Kommunikation - VSETH - ETH Zürich
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tern. Ob aber tatsächlich alles Gold ist, was glänzt?<br />
Polykum Nr. 3/08–09 Illustration: William Bradley<br />
längst keine Unsummen mehr für Werbung<br />
ausgegeben werden. Erschwerend kommt<br />
hinzu, dass die Werbung immer genauer auf<br />
das Zielpublikum zugeschnitten wird. Dennoch<br />
ist man der fast bedrohlich wirkenden<br />
Werbeflut noch nicht wehrlos ausgeliefert.<br />
Vor allem das UWG (Bundesgesetz gegen den<br />
unlauteren Wettbewerb) sorgt dafür, dass das<br />
Publikum nicht sprichwörtlich übers Ohr gehauen<br />
wird. Wer den Einfluss der Werbung<br />
möglichst klein halten möchte, ist gezwungen<br />
bestimmte Orte zu meiden und auf «kostenlose»<br />
Dienstleistungen zu verzichten, die zunehmend<br />
mit der Konsumation von Werbung<br />
finanziert werden.<br />
Ein Funken Hoffnung für angenehmere<br />
Werbung verspricht die folgende Aussage<br />
von Res Matthys: «Werbung ist im Idealfall<br />
so unterhaltsam und spannend, dass sie von<br />
den Leuten freiwillig konsumiert wird. Aber<br />
richtig spannend werden wohl auch in Zukunft<br />
nur die Spitzen sein.» Es ist also auch in<br />
Bezug auf die Werbung alles nur relativ.<br />
www.publicis.ch<br />
www.goal.ch<br />
damian Hodel (21) ist Polykum-Redaktor und studiert<br />
im 5. Semester Materialwissenschaften an der <strong>ETH</strong> <strong>Zürich</strong>.<br />
daim@student.ethz.ch<br />
KOMMuniKatiOnSSySteMe<br />
Lest ihr mit?<br />
Glaubt man Verlagsmeldungen, ist es mit<br />
dem Zeitunglesen bald vorbei. Im April<br />
dieses Jahres erschien im Magazin «Stern»<br />
ein Artikel, in dem oberflächlich betrachtet<br />
eine schwarze Zukunft für die Printmedien<br />
gezeichnet wurde. Anhaltender Auflagenrückgang,<br />
Entlassungen in Amerika und<br />
Frankreich und panikartige Investitionen in<br />
neue Medienkonzepte, wie zum Beispiel das<br />
Netzwerkportal «StudiVZ», das 2007 vom<br />
süddeutschen Holtzbrinck-Verlag übernommen<br />
wurde. Print-Dinosaurier steigen<br />
im Online-Markt ein – eine Veränderung,<br />
die nicht von ungefähr kommt.<br />
neue Märkte<br />
«Oberflächliche Betrachtung» ist das<br />
Schlüsselwort. Denn im Grunde geht die<br />
Zahl der insgesamt gelesenen Nachrichten<br />
nicht zurück, sie verteilt sich bloss auf verschiedene<br />
<strong>Kommunikation</strong>systeme. Die<br />
Leser wandern ab, hin zu Medien, die aktueller,<br />
bunter, oder eben gratis sind. Bunter<br />
geht immer, das hat die «Frankfurter Allgemeine<br />
Zeitung» bewiesen, eine der auflagenstärksten<br />
Zeitungen Deutschlands.<br />
Grossflächige Umfragen hatten ergeben,<br />
dass mehr Leute das traditionsreiche Blatt<br />
kaufen würden, wenn es ein Bild auf der Titelseite<br />
gäbe. Seit Oktober 2007 gibt es nun<br />
das Titelbild, und der Auflage hat es geholfen.<br />
Aktueller ist schwieriger: Deshalb<br />
setzen viele Verlage auf einen ordentlichen<br />
Web-Auftritt. Um Gratiszeitungen schliesslich<br />
kommt man in <strong>Zürich</strong> schon nicht mehr<br />
herum: «20 Minuten» ist das auflagenstärkste<br />
Printmedium der Schweiz.<br />
der Hang zum Kleinen<br />
Neue Methoden der Nachrichtenübermittlung<br />
haben sich etabliert, die Grossverteiler<br />
von Information wie Zeitungen überflüssig<br />
machen. Individualkommunikati-<br />
KOMMuniKatiOn<br />
15<br />
onsformen wie etwa Weblogs brauchen<br />
keine Redaktion, auch wenn hinter Partei-,<br />
Unternehmens- und Vereinsblogs oft eine<br />
PR-Zelle steckt. So sind «Corporate Blogs»<br />
ebenfalls Teil der «Blogosphäre», in der eine<br />
starke Subjektivierung der Nachricht vorherrscht,<br />
und sind Firmenzeitung und Werbung<br />
in einem. Wem die Feuergeschwindigkeit<br />
der Blogosphäre zu langsam ist, wechselt<br />
zur Mikro-<strong>Kommunikation</strong>, etwa zu<br />
«Twitter». Hier werden im Sekundentakt<br />
Nachrichten mit einer Maximallänge von<br />
140 Zeichen ausgetauscht. Grosse Verbreitung<br />
fand Twitter im amerikanischen Wahlkampf<br />
– sowohl Barack Obama als auch Hillary<br />
Clinton «twitterten». Durch die Kürze<br />
der Informationseinheit werden sogar Internetadressen<br />
per Kurz-URL-Dienst auf einen<br />
handlichen Alias geschrumpft. Von «Lesen»<br />
kann hier also nicht mehr die Rede sein,<br />
vielmehr ist es ein Rezipieren von Information,<br />
während die Nachricht selber bloss aus<br />
thematisch zusammengesetzten Weiterleitungen<br />
besteht.<br />
Mensch-zu-Mensch <strong>Kommunikation</strong><br />
Der Auflagenrückgang im Print-Bereich<br />
wird vom Marktforschungsunternehmen<br />
«TNS Emnid» auch darauf zurückgeführt,<br />
dass ein nicht unerheblicher Anteil<br />
der Leser die Qualität der Artikel und Beiträge<br />
bemängelt. Die Wirtschaftszeitung<br />
«Financial Times Deutschland» propagiert<br />
daher eine Diversifizierung des Angebots,<br />
wobei Ästhetik und inhaltlicher Anspruch<br />
aber immer noch eine grosse Rolle spielen<br />
müssten. Was sich in der Pressewelt abspielt,<br />
lässt sich auch anderswo beobachten:<br />
Persönliche Emails werden mehr und mehr<br />
auf dem web-fähigen Handy gelesen, oder<br />
aber auf Mini-Laptop-Bildschirmen. Im<br />
einen wie im andern Fall verunmöglicht die<br />
Miniaturisierung der Technik einen ausführlichen<br />
Austausch. Gehaltvolle 160 Zeichen<br />
werden jedoch noch immer gern gelesen.<br />
(dm)<br />
Ob die Seifenblase der new-technology-<strong>Kommunikation</strong> dereinst ebenfalls platzt?