Kescher - Abraham Geiger Kolleg
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Ein spirituelles Zuhause – das möchten Studie -<br />
rende des <strong>Abraham</strong> <strong>Geiger</strong> <strong>Kolleg</strong>s und der<br />
Universität Potsdam jüdischen Menschen an der<br />
Hochschule bieten. Anfang Juni gründeten sie<br />
deshalb die „Jüdische Studierenden- und Hoch -<br />
schulgemeinde Beth Hillel Potsdam“. Sie ist die<br />
erste jüdische Hochschulgemeinde in Deutsch -<br />
land und wird ab Herbst regelmäßig zu Kulturund<br />
Freizeitveranstaltungen sowie zu Fortbil -<br />
dungen und religiösen Festen einladen.<br />
Seelsorger ist Tovia Ben-Chorin, Rabbiner in der<br />
Jüdischen Gemeinde zu Berlin.<br />
„Wir möchten gemeinsam Gottesdienste feiern,<br />
die jüdischen Feiertage begehen und uns austauschen“,<br />
sagt Adrian Michael Schell, eines der<br />
rund dreißig Gründungsmitglieder und im Vor -<br />
stand aktiv. Der 39-jährige gelernte Buchhänd ler<br />
und Verlagskaufmann aus Frankfurt am Main<br />
schreibt derzeit seine Masterarbeit im Fach<br />
Jüdische Studien an der Uni Potsdam und<br />
schließt bald die Rabbinerausbildung am<br />
<strong>Abraham</strong> <strong>Geiger</strong> <strong>Kolleg</strong> ab. Als Rabbiner wird er<br />
die Liberale Jüdische Gemeinde in Hameln<br />
betreuen, für die er sich bereits jetzt engagiert,<br />
und parallel seine Arbeit als Koordinator der<br />
Jugendarbeit im Dachverband der liberalen jüdischen<br />
Gemeinden, der Union progressiver Juden<br />
(UpJ), in Bielefeld fortsetzen.<br />
Die Idee, eine jüdische Hochschulgemeinde zu<br />
gründen, entstand vor einigen Monaten. „Wir<br />
haben mehrmals jüdische Feiertage wie<br />
Chanukka oder Tu BiSchwat im Studentenkeller<br />
der Uni gefeiert und gemerkt, dass es sehr viel<br />
Spaß macht und es einen großen Bedarf dafür<br />
gibt“, erzählt Schell. Viele Studenten können zu<br />
wichtigen Familienfesten wie Pessach nicht<br />
schnell nach Hause zu ihrer Familie fahren.<br />
Walter Homolka, Rektor des <strong>Abraham</strong> <strong>Geiger</strong><br />
<strong>Kolleg</strong>s, bestärkte die Studenten dazu, ihre<br />
Aktivitäten zu institutionalisieren.<br />
„Wir wollen Menschen zusammenbringen“, sagt<br />
Alexander Grodensky. Der 29-jährige Diplom-<br />
Wirtschaftswissenschaftler und Verwaltungs -<br />
rechtler stammt aus Tadschikistan und hat in St.<br />
Petersburg und Wien studiert. Im kommenden<br />
Wintersemester beginnt Grodensky die Rabbi -<br />
<strong>Kescher</strong><br />
Ein spirituelles Dach<br />
Erste jüdische Hochschulgemeinde in<br />
Deutschland / von Maren Herbst<br />
nerausbildung am <strong>Geiger</strong>-<strong>Kolleg</strong> sowie die<br />
Jüdischen Studien an der Universität Potsdam.<br />
Der Vorstandsvorsitzende von Beth Hillel<br />
Potsdam will allen religiösen Ausrichtungen des<br />
Judentums ein Dach bieten. „Religiöse Vielfalt<br />
und Offenheit gegenüber anderen Religionen ist<br />
uns sehr wichtig“, so Grodensky. „Zu unseren<br />
Treffen kann jeder etwas aus seiner Tradition beisteuern.“<br />
Zur Evangelischen und Katholi schen<br />
Studentengemeinde gebe es bereits gute<br />
Kontakte. Auch muslimische Studierende seien<br />
willkommen.<br />
Zum Kern von Beth Hillel Potsdam gehören<br />
Natasha Verzhbovska, Lior Bar-Ami und Amnon<br />
Seelig. Alle drei studieren am <strong>Geiger</strong>-<strong>Kolleg</strong> und<br />
sind im Vorstand der Hochschulgemeinde.<br />
Verzhbovska und Ba-rAmi sind angehende<br />
Rabbiner. Verszhbovska ist Musikerin, stammt<br />
aus Kiew und studiert zudem Jüdische Studien<br />
und Religionswissenschaften an der Uni Pots -<br />
dam. Bar-Ami hat anglistisch-amerikanistische<br />
Literatur- und Kulturwissenschaft sowie<br />
Romanistik an der Universität Paderborn studiert.<br />
Er engagiert sich in Berlin in der Jugend -<br />
arbeit und ist bei Beth Hillel für den interreligiösen<br />
Dialog zuständig. Seelig ist Musiker und aus-<br />
10. Jahrgang | Ausgabe 1<br />
gebildeter Sänger, stammt aus München und studiert<br />
im Kantorenseminar des <strong>Geiger</strong>-<strong>Kolleg</strong>s.<br />
„Die Integration vieler Meinungen ist wesentlich<br />
für Hillel“, erklärt Grodensky. Rund 500 jüdische<br />
Hochschulgemeinden in aller Welt gehören der<br />
Dachorganisation „Hillel Inter national“ an.<br />
Unter dem Namen „Foundation for Jewish<br />
Campus Life“ wurde sie 1923 in Illinois, USA,<br />
gegründet. Namensgeber ist der jüdische<br />
Schriftgelehrte Hillel, der um 30 v. u. Z.. geboren<br />
wurde. Hillel gilt als geduldiger Lehrer, der<br />
Nächstenliebe und Gewaltlosigkeit lehrte. An<br />
ihm orientieren sich die jüdischen Hochschul -<br />
gemeinden. Dabei beschränken sie sich laut<br />
Grodensky nicht auf religiöse Fragen. „Social<br />
Justice und Menschenrechte sind wichtige<br />
Themen - auch für Hillel Potsdam.“<br />
Dieser Beitrag von Maren Herbst erschien am<br />
12.10.2012 in den Potsdamer Neuesten<br />
Nachrichten. Foto: privat