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Kommunikation - VSETH - ETH Zürich

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Burchardt, Abgeordnete für Bildung und Forschung.<br />

Polykum Nr. 3/08–09 Bild: David Mrusek<br />

blikum geteilt: Die Sprecherin des AStA der<br />

Universität Kiel wies in dem Kontext auf zunehmende<br />

Ermüdungserscheinungen der Bachelor-/Master-Absolventen<br />

hin und forderte<br />

eine Anpassung des Lehrstoffes an die Möglichkeiten<br />

der Studierenden.<br />

Dr. Annette Julius, Leiterin des Deutschen<br />

Akademischen Austauschdienstes<br />

Berlin, und Dr. Volker Meyer-Guckel, stellvertretender<br />

Generalsekretär des Stifterverbandes,<br />

äusserten sich hinsichtlich der Bologna-Reform<br />

zuversichtlicher: Es seien keine<br />

vorschnellen Schlüsse zu ziehen, schliesslich<br />

sei Bologna gerade einmal drei Jahre alt.<br />

Der MLP-Hochschultag zeigte, dass sowohl<br />

bezüglich der Wettbewerbsfähigkeit Europas<br />

als auch der Bologna-Reform Verbesserungen<br />

unbedingt notwendig sind. Trotz<br />

den vielfältigen Bestrebungen sind die Bedingungen<br />

für Hochschulmitglieder immer noch<br />

suboptimal. Bleibt also zu hoffen, dass sich<br />

die Studiensituation wenigstens für die nachfolgenden<br />

Studierendengenerationen angenehmer<br />

gestalten wird als für uns – wie eine<br />

Teilnehmerin des Hochschultages treffend<br />

äusserte – «Versuchskaninchen».<br />

Mehr infos: www.mlp-hochschultag.de<br />

ivana Leiseder (22) ist Redaktionsleiterin des Polykum und<br />

studiert im 5. Semester Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft<br />

an der Universität <strong>Zürich</strong>. leiseder@polykum.ethz.ch<br />

Magdalena Oehen (23) ist Administratorin des Polykum<br />

und studiert im 3. Semester Anglistik sowie im 5. Semester Sinologie<br />

an der Universität <strong>Zürich</strong>. moehen@polykum.ethz.ch<br />

Wir nannten eS arBeit<br />

radioaktives<br />

Mahnmal<br />

Am Eingang der Zone werden wir von Uniformierten<br />

kontrolliert. Unsere Besucherscheine<br />

wurden von einem kleinen Büro in<br />

Kiew organisiert, von dort hierher sind wir<br />

knapp drei Stunden gefahren. Die Nacht<br />

habe ich mit anderen Reisenden in einem<br />

Nachtklub verbracht, ein prunkhaftes Gebäude<br />

aus der Stalin-Zeit, direkt neben der<br />

japanischen Botschaft.<br />

Die Fahrt in die Zone, vorbei an den<br />

Grenzposten, ist nun so etwas wie die Antithese<br />

zu den vorangegangenen Stunden.<br />

Die Zone, Tschernobyl (russisch: «Tscher-<br />

NO-byl»), der Reaktor – das sind Schlagwörter<br />

einer Parallelwelt, die unbemerkt<br />

zwischen Science-Fiction-Literatur, Computerspielen<br />

und der Realität wechseln.<br />

Durch diese Ambivalenz haftet ihnen etwas<br />

Mysteriöses an, ein fremder Geschmack,<br />

ein Duft von jenseits, der uns in die Nase<br />

steigt, als wir das erste Mal aus dem Transporter<br />

steigen und von ferne auf die gigantischen,<br />

unfertigen Kühltürme der Reaktorblöcke<br />

5 und 6 blicken. Die Zone riecht<br />

nach Verrottetem, nach dem Uralten der<br />

Gebäude und Anlagen, oder vielleicht einfach<br />

nur nach Natur. Die Natur gedeiht hier<br />

uneingeschränkt, wächst in Form von zwei<br />

Meter langen Flusswelsen heran, die friedlich<br />

in den Kanälen herumschwimmen,<br />

deren Wasser einst die Reaktorblöcke 1 bis<br />

4 kühlte.<br />

atomare Friedenstaube<br />

Die Zone ist mit Denkmälern und Statuen<br />

geradezu vollgestellt, obwohl sie an<br />

sich Mahnmal genug wäre. Das Monumentale<br />

der Sowjetunion, die Liebe zum Ideal,<br />

zur Veranschaulichung ist hier wunderbar<br />

sichtbar. Im Randbereich der Zone, in<br />

dem Wohnungen und der Verwaltungsap-<br />

etHWeLt<br />

21<br />

parat untergebracht sind, begrüsst uns das<br />

Mahnmal der Feuerwehrmänner, die den<br />

Einsatz in der Nacht des 26. April 1986 mit<br />

ihrem Leben bezahlten. Sie, die ursprünglich<br />

ein einfaches Feuer löschen wollten,<br />

wurden noch am selben Tag auf Grund<br />

ihres schlechten Zustands in eine radiologische<br />

Klinik in Moskau gebracht, wo sie an<br />

der Strahlenkrankheit starben und in versiegelten<br />

Zinkkassetten beerdigt wurden,<br />

unter Betonplatten. 200 Meter von den<br />

Überresten des Schicksalsreaktors steht<br />

eine weitere Statue, diesmal Prometheus,<br />

der wie ein Gottesanbeter in einer dahingestreckten<br />

Haltung verharrt. Über seinem<br />

Kopf hält er die Flamme, die er den Menschen<br />

gebracht hat und die für die friedliche<br />

Nutzung von Atomkraft stehen soll, ein sowjetischer<br />

Fingerzeig auf die Bombenabwürfe<br />

der Amerikaner in Japan. Und als<br />

wäre es noch nicht genug mit den Symbolen<br />

und Kunstwerken, hängt an einem Gebäude<br />

in der Nähe eine gigantische Plastik, ein abstraktes<br />

Atom, komplett mit Elektronenhülle.<br />

Und aus dem Atom fliegt eine entfremdete<br />

Friedenstaube, wie sie Picasso<br />

nicht besser hinbekommen hätte.<br />

Dann sehen wir den stählernen Sarg,<br />

der das zerstörte Reaktorgebäude von Block<br />

4 abschirmt. Darin, wie ein Embryo im Mutterleib,<br />

glühen 180 Tonnen radioaktiver<br />

Überreste der atomaren Katastrophe vor<br />

sich hin. Draussen spüren wir nichts. Ukrainischer<br />

Herbstregen wäscht die Luft,<br />

hält sie frei von strahlenden Schwebeteilchen,<br />

die wir einatmen könnten. Erst im<br />

Innern des Körpers würde der Staub von<br />

Tschernobyl echten Schaden anrichten –<br />

nach Innen aber gelangt die Katastrophe<br />

nicht, sie muss auf ewig abgeschlossen in<br />

ihrer Zone bleiben, das Ausmass, der Charakter,<br />

er kann nie verstanden, verinnerlicht<br />

werden. (dm)<br />

david Mrusek (22) ist freier Mitarbeiter des Polykum<br />

und absolviert gerade ein Praktikum bei BASF in Mannheim.<br />

An dieser Stelle berichtet er regelmässig über seine Erlebnisse<br />

während seiner Studienpause. dr.mrusek@gmail.com<br />

einst Vorzeigearbeiterstadt, jetzt marodes Freilichtmuseum: Tschernobyl.

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