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2 Menschlich SÜDKURIER NR. 4 | BS<br />
SAMSTAG, 5. JANUAR 2013<br />
Nur Mal so...<br />
Neues Jahr<br />
und alte Laster<br />
VON ROLAND WALLISCH<br />
................................................<br />
Sind Sie gut ins neue Jahr gekommen?<br />
Ja? Danke, ich auch. Ich habe<br />
übrigens meinen ganzen Krempel mit<br />
allen meinen Lastern und Vorurteilen<br />
mitgenommen ins neue Jahr. Das Lästige<br />
einfach ausgerechnet an Silvester<br />
zurückzulassen, hätte ich gegenüber<br />
<strong>de</strong>m Altjahr unfair gefun<strong>de</strong>n. Schließlich<br />
hat es mich gut behan<strong>de</strong>lt, hat mir<br />
schöne Erlebnisse beschert und mir<br />
schwere Schicksalsschläge erspart. Ich<br />
bin ihm zu Dank verpflichtet.<br />
Das neue Jahr habe ich in <strong>de</strong>r<br />
Schweiz betreten. Der Abend in geselliger<br />
Run<strong>de</strong> war so harmonisch, dass<br />
ich unmöglich gleich dort ein paar meiner<br />
Altlasten hätte abla<strong>de</strong>n können.<br />
Die Freun<strong>de</strong> hätten sich bedankt. Ich<br />
habe meinen Kruscht also wie<strong>de</strong>r mit<br />
nach Hause genommen.<br />
Jetzt überlege ich mir, was ich damit<br />
machen soll. Die Laster zum Beispiel.<br />
Ich könnte sie auf einen Laster packen<br />
und zum Wertstoffhof bringen. Nur,<br />
was machen die dann damit? Wie<strong>de</strong>rverwerten?<br />
Ja und dann? Dann wer<strong>de</strong>n<br />
meine Laster womöglich in irgen<strong>de</strong>inen<br />
Drittstaat exportiert, dort billig<br />
verscherbelt zu Lasten <strong>de</strong>r örtlichen<br />
Lasterproduktionsstätten, so dass dort<br />
<strong>de</strong>n Lasterwerken die Arbeit ausgeht.<br />
Mit allen lasterhaften Folgen. Arbeitslose<br />
Lasterarbeiter streunen in <strong>de</strong>n<br />
Slums herum und frönen an<strong>de</strong>ren Lastern.<br />
Also ist das alles keine Lösung. Ich<br />
wer<strong>de</strong> meine Laster besser behalten,<br />
das steht fest.<br />
Und wohin mit meinen Vorurteilen<br />
und Lästereien? Ich könnte sie vielleicht<br />
in einen großen, schweren<br />
Schrank sperren. Vorurteilsfrei wür<strong>de</strong><br />
ich losziehen, zum Stammtisch gehen<br />
und mich unterhalten. Gesprächsstoff<br />
wäre ja genug da, schließlich bringen<br />
die Kumpels ihren Lästerwillen und ihre<br />
Vorurteile auch immer ganz gern<br />
mit. Ich könnte reichlich Lästerware<br />
von <strong>de</strong>nen schnorren. Aber auf die<br />
Dauer wäre das nicht nett. Angenommen,<br />
die Stammtischbrü<strong>de</strong>r hätten genauso<br />
gehan<strong>de</strong>lt wie ich und wür<strong>de</strong>n<br />
frei von Lästereien und Vorurteilen ihr<br />
Pils süffeln. Das wäre wohl ein ganz eigenartiger,<br />
schweigsamer Abend.<br />
Eine Welt ohne Vorurteile wäre ziemlich<br />
langweilig. Nehmen Sie doch nur<br />
als Beispiel, wie sich dieser Tage die<br />
Schwaben an Wolfgang Thierses<br />
Schrippen-Wecken-Befindlichkeiten<br />
ergötzen und ereifern. Ohne diesen<br />
Passus hätte sich kein Mensch für das<br />
Interview mit <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>stagsvizepräsi<strong>de</strong>nten<br />
interessiert. Und weil Vorurteile<br />
immer gleich an<strong>de</strong>re Vorurteile –<br />
gegen Politiker, gegen die da oben, gegen<br />
Preußen, gegen Bartträger – nähren,<br />
bleiben wir ständig im Gespräch<br />
mit- und übereinan<strong>de</strong>r. Also behalte<br />
ich auch meine Vorurteile.<br />
So ziehe ich <strong>de</strong>nn hin durchs neue<br />
Jahr, und wenn mir ein Vorurteil vom<br />
Laster fällt, dann lad’ ich mir ein Neues<br />
auf. Das Angebot ist reichlich.<br />
Prominent!<br />
Charlotte Link, 49, Schriftstellerin, kann<br />
Heile-Welt-Filme nicht ertragen. „Die<br />
Pilcher-Verfilmungen schaue ich mir<br />
nicht an, die fin<strong>de</strong> ich blö<strong>de</strong>.“ Wenn sie<br />
die Verfilmungen <strong>de</strong>r Romane ihrer<br />
Kollegin Rosamun<strong>de</strong> Pilcher sehe, <strong>de</strong>nke<br />
sie immer: „So ist es im wahren Leben<br />
gar nicht.“ Link steht eher auf<br />
Spannung. Auch die „weichgezeichneten“<br />
Verfilmungen ihrer Bestseller<br />
beim ZDF fand sie zu kitschig, <strong>de</strong>shalb<br />
sei sie zur ARD gewechselt. (dpa)<br />
Der amerikanische<br />
Schauspieler Bill Murray<br />
beherrscht das Spiel zwischen<br />
Komik und Melancholie<br />
Der Eigenbrötler<br />
VON SASCHA RETTIG<br />
................................................<br />
Eigentlich hätte Bill Murray im<br />
Superhel<strong>de</strong>n-Abenteuer „Iron<br />
Man“ dabei sein sollen. O<strong>de</strong>r<br />
als Sprecher bei <strong>de</strong>m Animations-Spaß<br />
„Monster AG“. O<strong>de</strong>r als exzentrischer<br />
Willy Wonka in „Charlie<br />
und die Schokola<strong>de</strong>nfabrik“. Dass es<br />
letztlich aber zu diesen und an<strong>de</strong>ren<br />
Engagements nicht kam, lag an Murray<br />
selbst. Der US-Komiker, seines Zeichens<br />
komischer Kauz und launiger Eigenbrötler,<br />
war über Wochen und Monate<br />
nicht zu erreichen. Einen Agenten<br />
hat er nicht. Und wer etwas von ihm<br />
will, muss ihm auf einen Anrufbeantworter<br />
sprechen und auf einen Rückruf<br />
warten. Manchmal kommt er. Oft aber<br />
offenbar nicht. Es ist wohl keine Seltenheit,<br />
dass er sich einfach absetzt und<br />
ungestört bleiben möchte. Für die<br />
meisten an<strong>de</strong>ren Hollywoodschauspieler<br />
wäre solch ein Verhalten wahrscheinlich<br />
ein Karriereharakiri. Doch<br />
Murrays Karriere läuft trotz all dieser Eigenarten<br />
auch nach über drei Jahrzehnten<br />
im Business immer noch bestens.<br />
„Wenn man immer sofort ‚Ja‘ sagt,<br />
dann ruft irgendwann gar keiner mehr<br />
an“, erklärte <strong>de</strong>r 62-Jährige kürzlich in<br />
einem seiner äußerst raren Interviews.<br />
Wenn Leute ihn als schwierig empfin<strong>de</strong>n,<br />
nimmt Murray das nach eigener<br />
Aussage als Kompliment – weil er<br />
schließlich nichts macht, wovon er<br />
nicht überzeugt ist. Davon kann auch<br />
Komiker-Kollege Dan Aykroyd ein Lied<br />
singen. Zwei Mal stan<strong>de</strong>n sie in <strong>de</strong>n<br />
80ern für die „Ghostbusters“-Geisterkomödien<br />
vor <strong>de</strong>r Kamera. Seit vielen<br />
Jahren ist immer wie<strong>de</strong>r ein dritter Teil<br />
im Gespräch. Ein mögliches Drehbuch<br />
hat Murray allerdings zerrissen und an<br />
Aykroyd zurückgeschickt – angeblich.<br />
Auf je<strong>de</strong>n Fall zeigte er bislang kein großes<br />
Interesse an einer Geisterjäger-<br />
Wie<strong>de</strong>rvereinigung, auch wenn er eine<br />
Rückkehr nicht völlig ausschloss.<br />
Ursprünglich wollte Murray Mediziner<br />
wer<strong>de</strong>n. „Ich habe mein Studium<br />
ernst genommen“, erzählte <strong>de</strong>r Schauspieler<br />
einmal. „Ich wollte später eigentlich<br />
als Notarzt in <strong>de</strong>r Karibik arbeiten,<br />
in einem Gebiet, in <strong>de</strong>m ich <strong>de</strong>r einzige<br />
Doktor weit und breit sein wür<strong>de</strong>.“<br />
Doch diese Pläne musste er begraben,<br />
als er mit 20 Jahren an einem Flughafen<br />
mit über vier Kilo Cannabis erwischt<br />
wur<strong>de</strong>. Damals kam er mit einer Bewährungsstrafe<br />
davon und schlug beruflich<br />
<strong>de</strong>n bekannten Weg ein. Auf Initiative<br />
seines Bru<strong>de</strong>rs Brian wur<strong>de</strong> er Mitglied<br />
einer Improvisationskomiktruppe.<br />
Dann wur<strong>de</strong> er von John Belushi für die<br />
satirische „National Lampoon Radio<br />
Hour“ angeheuert. Und wie für viele an<strong>de</strong>re<br />
Komiker war die legendäre TV-Comedy-Show<br />
„Saturday Night Live“ ein<br />
Heino Ferch, 49, Schauspieler, weiß das<br />
Beson<strong>de</strong>re von Grand Hotels zu schätzen.<br />
„Luxus ist für mich <strong>de</strong>r kleine Satz<br />
,Kein Problem!’. Das zeichnet die wirklich<br />
guten Häuser aus, die diesen beson<strong>de</strong>ren<br />
Status haben“, sagte Ferch,<br />
<strong>de</strong>r im ZDF-Dreiteiler „Das Adlon“ <strong>de</strong>n<br />
Hotelier Louis Adlon verkörpert. Es<br />
gibt nur eine Handvoll Hotels auf <strong>de</strong>r<br />
Welt, die wie das Adlon voller Geschichte<br />
stecken, erklärt Ferch das Beson<strong>de</strong>re<br />
<strong>de</strong>r Grand Hotels. (dapd)<br />
wichtiger Karrierebaustein. Als Ensemble-Mitglied<br />
dort wur<strong>de</strong> er mit einem<br />
Emmy ausgezeichnet. Später folgten<br />
unter an<strong>de</strong>rem Komödienerfolge wie<br />
„Und täglich grüßt das Murmeltier“,<br />
„Die Geister, die ich rief“ und die Golf-<br />
Komödie „Caddyshack“.<br />
Golfen ist zeitlebens eine von Murrays<br />
großen Lei<strong>de</strong>nschaften. Schon als<br />
Teenager arbeitete er als Golf-Caddy,<br />
um seine Schulausbildung an einer Jesuitenschule<br />
bezahlen zu können.<br />
Auch wenn er mit Rollen wie in Michael<br />
Almereydas „Hamlet“-Verfilmung mal<br />
in ernstere Gefil<strong>de</strong> schlenkerte, lan<strong>de</strong>te<br />
er letztlich doch immer wie<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r<br />
(Tragik-)Komödie.<br />
Dieser spezielle, sehr trockene Humor,<br />
<strong>de</strong>r auch bei Murrays öffentlichen<br />
Auftritten immer wie<strong>de</strong>r aufblitzt, verbin<strong>de</strong>t<br />
ihn offensichtlich nicht nur mit<br />
<strong>de</strong>m eigenwilligen Filmer Jim Jarmusch<br />
(„Broken Flowers“), son<strong>de</strong>rn vor allem<br />
mit Wes An<strong>de</strong>rson. Seit „Rushmore“<br />
war er in so gut wie je<strong>de</strong>m Film aus <strong>de</strong>m<br />
eigenwilligen Kosmos <strong>de</strong>s spleenigen<br />
Regie-Wun<strong>de</strong>rwerklers zu sehen. In <strong>de</strong>r<br />
Familientragikomödie „The Royal Tenenbaums“<br />
gab er <strong>de</strong>n Psychiater und<br />
Ehemann <strong>de</strong>r schwer <strong>de</strong>pressiven Gwy-<br />
Leona Lewis, 27, britische Sängerin, fin<strong>de</strong>t<br />
große Altersunterschie<strong>de</strong> bei Paaren<br />
völlig irrelevant. „Es ist doch toll,<br />
wenn Frauen mit jüngeren Männern<br />
ausgehen“, sagte sie. Der Englän<strong>de</strong>rin<br />
wird seit einigen Monaten eine Beziehung<br />
zu One-Direction-Star Liam Payne<br />
(19) nachgesagt. Sie bestritt die Gerüchte<br />
– <strong>de</strong>nnoch könne sie nicht verstehen,<br />
warum <strong>de</strong>r Altersunterschied<br />
so wichtig sei. Momentan je<strong>de</strong>nfalls sei<br />
sie auch als Single glücklich. (dapd)<br />
neth Paltrow. Und in „Die Tiefseetaucher“<br />
zwängte er sich in <strong>de</strong>n Taucheranzug<br />
als Meeresforscher Steve Zissou,<br />
<strong>de</strong>r eine schwierige Beziehung zu seinem<br />
Sohn hat. Murray selbst hat sechs<br />
Kin<strong>de</strong>r aus zwei Ehen – allesamt Söhne.<br />
Auch er selber ist an eine Großfamilie<br />
gewöhnt, wuchs <strong>de</strong>r Sohn irisch-katholischer<br />
Eltern doch mit acht Geschwistern<br />
in einem Vorort von Chicago auf.<br />
So eigen sein Humor ist, so schmal ist<br />
auch <strong>de</strong>r Grat, auf <strong>de</strong>m er lakonische<br />
Un<strong>de</strong>rstatement-Komik und Verlierer-<br />
Melancholie so wun<strong>de</strong>rbar austariert<br />
wie kaum ein an<strong>de</strong>rer amerikanischer<br />
Schauspieler. Das schönste Beispiel in<br />
seiner Filmographie dafür ist sein Gol<strong>de</strong>n-Globe-prämierter<br />
Part in Sophia<br />
Coppolas „Lost in Translation“. An <strong>de</strong>r<br />
Seite von <strong>de</strong>r damals noch eher unbekannten<br />
Scarlett Johansson lässt er sich<br />
durch durch Tokio treiben und intensiviert<br />
dabei dieses wun<strong>de</strong>rbare Verlorenheitsgefühl,<br />
das <strong>de</strong>r Film erzeugt.<br />
Demnächst hat er wie<strong>de</strong>r mal so einen<br />
großen Auftritt. In „Hy<strong>de</strong> Park on Hudson“<br />
verkörpert er <strong>de</strong>n früheren US-<br />
Präsi<strong>de</strong>nten Roosevelt. Eine ungewöhnliche<br />
Rolle für ihn, sicherlich, aber<br />
berechenbar ist er ja selten.<br />
Richy Müller, 57, Schauspieler, hat die<br />
Liebe beim Brötchenholen gefun<strong>de</strong>n.<br />
An einem Sonntag habe er sich beim<br />
Brötchenkaufen verfahren und sei in<br />
<strong>de</strong>r Bäckerei seiner heutigen Freundin<br />
gelan<strong>de</strong>t, sagte er. Aus regelmäßigen<br />
Einkäufen dort sei erst Freundschaft<br />
und nach sechs Jahren Liebe gewor<strong>de</strong>n,<br />
weil „wir bei<strong>de</strong> einfach eines Tages<br />
festgestellt haben, dass Christl immer<br />
das ausspricht, was ich <strong>de</strong>nke, und umgekehrt“,<br />
sagte Müller. (dapd)<br />
Bill Murray ist nicht<br />
immer erreichbar<br />
und längst nicht für<br />
alles zu haben.<br />
Trotz<strong>de</strong>m – o<strong>de</strong>r<br />
gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb? –<br />
hat er in Hollywood<br />
eine beachtliche<br />
Karriere gemacht.<br />
BILD: DPA