Kommunikation - VSETH - ETH Zürich
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Polykum Nr. 3/08–09 Bilder: Filmstelle (oben), Kulturstelle (unten)<br />
FiLMSteLLe<br />
Hölle der<br />
anderen<br />
Das Kino ist der eigentliche Un-Ort der <strong>Kommunikation</strong>.<br />
Während wir uns beim Fernsehen<br />
gemeinsam über das Gesehene unterhalten,<br />
es kommentieren können oder beim<br />
Video immerhin noch die Möglichkeit haben,<br />
vor- und zurückzuspulen, können wir dem<br />
Film nichts entgegnen. Unbeeindruckt von<br />
unseren Anliegen und Einwänden zieht er vorüber,<br />
macht uns sprachlos. Der überraschtdümmliche<br />
Ausdruck, den wir beim Schauen<br />
von Filmen unbemerkt aufsetzen, zeugt von<br />
dieser Sprachlosigkeit. Und die Gemeinsamkeit,<br />
die wir bei einem Kinobesuch mit<br />
Freunden empfinden, besteht vornehmlich im<br />
Wagnis, zusammen allein zu sein und der darauf<br />
folgenden Erleichterung darüber, dass<br />
dies tatsächlich (gefahrlos?) möglich ist.<br />
Ein Teil der Faszination des Kinos besteht<br />
vielleicht gar darin, eine Zeit lang nicht<br />
kommunizieren zu müssen. Selbst das Watzlawicksche<br />
«Man kann nicht nicht kommu-<br />
KuLturSteLLe<br />
alle Fragen<br />
offen ...<br />
Was ziehe ich heute an? Wen mag ich eigentlich<br />
lieber – John oder Paul? Wieviele Wörter<br />
aus dem Duden kenne ich nicht? Wann habe<br />
ich das letzte Mal den Grundschultest gemacht?<br />
Wie alt sind meine Eltern? Studiere<br />
ich das richtige? Bin ich krank? Was ist der<br />
nizieren», das uns Ratgeber und Benimmbücher<br />
immer wieder als Drohung entgegenschleudern,<br />
ist hier ausser Kraft gesetzt. In der<br />
«Black Box» des Kinos können wir nicht gesehen<br />
werden. Behagen ziehen wir aus dieser<br />
Situation aber nur, weil wir wissen, dass<br />
ihre Zeit begrenzt ist. Dann, nach dem Film,<br />
reden wir; zerreden ihn, falls der Film unser<br />
Schweigen nicht angemessen entschädigen<br />
konnte.<br />
Teuflisches Kinovergnügen<br />
Sollten sich die Türen des Saales nie<br />
mehr öffnen, sich in der Vorstellung unaufhörlich<br />
Film an Film reihen, verkäme das Kino<br />
zum Komplementärbegriff der «Hölle der Anderen»<br />
Sartres: L’ enfer c’est le ciné-moi. Das<br />
selbstvergessene, zum Wahrnehmen verdammte<br />
Wesen bar jeglicher sozialer Nähe.<br />
Entlang den Rändern dieser Hölle bewegen<br />
sich fünf Filmverrückte im Dokumentarfilm<br />
CINEMANIA durch New York. Sich ihres<br />
Wahnes durchaus bewusst, eilen sie von Festival<br />
zu Retrospektive, von Retrospektive zu<br />
Filmzyklus und wieder zurück. Sehsüchtige:<br />
neurotisch, versponnen, lächerlich und liebenswert<br />
in ihrer Liebe für den Film, seine Geschichten<br />
und Bilder. Aber im schlimmsten<br />
Fall auch bereit, für deren Genuss Gewalt anzuwenden.<br />
Unterschied zwischen Weiss und Schwarz?<br />
Was ist Freundschaft? Überlebt man einen<br />
Fall aus zehn Metern Höhe? Kann ich mit dem<br />
Fuss meine Nasenspitze berühren? Wo will<br />
ich hin – rechts oder links? Passt mein Hausschlüssel<br />
wirklich nur in meine Haustür?<br />
Fliegende Fische<br />
Wer kennt alles mein Passwort? Wer<br />
kümmert sich um mich, wenn ich alt bin?<br />
Passt Rotwein besser zu Fisch als Weisswein?<br />
Bin ich Farbenblind? Wer ist der ärmste<br />
Mensch der Welt? Bin ich ein Unikat? Können<br />
Fische fliegen? Wann habe ich das letzte Mal<br />
gelogen? Habe ich viele Vorurteile? Wie de-<br />
noch nicht aus dem Fröglialter gekommen: Anna Maschek und Stephan Kress.<br />
Und kleine Teufel pieksen uns mit ihrem Dreizack,<br />
während wir denen zuschauen, die<br />
selbst nur zuschauen wollen: Der Himmel als<br />
Ort des Ausgewogenen, des Gesunden, mag<br />
beruhigend sein. Die Hölle aber als Ort des extrem<br />
Gedachten, extrem Gelebten, hat Poesie!<br />
FiLMPrOgraMM<br />
17. 11. 2008 Block Party (19 Uhr)<br />
18. 11. 2008 Smoke<br />
25. 11. 2008 11’09’’2001 - Sept. 11<br />
02. 12. 2008 Cinemania<br />
09. 12. 2008 25th Hour<br />
Mehr infos?<br />
Manuel Joller, Mitglied der Filmstelle,<br />
contact@filmstelle.ch<br />
finiere ich «gut» und was ist dann «besser»?<br />
Wie lautet die eine Frage, die ich schon immer<br />
stellen wollte? Wer entscheidet wann es<br />
regnet? Wie viele unterschiedliche Blumenarten<br />
gibt es? Wie viele Menschen sind tatsächlich<br />
auf einer Bühne gestorben? Wie viele<br />
Haare fallen mir täglich aus? Bin ich gläubig?<br />
Warum ist Alkohol gesellschaftlich akzeptiert?<br />
Welche Kräfte wirken auf ein Tischbein?<br />
Wie beschreibe ich einem Blinden grün? Bin<br />
ich Optimist? Wie weh tut Liebeskummer?<br />
Was ist Niveau? Habe ich immer Recht?<br />
Können sechs Pullover eine Kugel daran hindern,<br />
mich zu töten? Warum mag ich Happy<br />
Ends? Ist Lügen ohne Rotwerden eine Kunst?<br />
Bin ich ein Künstler?<br />
Wir haben auch keine Antworten, aber<br />
Spass … Denn Fragenstellen (Infragestellen!)<br />
ist auch eine Kunst. Schliess Dich uns an – der<br />
Lohn sei Dir gewiss.<br />
Für erste Selbstexperimente bieten das<br />
Schauspielhaus und das Moods auch im November<br />
und Dezember wieder ihren Vorhang<br />
an! Das Detailprogramm findest du auf unserer<br />
Homepage. Wir freuen uns auf Dich!<br />
Mehr infos?<br />
www.kulturstelle.ch<br />
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