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Kescher - Abraham Geiger Kolleg

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Ich freue mich sehr, dass Sie alle heute hierher<br />

gefunden haben, um mit unserer Gemeinde und<br />

mir diese feierliche Stunde mitzuerleben. Seit<br />

dem ersten Januar dieses Jahres begleite ich<br />

unsere Gemeinde bei den religiösen Fragen,<br />

gestalte mit und leite die Gottesdienste, fungiere<br />

als Berater für unsere Gemeindemitglieder in<br />

ihren verschiedenen Lebenssituationen. An dieser<br />

Stelle möchte ich dem Vorstand der Liberalen<br />

Jüdischen Gemeinde meinen Dank ausdrücken,<br />

der mir die Ehre gab und das Vertrauen schenkte,<br />

diese Gemeinde zukünftig mit Ihnen gemeinsam<br />

weiter zu entwickeln. Ich habe aber diese Ge -<br />

mein de nicht in religiöser Verwirrung und/oder<br />

in Desorientierung vorgefunden. Sie wurde mit<br />

und durch die Begleitung meines <strong>Kolleg</strong>en und<br />

Vorgängers Rabbiner Dr. Gábor Lengyel zu einer<br />

der größten liberalen jüdischen Gemeinden<br />

Kontinentaleuropas, die aus mehr als siebenhundert<br />

Mitglieder besteht und mehreren Nationa -<br />

litäten ein sicheres jüdisches Haus bietet.<br />

Lieber Gábor, Du hast mehrere Projekte in unserer<br />

Gemeinde in Gang gesetzt. Sie laufen schon<br />

mehrere Jahre und sind für verschiedene<br />

Altersgruppen bestimmt. Du warst auch derjenige,<br />

der meine Kandidatur als Dein Nachfolger<br />

unterstützt hat. Dafür gilt Dir mein tiefer Dank.<br />

Ich hoffe, dass ich Dich auch in der Zukunft an<br />

meiner Seite sehen werde und Deine Unterstüt -<br />

zung als erfahrener <strong>Kolleg</strong>e genießen darf.<br />

Ich bedanke mich für die Grußworte der Vertreter<br />

<strong>Kescher</strong><br />

Über 250 Gäste aus Politik, den verschiedenen Religions -<br />

gemein schaften, Vertreter unserer Partnergemeinden, Freunde<br />

und viele Gemeindemitglieder kamen am 18. Oktober in die<br />

Liberale Jüdische Gemeinde Hannover Etz Chaim, um die<br />

offizielle Amts einführung von Rabbiners Yuriy Kadnykov<br />

durch den Rektor des <strong>Abraham</strong> <strong>Geiger</strong> <strong>Kolleg</strong>s, Rabbiner Prof.<br />

Dr. Walter Homolka mitzuerleben. Die Festveranstaltung<br />

Liberales Judentum ist<br />

bewusstes Handeln<br />

der anderen Religionsgemeinschaften. Ihre<br />

Anwesenheit ist ein Zeichen dafür, dass die<br />

Liberale Jüdische Gemeinde Hannover Etz Chaim<br />

einen festen Platz im interreligiösen Dialog einnimmt.<br />

Ich als Rabbiner halte dies für einen sehr<br />

wichtigen Bereich in unserem modernen Leben,<br />

in dem wir mehr über die Ähnlichkeiten, aber<br />

auch über die Unterschiede des Anderen lernen<br />

können. Es ist ein weiterer Schritt in die Zukunft,<br />

die unser Prophet Jesaja gesehen hat, eine Zeit,<br />

in der die Menschen mit verschiedenen Weltan -<br />

schauungen und Lebensweisen friedlich mit einander<br />

wohnen werden.<br />

Die traditionelle Bezeichnung des Rabbiners ist<br />

ברהונרומ, „Morenu ha’Rav“ - unserer Lehrer, der<br />

Rabbiner. Meiner Ansicht nach besteht das<br />

Lehren und Lernen nicht darin, Menschen beizubringen,<br />

die Handlungen mechanisch zu wiederholen,<br />

sondern Menschen dazu zu bewegen, eigene<br />

Antworten auf gestellte Fragen zu finden. Mit<br />

anderen Worten: Ich sehe meine Aufgabe als<br />

Rabbiner darin, Menschen zum Nachdenken über<br />

ihre Handlungsweisen, ihre soziale Verhältnisse<br />

und über ihr eigenes Dasein zu bringen. Der Kern<br />

des Judentums liegt beim Handeln, der des liberalen<br />

Judentums beim bewussten Handeln. Wir<br />

sehen die Realität als die tagtägliche Entfaltung<br />

göttlichen Willens an, den wir begreifen sollten,<br />

damit wir uns mit dem Ewigen in einem permanenten<br />

Dialog befinden können. Wie <strong>Abraham</strong><br />

<strong>Geiger</strong> sagte: „Durch Erforschung des Einzelnen<br />

zur Erkenntnis des Allgemeinen, durch Kenntnis<br />

unter Mitwirkung von Rabbiner Dr. Gábor Lengyel und Rab -<br />

biner Boris Ronis, bei der Elija Schwarz als Kantor fungierte,<br />

fiel mit dem Neujahrsempfang der Gemeinde zusammen: Es<br />

wurde ausgiebig gefeiert. Wir bringen hier die An sprache von<br />

Rabbiner Kadnykov, der im November letzten Jahres als einer<br />

von fünf Absolventen des <strong>Abraham</strong> <strong>Geiger</strong> <strong>Kolleg</strong>s in<br />

Bamberg ordiniert.<br />

Rede von Rabbiner Yuriy<br />

Kadnykov zu seiner<br />

Amtseinführung in Hannover<br />

13<br />

der Vergangenheit zum Verständnis der Gegen -<br />

wart, durch Wissen zum Glauben“.<br />

Ich bin dem Motto des Namensgebers des Abra -<br />

ham <strong>Geiger</strong> <strong>Kolleg</strong>s während meines Studiums<br />

dort gefolgt. Wir können unsere Taten nicht richtig<br />

einschätzen, sofern wir keinen Blick in die<br />

Vergangenheit werfen. Durch die Kenntnis der<br />

Vergangenheit können wir nicht nur besser die<br />

Gegenwart verstehen, wir können auch die<br />

Zukunft planen. Die früheren Generationen<br />

haben uns ihr Erbe hinterlassen. Dies ist ein riesiges<br />

Schloss mit hunderttausenden Zimmern,<br />

die belebt und erforscht werden sollen. Ich sehe<br />

mich als den ‚Schlüsselmacher’, der es anderen<br />

ermöglicht, nicht nur verschiedene Zimmer kennenzulernen,<br />

sondern diese auch wieder mit<br />

Leben zu füllen.<br />

In einem modernen säkularen Staat ist die<br />

Religion zur Privatsphäre des Individuums<br />

geworden. Die Religion beschäftigt sich mit den<br />

ewigen Wahrheiten und moralisch ethischen<br />

Fragen, dabei fordert jede Religion von ihren<br />

Anhängern entsprechende Handlungen beziehungsweise<br />

Bekenntnisse. Leider passiert es<br />

öfter, dass ein Teil der Bevölkerung, der keine<br />

religiöse Weltanschauung hat, dem anderen Teil<br />

seine Werte und Vorstellungen samt den dazugehörigen<br />

Regeln aufzwängen möchte. Dabei wird<br />

vergessen, dass die Religionsfreiheit, die Freiheit<br />

der Religion von äußeren Einflüssen bedeuten<br />

soll. Es ist sehr oft in der Menschheitsgeschichte<br />

passiert, dass dann die kritischen Äußerungen in<br />

Eskalationen mündeten.

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