05.02.2013 Aufrufe

Bilanzpolitik, Bilanzfälschung und Bilanzprüfung

Bilanzpolitik, Bilanzfälschung und Bilanzprüfung

Bilanzpolitik, Bilanzfälschung und Bilanzprüfung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

moralischen Normen verhalten, obwohl das Standardmodell des homo oeconomicus auf den<br />

ersten Blick etwas anderes nahe legen würde. 73 Wenn wir nun aber mit Stemmer das<br />

moralische Müssen als sanktionskonstituiertes Müssen konzipieren, wird klar, dass sich<br />

Menschen an moralische Normen halten, weil sie ansonsten soziale Sanktionen hinnehmen<br />

müssten. Damit ist es nun auch für den homo oeconomicus wieder rational, sich an die<br />

moralischen Spielregeln zu halten. Um diesen Konflikt zwischen der konstitutionellen <strong>und</strong> der<br />

individuellen Ebene zu lösen, wird von der moralischen Gemeinschaft ein (informelles)<br />

Sanktionssystem etabliert 74 , das bewirkt, dass es nicht nur kollektiv, sondern auch individuell<br />

rational ist, sich an die moralische Norm zu halten. 75 Unter der Voraussetzung, die<br />

Übertretung moralischer Normen ist beobachtbar, riskiert ein Normverletzer den Zorn <strong>und</strong> die<br />

moralische Empörung der anderen Mitglieder der moralischen Gemeinschaft. Seine<br />

moralische Reputation ist beschädigt, das kann dazu führen, dass andere keine Geschäfte<br />

mehr mit ihm machen wollen oder dass sie Prämien für mögliche Ausbeutungsrisiken fordern.<br />

Bei diesem Lösungsansatz beschränken Sanktionen als Restriktionen den<br />

Handlungsspielraum, die Präferenzen des Normverletzers bleiben zunächst unberührt.<br />

Im Unterschied zu Rechtsnormen spielen bei moralischen Normen jedoch Gefühle eine große<br />

Rolle, die eine wichtige Funktion in Form interner Selbstbindungs- <strong>und</strong><br />

Sanktionsmechanismen übernehmen. Für ausschließlich klug <strong>und</strong> vorsichtig agierende<br />

Individuen ist es oft schwierig, dem kurzfristig erzielbaren Gewinn zu widerstehen. Dies gilt<br />

auch dann, wenn die rationale Analyse zeigt, dass sich Täuschung langfristig nicht auszahlt.<br />

Personen, die sich ausschließlich von eigennützigen Erwägungen leiten lassen, laufen Gefahr,<br />

auch in Situationen zu betrügen, in denen es nicht vernünftig ist. Aus diesem Gr<strong>und</strong> sind auch<br />

im Geschäftsleben Populationen vorstellbar, in denen Menschen mit einem Gewissen, mit<br />

einer emotional-moralischen Disposition, d.h. Mitgefühl <strong>und</strong> Mitleid in Verbindung mit<br />

Schuld- <strong>und</strong> Schamgefühlen, langfristig bessere Ergebnisse erzielen, weil sie besser in der<br />

Lage sind, der Versuchung zu widerstehen <strong>und</strong> deshalb den Impuls unterdrücken können, den<br />

kurzfristig durch Täuschung erzielbaren Gewinn dem langfristig durch den guten Ruf<br />

erzielbaren (höheren) Gewinn vorzuziehen. 76 Deshalb sind für sie, nicht aber für strenge<br />

73 Vgl. Dawes / Thaler (1988); Lenz (1991), Hausman / McPherson (1996), Sen (2002), S. 311-334;<br />

Fehr/Falk (2002); Falk (2003); Fehr/Renninger (2004).<br />

74 Dessen empirische Entstehung bei Stemmer (2000; 2001) allerdings im Dunklen bleibt. Hier wird man<br />

wohl doch auf soziobiologische <strong>und</strong> kulturelle Mechanismen zurückgreifen müssen. Vgl. auch Schaber<br />

(2003), S. 206-208, zu den Schwierigkeiten einer rational-kontraktualistischen Begründung innerer<br />

Sanktionen <strong>und</strong> moralischer Dispositionen. Vgl. ebenfalls kritisch Roughley (2003), S. 224ff.<br />

75 Schaber (2003) bestreitet, dass dann noch in sinnvoller Weise von moralischer „Verpflichtung“ gesprochen<br />

werden kann, da das „Richtige“ allein deswegen getan wird, um Sanktionen zu vermeiden.<br />

76 Psychobiologische <strong>und</strong> soziobiologische Ansätze können zur Stützung der von Frank (1988) vertretenen<br />

Auffassung herangezogen werden, vgl. hierzu Föhr / Lenz (1992), S. 150f. Ein streng rationaler<br />

20

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!