Schlesische Nachrichten - Oberschlesien eine Region in Europa ...
Schlesische Nachrichten - Oberschlesien eine Region in Europa ...
Schlesische Nachrichten - Oberschlesien eine Region in Europa ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
12<br />
TRAUER UM DR. HERBERT HUPKA / HEIMAT SCHLESIEN <strong>Schlesische</strong> <strong>Nachrichten</strong> 21/2006<br />
matvertriebenen und um die Versöhnung mit<br />
dem Nachbarland Polen s<strong>in</strong>d unbestritten und<br />
sichern ihm e<strong>in</strong> ehrendes Andenken. Er war<br />
<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r der großen und bekannten deutschen<br />
Vertriebenensprecher, der bis zuletzt mit s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r<br />
Persönlichkeit Menschen begeistern<br />
und mitreißen konnte.<br />
Herr M<strong>in</strong>isterpräsident Edmund Stoiber,<br />
Bayern: S<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Liebe galt s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r schlesischen<br />
Heimat, s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Fürsorge s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>n Landsleuten<br />
und se<strong>in</strong> politisches Engagement der Aufarbeitung<br />
des geschehenen Unrechts.<br />
Mit s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r leidenschaftlichen Suche nach<br />
der historischen Wahrheit, der Gerechtigkeit,<br />
der Versöhnung und der Befriedung war er<br />
auch e<strong>in</strong> großer Europäer. Nie wieder Krieg<br />
– nie wieder Vertreibung: das bleibt se<strong>in</strong> Ver-<br />
Das Ende <strong>e<strong>in</strong>e</strong>s schlesischen<br />
Bauerngutes<br />
Das ehemals schöne<br />
Wohnhaus – 20 Jahre<br />
nach dem Krieg<br />
unter polnischerVerwaltung.<br />
In Tempelfeld, <strong>e<strong>in</strong>e</strong>m Dorf <strong>in</strong>mitten der<br />
fruchtbaren Ebene etwas 40 Kilometer<br />
südlich von Breslau und ca. 13 Kilometer<br />
westlich von Brieg, war seit Jahrhunderten<br />
die Bauernfamilie Kay ansässig.<br />
Das Dorf selbst war – wie der Name es<br />
bereits erahnen lässt – im 13. Jahrhundert<br />
von den Tempelrittern gegründet worden.<br />
„Die Gründung steht im Zusammenhang<br />
mit der Schenkung von Olenitz (Kle<strong>in</strong>-Oels)<br />
an den Templerorden durch Herzog He<strong>in</strong>rich<br />
I. auf Betreiben der Hl. Hedwig 1 im<br />
Jahre 1226. Die Niederlassung führt wohl<br />
seit jener Zeit ihren jetzigen Namen, die<br />
Templer hatten es zu deutschem Rechte<br />
ausgesetzt und werden deutsche Ansiedler<br />
herangezogen haben“, schrieb Paul Neugebauer<br />
<strong>in</strong> s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>m Werk „Spaziergänge <strong>in</strong><br />
und um Kle<strong>in</strong>-Oels“ 2 und belegt anhand<br />
aufgefundener Aufzeichnungen 3 die<br />
Richtigkeit mit <strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Auflistung typisch<br />
deutscher Vornamen beg<strong>in</strong>nend im Jahre<br />
1394 mit dem Namen Scholze (Geme<strong>in</strong>devorsteher)<br />
Ditrich aus Tempelfeld.<br />
Mit der Anwerbung der deutschen Ansiedler<br />
s<strong>in</strong>d wohl auch die Vorfahren der<br />
Sippe Kay <strong>in</strong> den Ort gekommen. Durch<br />
mächtnis für heutige und zukünftige Generationen.<br />
Der Freistaat Bayern wird ihm e<strong>in</strong><br />
ehrendes Gedenken bewahren.<br />
Herr M<strong>in</strong>isterpräsident Roland Koch,<br />
Hessen: Herr Dr. Hupka war <strong>e<strong>in</strong>e</strong> bee<strong>in</strong>druckende,<br />
hoch kompetente Persönlichkeit und<br />
erwarb sich nicht nur <strong>in</strong> s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r mehr als zwanzig<br />
Jahre währenden Zeit als Mitglied des<br />
Deutschen Bundestages außerordentlichen<br />
Respekt, sondern genoss auch als Journalist<br />
und Publizist große Anerkennung.<br />
Als zuweilen unbequemer und streitbarer<br />
Politiker wurde er im In- und Ausland immer<br />
wieder mit starken Vorbehalten konfrontiert.<br />
Dies h<strong>in</strong>derte Herbert Hupka jedoch nicht,<br />
sich als Europäer für e<strong>in</strong> Zusammenwachsen<br />
unseres Kont<strong>in</strong>ents unter Beachtung der Auf-<br />
Der Hof des<br />
Bauern Paul<br />
Kay aus<br />
Tempelfeld<br />
die Chronisten Paul 4 ist im Jahre 1580<br />
nachweislich der Adam Kay als Besitzer<br />
des Gutes an der Gasse (Weg nach Kle<strong>in</strong><br />
Jenkwitz) belegt. In der Folge s<strong>in</strong>d die<br />
Nachfahren durchgängig aufgeführt.<br />
Zu Beg<strong>in</strong>n des 19. Jahrhunderts erbte<br />
Franz-Johann Kay (*4. 10. 1802, Sterbedatum<br />
unbekannt) das Gut. Ihm wurden<br />
vier K<strong>in</strong>der geschenkt, neben zwei Mädchen<br />
der Sohn Karl und der Sohn Josef<br />
(1933 – 1904). Doch nur <strong>e<strong>in</strong>e</strong>r konnte<br />
Nachfolger und Erbe des Hofes werden.<br />
Da bot sich im Jahre 1865 die Möglichkeit,<br />
e<strong>in</strong> zweites Kay-Gut zu errichten. Der<br />
Tempelfelder Großgrundbesitzer Pohl<br />
hatte k<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Nachkommen und war bereit,<br />
se<strong>in</strong> Anwesen zu teilen. Franz Johann Kay<br />
nutzte die Möglichkeit und kaufte mit<br />
Unterstützung des Großgrundbesitzer<br />
Scholz (se<strong>in</strong> Sohn Josef war <strong>in</strong>zwischen<br />
mit dessen Tochter Johanna Luise verheiratet)<br />
<strong>e<strong>in</strong>e</strong>n Teil des Pohl-Gutes. Mit erworben<br />
wurden e<strong>in</strong>ige kl<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Immobilien.<br />
E<strong>in</strong> Wohnhaus fehlte. Immerh<strong>in</strong> war <strong>in</strong> Tempelfeld<br />
Platz für e<strong>in</strong> zweites Kay-Gut geschaffen,<br />
das zur Unterscheidung vom<br />
Stammgut an der Gasse die Bezeichnung<br />
arbeitung problematischer Fragen der Vertreibung<br />
zu engagieren.<br />
1985 erhielt Dr. Hupka das Große<br />
Bundesverdienstkreuz, darüber h<strong>in</strong>aus <strong>e<strong>in</strong>e</strong><br />
Vielzahl weiterer bedeutsamer Auszeichnungen,<br />
die die Qualität s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>s Wirkens hervorheben.<br />
Ich b<strong>in</strong> sicher, dass viele Menschen <strong>in</strong> unserem<br />
Land Herbert Hupka vermissen.<br />
Herr M<strong>in</strong>isterpräsident Jürgen Rüttgers,<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen: Dr. Herbert Hupka war<br />
<strong>e<strong>in</strong>e</strong> große Persönlichkeit mit <strong>e<strong>in</strong>e</strong>r bee<strong>in</strong>druckenden<br />
Biographie. Und e<strong>in</strong> Mann mit<br />
Pr<strong>in</strong>zipien.<br />
„Trauern wir nicht über den Verlust, sondern<br />
seien wir dankbar für die geme<strong>in</strong>same<br />
Zeit“. Fortsetzung folgt<br />
am Teich erhielt. Im Dorf gab es seit dem<br />
den Gasse Kay und den Teich-Kay.<br />
Die neuen Grundbesitzer, Josef Kay und<br />
s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Frau Johanna Luise, geborene<br />
Scholz, begannen mit dem Aufbau <strong>e<strong>in</strong>e</strong>s<br />
schlesischen Bauernhofes. 1866 war das<br />
stattliche Wohnhaus mit angrenzenden<br />
Stallungen fertig gestellt.<br />
Nach 31 Jahren harter Arbeit übergaben<br />
Josef und Johanna Kay das Gut an<br />
ihren Sohn Karl (*1.9.1863, † 27.1.1947).<br />
Dieser erbaute sogleich das sog. Ausged<strong>in</strong>gehaus<br />
(Auszughaus) für s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Eltern<br />
und führte den Hof <strong>in</strong>s 20. Jahrhundert.<br />
1912 konnte er das Anwesen mit dem<br />
Bau <strong>e<strong>in</strong>e</strong>r großen Scheune abschließen.<br />
Trotz des 1. Weltkriegs und Inflation der<br />
zwanziger Jahre g<strong>in</strong>g es weiter aufwärts<br />
auf dem Hofe. Unter größtem persönlichen<br />
Verzicht und mit Hilfe der <strong>in</strong>zwischen herangewachsenen<br />
K<strong>in</strong>der wurde des Gut<br />
technisch aufgerüstet und voran gebracht.<br />
Mühevoll war die Arbeit auf Hof und<br />
Feld. Dennoch blieb Zeit zur Teilnahme am<br />
öffentlichen Leben.<br />
1938 übergab der <strong>in</strong>zwischen 75jährige<br />
Gutsbesitzer Karl den Hof an s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>n<br />
Sohn Paul (*7.2.1902, † 9.6.1972). Da dieser<br />
das Gut <strong>in</strong> den letzten 10 Jahren ohneh<strong>in</strong><br />
schon eigenständig geführt hatte,<br />
verlief der Wechsel unmerklich. Vor dem<br />
Notar Walter Reichhelm aus Wansen<br />
fand dort unter der Nr. 273 der Urkundenrolle<br />
für 1938 die Übergabe statt. Dar<strong>in</strong><br />
heißt (hieß?) es: „Karl Kay überlässt den<br />
ihm gehörigen, <strong>in</strong> Tempelfeld gelegenen<br />
Erbhof Nr. 18, der im Grundbuch von Tempelfeld<br />
Band I Blatt 21 verzeichnet ist, s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>m<br />
Sohn Paul“.<br />
Die Immobilien, dazu 90 Morgen Land,<br />
drei Pferde, 12 Milchkühe, zwei Zuchtbullen,<br />
30 Schw<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Hühner, Puten, Gänse,<br />
Enten usw. waren auf <strong>e<strong>in</strong>e</strong>n neuen Eigentümer<br />
übergegangen. Nun konnte<br />
der 35jährige Jungbauer mit s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Frau<br />
Magda eigenständig wirken und den Hof,<br />
modernisieren. Schon nach zwei Jahren<br />
bemerkten Besucher: “hier geht es aber<br />
ordentlich voran“.<br />
Das Glück aber währte nicht sehr lange.