pdf Download März 2010 - Cockpit
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Your Captain speaking…<br />
Wenn sich am 2. Juni dieses Jahres<br />
die erste A340 der Swiss San<br />
Francisco nähert, hält die Crew<br />
besondere Anfl ugkarten bereit. In<br />
der kalifornischen Metropole wird<br />
ein Landeverfahren angewendet,<br />
das von den Piloten höchste Aufmerksamkeit<br />
und spezielles Training<br />
erfordert.<br />
Gerade einmal 229 Meter sind<br />
die Mittellinien der beiden<br />
Pisten 28L und 28R am internationalen<br />
Flughafen in<br />
San Francisco voneinander entfernt.<br />
Zu knapp für gleichzeitige Anfl üge auf<br />
beide Runways – so war es zumindest,<br />
bis der Flughafen am 26. Oktober 2004<br />
den SOIA LDA/PRM Approach publizierte.<br />
Voraussetzung für die Durchführung<br />
dieses anspruchsvollen Prozederes<br />
ist ein reibungsloses Zusammenspiel<br />
aller Akteure.<br />
Das Drehbuch<br />
Paarweise werden zwei Flugzeuge auf<br />
den Anfl ug gebracht. Die vordere Maschine<br />
fl iegt einen ILS Approach auf<br />
die Piste 28L. Die zweite Maschine wird<br />
leicht schräg (5° Offset) und um 365 Meter<br />
nach rechts versetzt Richtung Landebahn<br />
28R geführt. Sie folgt dabei einem<br />
Leitstrahl analog einer ILS. Dieser<br />
«schräge» Anfl ugwinkel garantiert, dass<br />
sich die Maschinen zu Beginn des Manövers<br />
nicht zu nahe kommen. Erst bei<br />
einem defi nierten Punkt, sechs Kilometer<br />
vor der Pistenschwelle, darf der Pilot<br />
sein Flugzeug in die Achse der Landebahn<br />
bringen. Voraussetzung dafür<br />
ist, dass sowohl die vorausfl iegende Maschine,<br />
als auch die Piste jederzeit in<br />
Sicht sind. Die Vögel sind sich in dieser<br />
Phase im wahrsten Sinne des Wortes<br />
zum Greifen nah.<br />
Die Regisseure<br />
Auch für die Flugverkehrsleiter ist das<br />
Verfahren anspruchsvoll. Sie sitzen an<br />
ihren Schirmen, führen die Maschinenpaare<br />
Richtung Landepiste und überwachen<br />
jeden Steuerausschlag der Piloten<br />
akribisch. Um die Aufgabe auch<br />
erfüllen zu können, stehen ihnen modernste<br />
Hilfsmittel zur Verfügung. An<br />
einer speziellen Funkfrequenz sitzt ein<br />
Luftverkehrsleiter, der die Oberaufsicht<br />
Ein Star-Alliance-Treffen der besonderen Art<br />
in San Francisco.<br />
hält und jederzeit eingreifen kann. Die<br />
Piloten sind angewiesen, diese PRM-<br />
Frequenz abzuhören und den Instruktionen<br />
sofort Folge zu leisten.<br />
Die Akteure<br />
Ohne Fleiss kein Preis! Das gilt besonders<br />
in der Aviatik. Bevor die Swiss-<br />
Piloten San Francisco und seine Sehenswürdigkeiten<br />
bewundern dürfen,<br />
muss Theorie gebüffelt und im Simulator<br />
trainiert werden. Die FAA hat<br />
auf ihrer Internetseite einen ganzen<br />
Katalog Theorieunterlagen zum SOIA<br />
LDA/PRM-Anfl ug aufgelistet. Gerade<br />
der Abbruch des Anfl ugs ist sehr anspruchsvoll<br />
und macht ein Training<br />
im Simulator notwendig. Fliegen zwei<br />
Flugzeuge so nahe beisammen, ist das<br />
schnelle, exakte und richtige Reagieren<br />
der Piloten von höchster Wichtigkeit.<br />
Bei einem konventionellen Durchstart<br />
ist sich der Pilot gewöhnt, Vollgas<br />
zu geben und die ersten Sekunden geradeaus<br />
wegzusteigen. Beim PRM-Verfahren<br />
spricht man nicht von einem<br />
«Go-Around», sondern vom «Breakout<br />
Procedure». Ein «Breakout» Kommando<br />
beinhaltet immer eine<br />
Richtungsangabe. Das befohlene<br />
Heading muss unverzüglich<br />
eingenommen werden<br />
und gleichzeitig erfolgt<br />
der Befehl für den Sink- oder<br />
Steigfl ug. Ein Sinkfl ug in Bodennähe<br />
einzuleiten erfordert<br />
grosse Übersicht. Die Sinkrate<br />
darf nicht zu hoch sein<br />
Civil Aviation<br />
Vorsichtige Annäherung<br />
über San Francisco<br />
und die Minimumfl ughöhe muss zwingend<br />
eingehalten werden. Erschwerend<br />
kommt dazu, dass bei einer Annäherung<br />
der Flugzeuge voraussichtlich<br />
das TCAS anspricht. Ist dies der Fall,<br />
muss sofort dem TCAS Befehl gefolgt<br />
werden, ohne dabei die Richtungsänderung<br />
zu vernachlässigen. Dass bei zu<br />
hoher Sinkrate auch noch die Geländewarnung<br />
(EGPWS) Alarm schlagen<br />
könnte, sei hier nur am Rande erwähnt.<br />
Die Zuschauer<br />
Vom SOIA LDA/PRM-Anfl ug profi tieren<br />
die Passagiere und die Fluggesellschaften.<br />
Über 37 Millionen Personen haben<br />
im Jahr 2008 einen der 380 000 Flüge<br />
am internationalen Flughafen von San<br />
Francisco bestiegen. Ohne dieses effi ziente<br />
Anfl ugverfahren würden sich die<br />
Verspätungen und Warteschlaufen ins<br />
Unendliche steigern. Stand SOIA vor<br />
dem 26. Oktober 2004 am Flughafen in<br />
San Francisco für «sick of it all», steht es<br />
heute für ein leistungsfähiges Landesystem.<br />
San Francisco, wir sind bereit – San<br />
Francisco, wir kommen!<br />
Peter Tilly<br />
Abkürzungen<br />
FAA Federal Aviation Administration<br />
SOIA Simultaneous offset instrument approach<br />
LDA Localizer type directional aid<br />
PRM Precicison runway monitor<br />
ILS Instrument landing system<br />
TCAS Traffi c Alert and Collision Avoidance System<br />
EGPWS Enhanced ground proximity warning system<br />
3/<strong>2010</strong> 19<br />
Foto: Ben Wang