Schlesische Nachrichten - Oberschlesien eine Region in Europa ...
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2 POLITIK<br />
werden, wird nicht zu bestreiten se<strong>in</strong>. Hier liegen<br />
Dokumente der kulturellen und geistigen<br />
Entwicklung ganzer Prov<strong>in</strong>zen. H<strong>in</strong>zu kommen<br />
wichtige Bestände aus anderen Teilen<br />
Deutschlands, die während des Krieges dorth<strong>in</strong><br />
verlagert wurden.<br />
Das geltende Völkerrecht verbietet den Raub<br />
von Kulturgütern, denn seit der Haager Landkriegsordnung<br />
von 1907 gilt das strikte Verbot,<br />
im Rahmen von Kriegshandlungen Kulturgüter<br />
des Gegners zu rauben. Art. 28 Abs. 3 des<br />
deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages<br />
von 1991 sieht vor, „die Probleme im Zusammenhang<br />
mit Kulturgütern und Archivalien,<br />
beg<strong>in</strong>nend mit E<strong>in</strong>zelfällen, zu lösen“.<br />
Zunächst schien es, als ob Polen sich wenigstens<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der kriegsbed<strong>in</strong>gt verlagerten<br />
Kulturgüter bewegen werde. So erklärte<br />
der damalige polnische Kulturm<strong>in</strong>ister Andrzej<br />
Zakrzewski im Oktober 1999, dass es unangenehm<br />
sei, wenn sich die Gespräche über<br />
300 000 <strong>in</strong> Krakau lagernde Bücher der ehemals<br />
Preußischen Staatsbibliothek zu Berl<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Sackgasse befänden. Mit Blick auf die<br />
Beethoven-Autographen, die zu den <strong>in</strong> Krakau<br />
verwahrten Schätzen gehören, fügte er h<strong>in</strong>zu,<br />
als Pole würde er es schön f<strong>in</strong>den, gäbe es <strong>in</strong><br />
s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>m Heimatland Handschriften des Komponisten,<br />
persönlich aber sei er der Auffassung,<br />
sie gehörten natürlich dorth<strong>in</strong>, wo sie herkommen.<br />
Als auch der damalige Staatspräsident<br />
Kwasniewski sich für <strong>e<strong>in</strong>e</strong> Rückgabe der<br />
Krakauer Bestände aussprach, erhob sich<br />
allerd<strong>in</strong>gs heftiger Protest <strong>in</strong> Polen.<br />
Für Ex-Kulturstaatsm<strong>in</strong>ister Naumann war<br />
klar, die Verhandlungen mit Takt anzugeben und<br />
auf „Rechthaberei“ zu verzichten. Noch Ende<br />
1999 wollte Naumann mit s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>m polnischen<br />
Kollegen über Restitutionsfragen sprechen, so<br />
s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Ankündigung. Dabei stünde für ihn nicht<br />
der Eigentumsaspekt im Vordergrund, sondern<br />
die Frage nach der kulturellen Identität.<br />
Man fragt heute nach dem Erfolg deutscher<br />
Bemühungen und nach der Erfüllung der Vere<strong>in</strong>barungen<br />
aus dem Nachbarschaftsvertrag,<br />
von der Befolgung der Regeln des Völkerrechts<br />
ganz zu schweigen. Es ist zum<strong>in</strong>dest öffentlich<br />
nicht bekannt geworden, dass es Erfolge gegeben<br />
hat. Gleiches gilt im übrigen gegenüber<br />
Russland, obwohl das Land sich gegenüber<br />
Deutschland <strong>in</strong> zwei Verträgen (1990 und<br />
1992) verpflichtete, die Beutekunst zurückzugeben.<br />
Russland tat anschließend jedoch das<br />
Gegenteil: Das russische Parlament verabschiedete<br />
1998 e<strong>in</strong> völkerrechtswidriges Gesetz,<br />
das grundsätzlich alle Kulturbeute zu russischem<br />
Eigentum erklärte. Während aus<br />
Deutschland noch immer russische Kulturgüter,<br />
die e<strong>in</strong>st von der deutschen Besatzung nach<br />
Deutschland gebracht wurden, zurückfließen,<br />
gibt es <strong>in</strong> umgekehrter Richtung kaum Bewegung.<br />
Der zuständige Kulturm<strong>in</strong>isterialbeamte<br />
Anatoli Wilkow lobt zwar s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> deutschen<br />
Partner, sieht aber <strong>in</strong> den <strong>in</strong> Russland weilenden<br />
Beständen aus Deutschland <strong>e<strong>in</strong>e</strong> Kompensation<br />
für Kulturgüterverluste die durch die<br />
Deutschen zugefügt wurden.<br />
„Nichts schmerzt so lange, wie der Raub kulturellen<br />
Erbes“, mit dieser Aussage hatte<br />
1945 der amerikanische Kunstschutzoffizier<br />
Walter Farmer <strong>in</strong> Wiesbaden Aufsehen erregt<br />
und s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Kollegen zur Unterzeichnung des<br />
„Wiesbadener Manifest“ gebracht, das als<br />
Grundlage zur Verh<strong>in</strong>derung des Kunstraubes<br />
durch die Besatzer dienen sollte. Für se<strong>in</strong> damaliges<br />
Wirken erhielt Farmer 1996 das Große<br />
Bundesverdienstkreuz durch Außenm<strong>in</strong>ister<br />
K<strong>in</strong>kel. In s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Laudatio lobte K<strong>in</strong>kel den Amerikaner<br />
als mutigen und ehrenhaften großen<br />
Sohn <strong>e<strong>in</strong>e</strong>r großen Nation, der e<strong>in</strong> nobles Beispiel<br />
dafür gegeben habe, dass zivilisierte demokratische<br />
Staaten ihre Ideale und Werte nur<br />
bewahren können, wenn mutige Bürger sie <strong>in</strong><br />
der Praxis verteidigen.<br />
Farmer hatte <strong>in</strong> s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>m „Wiesbadener Manifest“<br />
u.a. darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass Deutsche<br />
von den Alliierten wegen der Beschlagnahme<br />
kultureller Schätze <strong>in</strong> ehemals besetzten Ländern<br />
vor Gericht gestellt würden. Die Anklagen<br />
g<strong>in</strong>gen davon aus, dass die Deutschen sich nicht<br />
auf militärische Befehle berufen könnten,<br />
denn im Namen <strong>e<strong>in</strong>e</strong>s höheren moralischen Gesetzes<br />
hätten diese verweigert werden müssen.<br />
Amerikaner würden deshalb bei Befolgung eigener<br />
Befehle nicht weniger schuldig dastehen,<br />
so wird <strong>in</strong> dem Manifest gefolgert. Gerechtigkeit,<br />
Anstand sowie die Etablierung der Macht<br />
des Rechts, nicht der Gewalt, unter zivilisierten<br />
Nationen werden ebenso angemahnt.<br />
Mit ihrem Verhalten verstoßen Russland und<br />
<strong>Schlesische</strong>s Wochensem<strong>in</strong>ar <strong>in</strong> Groß<br />
Ste<strong>in</strong> diskutierte deutsch-polnisches<br />
Verhältnis. Das vom Haus der Deutsch-<br />
Polnischen Zusammenarbeit veranstaltete<br />
Sem<strong>in</strong>ar sah prom<strong>in</strong>ente Vertreter aus<br />
Polen und Deutschland, u.a. die Vertreter<br />
aller deutschen diplomatischen Dienste <strong>in</strong><br />
Polen, der Woiwodschaftsbehörde, der<br />
Zentralbehörde, der deutschen Volksgruppe,<br />
der Kirche, der Stiftung für<br />
Deutsch-Polnische Zusammenarbeit <strong>in</strong><br />
Warschau und Vertreter aus Deutschland.<br />
Während die Vertreter<strong>in</strong> der deutschen<br />
Botschaft <strong>in</strong> Warschau, Jutta Frasch, die<br />
deutsch-polnischen Beziehungen als<br />
sehr gut bezeichnete und dabei von Janusz<br />
Styczek, Berater beim polnischen<br />
Außenm<strong>in</strong>isterium, unterstützt wurde, sah<br />
der deutsche Sejm-Abgeordnete Kroll das<br />
Verhältnis auf s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>m tiefsten Punkt seit<br />
16 Jahren. Er verwies dabei u.a. auf die<br />
mehrmals verschobene Sejmdebatte zu<br />
diesem Thema. Frau Frasch er<strong>in</strong>nerte dagegen<br />
an die Partnerschaften zwischen<br />
Geme<strong>in</strong>den beider Länder, den Jugendaustausch,<br />
Studentenaufenthalte, den<br />
Kulturaustausch und das deutsch-polnische<br />
Jahr. Für die Bundestagsabgeordnete<br />
der SPD, Angelika Schwall-Düren,<br />
steht fest, dass Deutschland s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Ostpolitik<br />
ohne Polen unmöglich führen könne.<br />
In realistischer E<strong>in</strong>schätzung der tatsächlichen<br />
Situation ermutigte der Oppelner<br />
Erzbischof Alfons Nossol die Teilnehmer<br />
unter dem Dach der Stiftung all<br />
das aufrichtig auszusprechen, was<br />
schmerze und mitunter trenne.<br />
●<br />
Oberglogau begeht 14. <strong>Schlesische</strong>s<br />
Ludwig-van-Beethoven-Festival. In Er<strong>in</strong>nerung<br />
an den großen deutschen Kom-<br />
<strong>Schlesische</strong> Notizen<br />
<strong>Schlesische</strong> <strong>Nachrichten</strong> 21/2006<br />
Polen, über andere Staaten wird noch zu berichten<br />
se<strong>in</strong>, gegen die Grundsätze, die Kennzeichen<br />
zivilisierter Staaten s<strong>in</strong>d. Bleibt die Frage<br />
nach den Motiven. Ist es nur Bereicherung,<br />
soll es <strong>e<strong>in</strong>e</strong> Demütigung der Deutschen se<strong>in</strong><br />
oder ist es r<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Nationalismus?<br />
Wenn Farmer schon 1945 <strong>in</strong> s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>m Manifest<br />
erkannte, dass die Wegnahme des kulturellen<br />
Erbes <strong>e<strong>in</strong>e</strong> historische Kränkung von besonderer<br />
Langlebigkeit ist, die viel Erbitterung<br />
hervorruft, so wird der Kulturraub durch Polen,<br />
Russen und andere die geme<strong>in</strong>same Zukunft<br />
noch lange belasten. Auch der Vertragsbruch<br />
durch Polen sollte Anlass für die deutsche Regierung<br />
se<strong>in</strong>, das Thema aufzugreifen.<br />
Deutschland kann nicht h<strong>in</strong>ter anderen Staaten<br />
zurückbleiben. Wenn Italien zäh um die<br />
Rückgabe geraubter Kunstwerke kämpft, die<br />
heute <strong>in</strong> amerikanischen Museen lagern und<br />
wenn ärmere Länder wie Griechenland, die Türkei<br />
oder Ägypten sich gegen die Abwanderung<br />
nationaler Kulturwerke durch scharfe Ausfuhrverbote<br />
schützen, darf Deutschland nicht<br />
untätig bleiben. Es gilt, Schaden vom deutschen<br />
Volk abzuwenden, <strong>in</strong>sbesondere die kulturellen<br />
Identität, <strong>in</strong>sbesondere der Vertriebenen<br />
und ihrer Nachkommen, zu wahren.<br />
ponisten Ludwig van Beethoven, der 1806<br />
Oberglogau besuchte und s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Vierte S<strong>in</strong>fonie<br />
<strong>in</strong> B-Dur dem ortsansässigen Grafen<br />
Franz Joachim Wenzel von Oppersdorf<br />
widmete, veranstaltete der SKGD O/S<br />
das Musikfest. Nach den Worten des<br />
Schirmherren, des deutschen Botschafters<br />
<strong>in</strong> Warschau, könne die Veranstaltung<br />
auch als Plattform für <strong>e<strong>in</strong>e</strong>n deutsch-polnischen<br />
Musikaustausch gesehen werden.<br />
Zu der Eröffnung der Musiktage am 15.<br />
September konnte auch e<strong>in</strong> Akkordeonorchester<br />
aus Kirchheim (Baden-Württemberg)<br />
begrüßt werden, das unter Beweis<br />
stellte, dass auch mit diesen Instrumenten<br />
klassische Musik vorzüglich dargeboten<br />
werden kann.<br />
●<br />
Schloss Lomnitz steht vor Erweiterung<br />
der Aktivitäten. Nachdem die Familie<br />
Küster ihren enteigneten Besitz, das<br />
Schloss Lomnitz, mit Hilfe <strong>e<strong>in</strong>e</strong>s polnischen<br />
Partners über <strong>e<strong>in</strong>e</strong> eigens dafür gegründete<br />
GmbH vor etwa 15 Jahren zurückgekauft<br />
hatte, entwickelten sich die<br />
beiden Gebäude des Schlosses zu <strong>e<strong>in</strong>e</strong>m<br />
Kle<strong>in</strong>od, das heute für Veranstaltungen<br />
und Ausstelllungen genutzt wird. Als nächstes<br />
Ziel soll nunmehr der dem Schloss<br />
gehörende Gutshof zu <strong>e<strong>in</strong>e</strong>m Museumshof<br />
ausgebaut werden. E<strong>in</strong> erster Schritt<br />
wurde bereits mit der 2004 gegründeten<br />
Stiftung „Dom<strong>in</strong>ium Lomnica“ getan. Geplant<br />
ist auch der Betrieb <strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Landwirtschaft,<br />
der <strong>in</strong> das Umland ausstrahlen<br />
und Veränderungen <strong>in</strong> der <strong>Region</strong> e<strong>in</strong>leiten<br />
soll. Um die Attraktivität für Touristen<br />
zu erhöhen werden auch Freiflächen<br />
für Märkte, Feste, Werkstätten, <strong>e<strong>in</strong>e</strong> Töpferei,<br />
Plätze für Handwerkskunst und Läden<br />
entstehen.