anstellung als Case Manager bei unserer Versicherung<br />

ist der Sozialversicherungsfachausweis, denn Versicherungswissen muss man haben<br />

für diese Arbeit.“<br />

Bei lediglich einer Versicherung wird allerdings ein Versicherungswissen nicht vorausgesetzt.<br />

C1: „Das Versicherungsinteresse bei den Bewerbern ist für uns wichtig. Aber das Versicherungswissen<br />

ist keine zwingende Voraussetzung, denn dies kann beim Arbeiten erlernt<br />

werden“.<br />

Eine ausgeprägte Sozialkompetenz und ein hohes Mass an Selbständigkeit wurden von den<br />

meisten Befragten als wichtige Punkte genannt. Weiter werden von den Case ManagerInnen<br />

eine hohe Kommunikationsfähigkeit und ein starkes Durchsetzungsvermögen gefordert. Von<br />

einigen Expertinnen und Experten wird zudem auch Führungserfahrung erwähnt.<br />

A1: „Die Case Manager sollen (...) auf Kundinnen und Kunden eingehen und diese abholen<br />

können (…).“<br />

A2: „Eine hohe Sozialkompetenz ist für diese Tätigkeit wichtig. Damit meine ich, dass die<br />

Case Manager offen und transparent kommunizieren sowie Vertrauen schaffen können<br />

(…).“<br />

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B1: Ein Case Manager muss (...) Führungserfahrung haben, (...) entscheidungsfreudig<br />

sein, eine klare Meinung haben und vertreten können (...), Sozialkompetenz (...) und<br />

Kommunikationsfähigkeit haben (…).“<br />

B2: „Die Case Manager müssen über eine sehr starke Kommunikationsfähigkeit verfügen<br />

und eine hohe Sozialkompetenz haben.“<br />

C2: „(...) Führungserfahrung (...) und selbständiges Arbeiten sind wichtige Voraussetzungen<br />

für einen Case Manager (…).“<br />

D2: „(...) für uns bedeutet dies, dass der Case Manager ein Koordinator und ein guter Zuhörer<br />

sein sollte (...) und er muss in den Fällen führen und motivieren können. Manchmal<br />

ist der Case Manager auch ein Mediator, beispielsweise wenn der Arbeitgeber und<br />

Arbeitnehmer nicht mehr miteinander reden.“<br />

E1: „(…) vor allem hohe Sozialkompetenzen. Man muss mit Menschen umgehen können<br />

und dies auch gerne tun. Zudem müssen die Case Manager ein grosses Einfühlungsvermögen<br />

besitzen.“<br />

E2: „(…) und eine hohe Kommunikationsfähigkeit und Sozialkompetenz muss bei den Case<br />

Manager vorhanden sein.“<br />

F1: „Ein Case Manager muss auf die Leute eingehen, mit ihnen reden und zuhören können<br />

und spüren, wo die Problematik liegt und er braucht emotionale und soziale Kompetenzen<br />

(...). Er hat mit Menschen aus verschiedenen Schichten und beruflichen Hintergründen<br />

zu tun. (…) er muss einen breiten Fokus haben und es einfach spüren (…).“<br />

F2: „Case Manager sollten über eine hohe Sozialkompetenz verfügen. Wir haben viele Arbeitgeber<br />

versichert, welche im handwerklichen, gewerblichen und industriellen Bereich<br />

tätig sind. Dort werden Arbeitnehmer aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen<br />

mit unterschiedlichem Bildungsniveau beschäftigt. Nicht wenige verfügen über ein relativ<br />

tiefes Bildungsniveau. Für einen Case Manager darf es kein Problem sein, auch mit<br />

diesen Klienten zu arbeiten.“<br />

Da die Case ManagerInnen bei Sozialversicherungen immer mit kranken oder verunfallten<br />

Personen arbeiten, wurde von einigen der Interviewten ein gewisses Medizinwissen als hilfreiche<br />

Fachkompetenz genannt.<br />

D1: „Das Wissen über Krankheitsbilder und deren Verlauf ist wichtig für unsere Case Manager.“<br />

D2: „Ein Case Manager (...) sollte auch von Medizin etwas verstehen, also über medizinische<br />

Grundkenntnisse verfügen.“<br />

E2: „(...) er muss ein medizinisches Flair haben und die Vorgaben, welche von der medizinischen<br />

Seite kommen, hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Arbeitsmarkt einschätzen<br />

können.“<br />

Anhand einigen Aussagen zeigt sich, dass die Case ManagerInnen idealerweise die Fähigkeit<br />

der Netzwerkbildung und -nutzung haben sollten.<br />

E2: „Die Case Manager müssen ein breites Wissen bezüglich der beruflichen Möglichkeiten<br />

auf dem Markt haben (…).“<br />

F1: „Wir haben auch ganz spezialisierte Mitarbeitende (...), die sehr gut mit den beruflichen<br />

Rehabilitationsmöglichkeiten vernetzt sind.“<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 51


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

In zwei Interviews wurde ferner die Verhandlungsfähigkeit als Kompetenz für die Case ManagerInnen<br />

erwähnt oder angesprochen.<br />

B2: „(...) eine ausgesprochen gute Verhandlungsfähigkeit ist <strong>zur</strong> Ausübung dieses Berufes<br />

sehr wichtig.“<br />

F2: „(...) und man muss als Case Manager auch verhandeln können.“<br />

Einige Expertinnen und Experten wünsche sich von den Case ManagerInnen ein kulturelles<br />

Wissen.<br />

D2: „Der Kontakt mit Personen aus anderen Kulturkreisen sollte den Case Managern Freude<br />

bereiten (...).“<br />

F2: „Case Manager müssen offen gegenüber anderen Kulturen und anders Denkenden<br />

sein. Damit meine ich, dass sie sich niemandem gegenüber diskriminierend verhalten.“<br />

Die Konfliktfähigkeit der Case ManagerInnen wurde bei einem Interview angesprochen.<br />

C1: „(...) eine ausgeprägte Konfliktfähigkeit muss bei unseren Case Manager vorhanden<br />

sein, auch intern (…).“<br />

Die Deutschschweizer Sozialversicherungen sind teilweise wirtschaftlich orientierte Unternehmen,<br />

wobei der Gewinn der Versicherungen durch staatliche Vorgaben beschränkt ist<br />

(vgl. Bollier, 2005). Daher fordern einige Expertinnen und Experten von den Case ManagerInnen<br />

eine ökonomische Denkweise bei der Ausführung ihrer Arbeit.<br />

A1: „Eine wichtige Voraussetzung ist die Fähigkeit ökonomisch zu denken. (...) wir machen<br />

keine Parteiarbeit, ausser für uns natürlich (...).“<br />

F1: „(...) die Case Manager müssen (...) ökonomisch denken und zielgerichtet handeln.<br />

Diese Ziele müssen in einem vertretbar kurzen Intervall erreicht werden. Und das kann<br />

nicht erreicht werden, wenn ein Case Manager nur lieb und nett sein will.“<br />

3.2.4 SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen<br />

Ein Drittel der interviewten Expertinnen und Experten stehen Case ManagerInnen mit einer<br />

Ausbildung in Sozialer Arbeit positiv gegenüber. Drei von diesen vier haben bereits Erfahrungen<br />

mit ausgebildeten SozialarbeiterInnen in Case Management Teams. Die andere Person<br />

gab an, dass SozialarbeiterInnen über die nötigen Anforderungen ihrer Versicherung<br />

verfügen würden.<br />

A1: „(...) ja, wegen der hohen Beratungs- und Sozialkompetenz stellen wir Sozialarbeiter<br />

an. Denn die Beratungen erfolgen auch mit Ärzten, anderen Sozialversicherungen und<br />

Arbeitgebern, welche eine hohe Beratungsfähigkeit voraussetzen (…). Die Sozialarbeiter<br />

sind gewohnt zu handeln und haben keine Berührungsängste (…).“<br />

B1: „Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter erfüllen den grössten Teil unserer Anforderungen<br />

und sind sofort einsatzbereit (…).“<br />

C2: „(…) ja, als Ergänzung zu den Professionen aus dem Gesundheitswesen oder Absolventen<br />

der Soziologie, Psychologie oder Jura. Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter<br />

haben eine hohe Beratungskompetenz und Kenntnisse über verschiedene Kulturen.“<br />

E1: „Aus meiner Sicht ist es positiv, Mitarbeiter mit einer Ausbildung in Sozialer Arbeit anzustellen.<br />

Case Manager müssen Menschen sein, die Interesse an Menschen und de-<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 52


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

ren Schicksalen haben und diese Menschen unterstützen. Durch die Ausbildung in Sozialer<br />

Arbeit, haben die Mitarbeiter mit einem sozialarbeiterischen Hintergrund Erfahrungen<br />

in den Randgebieten zu den Sozialversicherungen und vielleicht sogar Kenntnisse<br />

über die Sozialversicherungen selbst. Aber es ist nicht so, dass ich den Sozialarbeitern<br />

nachrennen würde. Für mich ist die Persönlichkeit eines Case Managers viel<br />

wichtiger, das heisst, wie sich jemand gibt oder wie jemand ist. Sozialarbeiter müssen<br />

bereit sein, für eine Sozialversicherung zu arbeiten. Es ist etwas anderes als auf der<br />

Sozialhilfestelle einer Gemeinde. Die Versicherung ist ganz klar ein Unternehmen, welches<br />

den finanziellen Aspekt positiv beeinflussen will. Der ökonomische Gedanke<br />

muss vorhanden sein. Der Mensch steht auch bei uns im Mittelpunkt, jedoch im Endeffekt<br />

steht im Hintergrund eine ökonomisch geführte Versicherung, welche Resultate<br />

und Erfolge vorweisen muss. Mit den Mitarbeitenden mit sozialarbeiterischem Hintergrund<br />

habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Von den Qualifikationen her gehören<br />

die Sozialarbeiter in das obere Drittel der Case Manager. Die Unterschiede kann ich<br />

nicht auf die Qualifikation oder Ausbildung <strong>zur</strong>ückführen. Diese beruhen aus meiner<br />

Sicht auf der Persönlichkeit eines Mitarbeiters.“<br />

Fünf der befragten Personen haben gewisse Vorbehalte und Bedenken gegenüber einer Anstellung<br />

von SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen. Drei davon arbeiten bereits mit<br />

SozialarbeiterInnen zusammen und äussern trotzdem eine gewisse Unsicherheit gegenüber<br />

einer Anstellung von BewerberInnen mit einem sozialarbeiterischen Hintergrund. Die einzelnen<br />

Interviewausschnitte illustrieren dies.<br />

A2: „Wichtiger als die Profession ist, dass unsere Erwartungen erfüllt werden (…). Sozialarbeiter<br />

stellen wir nur dann an, wenn ein ausgeprägtes ökonomisches Denken vorhanden<br />

ist (…). Die Grundeinstellung und die Präsentation der sich bewerbenden Person<br />

ist entscheidend (...).“<br />

B2: „Weil wir ein anderes Modell haben und wir zusätzlich zum internen Case Management<br />

mit externen Anbietern von Case Management zusammenarbeiten, sind bei uns nicht<br />

die sozialarbeiterischen Fähigkeiten gefragt. Bei rechtlichen und medizinischen Fragestellungen<br />

muss sich ein Case Manager sehr gut auskennen. Beim betriebsinternen<br />

Case Management (für die Mitarbeitenden der Sozialversicherung, die Verf.) haben wir<br />

zwei Sozialarbeitende (...). Bei einem kompletten Case Management sind Sozialarbeiter<br />

geeignet. In unserer Versicherung sind sie eher nicht sachdienlich, denn unser Modell<br />

ist sehr versicherungslastig.“<br />

C1: „Wichtig ist nicht die Profession, sondern die Persönlichkeit. Dies ist für uns bei allen<br />

das A und O (…). Mindestens 30-jährig müssen die Case Manager sein (...) und Sozialarbeiter<br />

erledigen nach meiner Erfahrung nicht gerne Administrationsarbeiten (…).“<br />

D2: „Momentan sind wir in einem Auswahlverfahren für neue Case Manager. In der engeren<br />

Auswahl ist nun auch ein Sozialarbeiter. Von dem her gesehen ist es nicht so, dass<br />

wir kategorisch keine Sozialarbeiter anstellen. Für uns ist es sehr wichtig, dass wir jemanden<br />

mit wirtschaftlichem Denken anstellen. Bei früheren Bewerbern mit einer Ausbildung<br />

in Sozialer Arbeit hat dies jeweils gefehlt. Bei Bewerbungsgesprächen hat man<br />

dann gemerkt, dass diese Personen die Interessen der verunfallten oder kranken Person<br />

vertreten und die anderen Aspekte nicht berücksichtigen können. Und wir müssen<br />

in den Krankheitsfällen nach zwei Jahren oder schon etwas früher Resultate haben<br />

(…).“<br />

E2: „Man stellt solche Sozialarbeiter an, die glaubwürdig bejahen können, dass sie bei einer<br />

Versicherung arbeiten werden und nicht bei einem Sozialdienst. Das ist eigentlich<br />

der Kern (...) und der Lebenslauf ist entscheidend. Je nachdem was jemand schon<br />

gemacht hat. Bei den einen ist es gut, bei andern hätte man Bedenken, dass die Identifikation<br />

mit den Versicherten sehr gross ist und sich die Person nicht abgrenzen kann.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 53


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Dies ist die Befürchtung bei gewissen Bewerbern (...), denn die Fähigkeit sich abgrenzen<br />

zu können ist eine sehr wichtige bei unserer Arbeit. Das was darüber hinausgeht,<br />

wie psychosoziale und soziokulturelle Beratung, ist definitionsgemäss nicht unser Betätigungsbereich.<br />

Allerdings gibt es Überschneidungen. Bei einem Anwalt weiss man,<br />

dass er nur die Interessen des Klienten wahrnimmt. Bei den Sozialarbeitern weiss man<br />

nicht auf den ersten Blick, dass sie die Interessen der Organisation vertreten und dadurch<br />

ihre Rolle im System wahrnehmen.“<br />

Weiter hat eine interviewte Person auch Vorbehalte gegenüber einer Anstellung von SozialarbeiterInnen.<br />

Begründet werden diese Bedenken mit dem fehlenden Versicherungswissen.<br />

F2: „Sozialarbeiter werden nicht angestellt, weil sie keinen Sozialversicherungsfachausweis<br />

haben. Durch diesen Fachausweis erwirbt man ein breites Versicherungswissen.<br />

Man will dies, weil bei unserer Versicherung die Case Manager alles machen. Ein Sozialarbeiter<br />

kann jedoch dies alles erlernen. Als Case Manager ist man an der Front<br />

und wenn man mit Fragen konfrontiert wird, muss man Auskunft geben können und<br />

das Gebiet ist relativ gross.“<br />

Aus zwei Interviews wurde ersichtlich, dass BewerberInnen mit einem sozialarbeiterischen<br />

Hintergrund nicht die Wunschkanditatinnen und Wundschkandidaten für eine mögliche Anstellung<br />

sind. In einer der beiden Sozialversicherungen hat ein Case Manager eine Ausbildung<br />

in Sozialer Arbeit und die interviewte Person erwähnte, dass sie sehr gute Erfahrungen<br />

mit diesem Mitarbeiter gemacht hat. Trotzdem wird wohl in nächster Zeit keine Sozialarbeiterin<br />

oder kein Sozialarbeiter bei dieser Versicherung eine Anstellung als Case ManagerIn erhalten.<br />

Die Begründung dessen kann aus dem Interviewausschnitt von F1 entnommen werden.<br />

D1: „ Case Manager müssen keine Sozialarbeiter sein. Ich bin ja auch keiner und habe nur<br />

eine kaufmännische Ausbildung gemacht (…).“<br />

F1: „Bei unserer Versicherung arbeitet ein Sozialarbeiter. Mit ihm haben wir sehr gute Erfahrungen<br />

gemacht, weil er betriebsinterne Spannungen zwischen einzelnen Abteilungen<br />

lösen konnte. Er wird sehr geschätzt, jedoch fehlt ihm der Versicherungsbiss. Ich<br />

denke, beides ist nicht möglich: soziales Gedankengut und Versicherungsbiss. Die Case<br />

Manager müssen an das Ökonomische glauben. Nur Soziale Arbeit reicht nicht. (…)<br />

grundsätzlich, so wie eine Versicherung das Case Management betreibt, ist eine Person<br />

mit einem sozialarbeiterischen Hintergrund nicht die Richtige. Nicht weil jemand<br />

aus der Sozialen Arbeit nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügt, sondern die Beweggründe,<br />

wieso sich jemand für die Soziale Arbeit interessiert, sind entscheidend.<br />

Dies ist ein wichtiger Bestandteil der Persönlichkeit. Ich denke die Aspekte der Denk-<br />

und Arbeitsweise dominieren auch später noch. Dies ist nicht das, was ich als optimal<br />

ansehe. Es ist so, dass wenn jemand mit dem helfenden und sozialen Gedanken diese<br />

Arbeit antritt, er im Hintergrund oft ein anderes Defizit hat, das so kompensiert werden<br />

kann. Meine Erfahrung aus anderen Versicherungen zeigt, dass die Fälle, welche<br />

durch Sozialarbeiter betreut werden, weniger erfolgreich sind. Daher wollen wir eher<br />

Personen mit einem Versicherungshintergrund, aber diese brauchen die soziale Kompetenz<br />

(…):“<br />

Zehn der befragten Personen können sich SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen<br />

grundsätzlich vorstellen. Eine Ausnahme bildet D1 und F1. Einige sind gegenüber Mitarbeitenden<br />

mit einem sozialarbeiterischen Hintergrund sehr positiv eingestellt, während andere<br />

wiederum grosse Vorbehalte zeigen. D1 schliesst SozialarbeiterInnen für diese Funktion kategorisch<br />

aus. F1 hat betriebsintern gute Erfahrungen mit einem Sozialarbeiter gemacht. Je-<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 54


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

doch werden in dieser Versicherung in nächster Zeit keine weiteren SozialarbeiterInnen im<br />

Case Management angestellt.<br />

3.2.5 Einfluss der Qualifikationen der Case ManagerInnen auf das Fallergebnis<br />

Der Einfluss der Qualifikation auf das Fallergebnis im Case Management wird unterschiedlich<br />

eingeschätzt. Weniger als die Hälfte der Expertinnen und Experten sind der Auffassung,<br />

dass der Ausbildung eine hohe Bedeutung für eine erfolgreiche Arbeit im Case Management<br />

zukommt.<br />

A1: „Durch gute Qualifikation wird ein Wissen mitgebracht, dass uns ein Einsparungspotential<br />

erbringt. Dies sind vor allem Methoden, Handlungspläne und praktische Erfahrung<br />

(…). Sie (die Personen mit guten Qualifikationen, die Verf.) sind schnell handlungsfähig<br />

in neuen Situationen und haben eine starke Haltung. Damit meine ich, dass diese<br />

Personen eine gewisse Gelassenheit haben, gewohnt sind zu kommunizieren, ein<br />

Fachwissen aufweisen und sich positionieren können. Eine hohe Qualifikation bedeutet<br />

daher ein Mehrwert für uns.“<br />

A2: „Die Qualifikation der Mitarbeitenden wird bei uns sehr gefördert (…), dies in Form von<br />

internen und externen Weiterbildungen. Je mehr Qualifikationen, je mehr Erfahrung<br />

und Persönlichkeit, desto besser.“<br />

B2: „Bei den externen Anbietern schauen wir, was die Case Manager für einen beruflichen<br />

Hintergrund haben, vor allem über welche Ausbildungen sie verfügen. Es gibt verschiedene<br />

Möglichkeiten. Jemand kann aus dem psychologischen, medizinischen oder<br />

sozialarbeiterischen Bereich kommen. Die Hauptfragen sind für uns: Was versteht jemand<br />

von dem Verfahren und was versteht er von der Praxis? Und versteht er auch<br />

unsere Bedürfnisse? Da gibt es häufig Diskrepanzen zwischen reinem Versicherungsdenken<br />

und dem Verständnis von Case Management. Daher ist die Qualifikation schon<br />

ein wichtiges Thema.“<br />

Die restlichen InterviewparterInnen sind der Meinung, dass die Qualifikation sich nicht zwingend<br />

auf das Fallergebnis auswirken muss. Die Persönlichkeit, die Lebenserfahrung und die<br />

Sozialkompetenz wurden vorwiegend als erfolgsversprechend erwähnt.<br />

D1: „(…) erstens ist die Persönlichkeit und zweitens das Fachwissen eines Case Managers<br />

entscheidend. Dies bedeutet für uns eine Gewinnchance und das zählt. Qualifikation<br />

ohne Persönlichkeit bringt uns nichts.“<br />

E1: „Der Normalfall unserer Case Manager ist, dass sie eine Lehre und eine Weiterbildung<br />

in irgendeinem Bereich gemacht haben. Dies kann ein Sozialversicherungsdiplom oder<br />

eine Weiterbildung im medizinischen Bereich sein. Hochschulabsolventen hatten wir<br />

auch schon als Case Manager. Dies ist jedoch absolut nicht zwingend und wir bezahlen<br />

auch nicht mehr deswegen. Hochschulabsolventen bringen in meinen Augen keinen<br />

zusätzlichen Nutzen für die Unternehmung.“<br />

F2: „Es ist schwierig zu sagen, welchen Einfluss die Qualifikation hat. Es müssen nicht<br />

hochqualifizierte Case Manager sein. Der Sozialversicherungsfachausweis ist nichts<br />

Riesiges (...). Ich persönlich würde es als wertvoll betrachten Psychologen oder Sozialarbeiter<br />

im Team zu haben, weil so andere Sichtweisen einfliessen können. Wir haben<br />

Intervisionen und Case Manager mit einer solchen Ausbildung könnten andere Inputs<br />

geben. Ich weiss, dass man aus Sicht unserer Versicherung für diese Arbeit das<br />

Versicherungswissen haben muss, jedoch kann man sich dies auch aneignen. Die<br />

Frage ist, ob man das will.“<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 55


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

4 Diskussion<br />

In diesem Kapitel werden zuerst die Gemeinsamkeiten und Unterschiede aus der Theorie<br />

<strong>zur</strong> Sozialen Arbeit und dem Case Management (vgl. Kapitel 1) evaluiert und interpretiert.<br />

Anschliessend werden die wichtigsten Ergebnisse aus den quantitativen und qualitativen Erhebungen<br />

ausgewertet. Im vierten Unterkapitel werden die geforderten Kompetenzen aus<br />

Theorie und Praxis einander gegenübergestellt und diskutiert. In der kritischen Würdigung<br />

wird die leitende Annahme wieder aufgenommen und mit den Erkenntnissen aus der Theorie<br />

und Praxis aufbereitet. Die kritische Würdigung bildet die Basis für die Schlussfolgerungen.<br />

4.1 Gemeinsamkeiten zwischen Sozialer Arbeit und Case Management<br />

Die grundlegende Schwierigkeit der Sozialen Arbeit besteht darin, dass sie nur schwer in<br />

herkömmliche Kategorien eingeordnet werden kann (vgl. Kapitel 1.1.1). Michel-Schwartze<br />

(2002, S. 58) spricht gar von einer Grenzenlosigkeit in Bezug auf die zeitliche Ausdehnung<br />

und die Breite des Aufgabenfeldes. Auch die Eingrenzung des Case Managements ist bei<br />

weitem nicht eindeutig (vgl. Kapitel 1.2.2). Gemeinsam haben indes die Soziale Arbeit und<br />

das Case Management, dass ihr Tätigkeitsfeld nicht trennscharf abgegrenzt werden kann.<br />

So erstaunt es wenig, dass die Soziale Arbeit erst sehr spät eine internationale Definition<br />

entwickelte und das Case Management bis heute über keine allgemein anerkannte Definition<br />

verfügt. Bei der Betrachtung der Definitionen der Sozialen Arbeit und des Case Managements<br />

fällt auf, dass beide nicht einzig auf die Unterstützung des Individuums hin arbeiten,<br />

sondern auch noch dessen Umwelt mit einbeziehen. Bei der Definition der IFSW (2000) wird<br />

vom sozialen System gesprochen (vgl. Kapitel 1.1.1). Die Definition des Case Managements<br />

vom Netzwerk Case Management Schweiz (2006) weist auf eine Unterstützung über die institutionellen<br />

Grenzen hinweg hin (vgl. Kapitel 1.2.2).<br />

Beide, sowohl die Soziale Arbeit als auch das Case Management, sind zuerst aus einem<br />

Bedürfnis hinaus historisch gewachsen und haben sich im Laufe der Zeit differenziert und<br />

spezialisiert. Die entsprechenden Forschungen und Definitionen haben sich fortwährend in<br />

immer grösserem Ausmass entwickelt. Diese Entwicklung ist immer noch im Gang. Beispielsweise<br />

wird in der Sozialen Arbeit ein Diskurs geführt, ob es sich bei der Sozialen Arbeit<br />

um eine wissenschaftliche Disziplin handelt (vgl. Kapitel 1.1.1). Auch über den beruflichen<br />

Status von Case ManagerInnen wird noch immer rege diskutiert (vgl. Kapitel 1.2.6).<br />

Die Soziale Arbeit wie auch das Case Management verfolgen das Ziel, die Autonomie der<br />

betroffenen Menschen zu unterstützen und deren Befähigung (Empowerment) zu fördern<br />

(vgl. Kapitel 1.1.2 und 1.2.3).<br />

Bei der Sozialen Arbeit wie auch beim Case Management gibt es nicht nur ein allgemein gültiges<br />

Handlungskonzept. Beim Case Management handelt es sich um eine grundsätzliche<br />

Verknüpfungsaufgabe zwischen den vorhandenen oder zu erschliessenden Ressourcen und<br />

der unterstützten Person (vgl. Kapitel 1.2.3). AvenirSocial (2006a) weist ebenfalls darauf hin,<br />

dass eine der Aufgaben der Sozialen Arbeit die Vernetzung darstellt (vgl. Kapitel 1.1.2). Die<br />

zwischenmenschliche Beziehung ist sowohl im Case Management, als auch in der Sozialen<br />

Arbeit zentral für eine erfolgreiche Arbeit mit dem Klientel (vgl. Kapitel 1.1.1 und 1.2.2).<br />

Gemäss AvenirSocial (2006a) sollen die angewandten Methoden zielgerichtet und wirkungsvoll<br />

eingesetzt werden (vgl. Kapitel 1.1.2). Um derselben Forderung gerecht zu werden, richtet<br />

sich im Case Management die Unterstützung nach einer Phasenabfolge. Dabei erinnert<br />

das zirkuläre Konzept im Case Management (vgl. Abbildung 4) stark an das ebenfalls zirkulär<br />

angelegte Luzerner Modell der Sozialen Arbeit (vgl. Abbildung 2). Weiter lassen sich zwischen<br />

dem Luzerner Modell und dem in Anlehnung an Moxley entstanden Rahmenkonzept<br />

von Neuffer (vgl. Abbildung 5) inhaltliche Parallelen erkennen. In beiden Modellen wird zunächst<br />

die Ausgangslage erfasst, dann wird auf dieser Grundlage ein Handlungsplan entworfen<br />

sowie umgesetzt und schliesslich dessen Erfolg evaluiert. Bei beiden Phasenkonzepten<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 56


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

handelt es sich trotz ihrer klaren Strukturen nicht um fixe Ablaufpläne, die in jedem Fall befolgt<br />

werden müssen. Veränderungen wird sowohl beim Modell von Neuffer als auch beim<br />

Luzerner Modell mit Rückwärtssprüngen in der Abfolge begegnet.<br />

Die Interventionen der Sozialen Arbeit wie auch des Case Managements sind mehrdimensional<br />

auf der Mikro-, Meso-, und Makroebene angesiedelt (vgl. Kapitel 1.1.2 und 1.2.4).<br />

Dies bedeutet, dass sich Case Management und Soziale Arbeit nicht nur auf der Ebene des<br />

Individuums, sondern auch im Bereich von Gruppen und Organisationen operieren sowie im<br />

übergreifenden gesellschaftlichen Kontext.<br />

In beiden Bereichen ist sowohl in der Praxis als auch in der Forschung eine Tendenz <strong>zur</strong> Expansion<br />

zu beobachten. Zum Beispiel hat sich in der Sozialen Arbeit in den letzten Jahren<br />

das neue Feld der Schulsozialarbeit entwickelt. Weiter hat sich das Case Management in der<br />

Schweiz bereits so stark etabliert, dass inzwischen die Bereitschaft vorhanden ist über institutionelle<br />

Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Die IIZ (Interinstitutionelle Zusammenarbeit)<br />

kann als Resultat dieser Bereitschaft interpretiert werden. Als Beispiel für die Expansion<br />

in der Forschung sei hier auf die wissenschaftliche Datenbank WISO verwiesen, die unter<br />

dem Begriff Case Management mittlerweile 2‘522 sozialwissenschaftliche Publikationen aufweist<br />

(Stand 30. Juni 2009). Der Start des ersten konsekutiven Masterstudiengangs in Sozialer<br />

Arbeit im Herbst 2008 (vgl. Wiebke Twisselmann, 2008, S. 14-15) soll ebenfalls erwähnt<br />

sein.<br />

Bis in die 80er Jahre wurde das Case Management vorwiegend durch SozialarbeiterInnen<br />

praktiziert und theoretisch entwickelt (vgl. Kapitel 1.2.1). Bei den Weiterbildungen im Bereich<br />

des Case Managements spielen die Hochschulen der Sozialen Arbeit nach wie vor eine wesentliche<br />

Rolle. In der Schweiz bieten <strong>zur</strong>zeit auf Hochschulebene drei Fachhochschulen für<br />

Soziale Arbeit (Fachhochschule St. Gallen, Hochschule Luzern in Kooperation mit der Berner<br />

Fachhochschule) und eine private Hochschule für Gesundheit (Hochschule Gesundheit<br />

WE’G) Weiterbildungsstudiengänge für das Case Management an.<br />

Eine wichtige Gemeinsamkeit zwischen Sozialer Arbeit und Case Management ist, dass sich<br />

beide in einem Doppelmandat befinden, unterschiedliche Rollen wahrnehmen und sich unter<br />

dieser Prämisse mit ethischen Fragen auseinandersetzen müssen (vgl. Kapitel 1.1.1, 1.2.2<br />

und 1.2.5). SozialarbeiterInnen und Case ManagerInnen stehen demnach in einem Spannungsfeld<br />

zwischen den unterschiedlichen Interessen der involvierten Akteurinnen und Akteuren<br />

und den Interessen der Auftraggeberin bzw. des Auftraggebers. Als Leitlinie für ihre<br />

Handlungen steht den SozialarbeiterInnen ein Berufskodex (vgl. AvenirSocial, 2006b) <strong>zur</strong><br />

Verfügung. In Bezug auf das Case Management befasst sich gegenwärtig eine Arbeitsgruppe<br />

des Netzwerks Case Management Schweiz mit der Erstellung von ethischen Standards<br />

für das Case Management (vgl. Kapitel 1.2.5).<br />

4.2 Unterschiede zwischen Sozialer Arbeit und Case Management<br />

Unterschiede zwischen der Sozialen Arbeit und dem Case Management sind schwieriger zu<br />

eruieren als die Gemeinsamkeiten. Dies erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass es sich beim<br />

Case Management um eine Methode handelt, die aus der Sozialen Arbeit hervorgegangen<br />

ist. Die Soziale Arbeit weist eine Vielzahl von Konzepten und Methoden auf, die sich bisweilen<br />

stark voneinander unterscheiden. Die Abfolge der einzelnen Phasen der Unterstützung in<br />

der Sozialen Arbeit (vgl. Abbildung 2) und dem Case Management (vgl. Abbildung 5) unterscheiden<br />

sich trotz der grossen Unterschiede nur beschränkt. Die häufige Anlehnung an das<br />

Phasenmodell von Moxley (vgl. Abbildung 4) dient dem Verständnis und dem Vergleich der<br />

unterschiedlichen Case Management Ansätzen. Ein gleichwertiges, grundlegendes Konzept<br />

über den ganzen Bereich der Sozialen Arbeit ist aufgrund der bestehenden Methodenpluralität<br />

nicht auszumachen.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 57


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Gemäss Löcherbach ist das Neue am Case Management dessen Verknüpfungsleistung<br />

(2006, S. 302). Es handelt sich dabei um eine Verknüpfungsaufgabe zwischen der Klientin<br />

bzw. dem Klienten und dem Ressourcensystem (vgl. Abbildung 4). Zwar ist sich das Case<br />

Management durchaus bewusst, dass die Unterstützung auch einen Einfluss auf die Meso-<br />

und Makroebene hat (vgl. Kapitel 1.2.4). Dennoch verfolgt das Case Management nicht das<br />

explizite Ziel, einen sozialen Wandel herbeizuführen, wie dies in der internationalen Definition<br />

der Sozialen Arbeit postuliert wird (vgl. Kapitel 1.1.1). Die Motivation des Case Managements<br />

begründet sich nicht am Ideal sozialer Gerechtigkeit (vgl. Kapitel 1.1.1) sondern an einer<br />

systematischen Unterstützung mit dem Ziel effizient eine hohe Qualität zu erreichen (vgl.<br />

Kapitel 1.2.2). Dieser unterschiedliche Ansatz erklärt, warum AvenirSocial (2006a) beim Gegenstand<br />

der Sozialen Arbeit von der Befriedigung von Bedürfnissen spricht (vgl. Kapitel<br />

1.1.1), während im Gegensatz dazu in der Definition des Netzwerks Case Management<br />

(2006) der individuelle Bedarf erwähnt wird (vgl. Kapitel 1.2.2). Auf der Basis dieser beiden<br />

Grundlagentexte kann demnach der Schluss gezogen werden, dass die Soziale Arbeit subjektive<br />

Bedürfnisse der Klientinnen und Klienten stärker gewichtet als das Case Management.<br />

Dieses bezieht sich lediglich auf die von aussen anerkannten Bedürfnisse (vgl. zum<br />

Unterschied Bedürfnis und Bedarf Udo Maas, 1996, S. 16).<br />

Grundsätzlich entsteht beim Vergleich der Sozialen Arbeit mit dem Case Management der<br />

Eindruck, dass die ökonomische Dimension im Case Management stärker gewichtet wird als<br />

in der Sozialen Arbeit. In der Definition der Sozialen Arbeit ist zwar von Schonung der Ressourcen<br />

sowie einer zielgerichteten und wirkungsvollen Unterstützung die Rede (AvenirSocial,<br />

2006a, S. 4). Jedoch scheint das Case Management mit seiner klaren Zielfokussierung<br />

stärker auf eine effektive, effiziente und somit kostenwirksame Hilfe ausgerichtet zu sein. Die<br />

Hoffnung auf eine Kosteneindämmung spielt denn auch oft eine Hauptrolle bei der Einführung<br />

des Case Managements (Klug, 2005, S. 42).<br />

Das Case Management wird nach Woodtly (2008, S. 1) nicht als eigenständiger Beruf verstanden,<br />

sondern lediglich als ein methodischer Handlungsansatz (vgl. Kapitel 1.2.3). Seit<br />

den 80er Jahren wird das Case Management auch von verschiedenen Berufsgruppen angewandt.<br />

Das von Staub-Bernasconi (2007) geforderte dritte Mandat für die Soziale Arbeit, also<br />

ein Mandat gegenüber der eigenen Profession (vgl. Kapitel 1.1.1), ist im Case Management<br />

aufgrund der geschilderten Umstände (keine Profession oder Beruf) nicht zu finden.<br />

4.3 Bewertung der quantitativen und qualitativen Erhebungen<br />

Die Militärversicherung wird nicht in die Bewertung mit einbezogen, da diese bei allen Erhebungspunkten<br />

Maximal- bzw. Minimalwerte aufzeigt. Die Militärversicherung betreibt ein internes<br />

Case Management mit zehn Case ManagerInnen, wovon zum Zeitpunkt der Befragung<br />

niemand eine sozialarbeiterische Ausbildung hatte.<br />

Rund zwei Drittel der befragten IV-Stellen und Unfallversicherungen bieten ein internes Case<br />

Management an, bei den Krankenversicherungen sind dies weniger als die Hälfte. Der geringere<br />

Anteil der Krankenversicherungen, die ein internes Case Management betreiben, lässt<br />

sich wohl dadurch erklären, dass eine grosse Anzahl der Krankenversicherungen einen sehr<br />

kleinen Versichertenbestand aufweisen. Für kleine Krankenkassen, wie beispielsweise die<br />

Krankenkasse Simplon mit 583 Versicherten (BAG, Stand 01. April 2009), lohnt sich ein Case<br />

Management wegen dem damit verbundenen Mehraufwand nicht. Die kleinen und mittleren<br />

Krankenversicherungen erschliessen die Dienstleistung Case Management jedoch zum<br />

Teil mit Hilfe von externen Case Management Anbietenden. So bietet zum Beispiel der RVK,<br />

der Verband der kleinen und mittleren Krankenversicherungen, für 15 Krankenversicherungen<br />

ein Case Management an (Stand 01. Juni 2009). Der prozentuale Anteil der Sozialversicherungen,<br />

die mit externen PartnerInnen ein Case Management betreiben, ist bei den<br />

Krankenversicherungen mit 34% am höchsten (Unfallversicherungen 22%, Militärversicherung<br />

und IV arbeiten ohne externes Case Management). Bei der Betrachtung der durch-<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 58


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

schnittlichen Anzahl Case ManagerInnen fällt auf, dass bei den Krankenversicherungen nur<br />

rund ein Viertel so viele Case ManagerInnen angestellt sind, wie bei den Unfallversicherungen<br />

(vgl. Abbildung 11). Dies lässt sich wohl mit dem hohen Anteil an externen Case Management<br />

PartnerInnen erklären. Die Krankenversicherungen haben jedoch mit rund 8.4% (vgl.<br />

Abbildung 12) deutlich den grössten Anteil an SozialarbeiterInnen im Case Management angestellt<br />

(Unfallversicherungen: 5.7%, IV-Stellen: 3.5%, Militärversicherung: 0%).<br />

Bei rund einem Drittel aller untersuchten Sozialversicherungen sind in den Case Management<br />

Teams SozialarbeiterInnen angestellt (vgl. Abbildung 13). Dies kann aus Sicht der Sozialen<br />

Arbeit als erfreulich gewertet werden. Jedoch relativiert sich dieses Bild bei der Betrachtung<br />

der absoluten Zahlen: Von insgesamt 626 Case ManagerInnen sind nur 36 (5.8%)<br />

SozialarbeiterInnen. Dennoch zeigt sich, dass SozialarbeiterInnen daran sind, das neue Arbeitsfeld<br />

Case Management in Sozialversicherungen zu erschliessen. In Anbetracht der Tatsache,<br />

dass das Case Management aus der Sozialen Arbeit entstanden ist (vgl. Kapitel<br />

1.2.1), ist der Anteil SozialarbeiterInnen in diesem Tätigkeitsfeld überraschend gering.<br />

Ein Zusammenhang zwischen der Teamgrösse und der Anzahl SozialarbeiterInnen kann<br />

nicht festgestellt werden. Der Korrelationskoeffizient beträgt schwache 0.13 (vgl. Kapitel 3.1).<br />

Die Frage ist somit ungeklärt, aus welchen Gründen der Anteil von SozialarbeiterInnen im<br />

Case Management bei gewissen Sozialversicherungen bis zu 43% ausmacht und bei anderen<br />

Sozialversicherungen keine einzige Stelle von SozialarbeiterInnen besetzt wird. Eine Erklärung<br />

dafür kann die Konzeption und die Implementierung des Case Managements sein,<br />

der eine bedeutende Rolle zu kommt (vgl. Kapitel 1.2.4).<br />

Obwohl Sozialversicherungen grundsätzlich nur einen beschränkten Gewinn erzielen dürfen,<br />

sind sie einem finanziellen Druck unterworfen. An dieser Stelle soll an das enorme Finanzloch<br />

der IV erinnert werden, welches die Grundlage der 6. IV-Revision bildet. Weiter sei auf<br />

die massiven Prämienaufschläge bei den Krankenversicherungen hingewiesen. Case Management<br />

bedeutet nicht zuletzt auch ein Mittel <strong>zur</strong> Verbesserung der Effektivität und Effizienz<br />

(vgl. Wendt, 1991, S. 15). Daher erstaunt es nicht, dass die untersuchten Sozialversicherungen<br />

an einer Steigerung der Effizienz und Effektivität der Leistungen interessiert sind und mit<br />

dem Case Management auch ökonomische Ziele verfolgt werden, sei dies durch die Hoffnung<br />

auf direkte Kosteneinsparungen oder durch eine verbesserte Reputation. Die Kundenbindung,<br />

die man mit dem Case Management erzielt, kann sich positiv auf die Reputation einer<br />

Versicherung und somit auch auf die Bilanz auswirken (vgl. Klaus-Peter Wiedmann,<br />

Charles Fombrun & Cees van Riel, 2007, S. 322). Das Case Management in einer Sozialversicherung<br />

kann somit als Puzzlestein in einem Reputationsprozess betrachtet werden.<br />

Die von den GesprächspartnerInnen genannten Begründungen für die Einführung des Case<br />

Managements unterstreichen fast durchwegs die ökonomischen Beweggründe. In einigen<br />

untersuchten Versicherungen wurde das Case Management als eine geeignete Form der<br />

Kostenoptimierung in der Fallführung bzw. -steuerung erkannt. Andere wiederum erwähnten<br />

die Zunahme der Komplexität in der Fallarbeit als wichtigen Grund für die Implementierung<br />

(vgl. Kapitel 3.2). Eine adäquatere Einflussnahme seitens der Versicherung, kann indirekt<br />

auch als monetärer Gedanken interpretiert werden. In diesem Zusammenhang sei darauf<br />

hingewiesen, dass ein effizienter und schonungsvoller Umgang mit den vorhandenen und<br />

durch die gesamte Versicherungsgemeinschaft finanzierten Ressourcen grundsätzlich nichts<br />

Negatives darstellt.<br />

Die Expertinnen und Experten weisen ein unterschiedliches Verständnis in Bezug auf das<br />

Case Management auf. Anhand der Interviews kann keine eindeutige Zuordnung des Case<br />

Managements in system- bzw. consumer-driven gemacht werden (vgl. Kapitel 3.2). Mehrfach<br />

wurde von den Expertinnen und Experten erwähnt, dass mit dem Case Management der<br />

einzelne Fall gesteuert und koordiniert werden kann (vgl. Kapitel 3.2). Die mehrfach angesprochene<br />

Win-win-Situationen kann als Idealform eines Case Managements in Versicherungen<br />

interpretiert werden. Eine Win-Situation besteht für die Versicherung, wenn sie mit<br />

dem Case Management Kosten einsparen können. Das zweite „Win“ stellt ein Mehrwert für<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 59


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

die Klientinnen und Klienten dar. Sie werden umfassend von den Case ManagerInnen beraten<br />

und begleitet. In der Praxis bestehen unterschiedliche Ansichten, wie dieses Ziel für beide<br />

Seiten erreicht werden kann. Aufgrund der Aussagen der Expertinnen und Experten<br />

konnten zum Teil system-driven Ansätze erkannt werden. So meinte zum Beispiel C1: „Das<br />

Case Management ist für uns die Fallsteuerung mit dem Vorgehen nach einem intern vorgegebenen<br />

Ablauf (...).“ Andererseits sind auch consumer-driven Ansätze aus den Interviews<br />

ersichtlich, wie zum Beispiel bei E1: „Wir betreiben ein Case Management, weil der Mensch<br />

im Zentrum steht. Wir wollen unsere Kunden beraten und begleiten“ (Kapitel 3.2).<br />

Wesentlich und entscheidend sind die konzeptionelle Ausrichtung und das Verständnis der<br />

Entscheidungstragenden einer Versicherung gegenüber dem Case Management (vgl. Kapitel<br />

1.2.4). Die Rahmenbedingungen, in welchem ein Case Management stattfindet, ist nicht<br />

nur massgebend für die konkrete Tätigkeit der Case ManagerInnen, sondern auch ob das<br />

Case Management system- oder consumer-driven orientiert ist.<br />

Die Erwartung, einen Mehrwert für die Klientinnen sowie Klienten und für die Institution zu<br />

erzielen, führt unweigerlich zu einem Spannungsfeld, dem sich die Case ManagerInnen aussetzen<br />

müssen. Case ManagerInnen befinden sich demnach zumindest bei den Sozialversicherungen,<br />

die von einem Win-win-Ziel sprechen, in einem Doppelmandat, wie dies auch die<br />

Soziale Arbeit kennt (vgl. Kapitel 1.1.1).<br />

Einige Expertinnen und Experten stehen SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen positiv<br />

gegenüber. Andere haben diesbezüglich jedoch Vorbehalte. Nur gerade zwei Expertinnen<br />

bzw. Experten lehnen SozialarbeiterInnen für diese Funktion ab (vgl. Kapitel 3.2). In den Interviews<br />

wurde vermehrt angesprochen, dass neben dem Profil einer Bewerberin oder eines<br />

Bewerbers stark auf die Persönlichkeit geachtet wird. Die Einstellung gegenüber den zu<br />

betreuenden Personen und der Versicherung ist dabei von grosser Bedeutung. Als Hauptkritikpunkt<br />

gegenüber SozialarbeiterInnen im Case Management wurde von den Verantwortlichen<br />

die zu gering ausgeprägte ökonomische Denk- und Handelsweise genannt. Teilweise<br />

wurde ein fundiertes Versicherungswissen verlangt, das lediglich in einer Versicherung erst<br />

nachträglich erworben werden kann (C1, Kapitel 3.2). Bei anderen Versicherungen wird es<br />

bei Antritt der Stelle vorausgesetzt (F2, Kapitel 3.2).<br />

In der Praxis besteht teilweise ein diffuses Bild über die Tätigkeit und Ziele von SozialarbeiterInnen.<br />

So sagt E2 beispielsweise: „Bei einem Anwalt weiss man, dass er nur die Interessen<br />

des Klienten wahrnimmt. Bei den Sozialarbeitern weiss man nicht auf den ersten Blick,<br />

dass sie die Interessen der Organisation vertreten und dadurch ihre Rolle im System wahrnehmen“<br />

(Kapitel 3.2).<br />

Bei einem Interview sind Vorurteile gegenüber SozialarbeiterInnen ersichtlich, die Worte von<br />

F1 sprechen dazu eine deutliche Sprache:<br />

(...) grundsätzlich, so wie eine Versicherung das Case Management betreibt, ist eine<br />

Person mit einem sozialarbeiterischen Hintergrund nicht die Richtige. Nicht weil jemand<br />

aus der Sozialen Arbeit nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügt, sondern die<br />

Beweggründe, wieso sich jemand für die Soziale Arbeit interessiert, sind entscheidend.<br />

Dies ist ein wichtiger Bestandteil der Persönlichkeit. Ich denke die Aspekte der Denkund<br />

Arbeitsweise dominieren auch später noch. Dies ist nicht das, was ich als optimal<br />

ansehe. Es ist so, dass wenn jemand mit dem helfenden und sozialen Gedanken diese<br />

Arbeit antritt, er im Hintergrund oft ein anderes Defizit hat, das so kompensiert werden<br />

kann. (Kapitel 3.2)<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 60


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neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Ob die Verantwortlichen bei anderen Sozialversicherungen teilweise ähnliche Vorurteile gegenüber<br />

SozialarbeiterInnen haben, kann nicht ganz ausgeschlossen werden. Diese Annahme<br />

relativiert sich, wenn bedenkt wird, dass bei rund jeder dritten Sozialversicherung, die<br />

ein internes Case Management anbietet, mindestens eine Person mit einer sozialarbeiterischen<br />

Ausbildung tätig ist.<br />

Der Ruf, dass SozialarbeiterInnen zu wenig ökonomisch denken und handeln können, entspricht<br />

nicht dem Doppelmandat, in welchem sich auch die Soziale Arbeit befindet (vgl. Kapitel<br />

1.1.1). SozialarbeiterInnen arbeiten für die Klientinnen und Klienten, jedoch vertreten sie<br />

auch die Organisation und deren Interessen, in der sie angestellt sind. Aufgrund des allgemein<br />

wachsenden Kostendrucks auf die öffentliche Verwaltung, Sozialhilfeskandalen und der<br />

Angst vor ungerechtfertigten Bezügen von Sozialhilfegeldern ist die Wirtschaftliche Sozialhilfe,<br />

als klassisches Gebiet der Sozialen Arbeit, aktuell einem enormen Kosten- und teilweise<br />

Legitimationsdruck unterworfen. Dies führt dazu, dass sich vielerorts die Wirtschaftliche Sozialhilfe<br />

grundlegend neu organisieren musste (wie z.B. in den Städten Basel, Bern und Zürich).<br />

Die Annahme von gewissen Expertinnen und Experten, dass sich SozialarbeiterInnen<br />

nicht gewohnt sind unter starken ökonomischen Bedingungen zu arbeiten, entspricht somit<br />

nicht den aktuellen Tatsachen. Aus der Sozialpsychologie weiss man jedoch, dass Vorurteile<br />

allgemein nur schwer beeinflussbar sind (vgl. Gordon Willard Allport, 1971). Eine zu starke<br />

klientinnen- oder klientenzentrierte Handlungsweise ist ein weiterer Kritikpunkt einiger Expertinnen<br />

und Experten. Dabei sei bemerkt, dass das individuelle Berufsverständnis entscheidend<br />

sein kann und die Balance zwischen Nähe und Distanz in der professionellen Sozialen<br />

Arbeit während der Ausbildung <strong>zur</strong> Sozialarbeiterin oder zum Sozialarbeiter gefördert wird<br />

(Christen Jakob & Gabriel-Schärer, 2007, S. 13).<br />

Der Einfluss der Qualifikationen der Case ManagerInnen auf das Fallergebnis wird durch die<br />

Expertinnen und Experten unterschiedlich bewertet. Einige sehen einen direkten Mehrwert<br />

durch hoch qualifizierte Case ManagerInnen für die Versicherung. Andere haben keinen Einfluss<br />

feststellen können. Ein Grossteil der Befragten wertet die Persönlichkeit einer Case<br />

Managerin oder eines Case Managers höher als deren Qualifikation. Diese Wertung kann<br />

durchaus ihre Berechtigung haben, wobei anzumerken ist, dass mit Ausbildungen auch die<br />

Persönlichkeit eines Menschen weiterentwickelt werden kann. Die Berechnungen der Einsparungen<br />

für die Sozialversicherung, durch das Case Management, kann durch unterschiedliche<br />

Annahmen beeinflusst werden. Daher ist auch der Einfluss von Qualifikationen<br />

der Case ManagerInnen auf das Fallergebnis durch die interviewten Personen schwer vorzunehmen.<br />

4.4 Kompetenzvergleich aus Theorie und Praxis<br />

In diesem Unterkapitel werden die Kompetenzen aus den Theorieteilen Soziale Arbeit (vgl.<br />

Kapitel 1.1.4) und Case Management (vgl. Kapitel 1.2.5) sowie aus der qualitativen Erhebung<br />

(vgl. Kapitel 3.2) einander gegenüber gestellt, gewichtet und diskutiert. Für diesen Vergleich<br />

werden das Kompetenzprofil der SASSA (Soziale Arbeit) sowie das Kompetenzprofil<br />

von Löcherbach (Case Management) und die Erläuterungen der Expertinnen und Experten<br />

beigezogen.<br />

Die verschiedenen Kompetenzbereiche Sozial-, Selbst-, Methoden- und Fachkompetenzen<br />

werden in der Literatur nicht einheitlich beschrieben. Damit ein Kompetenzvergleich dennoch<br />

ansatzweise möglich ist, bildet das Kompetenzprofil der SASSA den Ausgangspunkt des<br />

Vergleiches. Dieses Kompetenzprofil ist sehr detailliert und spezifisch auf die Soziale Arbeit<br />

ausgerichtet. Es muss betont werden, dass die Kompetenzzuordnung aus drei verschiedenen<br />

Quellen (zwei verschiedene schriftliche und eine mündliche) eine enorme Herausforderung<br />

darstellt und ein gewisser Grad an Interpretation durch die Autoren unvermeidbar ist.<br />

Teilweise bestehen Lücken in den Spalten Qualitative Erhebung. Diese Schwäche kann auf<br />

die Anlage der qualitativen Untersuchung <strong>zur</strong>ückgeführt werden, da die Expertinnen und Ex-<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 61


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

perten frei antworteten und dadurch einzelne Kompetenzen nicht erwähnt wurden. Um keine<br />

falschen Schlüsse zu ziehen, sind die vier Tabellen vorsichtig zu interpretieren. Die unterschiedlichen<br />

Einfärbungen in den vier folgenden Tabellen stellen die drei Kompetenzebenen<br />

dar (vgl. S. 18).<br />

Tabelle 9: Gegenüberstellung der Sozialkompetenzen<br />

Sozialkompetenz<br />

Soziale Arbeit Case Management Qualitative Erhebung<br />

Beziehungsfähigkeit<br />

Rollenflexibilität und Rollensicherheit<br />

Teamfähigkeit<br />

Kooperative Handlungskompetenz<br />

Sie verfügen über Einfühlungsvermögen<br />

Sie verfügen über Differenzierungsvermögen<br />

Sie sind kontaktfähig<br />

Sie sind offen<br />

Sie sind authentisch<br />

Sie verfügen über Rollenperformanz<br />

Kritik und Konfliktfähigkeit Kritik- und Konfliktfähigkeit<br />

Fähigkeit zu Transparenz<br />

und Fairness<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Sie sind konsequent<br />

• Mit Menschen aus unterschiedlichen<br />

Kulturen<br />

umgehen können<br />

• Mit Menschen aus unterschiedlichen<br />

sozialen<br />

Schichten umgehen<br />

können<br />

• Auf Kundinnen und<br />

Kunden eingehen können<br />

• Vertrauen schaffen können<br />

• Mit Menschen umgehen<br />

können<br />

• Einfühlungsvermögen<br />

haben<br />

• In der Fallarbeit motivieren<br />

können<br />

• Konfliktfähigkeit haben<br />

• Mediationsfähigkeit haben<br />

• Offen und transparent<br />

kommunizieren können<br />

• Verhandeln können<br />

Der Interpersonelle Prozess, wie er von Greene als wichtiger Bestandteil des Case Managements<br />

in der Sozialen Arbeit erwähnt wird (vgl. Kapitel 1.2.2), findet sich auch in den untersuchten<br />

Sozialversicherungen. Die meisten der befragten Expertinnen und Experten gaben<br />

daher auch an, dass Case ManagerInnen über ausgeprägte Sozialkompetenzen verfügen<br />

müssen (vgl. Kapitel 3.2). Die Teamfähigkeit wird lediglich bei der Sozialen Arbeit als<br />

notwendige Kompetenz aufgeführt. Im Case Management findet sich diese Kompetenz weder<br />

in der Literatur, noch wurde sie von den Expertinnen und Experten erwähnt. Eine Erklärung<br />

dafür könnte sein, dass Sozialarbeiterinnen öfter und stärker in einem Team operieren<br />

als die Case ManagerInnen. Case ManagerInnen benötigen die Fähigkeit Netzwerke zu bilden<br />

(vgl. Tabelle 11) und müssen gemeinsam mit Menschen Ziele erreichen können. Da das<br />

Case Management oft als Führungsaufgabe wahrgenommen wird, kommt der Teamaspekt<br />

nicht ausgeprägt <strong>zur</strong> Geltung. In der Praxis wird die Arbeit im Case Management weniger<br />

stark als Teammitglied vollbracht, sondern eher in einer führenden oder leitenden Rolle. Dabei<br />

ist, so die Meinung einiger Expertinnen und Experten, ein grosses Einfühlungsvermögen<br />

der Case ManagerInnen dennoch erforderlich.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 62<br />

Sozialkompetenz haben


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neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Die Fähigkeit in verschiedenen Rollen sicher aufzutreten, wird sowohl in den Kompetenzprofilen<br />

der Sozialen Arbeit als auch des Case Managements aufgeführt. Von den Expertinnen<br />

und Experten wurde diese Kompetenz jedoch kaum erwähnt. Möglicherweise kann dies damit<br />

begründet werden, dass die Case ManagerInnen, in den Augen der verantwortlichen<br />

Personen, in den Sozialversicherungen sich an den von der Institution vorgegebenen Rollen<br />

orientieren. Ob dies in der Praxis effektiv immer der Fall ist, ist nicht bekannt. Es bleibt jedoch<br />

der Eindruck, dass in der Praxis keine sehr starke Sensibilität für die unterschiedlichen<br />

Rollen der Case ManagerInnen (vgl. Kapitel 1.2.3) vorhanden ist.<br />

Kritik- und konfliktfähig zu sein sowie Transparenz und Fairness zu zeigen, wird in allen untersuchten<br />

Fachprofilen verlangt. In diesen Kompetenzbereichen besteht eine hohe Übereinstimmung.<br />

Tabelle 10: Gegenüberstellung der Selbstkompetenzen<br />

Selbstkompetenz<br />

Soziale Arbeit Case Management Qualitative Erhebung<br />

Selbstreflexion<br />

Selbständigkeit<br />

Reflexionskompetenz<br />

Sie verfügen über die Fähigkeit<br />

<strong>zur</strong> Selbstreflexion<br />

Sie sind zuverlässig und verbindlich<br />

Sie sind initiativ<br />

Sie können sich selbst organisieren<br />

Belastbarkeit Sie sind belastbar<br />

Lernfähigkeit<br />

Selbstsicherheit und Selbst-<br />

Professionelles Selbstbe- Bewusstsein<br />

wusstsein Sie können Präsentationen<br />

durchführen<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

• Lebenserfahrung haben<br />

• Emotionale Kompetenz<br />

haben<br />

• Spezielle Persönlichkeit<br />

sein<br />

• Entscheidungsvermögen<br />

haben<br />

• Meinungen vertreten können<br />

• Selbständig arbeiten können<br />

• Führungserfahrung haben<br />

• Berufserfahrung haben<br />

• Erfahrungen in verwandten<br />

Tätigkeiten (kaufmännisch,<br />

medizinisch) haben<br />

• Versicherungsinteresse<br />

haben<br />

Beim Betrachten der obenstehenden Tabelle 10 fällt auf, dass die Theorien des Case Managements<br />

sowie auch die Expertinnen und Experten, ein hohes Mass an Selbstreflexion und<br />

Selbständigkeit bei den Selbstkompetenzen fordern. Dabei wird ersichtlich, dass die Verantwortlichen<br />

besonderen Wert auf die Selbständigkeit der Case ManagerInnen legen. Case<br />

ManagerInnen müssen selbständig arbeiten können. In der Zusammenarbeit mit dem Klientel<br />

und deren Umwelt führen und entscheiden können sowie dies nach aussen vertreten. Die<br />

Fähigkeit <strong>zur</strong> Selbstreflexion wird in der Theorie des Case Managements höher gewichtet als<br />

in der Praxis. Es fällt besonders auf, dass die Expertinnen und Experten grossen Wert auf<br />

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neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

die Lebenserfahrung der Case ManagerInnen legen. Unter diesem Begriff können die gesamten<br />

Erfahrungen aus dem bisherigen Leben einer Person verstanden werden und daher<br />

stellt die Lebenserfahrung eine undifferenzierte Kompetenz dar. In den Theorien wird eine<br />

hohe Belastbarkeit gefordert, jedoch wurde dieses Kriterium in den Interviews nicht explizit<br />

genannt. Es kann davon ausgegangen werden, dass im Case Management mit belastenden<br />

Arbeitssituationen umgegangen werden muss. Lernbereitschaft wurde nur von einer interviewten<br />

Person genannt. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine gewisse Lernbereitschaft<br />

in der Praxis vorausgesetzt wird. Ein professionelles Selbstbewusstsein wird in<br />

Form von Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein von der Theorie des Case Managements<br />

gefordert. Erstaunlicherweise wurde in den Interviews wenig dazu erwähnt.<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass SozialarbeiterInnen über die geforderten<br />

Selbstkompetenzen verfügen. Eine Ausnahme bildet darin die von den Expertinnen und Experten<br />

verschiedentlich geforderte Berufs- und Führungserfahrung. Diese Erfahrungen können<br />

in einer <strong>Bachelor</strong>ausbildung in Sozialer Arbeit nur bedingt vermittelt werden.<br />

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Tabelle 11: Gegenüberstellung der Methodenkompetenzen<br />

Methodenkompetenz<br />

Soziale Arbeit Case Management Qualitative Erhebung<br />

Analytisches Können<br />

Planerisches Können<br />

Kooperationskompetenz<br />

Interventionskompetenz<br />

Dokumentationskompetenz<br />

Sie können sich Urteile bilden<br />

Sie verfügen über analytische<br />

Fähigkeiten<br />

Sie verfügen über informatorische<br />

Fähigkeiten<br />

Sie verfügen über Wahrnehmungsvermögen<br />

Koordinationskompetenz<br />

Sie können multidisziplinäre<br />

und interinstitutionelle Zusammenarbeit<br />

initiieren<br />

Sie verfügen über planerische<br />

Fähigkeiten<br />

Sie verhalten sich stringent<br />

Fähigkeit <strong>zur</strong> multidisziplinären<br />

Zusammenarbeit<br />

Sie können Verhandlungen<br />

führen<br />

Sie können multidisziplinäre<br />

und interinstitutionelle Zusammenarbeit<br />

moderieren<br />

Networking<br />

Sie sind fähig <strong>zur</strong> Ressourcenallokation<br />

und -sicherung<br />

Coaching<br />

Sie haben die Fähigkeit, Systeme<br />

zu steuern<br />

Evaluationskompetenz Evaluationskompetenz<br />

Forschungskompetenz<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

• Koordinieren können<br />

• Netzwerke bilden und nutzen<br />

können<br />

• In der Fallarbeit führen<br />

können<br />

• Vorgaben aus Medizin auf<br />

Arbeitsmarkt verknüpfen<br />

können<br />

Eine ausgesprochene Kooperationskompetenz wird in der Theorie wie auch in der Praxis<br />

verlangt und kann als zentrale Methodenkompetenz angesehen werden. Case ManagerInnen<br />

müssen fähig sein, Netzwerke bilden und nutzen zu können. Die daraus entstehende<br />

Kooperation im Berufsalltag ist eine wichtige Fähigkeit. Die Interventionskompetenz wird sowohl<br />

in der Theorie wie auch in der Praxis gefordert. Das planerische Können sollte als Ableitung<br />

der geforderten Kooperations- und Interventionskompetenz verstanden werden.<br />

Komplexe Situationen anzugehen (vgl. Kapitel 1.2.2) ist der Gegenstand des Case Managements<br />

und dies bedingt eine gute Planung, besonders weil das hochkomplexe Wesen<br />

Mensch im Zentrum des Geschehens steht. In der Praxis werden das analytische Können<br />

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und die Evaluationskompetenz nicht angesprochen, obwohl diese Kompetenzen in den Phasen<br />

Assessment und Evaluation <strong>zur</strong> Anwendung kommen. Die Dokumentations- und Forschungskompetenz<br />

scheint in der Theorie des Case Managements wie auch in der Praxis<br />

keine wesentliche Bedeutung erlangt zu haben. Es kann jedoch davon ausgegangen werden,<br />

dass in den befragten Stellen dennoch eine sorgfältige Dokumentation unabdingbar ist.<br />

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Tabelle 12: Gegenüberstellung der Fachkompetenzen<br />

Fachkompetenz<br />

Soziale Arbeit Case Management Qualitative Erhebung<br />

Gesellschaft und gesellschaftliche<br />

Teilsysteme<br />

Entwicklung der Sozialen<br />

Arbeit<br />

Soziale Ungleichheit - soziale<br />

Probleme<br />

Entwicklung der Sozialen<br />

Arbeit<br />

Arbeitsfelder der Sozialen<br />

Arbeit<br />

Adressantinnen und Adressanten<br />

Kenntnis der medizinischen<br />

und sozialen Infra- und Versorgungsstruktur<br />

Sie verfügen über Rechts-<br />

und Verwaltungskenntnisse<br />

Sie kennen soziale Zusammenhänge<br />

von Gesundheit<br />

und Krankheit<br />

Kulturelles Wissen<br />

Sie haben Wissen über die<br />

Zielgruppen<br />

Sie kennen verschiedenste<br />

Lebenslagen und Lebensumstände<br />

Kommunikation Kommunikationskompetenz<br />

Organisation<br />

Methoden<br />

Erkenntnismöglichkeiten und<br />

Forschung<br />

Selbstkenntnis<br />

Internationaler Kontext<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Organisationswissen<br />

Sie haben Wissen über Organisationsentwicklung<br />

Sie haben Grundwissen in<br />

der Betriebswirtschaftslehre<br />

Verfahrenskompetenz in Assessment,<br />

Serviceplanung,<br />

Linking, Monitoring<br />

Sie verfügen über verfahrenssichere<br />

Fähigkeiten<br />

Sie kennen Case Management<br />

Konzepte und Strategien<br />

Wissensmanagement<br />

Erklärungs- und Handlungswissen<br />

• (Sozial-) Versicherungswissen<br />

haben<br />

• Kulturwissen haben<br />

• Kommunikationsfähigkeit<br />

haben<br />

• Ökonomisch denken und<br />

handeln können<br />

• CAS-Weiterbildung im Case<br />

Management<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 67


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neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Ein Vergleich der Fachkompetenzen der Sozialen Arbeit und des Case Managements erweist<br />

sich als schwierig, da unter Fachkompetenzen die spezifischen Kenntnisse, Fertigkeiten<br />

und Fähigkeiten für eine berufliche Tätigkeit verstanden werden (vgl. Kapitel 1.1.4). Diese<br />

Kompetenzen können auch innerhalb des Case Managements variieren. Es soll berücksichtigt<br />

werden, dass die Soziale Arbeit in einem breiten Arbeitsfeld tätig ist (vgl. Kapitel<br />

1.1.1) und das Case Management in Gesundheits-, Sozial- und Versicherungswesen (vgl.<br />

Kapitel 1.2) angewendet wird. Somit wird jeweils ein spezifisches Fachwissen gefordert. Die<br />

Wichtigkeit des Versicherungswissens wird aus verschiedenen Interviews ersichtlich. SozialarbeiterInnen<br />

haben Kenntnisse der Sozialen Sicherheit und dabei ist ein Grundwissen im<br />

Sozialversicherungsbereich enthalten. Jedoch bringen sie das teilweise geforderte profunde<br />

Versicherungswissen mit der <strong>Bachelor</strong>ausbildung in Sozialer Arbeit nicht mit. Bei der Auswertung<br />

der Fachkompetenzen fällt auf, dass die CAS-Weiterbildung bei den Expertinnen<br />

und Experten eine hohe Akzeptanz geniesst. Das SASSA-Rahmenkonzept sieht als Methode<br />

auch das Case Management vor. Dennoch ist bekannt, dass die Umsetzung in der Studienplanung<br />

nicht bei allen Hochschulen für Soziale Arbeit gleichartig verläuft. Weiter nannten<br />

einige Expertinnen und Experten eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit als ein wichtiges<br />

Kriterium bei der Arbeit einer Case Managerin oder eines Case Managers. Dies kann als<br />

eine wichtige Fähigkeit betrachtet werden und deckt sich mit den Kompetenzen aus der Literatur.<br />

Eine Organisation zu verstehen und diese weiterzuentwickeln, wird sowohl bei der Sozialen<br />

Arbeit wie auch beim Case Management verlangt. Die ökonomische Denk- und Handlungsweise,<br />

wie dies die Praxis fordert, kann als Grundlage von führungsbezogenen Tätigkeiten<br />

verstanden werden. In der Zusammenarbeit mit Menschen kann das Wissen über die<br />

Lebenslagen der Adressantinnen und Adressanten als konstruktiver Baustein betrachtet<br />

werden. Es erstaunt nicht, dass weder die Theorie noch die PraktikerInnen des Case Managements<br />

spezifische Fachkompetenzen der Sozialen Arbeit, wie beispielsweise die Entwicklung<br />

der Sozialen Arbeit, berücksichtigen.<br />

Einige Kompetenzen aus der Theorie und Praxis des Case Management konnten nicht im<br />

SASSA-Rahmenkonzept verortet werden.<br />

Bei der Theorie ist dies:<br />

• Arbeitsfeldspezifisches Wissen<br />

Aus der Praxis beziehungsweise den Interviews sind dies:<br />

• Tertiäre Ausbildung, beispielsweise in Sozialer Arbeit, Psychologie oder Rechtswissenschaften<br />

• Über Medizinwissen verfügen<br />

Bei zwei Kompetenzen handelt es sich um fachspezifische Kenntnisse, die tertiäre Ausbildung<br />

kann als umfassendes Kompetenzpaket betrachtet werden.<br />

Ein Diplom ist keine Garantie für einen homogenen Kompetenzerwerb der Studierenden, da<br />

die individuelle Persönlichkeit eine wichtige Rolle spielt. Weiter steht die Kompetenzvermittlung<br />

in einem direkten Zusammenhang mit der Ausbildungsstätte. Gesamthaft, über alle<br />

Kompetenzbereiche betrachtet, ist festzuhalten, dass ein Studium in Sozialer Arbeit weitgehend<br />

die geforderten Kompetenzen aus Theorie und Praxis des Case Managements abdeckt.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 68


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

4.5 Kritische Würdigung<br />

Wie bereits mehrmals erwähnt, hat sich das Case Management von der Sozialen Arbeit in<br />

andere Bereiche ausgedehnt, so auch in die Sozialversicherungen. Jedoch wurde nicht der<br />

breite theoretische Fundus aus der Sozialen Arbeit aufgegriffen, sondern nur der methodische<br />

Aspekt des Case Managements. Die Anwendung und die theoretische Entwickelung<br />

des Case Managements wurde bis in die 80er Jahren durch SozialarbeiterInnen massgebend<br />

mitgeprägt. Danach wurde dieses Konzept auch von anderen Disziplinen übernommen<br />

(vgl. Kapitel 1.2.1). Beim Betrachten der Theorien der Sozialen Arbeit und des Case Managements<br />

fällt besonders der Unterschied zwischen Bedürfnis- und Bedarfsorientierung auf.<br />

Die Soziale Arbeit hat offenbar eine Bedürfnisorientierung (vgl. Kapitel 1.1.1) und das Case<br />

Management eher eine Bedarfsorientierung (vgl. Kapitel 1.2.2). Häufig wird in der Praxis eine<br />

Win-win-Situation angestrebt. Dabei werden die legitimen ökonomischen Gedanken einer<br />

Sozialversicherung verfolgt, jedoch werden dabei auch die Interessen des Klientels berücksichtigt<br />

und gefördert. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass Letzteres ein<br />

neuer Ansatz in der Sozialversicherungslandschaft darstellt.<br />

SozialarbeiterInnen verfügen über den Grossteil der Kompetenzen, die im Case Management,<br />

sowohl in der Theorie als auch von der Praxis, gefordert werden. Eine Ausnahme bildet<br />

das von den Expertinnen und Experten oft verlangte versicherungsrechtliche Fachwissen.<br />

In der Ausbildung der Sozialen Arbeit streifen die Studierenden Sozialversicherungsfragestellungen,<br />

jedoch entspricht dieses erworbene Wissen nicht der Tiefe, die teilweise in der<br />

Praxis gefordert wird. Dabei muss aber darauf hingewiesen werden, dass je nach Tätigkeitsfeld<br />

ein unterschiedliches Spezialwissen erforderlich ist. Allgemein kann davon ausgegangen<br />

werden, dass das benötigte Fachwissen erlernt werden kann; an kognitiven Fähigkeiten sollte<br />

es tertiär ausgebildeten SozialarbeiterInnen grundsätzlich nicht mangeln. Die Verantwortlichen<br />

des Case Managements in Sozialversicherungen haben teilweise Bedenken geäussert,<br />

hinsichtlich der ökonomischen Denk- und Handlungsweisen von SozialarbeiterInnen. Dieser<br />

Einwand ist in Anbetracht des Doppelmandates der Sozialen Arbeit nur bedingt gerechtfertigt.<br />

Es kann die These entwickelt werden, dass die SozialarbeiterInnen aufgrund des gewohnten<br />

Umganges mit einem Doppelmandatverständnis den verschiedenen Rollen im Case<br />

Management gerecht werden können. Sie sind auch vertraut im Umgang mit unterschiedlichen<br />

Interessen und Anforderungen. Zur Sozialen Arbeit gehört auch ein ökonomischer Umgang<br />

mit den vorhandenen Ressourcen. Andererseits ist die Soziale Arbeit typischerweise<br />

keinem Marktdruck ausgesetzt, wie dieser teilweise in den Sozialversicherungen herrscht.<br />

Dieses Spannungsfeld des Doppelmandates und dessen anspruchsvolle Umsetzung sind in<br />

der Sozialen Arbeit längst erkannt. Als Leitlinie im Umgang damit wurde vor Jahren der<br />

Ethikkodex für die Soziale Arbeit eingeführt. Im Case Management sind aber auch Personen<br />

tätig, die sich nicht am Berufskodex der Sozialen Arbeit orientieren. Gegenwärtig erarbeitet<br />

das Netzwerk Case Management Schweiz ethische Standards für das Case Management<br />

(vgl. Kapitel 1.2.5). Das dritte Mandat der Sozialen Arbeit (vgl. Kapitel 1.1.1) kann beim Einstieg<br />

in das Praxisfeld Case Management in Sozialversicherungen hinderlich sein. Dies vor<br />

dem Hintergrund, dass gewisse Zielkonflikte zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden<br />

auftreten können, wenn SozialarbeiterInnen einen Gesellschaftswandel anstreben.<br />

Dass einige Expertinnen und Experten die Anstellung von SozialarbeiterInnen in ihrem Case<br />

Management ausschliessen, lässt sich mit Vorurteilen gegenüber den SozialarbeiterInnen<br />

erklären. Aus den Interviews geht hervor, dass einige Verantwortliche des Case Managements<br />

nicht in ausreichendem Mass über die heutzutage erwarteten Kompetenzen der SozialarbeiterInnen<br />

im Bild sind.<br />

Die Annahme, dass sich der consumer-driven Ansatz eher als der system-driven Ansatz für<br />

SozialarbeiterInnen eignet, kann unter Einbezug der Theorien aus Sozialer Arbeit und Case<br />

Management bestätigt werden. Die untersuchten Sozialversicherungen können nicht eindeutig<br />

den theoretischen Konstrukten system-driven beziehungsweise consumer-driven zugeordnet<br />

werden. Vielmehr weisen die Versicherungen gewisse Tendenzen der einen oder an-<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 69


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

deren Art auf. In der Praxis ist massgebend, welches Verständnis die Verantwortlichen einer<br />

Sozialversicherung vom Case Management haben und nach welchem Konzept es betrieben<br />

wird. Der Implementierungsgrad des Case Managements (vgl. Kapitel 1.2.4) wirkt sich nicht<br />

zuletzt auch auf das Anforderungsprofil der Mitarbeitenden aus.<br />

Die quantitative Untersuchung ergab, dass eine Mehrzahl der Deutschschweizer Sozialversicherungen<br />

ein Case Management betreiben (89%). Bei der Mehrheit der Sozialversicherungen,<br />

die ein internes Case Management anwenden, sind aber keine SozialarbeiterInnen angestellt<br />

(66%). Dennoch weisen einzelne Versicherungen einen relativ hohen Anteil an SozialarbeiterInnen<br />

in ihren Case Management Teams auf (bis zu 43%). Sowohl in eher systemdriven<br />

wie auch consumer-driven orientierten Versicherungen sind SozialarbeiterInnen als<br />

Case ManagerInnen tätig (vgl. Kapitel 3.2). Diese Erkenntnis verdeutlicht, dass gewisse SozialarbeiterInnen<br />

durchaus in der Lage sind, sich die häufig geforderten Versicherungskenntnisse<br />

auch in einer eher system-driven orientierten Versicherung, anzueignen. Gemäss den<br />

Interviews sind dennoch gewisse Tendenzen, dass SozialarbeiterInnen eher in Versicherungen<br />

mit einem consumer-driven orientierten Ansatz tätig sind.<br />

Die Eignung von SozialarbeiterInnen für das Case Management wurde teilweise von den<br />

Personalverantwortlichen in den Deutschschweizer Sozialversicherungen bereits erkannt.<br />

Dies ist aufgrund der quantitativen, wie auch der qualitativen Erhebung, deutlich erkennbar.<br />

In rund einem Drittel der untersuchten Versicherungen werden SozialarbeiterInnen beschäftigt.<br />

Der Anteil von 36 (5.8%) SozialarbeiterInnen von insgesamt 626 Case ManagerInnen ist<br />

aber in Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim Case Management um eine Methode mit<br />

Ursprung in der Sozialen Arbeit handelt, sehr gering. Aus den geführten Interviews geht hervor,<br />

dass von Case ManagerInnen nicht dringend ein Hochschulabschluss gefordert wird.<br />

Einige Sozialversicherungen haben sogar gegenüber einem tertiären Bildungsabschluss gewisse<br />

Vorbehalte geltend gemacht. Ob sich eine höhere Qualifikation positiv auf den monetären<br />

Erfolg auswirkt, ist bei den Expertinnen und Experten umstritten. Als wichtiges Kriterium<br />

für eine Anstellung wird häufig nicht die Qualifikation als solche genannt, sondern vor allem<br />

auf die Persönlichkeit der Case ManagerInnen hingewiesen.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 70


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neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

5 Schlussfolgerung<br />

In diesem Kapitel werden die wichtigsten Erkenntnisse aus dieser <strong>Bachelor</strong>arbeit nochmals<br />

aufgenommen und die Titelfrage wird beantwortet. Anschliessend werden Überlegungen betreffend<br />

der Zukunft von SozialarbeiterInnen im Bereich des Case Managements in Sozialversicherungen<br />

gemacht und kritische Reflexionen angeführt.<br />

5.1 Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Da das Case Management aus der Praxis der Sozialen Arbeit entstand und lange Zeit vorwiegend<br />

durch SozialarbeiterInnen betrieben wurde, sind SozialarbeiterInnen grundsätzlich<br />

als Case ManagerInnen prädestiniert (vgl. Kapitel 1.2.1). Das Case Management kann und<br />

wird von verschiedenen Berufsgruppen wahrgenommen, da es sich dabei hauptsächlich um<br />

eine Verknüpfungsaufgabe handelt. Wie in Kapitel 1.2.6 dargelegt, ist umstritten, ob es sich<br />

beim Case Management um einen eigenständigen Beruf handelt. Das Verständnis der jeweiligen<br />

Versicherung über das Konzept ihres Case Managements bestimmt den Beratungsanteil<br />

in der Fallführung massgeblich (vgl. Kapitel 1.2.2 und 1.2.5). Die quantitative Erhebung<br />

zeigt auf, dass im Moment SozialarbeiterInnen einen relativ geringen Anteil an Stellen im<br />

Case Management in den Sozialversicherungen einnehmen (5.8%). Jedoch ist bei rund einem<br />

Drittel (12 von 35) der untersuchten Sozialversicherungen, die ein internes Case Management<br />

anbieten, mindestens eine Sozialarbeiterin oder ein Sozialarbeiter tätig. Dabei besteht<br />

keine Korrelation zwischen der Teamgrösse und dem Anteil SozialarbeiterInnen. Aufgrund<br />

dieser Erhebung kann festgehalten werden, dass SozialarbeiterInnen den Einstieg in<br />

das Case Management gefunden haben und aus Sicht der Sozialen Arbeit ein grosses Entwicklungspotential<br />

in Bezug auf die Stellenbesetzung in diesem Berufsfeld besteht.<br />

Aus den Interviews mit den Expertinnen und Experten kann ein unterschiedliches Verständnis<br />

über die Einsatzmöglichkeit von SozialarbeiterInnen im Case Management abgeleitet<br />

werden. Es zeigte sich, dass das Spektrum dieser Rückmeldungen sehr breit ist. So sind einige<br />

Expertinnen und Experten der Meinung, dass sich SozialarbeiterInnen als Case ManagerInnen<br />

eignen, andere haben gewisse Vorbehalte. Wenige lehnen die SozialarbeiterInnen<br />

in dieser Funktion völlig ab. Diese Haltung wurde vor allem mit Vorurteilen gegenüber den<br />

SozialarbeiterInnen begründet. Eine ökonomische Denk- und Handlungsweise wurde mehrfach<br />

von den interviewten Personen als Voraussetzung für Case ManagerInnen erwähnt. Es<br />

wurde auch skeptisch hinterfragt, ob SozialarbeiterInnen diese Fähigkeit mitbringen. An dieser<br />

Stelle sei darauf hingewiesen, dass SozialarbeiterInnen teilweise vor dem Studium <strong>zur</strong><br />

Sozialen Arbeit im privatwirtschaftlichen Bereich tätig waren und dadurch entsprechende Erfahrungen<br />

mitbringen. Ausserdem setzt das Doppelmandat (vgl. Kapitel 1.1.1) der SozialarbeiterInnen<br />

voraus, dass sie neben der Hilfe auch die Rahmenbedingungen von Organisationen,<br />

die Gesetze und die sonstigen Vorgaben einhalten können. Weiter ist anzumerken,<br />

dass sich auch die Soziale Arbeit mit einem wachsenden ökonomischen Druck auseinandersetzen<br />

muss (vgl. Kapitel 4.3).<br />

Der Vergleich der Antworten der Expertinnen und Experten mit den jeweiligen Kompetenzprofilen<br />

zeigt, dass SozialarbeiterInnen weitgehend den Anforderungen, die an Case ManagerInnen<br />

gestellt werden, gerecht werden. Eine Ausnahme bildet das teilweise geforderte<br />

vertiefte Versicherungswissen. Ein entsprechendes Basiswissen bringen SozialarbeiterInnen<br />

aus dem Studium bereits mit. Nach der breit angelegten <strong>Bachelor</strong>ausbildung besuchen SozialarbeiterInnen<br />

oft spezifische Weiterbildungen, damit sie dem konkreten Arbeitskontext gerecht<br />

werden. Eine Vertiefung des Versicherungswissens kann in gleicher Form angegangen<br />

werden.<br />

Die leitende Annahme, dass sich SozialarbeiterInnen in einem consumer-driven orientierten<br />

Case Management eher eignen, als in einem system-driven Case Management, kann an-<br />

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Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

hand der qualitativen Analyse tendenziell bestätigt werden (vgl. Kapitel 3.2). Dabei ist jedoch<br />

anzumerken, dass in dieser Forschung keines der beiden Konzepte des Case Managements<br />

in reiner Form vorzufinden ist. Es kann festgehalten werden, dass SozialarbeiterInnen eine<br />

gute Basis für ein ergänzendes, eher auf Beratung und Begleitung ausgerichtetes Case Management<br />

mitbringen. In Case Managements, die einen hohen versicherungstechnischen<br />

und einen geringen beraterischen Aufgabenbereich haben, eignen sich andere Berufsgruppen<br />

tendenziell eher für diese Tätigkeit als SozialarbeiterInnen.<br />

Die Frage, ob das Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen ein neues<br />

Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen darstellt, kann wie folgt beantwortet werden:<br />

SozialarbeiterInnen sind, wie die quantitative Erhebung aufzeigt, bereits in diesem Arbeitsfeld<br />

tätig. Es besteht ein beachtliches Potential für SozialarbeiterInnen, sich im Case Management<br />

der Deutschschweizer Sozialversicherung stärker zu positionieren. Die SozialarbeiterInnen<br />

decken die geforderten Kompetenzen der Case ManagerInnen in Sozialversicherungen<br />

weitgehend ab. Die Eignung der SozialarbeiterInnen hängt jedoch wesentlich vom<br />

Konzept ab, gemäss dem die entsprechende Versicherung ihr Case Management betreibt.<br />

Dabei spielt es eine Rolle, ob es sich eher um ein consumer- oder um ein system-driven orientiertes<br />

Konzept handelt und welche Vorstellungen die SozialarbeiterInnen in Bezug auf ihre<br />

eigene Berufsidentität haben. SozialarbeiterInnen eignen sich besonders für einen consumer-driven<br />

orientierten Kontext und sollten dies bei der Auswahl der Arbeitgeberin oder<br />

des Arbeitgebers entsprechend berücksichtigen. Eine Prüfung der gegenseitigen Ansprüche<br />

und Bedürfnisse während der Bewerbungsphase kann für beide Parteien aufschlussreich<br />

sein.<br />

5.2 Kritische Reflexion und Ausblick<br />

Ein Drittel der Ausgaben für die Soziale Sicherheit in der Schweiz werden in die Sozialversicherungen<br />

investiert (Bollier, 2005, S. 39). Aufgrund ihrer wichtigen Stellung und ihrer Auswirkungen<br />

auf die Soziale Sicherheit lohnt sich eine Auseinandersetzung mit den Sozialversicherungen<br />

und diesem neuen Arbeitsfeld für die Soziale Arbeit.<br />

Die Ziele, die bei der Einführung des Case Managements in den Sozialversicherungen verfolgt<br />

wurden, sind auch ökonomischer Natur (vgl. Kapitel 4.5). Case Management scheint<br />

nicht nur im Sozialwesen ein Mittel <strong>zur</strong> Verbesserung der Effektivität und Effizienz zu sein,<br />

sondern auch bei den Versicherungen (vgl. Wendt, 1991, S. 15). Nichtsdestotrotz sollen<br />

auch die Klientinnen und Klienten durch die umfangreiche Betreuung einen Gewinn erzielen<br />

und in der Hilfe <strong>zur</strong> Selbsthilfe unterstützt werden. Peter Sommerfeld & Dieter Haller (2003)<br />

fügen kritisch an: „Es ist evident, dass ein Managerialismus in Reinkultur professionelles<br />

Handeln praktisch verunmöglichen würde“ (S. 66). Der erhöhte finanzielle Druck macht auch<br />

vor dem Sozialwesen nicht halt und die Soziale Arbeit ist diesem unweigerlich unterworfen.<br />

Die Frage dabei ist nicht, ob der Druck effektiv besteht, sondern welche Rolle man darin einnimmt.<br />

Gemäss Sommerfeld & Haller (2003) kann eine Modernisierung aufgrund von knappen<br />

ökonomischen Ressourcen auch eine Chance darstellen, da die Soziale Arbeit dadurch<br />

gezwungen wird, ihre Wirkung und Anschlussfähigkeit nachzuweisen (S. 75). Die mangelhafte<br />

interne professionelle Identität der Sozialen Arbeit kann dazu führen, dass die Fremdreferenz<br />

der ökonomischen Rationalität dominant wird und sich zu einer Begrenzung der Möglichkeiten<br />

der professionellen Rationalität entwickelt (ebd. S. 87). Werner Thole & Peter<br />

Cloos (2000) weisen darauf hin, dass die Soziale Arbeit zwar über ein dichtes theoretisches<br />

Bezugssystem verfügt, aber über kein einheitliches Profil und kein konsensuales theoretisches<br />

Referenzsystem. Bisher erfolgte die Übernahme von Theorien aus den Bezugswissenschaften<br />

wie zum Beispiel aus der Soziologie oder der Psychologie in der Regel mit einer<br />

gewissen Adaptation. Ähnliche Anpassungen können aber bei der Übernahme von ökonomischen<br />

Modellen, so Thole und Closs, nicht beobachtet werden (S. 551 ff.). Die Soziale Arbeit<br />

übernimmt in der Praxis demnach ökonomische Modelle, ohne diese bewusst mitzugestalten<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 72


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

oder auf ihren eigenen Bereich zu adaptieren. Aus der Sicht der Sozialen Arbeit ist eine solche<br />

unreflektierte Übernahme von ökonomischen Vorgaben sicherlich nicht wünschenswert.<br />

SozialarbeiterInnen haben die Chance, sich als Case ManagerIn in Sozialversicherungen<br />

einzubringen und dieses Feld aktiv mitzugestalten. Dabei ist es aber wichtig, dass sie nicht<br />

ihre Wurzeln und ihren Wissens- und Handlungsfundus verlieren. Soziale Arbeit hat gemäss<br />

Heiner (2007) die Funktion, die Teilnahmemöglichkeiten und die Teilnahmebereitschaft ihrer<br />

Klientinnen und Klienten zu verbessern (S. 53). Das Case Management operiert insbesondere<br />

in einem consumer-driven orientierten Kontext in diesem Bereich. Wenn sich die Soziale<br />

Arbeit in einem solchen Gebiet engagiert, dann macht sie nichts anderes, als das, was ihrer<br />

Funktion entspricht. Ohne Beteiligung von SozialarbeiterInnen besteht die Befürchtung, dass<br />

die Soziale Arbeit ein ihr ureigenes methodisches Konzept anderen Berufsgruppen überlässt.<br />

Bei der Rezeption durch andere Berufsgruppen wächst die Gefahr, dass die Grundhaltungen<br />

und das theoretische Gesamtkonzept des Case Managements in den Hintergrund<br />

geraten. Aufgrund ihrer Transdisziplinarität (vgl. Kapitel 1.1.3) hat die Soziale Arbeit eine gute<br />

Basis für diese intensive Auseinandersetzung im teilweise marktorientierten Feld der Sozialversicherungen.<br />

Dabei könnte in einer weiteren Forschungsarbeit ergründet werden, wie<br />

sich das Berufsbild der SozialarbeiterInnen verändert, welche in einem marktwirtschaftlichen<br />

Kontext arbeiten.<br />

Die Schwierigkeit der Sozialen Arbeit besteht zu einem wesentlichen Teil darin, dass das Tätigkeitsfeld<br />

der Sozialen Arbeit sehr breit ist (vgl. Kapitel 1.1.1). Gemäss Engelke (2002) wirken<br />

sich Unklarheiten des Begriffs Soziale Arbeit sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaftstheorie<br />

negativ aus (S. 9). Nach Sommerfeld (2000) soll sich die Soziale Arbeit in<br />

ihrem eigenen Interesse eingrenzen und sich aus therapeutisch orientiertem Handeln <strong>zur</strong>ückhalten<br />

(zit. in Klug, 2003, S. 163). Die Transdiziplinarität ist nicht nur eine gute Ausgangslage<br />

für die beschriebene Auseinandersetzung mit anderen Berufsgruppen und die berufliche<br />

Praxis als Case ManagerIn, in der man sich oft mit Personen aus verschiedenen<br />

Disziplinen befasst. Sie bietet noch einen weiteren Vorteil: Matthias Müller & Corinna Ehlers<br />

(2008) führen an, dass das Case Management aufgrund seines transdisziplinären Charakters<br />

eine konzeptionelle Brücke zwischen den heterogenen Arbeitsfeldern des Sozial- und<br />

des Gesundheitswesens darstellt. Mit der spezifischen Verknüpfungsaufgabe im Case Management<br />

kann ein neues Spezialwissen generiert werden, das der Sozialen Arbeit dienlich<br />

ist (S. 7). Auch Klug (2003) sieht im Case Management eine Chance für die Soziale Arbeit,<br />

da mit dem Case Management die Allzuständigkeit durch die Begrenzung des Handelns relativiert<br />

wird. Demzufolge ist „(…) Case Management nicht nur eine sozialarbeiterische Methode,<br />

sie bietet als eine der wenigen durchkonstruierten und im internationalen Kontext erprobten<br />

Verfahrensweisen die Möglichkeit, ein eigenständiges Profil [der Sozialen Arbeit] zu<br />

entwickeln“ (S. 164).<br />

Die klare Ablaufstruktur des Case Managements bietet noch einen weiteren, in der Literatur<br />

nicht erwähnten, Vorteil. Die Arbeitsweise von SozialarbeiterInnen wird für Dritte nachvollziehbarer.<br />

Aufgrund der klar ersichtlichen Parallelen zu bestehenden Handlungsmodellen<br />

(vgl. Kapitel 1.1.3 und 1.2.3) sind die Arbeitsschritte des Case Managements anschlussfähig<br />

und können auch von Nicht-SozialarbeiterInnen leicht verstanden werden. Durch die erhöhte<br />

Nachvollziehbarkeit kann eine gesteigerte Messbarkeit und somit eine bessere Akzeptanz<br />

der Arbeit erwartet werden. Man kann daher davon ausgehen, dass sich das Case Management<br />

aus diesen Gründen positiv auf das Ansehen der SozialarbeiterInnen auswirken kann.<br />

Es bleibt zu hoffen, dass sich dies wiederum vorteilhaft auf die Vorurteile auswirkt, mit denen<br />

die SozialarbeiterInnen vereinzelt durch die Verantwortlichen des Case Managements konfrontiert<br />

werden (vgl. Kapitel 4.3). Es kann durchaus sein, dass auch die Soziale Arbeit ebenfalls<br />

Vorurteile gegenüber dem Case Management hat, dies insbesondere wenn Case Management<br />

in einer Versicherung erfolgt. Dies könnte mit ein Grund für die noch relativ geringe<br />

Beschäftigungsquote von SozialarbeiterInnen in diesem Arbeitsfeld sein. Eine Untersuchung<br />

bezüglich der bestehenden Vorurteile könnte der Inhalt für eine weitere Forschungsarbeit<br />

darstellen.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 73


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Am Schritt nach aussen, also der Positionierung in der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik<br />

muss weiterhin gearbeitet werden. Unklar ist jedoch, wie dies zu erfolgen hat. In der Definition<br />

der Sozialen Arbeit wird von einer Förderung des sozialen Wandels gesprochen und<br />

Staub-Bernasconi (2007) plädierte für ein drittes Mandat in der Sozialen Arbeit, welches<br />

auch eine gesellschaftliche Komponente enthält (vgl. Kapitel 1.1.1). Durch diesen Anspruch<br />

scheint das Bild der Sozialen Arbeit etwas diffus zu werden. In einem Interview wurde in diesem<br />

Zusammenhang erwähnt, dass nicht klar ist, wofür genau die Soziale Arbeit einsteht<br />

(vgl. Kapitel 4.2).<br />

Es stellt sich somit die Frage, ob man durch eine Tätigkeit, die einen Gesellschaftswandel erreichen<br />

will, nicht den Anschein von „Weltverbessernden" erhält. Ob dies für die Soziale Arbeit<br />

immer nützlich ist oder ob sie dadurch in ihrer Zielerreichung mitunter nicht auch behindert<br />

wird, ist fraglich. Siegfried Schneider (2001) fügt dazu an, dass Soziale Arbeit nur dann<br />

politikfähig wird, wenn sie eine Distanz <strong>zur</strong> Politik wahrt (zit. in Klug, 2003, S. 163). Eine klare,<br />

sachliche und wissenschaftliche Fokussierung würde diesem Anschein entgegen wirken<br />

und die Soziale Arbeit über ihre Grenzen hinaus greifbarer machen.<br />

Grundsätzlich wäre es wünschenswert, dass sich die Soziale Arbeit in der Schweiz verstärkt<br />

um das Case Management kümmern würde. Ein Indiz dafür, dass dies nur beschränkt geschieht,<br />

ist die Tatsache, dass das Thema Case Management in der Grundausbildung in Sozialer<br />

Arbeit nur gestreift wird. Hierbei bestehen jedoch Unterschiede zwischen den verschiedenen<br />

Fachhochschulen. Ein möglicher Weg, den Einstieg von SozialarbeiterInnen als<br />

Case ManagerInnen bei den Sozialversicherungen zu erhöhen, bestünde darin, dem Case<br />

Management ein grösseres Gewicht im <strong>Bachelor</strong>studium beizumessen und dies publik zu<br />

machen. Die Studierenden der Sozialen Arbeit bringen ein gutes Basiswissen mit. Aus diesem<br />

Grund sollte eine zusätzliche Vertiefung im Bereich des Case Managements in das Studium<br />

integrierbar sein. Der Wert eines CAS in Case Management soll bei dieser Forderung<br />

nicht in Frage gestellt werden. Dabei ist anzumerken, dass das CAS im Case Management<br />

durch verschiedene Berufsgruppen absolviert wird und somit eine Plattform bietet, um gegenseitige<br />

Vorurteile abzubauen und Wissen über die einzelnen Tätigkeiten auszutauschen.<br />

Doch auch ein CAS in Case Management ist kein Garant dafür, dass Mitarbeitende den untersuchten<br />

Anforderungen in der Praxis gerecht werden können. SozialarbeiterInnen müssen,<br />

wie bereits ausführlich dargelegt, teilweise sozialversicherungsrechtliche Lücken schliessen.<br />

Es ist jedoch schwierig, im Rahmen eines CAS die Sozialkompetenzen intensiv weiterzuentwickeln.<br />

Es gibt auch kritische Stimmen zum Case Management. Galuske (1998) befürchtet beispielsweise,<br />

dass mit dem Case Management ein weiteres Kontrollelement geschaffen wird<br />

(S. 189). Diese Aussage ist zweifelsohne ernst zu nehmen. Aufgrund des in den Kapitel<br />

1.2.3 und 4.5 ausgeführten Doppelmandats des Case Managements besteht von Grund auf<br />

ein Spannungsverhältnis. Zudem besteht ein wesentliches Machtgefälle zwischen der Case<br />

Managerin oder dem Case Manager und der Klientin oder dem Klienten. Beides ist für die<br />

Soziale Arbeit nicht atypisch. Im Gegenteil, das Doppelmandat ist seit jeher ein fester Bestandteil<br />

der Sozialen Arbeit. SozialarbeiterInnen sind daher den Umgang mit diesen unterschiedlichen<br />

Anforderungen gewohnt und werden im Studium speziell darauf sensibilisiert<br />

und geschult. Zudem unterstehen sie ihrem Berufskodex. Der Problematik des Doppelmandates<br />

ist man sich im Case Management durchaus bewusst. Dies zeigt sich darin, dass das<br />

Netzwerk Case Management um die Erarbeitung von ethischen Standards für das Case Management<br />

bemüht ist (vgl. 1.2.5). Es stellt sich die Frage, inwiefern der Kontext einer Sozialversicherung<br />

sich in Bezug auf Machtmissbrauch niederschlägt und ob wesentliche Unterschiede<br />

zum klassischen Einsatzfeld der Sozialen Arbeit bestehen. Eine Analyse der konkreten<br />

Auswirkungen einer Tätigkeit von SozialarbeiterInnen in Bezug auf den potentiellen<br />

Machtmissbrauch im Kontext einer Sozialversicherung könnte Gegenstand einer weiteren<br />

<strong>Bachelor</strong>arbeit sein.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 74


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Abschliessend kann festgehalten werden, dass am Abbau der gegenseitigen Vorurteile gearbeitet<br />

werden sollte. Weiter ist das Potential der SozialarbeiterInnen vorhanden, um sich<br />

im Case Management in Sozialversicherungen stärker zu positionieren. Hierzu müssten SozialarbeiterInnen<br />

ihre eigene berufliche Identität und ihre Kompetenzen gegenüber Dritten<br />

aktiver vertreten und sich um Stellen im Case Management bemühen. Zudem sollte die<br />

Theorieentwicklung des Case Managements weiterhin stark durch die Soziale Arbeit gefördert<br />

werden.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 75


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

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Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 77


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

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(2. neub. und erw. Aufl.). Weinheim: Juventa.<br />

Marotzki, Winfried (2003). Leitfadeninterview. In Ralf Bohnsack, Winfried Marotzki & Michael<br />

Meuser (Hrsg.), Hauptbegriffe Qualitativer Sozialforschung. Ein Wörterbuch. Opladen:<br />

Leske + Budrich.<br />

Mayer, Horst Otto (2004). Interview und schriftliche Befragung. Entwicklung, Durchführung<br />

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Metzger, Marius (2009). Sampling: Wie kommt man <strong>zur</strong> Stichprobe? Unveröffentlichtes Unterrichtsskript.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit.<br />

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In Brigitta Michel-Schwartze (Hrsg.), Einführung: Methodenverständnis und Handlungsrationalitäten<br />

(2. Aufl. S. 7-24.) Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

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- Implementierung. In Wolf Rainer Wendt & Peter Löcherbach (Hrsg.), Case<br />

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neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

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(S. 12-46). Freiburg: Lambertus.<br />

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Gefunden am 01. Juli 2009, unter http://www.avenirsocial.ch/cm_data/<br />

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Swiss Excellent Award (2004). ESPRIX Preisträger 2004. Gefunden am 01. Mai 2009, unter<br />

http://www.esprix.ch/de/swissea/frueh_gewinner.php<br />

Thole, Werner & Cloos, Peter (2000). Soziale Arbeit als professionelle Dienstleistung. Zur<br />

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Fachkultur. In Siegfried Müller, Heinz Sünker, Thomas Olk & Karin Böllert (Hrsg.), Soziale<br />

Arbeit zwischen Politik und Dienstleistung (S. 535-556). Neuweid: Luchterhand.<br />

Twisselmann, Wiebke (2008). Master in Sozialer Arbeit: ein Meilenstein. Impuls, S. 14-15.<br />

Bern: Berner Fachhochschule BFH, Fachbereich Soziale Arbeit.<br />

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Soziales und Kulturelles.<br />

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Gefunden am 01. Juni 2009, unter http://www.rvk.ch/kunden-002-100302-de.htm<br />

Wendt, Wolf Rainer (1991). Die Handhabung der sozialen Unterstützung. Eine Einführung in<br />

das Case Management. In Wolf Rainer Wendt (Hrsg.), Unterstützung fallweise. Case<br />

Management in der Sozialarbeit. Freiburg im Breisgau: Lambertus.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 79


Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Wendt, Wolf Rainer (1995). Die Handhabung der sozialen Unterstützung. Eine Einführung in<br />

das Case Management. In Wolf Rainer Wendt (Hrsg.), Unterstützung fallweise. Case<br />

Management in der Sozialarbeit (2. Aufl.). Freiburg im Breisgau: Lambertus.<br />

Wendt, Wolf Rainer (2001). Case Management im Sozial- und Gesundheitswesen. Eine Einführung<br />

(3. Aufl.). Freiburg im Breisgau: Lambertus.<br />

Wendt, Wolf Rainer (2002). Case Management: Stand und Positionen in der Bundesrepublik.<br />

In Peter Löcherbach, Wolfgang Klug, Ruth Remmel-Fassbender & Wolf Rainer Wendt<br />

(Hrsg.), Case Management. Fall- und Systemsteuerung in Theorie und Praxis. (3. aktu.<br />

Aufl. S. 13-35). Kriftel: Luchterhand<br />

Wendt, Wolf Rainer (2005). Case Management: ein Konzept, viele Anwendungen. Managed<br />

Care, 9(2), S. 7-9.<br />

Wiedmann, Klaus-Peter; Fombrun, Charles & Van Riel, Cees (2007). Reputationsanalyse mit<br />

dem Reputation Quotient. In Manfred Piwinger & Ansgar Zerfaß (Hrsg.), Handbuch Unternehmenskommunikation<br />

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Woodtly, Roland (2005). Professionalisierung von Case Management in der Schweiz. Case<br />

Management heute. Managed Care (2), S. 17-18.<br />

Woodtly, Roland (2008). Was müssen Case Manager/innen können? Unveröffentlichter Vortrag<br />

an der Tagung „Case Sucht Management“ des Fachverbandes Sucht am 24. August<br />

2008 in Olten.<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 80


7 Anhang<br />

Case Management in Deutschschweizer Sozialversicherungen - (k)ein<br />

neues Arbeitsfeld für SozialarbeiterInnen?<br />

Anhang A: Erste Befragung...................................................................................................I<br />

Anhang B: Zweite Befragung................................................................................................II<br />

Anhang C: Leitfragen für Expertinnen- und Experteninterviews......................................III<br />

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit Seite 81


Anhang A: Erste Befragung<br />

Sehr geehrte Damen und Herren<br />

Wir sind drei Studierende der Hochschule Luzern, die sich für Case Management in Sozialversicherungen<br />

interessieren. Um dieses noch relativ neue Gebiet besser zu erforschen machen<br />

wir eine Erhebung bei allen Sozialversicherungen in der Deutschschweiz. In diesem<br />

Zusammenhang bitten wir Sie, folgende standardisierte Fragen zu beantworten:<br />

- Bietet Ihre Versicherung ein Case Management an?<br />

- Wer ist in Ihrer Stelle für die Anstellung der Case ManagerInnen zuständig? Wir bitten Sie<br />

um Nennung des Namens und der E-Mail Adresse.<br />

Mit der Teilnahme an unserer Umfrage helfen Sie mit, das noch relativ junge Gebiet des Case<br />

Managements weiter zu entwickeln.<br />

Nach Abschluss unserer <strong>Bachelor</strong>arbeit stellen wir Ihnen als Dankeschön eine Kurzzusammenfassung<br />

der wichtigsten Ergebnisse zu.<br />

Besten Dank für Ihre wertvolle Unterstützung.<br />

Freundliche Grüsse<br />

Daniel Koller, Jim Wolanin-Stämpfli, Pirmin Wolfisberg<br />

Seite I


Anhang B: Zweite Befragung<br />

Sehr geehrte Frau Muster<br />

Die Hochschule Luzern bietet für unterschiedliche Berufsgruppen Weiterbildungen im Case<br />

Management an. Im Rahmen unserer <strong>Bachelor</strong>arbeit befassen wir uns mit dem Case Management<br />

in Schweizer Personenversicherungen. Herr Mark Beispiel hat uns Ihre Koordinaten<br />

für Fragen in Bezug auf Ihr Case Management <strong>zur</strong> Verfügung gestellt.<br />

Gerne möchten wir Ihnen folgen Fragen stellen:<br />

- Wie viele Case ManagerInnen arbeiteten bei Ihrer Versicherung?<br />

- Wie viele SozialarbeiterInnen arbeiten im Case Management?<br />

- Würden Sie sich für ein Interview <strong>zur</strong> Verfügung stellen?<br />

Wir möchten Ihren Aufwand möglichst gering halten. Eine kurze Rückmeldung reicht uns<br />

durchaus.<br />

Mit der Teilnahme an unserer Umfrage helfen Sie mit, das noch relativ junge Gebiet des Case<br />

Managements zu erforschen und somit weiter zu entwickeln. Nach Abschluss unserer<br />

<strong>Bachelor</strong>arbeit stellen wir Ihnen eine Kurzzusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse zu.<br />

Besten Dank für Ihre wertvolle Unterstützung.<br />

Freundliche Grüsse<br />

Daniel Koller, Jim Wolanin-Stämpfli, Pirmin Wolfisberg<br />

Seite II


Anhang C: Leitfragen für Expertinnen- und Experteninterviews<br />

1. Was verstehen Sie unter Case Management?<br />

• Wie werden bei Ihnen die Zielvereinbarungen getroffen? Mit oder ohne Klientel?<br />

• Was verstehen Sie unter einem erfolgreichem Case Management?<br />

• Was verstehen Sie unter einem erfolglosen Case Management?<br />

2. Weshalb wurde bei Ihnen (damals) das Case Management eingeführt?<br />

• Wie lange betreiben Sie bereits ein Case Management in Ihrer Versicherung?<br />

3. Was für Kompetenzen muss eine Case Managerin oder ein Case Manager<br />

mitbringen um erfolgreich zu arbeiten?<br />

• Was für ein Anforderungsprofil stellen Sie an Case ManagerInnen?<br />

4. Aus welchen Gründen stellen Sie SozialarbeiterInnen an bzw. nicht an?<br />

• Was müssen SozialarbeiterInnen mitbringen, damit sie bei Ihnen arbeiten können?<br />

5. Welchen finanziellen Einfluss hat Ihrer Meinung nach die Qualifikation der Case<br />

ManagerInnen?<br />

• Lohnt es sich (finanziell) Ihrer Erfahrung nach eine hoch qualifizierte Person<br />

anzustellen?<br />

Haben Sie noch ergänzende Bemerkungen?<br />

Seite III

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