Kommunikation - VSETH - ETH Zürich
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etzt auch untereinander vermehrt.<br />
Polykum Nr. 3/08–09 Illustration: William Bradley<br />
rerseits ist jeder forschende Kopf nachgerade<br />
darauf zu verpflichten, seine Willensfreiheit<br />
zu bewahren und nicht zum Spielball irgendwelcher<br />
Interessengruppen zu degradieren.<br />
Nicht die Frage nach dem Warum muss ein<br />
Wissenschaftler beantworten, sondern die<br />
Frage nach dem Was. Forschung nützt notabene<br />
eben nicht nur, wenn sie dereinst kapitalisiert<br />
werden kann. Übertriebener Utilitarismus<br />
aufseiten der externen Anspruchsgruppen<br />
ist dem gegenseitigen Verständnis<br />
gleichermassen abträglich wie falsch verstandener<br />
Elitarismus seitens der Hochschulen.<br />
In letzter Konsequenz ist zu folgern, dass alle<br />
Forscher ohne Zwang, nicht nur «weitgehend<br />
autonom», arbeiten sollen.<br />
Um den Konnex zu Wirtschaft und Gesellschaft<br />
nunmehr zu unterhalten, sind dem<br />
Hochschulpersonal zunächst die notwendigen<br />
Ressourcen zu gewähren. Mithin ist der Staat<br />
anzuhalten, seinen finanziellen Verpflichtungen<br />
vollumfänglich nachzukommen. Überdies<br />
müssen schon die Studierenden ermutigt<br />
werden, mit der «Aussenwelt» Kontakt aufzunehmen.<br />
Dies bedarf allseitiger Anstrengungen,<br />
denn was Hänschen nicht lernt, lernt<br />
Hans nimmermehr. Die grösste Herausforderung<br />
können endlich die Kommunikatoren allein<br />
situativ bewältigen: eine gemeinsame<br />
Sprache zu finden.<br />
rudolf Merkle (40) ist Dozent für <strong>Kommunikation</strong> sowie<br />
Wirtschaft und Gesellschaft an der HSW Freiburg. Er ist klandestiner<br />
Heimweh-Student. rudolf.merkle@hefr.ch<br />
reStriKtiOnen<br />
Kommunikativer<br />
Hürdenlauf<br />
«Von der Frage aus ‹Was erreicht man mit<br />
<strong>Kommunikation</strong>?› leitet sich ein Handlungsmodell<br />
ab, das der Verständigung dient und<br />
grösstenteils über Sprache funktioniert: Einerseits<br />
wollen wir verstehen, anderseits<br />
unser Gegenüber durch unsere Aussage beeinflussen»,<br />
erklärt Gabriela Antener vom<br />
Zuger buk – Büro für unterstützte <strong>Kommunikation</strong><br />
– den Mechanismus der <strong>Kommunikation</strong>.<br />
Diese gestaltet sich allerdings nicht<br />
für alle Menschen problemlos.<br />
Massive einschränkungen<br />
Genau für jene Menschen, die mit<br />
einer Einschränkung bezüglich ihrer Mitteilungsfähigkeit<br />
konfrontiert sind, entwirft<br />
das buk Konzepte zur Unterstützung<br />
der <strong>Kommunikation</strong>. Zwischen «normaler»<br />
und erschwerter <strong>Kommunikation</strong> könne jedoch<br />
nicht strikt getrennt werden, so Antener.<br />
Bezeichnend für letztere seien massive,<br />
regelmässige Einschränkungen in der<br />
Bewältigung des Alltags. Diese gehen über<br />
blosse Missverständnisse hinaus. «Es gibt<br />
auf jeden Fall eine Vielzahl von Gründen,<br />
die zu einer Einschränkung der <strong>Kommunikation</strong><br />
führen können», sagt die Fachfrau.<br />
Obwohl aufgrund fehlender Statistiken bislang<br />
noch unklar sei, wie viele Personen in<br />
der Schweiz nur unter Einschränkungen<br />
kommunizieren, sei die Anzahl Betroffener<br />
wohl höher als angenommen. So könne<br />
eine Schädigung des Gehirns zum Verlust<br />
der Sprache führen. Auch mehrfache Behinderungen<br />
oder eine kognitive Beeinträchtigung<br />
können zu einer Restriktion des <strong>Kommunikation</strong>svermögens<br />
führen.<br />
So vielfältig wie die Gründe gestalten<br />
sich auch die Massnahmen, die die <strong>Kommunikation</strong><br />
unterstützen sollen. Man dürfe, so<br />
Antener, nicht vergessen, dass die Sprache<br />
KOMMuniKatiOn<br />
13<br />
etwas Lernbares ist. «Fällt die Lautsprache<br />
als <strong>Kommunikation</strong>sform weg, so müssen<br />
Alternativen erlernt werden.» Erinnert man<br />
sich an seinen eigenen Spracherwerb, kann<br />
man sich vorstellen, dass solche Prozesse<br />
sehr zeitaufwändig sein können. «Darum<br />
erscheint es mir sehr wichtig, dass sich die<br />
Massnahmen zur Unterstützung an den Fähigkeiten<br />
und Bedürfnissen der Person orientieren<br />
und nicht aufgrund irgendeines<br />
Ideals bestimmt werden», betont Antener.<br />
individuelle Lösungen<br />
Aufgabe der Fachpersonen aus der unterstützten<br />
<strong>Kommunikation</strong> ist es, die Übersetzung<br />
der alternativen <strong>Kommunikation</strong>sform<br />
so zu gestalten, damit mit möglichst<br />
vielen Leuten und in möglichst vielen<br />
Situationen kommuniziert werden kann.<br />
Als Massnahme kann im Prinzip alles, was<br />
nicht direkt Lautsprache ist, gelten – also<br />
zum Beispiel Gebärden, Mimik, der Blick<br />
oder Piktogramme. Antener zeigt ein Klettverschluss-Band,<br />
auf dem sich verschiedene<br />
Piktogramme anheften und somit eine<br />
Aussage formulieren lassen. Auch kompliziertere<br />
Hilfsmittel wie ein Aufnahmegerät<br />
oder Elektronik mit Sprechausgabe, die sich<br />
mit den Augen steuern lassen, finden Verwendung.<br />
Kombinationen können ebenfalls<br />
Sinn machen: Die Expertin für unterstütze<br />
<strong>Kommunikation</strong> weiss von einer<br />
jungen Frau, die im Bekanntenkreis mit<br />
einem Blick-System kommuniziert: «Dabei<br />
ist jeder Blickrichtung ein Buchstabe zugeordnet.<br />
Bei nicht vertrauten Personen<br />
kommt ein Sprechcomputer zum Einsatz,<br />
den sie über ihre Augen steuert.» Zwar sei<br />
diese Methode präziser, dafür viel langsamer.<br />
Hier zeige sich auch, dass neben der<br />
betroffenen Person auch das Umfeld diese<br />
Art der <strong>Kommunikation</strong> erlernen muss. Das<br />
buk bietet deshalb auch Kurse an, um Lehrpersonen,<br />
Fachpersonen und zum Teil auch<br />
Angehörige in unterstützter <strong>Kommunikation</strong><br />
auszubilden. (rf)<br />
Wer in der <strong>Kommunikation</strong> eingeschränkt ist, ist auf Unterstützung angewiesen.