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Reportage: Zwischen Tradition und Aufbruch - CARITAS - Schweiz

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<strong>Reportage</strong>: Roma im Kosovo<br />

hatte noch nicht die Chancen, die sie selbst<br />

bekommen. Sie ist Raumpflegerin <strong>und</strong> daneben<br />

zuständig für die Betätigung der<br />

Schulklingel.<br />

Vater Talat kommt heute nicht nach<br />

Hause. Der 38-Jährige betreibt einen Holzhandel<br />

auf einem kleinen Gr<strong>und</strong>stück am<br />

alten Trassee der still gelegten Eisenbahnlinie,<br />

die Prizren früher mit der jugoslawischen<br />

Hauptstadt Belgrad verband. Das<br />

Holz wird aus den Bergen geliefert. Talat<br />

zerkleinert es auf einer gefährlich wirkenden,<br />

benzinbetriebenen Kreissäge <strong>und</strong> liefert<br />

es dann an die K<strong>und</strong>en aus. 40 Euro, offizielle<br />

Währung des noch jungen Staates, kann<br />

er für den Ster verlangen, in kalten Zeiten<br />

bis zu 50. Es ist ein unsicheres Geschäft.<br />

Während er im Herbst bis tief in die Nacht<br />

arbeitet, steht im Frühjahr <strong>und</strong> Sommer die<br />

Sägescheibe meistens still. «Für mich ist es<br />

wichtig, dass wir unseren Töchtern so viel<br />

Unterstützung wie möglich geben. Ich will<br />

nicht, dass meine Kinder einmal so schlecht<br />

leben müssen wie wir jetzt», sagt er, während<br />

er ein neues Holzstück auf der Säge<br />

bereitlegt.<br />

Im Quartierzentrum spielt sich das<br />

Leben ab<br />

Die Kinder erwartet der schulfreie Nachmittag<br />

mit einem gedrängten Programm.<br />

Wohin sie denn gehen? «Ins Quartierzentrum»,<br />

sagen die beiden Mädchen aus einem<br />

SEE THE WORLD THROUGH MY EYES<br />

Wie sehen junge<br />

Roma ihre Welt? Um<br />

das zu zeigen, rüstete<br />

die Roma-NGO<br />

Durmish Aslano 20<br />

Jugendliche mit Fotoapparaten<br />

aus <strong>und</strong><br />

schickte sie los, zu<br />

fotografieren, was<br />

für ihre Lebenswelt wichtig <strong>und</strong> typisch ist.<br />

Das Projekt war ein voller Erfolg: «Wir<br />

konnten sehen, wie glücklich <strong>und</strong> stolz die Jugendlichen<br />

waren, als sie von ihrer <strong>Reportage</strong>-<br />

Arbeit zurückkamen», erzählt Bayram Galush<br />

von Durmish Aslano. 250 der entstandenen<br />

Bilder wurden im Quartierzentrum in «Jeta e<br />

Re» ausgestellt. Sehr bewährt hat sich auch,<br />

dass neben Roma auch albanische Jugend-<br />

10 Caritas «Menschen» 1/10<br />

liche die Gelegenheit erhielten, mitzumachen.<br />

Es entstanden fre<strong>und</strong>schaftliche Banden, die<br />

bis heute anhalten.<br />

Die Idee zu diesem Projekt hatte ein Jugendlicher<br />

selbst. Der 20-jährige Edis Galushi<br />

hat soeben ein Englischstudium an der Universität<br />

angefangen <strong>und</strong> nimmt regelmässig<br />

an internationalen Treffen junger Roma teil. Er<br />

setzt sich neben dem Fotoprojekt auch mit anderen<br />

Projekten für die Integration von jugendlichen<br />

Roma ein <strong>und</strong> zeigt ihnen zum Beispiel,<br />

wie bei der öffentlichen Verwaltung eine Geburtsurk<strong>und</strong>e<br />

für ein Kind ausgestellt wird.<br />

Bilder aus dem Fotoprojekt «See the world<br />

through my eyes» sind zu sehen auf:<br />

www.caritas.ch/roma-fotoprojekt<br />

Bild: Vater Talat verkauft Brennholz. Seinen<br />

Kindern wünscht er eine bessere Zukunft.<br />

M<strong>und</strong>e <strong>und</strong> die Jungs nicken bestätigend.<br />

Nachhilfeunterricht in Mathematik klingt<br />

nicht gerade nach dem Wunschtraum von<br />

Jugendlichen, dennoch sind Tatendrang <strong>und</strong><br />

Vorfreude unübersehbar. Das Quartierzentrum<br />

ist im Quartier «Jeta e Re» der Gravitationspunkt,<br />

seit es vor einem Jahr durch<br />

die Initiative 6 mit Unterstützung der Caritas<br />

<strong>Schweiz</strong> eröffnet worden ist. Denn es<br />

bietet eine ganze Palette von Chancen (siehe<br />

dazu Kasten links).<br />

Das Quartierzentrum ist ein freistehendes<br />

Einfamilienhaus. Der Besitzer, der im<br />

Ausland lebt, hat es der Gemeinschaft für<br />

zehn Jahre kostenlos zur Verfügung gestellt.<br />

Arbeiter sind daran, der Fassade den letzten<br />

Anstrich zu geben. Im Eingang liegen Dut-

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