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Schlesische Nachrichten - Oberschlesien eine Region in Europa ...

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14<br />

Ihr Gegenstand ist die nackte Seele, der<br />

nackte Mensch!“<br />

Im März 1905 bekannte Hauptmann, dreifacher<br />

Träger des österreichischen Grillparzerpreises,<br />

<strong>in</strong> Wien: „Es meldeten sich <strong>in</strong><br />

m<strong>e<strong>in</strong>e</strong>m Inneren stets viele Stimmen zum<br />

Wort, und ich sah k<strong>e<strong>in</strong>e</strong> andere Möglichkeit,<br />

e<strong>in</strong>igermaßen Ordnung zu schaffen, als vielstimmige<br />

Sätze: Dramen zu schreiben.“<br />

Vom Schaffen des erst Sechsunddreißigjährigen<br />

gab Paul Schlenther <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong>e</strong>r 1898<br />

erschienenen Biographie <strong>e<strong>in</strong>e</strong> aufnahmefreudigen<br />

und anwachsenden Gefolgschaft<br />

detaillierte Auskunft, so dass sich Hauptmanns<br />

Verleger S. Fischer <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, zu <strong>e<strong>in</strong>e</strong>r<br />

ersten Gesamtausgabe von Hauptmanns<br />

Werken entschloss, die <strong>in</strong> sechs Bänden<br />

1906 erschien: Dieses Œuvre umschloss<br />

die Dramen von „Vor Sonnenaufgang“ bis<br />

„Und Pippa tanzt!“ (Unter E<strong>in</strong>schluss des<br />

„Helios“-und des „Hirtenlied“-Fragments ).<br />

Für diese Ausgabe steuerte der Dichter e<strong>in</strong><br />

„Geleitwort“ bei, <strong>in</strong> dem er e<strong>in</strong>ige Gedanken<br />

zur Anschauungsart über das Drama <strong>in</strong> den<br />

herrschenden Dramaturgien äußert.<br />

Bereits <strong>in</strong> s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>n frühen Stücken ist es<br />

Hauptmann <strong>e<strong>in</strong>e</strong>rseits um die Gestaltung<br />

menschlich-sozialer Probleme und ebenso<br />

auch um die Reflexion kreatürlich-existentieller<br />

Fragen gegangen, und <strong>e<strong>in</strong>e</strong>m Mitleiden<br />

an den Unterdrückten und Erniedrigten,<br />

den Beleidigten, Vernachlässigten und Verachteten<br />

– wobei, immer wieder, <strong>in</strong> vielen<br />

Werken als Grundmelodie der leidenden<br />

Menschen dieses „A jeder Mensch hat halt<br />

ne Sehnsucht“ erkl<strong>in</strong>gt. Noch aus der tragischen<br />

Erschütterung glänzt diese Erlösungssehnsucht<br />

auf und aktiviert gleichsam<br />

das <strong>in</strong> der Leiderfahrung <strong>in</strong>s Passive tendierende<br />

Menschentum <strong>in</strong> Gerhart Hauptmanns<br />

Dramen. „Wehe, wissende Menschlichkeit“,<br />

wie Thomas Mann Hauptmanns<br />

Mitleidsethos sah.<br />

Gerhart Hauptmanns Menschen kommen<br />

aus der Wirklichkeit und sie gehen gleichsam<br />

<strong>in</strong> sie h<strong>in</strong>aus: Wie sie dem Dichter alle<br />

<strong>in</strong> s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>m Leben leibhaftig begegnet s<strong>in</strong>d,<br />

<strong>in</strong> den schlesischen Dörfern wie <strong>in</strong> den Berl<strong>in</strong>er<br />

Gastwirtschaften oder den Künstlerateliers.<br />

So begegnen sie uns, nachdem sie<br />

durch das Medium s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Phantasie g<strong>in</strong>gen.<br />

Als die „Ausgabe letzter Hand“ zum achtzigsten<br />

Geburtstage des Dichters erschien,<br />

bekannte er, dass diese Sammlung als <strong>e<strong>in</strong>e</strong><br />

Ernte aus reicherfüllten Phasen langen Lebens“<br />

anzusehen ist und „<strong>in</strong> die deutsche<br />

Volksseele e<strong>in</strong>gegangen“ sei und damit, auch<br />

<strong>e<strong>in</strong>e</strong>m letzten S<strong>in</strong>n der Dichtung entspricht.<br />

Was wäre auch e<strong>in</strong> Dichter, der als s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> unverlierbare<br />

Sendung konstatieren darf,<br />

„dessen Wesen der gesteigerte Ausdruck der<br />

Volksseele ist!“ Günter Gerstmann<br />

An zwei Gedenktage zu Gerhart Hauptmann ist<br />

noch <strong>in</strong> diesem Jahr zu er<strong>in</strong>nern:<br />

1.) Der 50. im H<strong>in</strong>blick auf das Uraufführung von<br />

s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Tragödie „Magnus Garbe“ am 4. Februar<br />

1956 <strong>in</strong> Düsseldorf;<br />

2.) Vor 100 Jahren, 1906, ist die erste Gesamtausgabe<br />

von Gerhart Hauptmann erschienen<br />

– freilich erst vier Jahre nach der ersten,<br />

die <strong>in</strong> Rußland, 1902, vorgelegt worden ist.<br />

KULTUR / DE LIBRIS <strong>Schlesische</strong> <strong>Nachrichten</strong> 21/2006<br />

„Tabuisierte Geschichte –<br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge und Vertriebene <strong>in</strong> der Sowjetischen<br />

Besatzungszone und DDR“<br />

Lichtbildvortrag von Dr. Michael Parak,<br />

Kulturreferent für <strong>Schlesische</strong>n beim <strong>Schlesische</strong>n Museum zu Görlitz<br />

Term<strong>in</strong>: Do., 12.11.2006, 19.00 Uhr<br />

Ort: Stadtbibliothek Borna, Mart<strong>in</strong>-Luther-Platz 9, 04552 Borna<br />

Tel. 03433 / 20 19 22, Fax 03433 / 20 19 23,<br />

e-mail <strong>in</strong>fo@bibliothek-borna.de <br />

Veranstalter: Stadtbibliothek Borna<br />

Der E<strong>in</strong>tritt ist frei!<br />

Auch heute ist über das Leben von Flüchtl<strong>in</strong>gen und Vertriebenen <strong>in</strong> der Sowjetischen<br />

Besatzungszone wenig bekannt. Die SED belegte diesen Teil der deutschen Geschichte<br />

mit <strong>e<strong>in</strong>e</strong>m Tabu. 1950 verschwand selbst die verharmlosende Bezeichnung „Umsiedler“<br />

aus dem öffentlichen Sprachgebrauch.<br />

So denkt man meist an die Bundesrepublik, wenn es um die Aufnahme von Flüchtl<strong>in</strong>gen<br />

und Vertriebenen geht. Dabei lebten 1950 3,3 Millionen Deutsche aus Ostpreußen,<br />

Schlesien und dem Sudetenland <strong>in</strong> der DDR; e<strong>in</strong> Bevölkerungsanteil von 21,3 Prozent.<br />

In Westdeutschland waren dagegen nur 16,5 Prozent der Bevölkerung Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />

und Vertriebene.<br />

In dem Lichtbildvortrag werden die „Umsiedler-Politik“ der SED und Lebenser<strong>in</strong>nerungen<br />

von Betroffenen vorgestellt. E<strong>in</strong> Überblick über neu erschienene Bücher zu diesem<br />

Thema ergänzt das Programm.<br />

Der Historiker Dr. Michael Parak ist als Kulturreferent für Schlesien am <strong>Schlesische</strong>n<br />

Museum <strong>in</strong> Görlitz beschäftigt, dass im Mai 2006 s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> neue Dauerausstellung eröffnet.<br />

Zuvor war er lange Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Leipzig<br />

tätig. Dr. Michael Parak – Kulturreferent<br />

Stiftung <strong>Schlesische</strong>s Museum zu Görlitz, Untermarkt 4, 02826 Görlitz,<br />

Tel. (0049) 03581-8791 116, Fax (0049) 03581-8791-222, e-mail: mparak@schlesisches-museum.de<br />

Aktuelle Ausstellung:<br />

14. 10. 2005 – 29. 1. 2006 Tabak und Tonpfeifen <strong>in</strong> Schlesien (Ort: Untermarkt 4, Görlitz)<br />

Buchbesprechung<br />

Die Jahrhunderthalle und das Ausstellungsgelände<br />

<strong>in</strong> Breslau<br />

Nun liegt erstmalig <strong>e<strong>in</strong>e</strong> 338 Seiten und über 400<br />

Abbildungen starke Publikation vor, die Jerzy Ilkosz<br />

im polnischen vorgelegt hat und die von<br />

Dr. Beate Störtkuhl vom Kulturwissenschaftlichen<br />

Institut der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg<br />

<strong>in</strong>s Deutsche übersetzt wurde. Jerzy<br />

Ilkosz ist Direktor des Architekturmuseums <strong>in</strong><br />

Breslau, das <strong>e<strong>in</strong>e</strong>n großen Bestand zur Breslauer<br />

Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts besitzt<br />

und systematisch aufarbeitet.<br />

Wegen ihrer Ästhetik und ihrer Aufsehen erregenden<br />

Konstruktion wurde die Breslauer Jahrhunderthalle<br />

bereits kurz nach ihrer Entstehung<br />

zum städtischen Wahrzeichen Breslaus und zur<br />

Ikone der Moderne. Der 2005 von Jerzy Ilkos<br />

erschienene Band ist die erste Monographie, die<br />

den Bau im Gesamtkontext von Max Bergs<br />

Schaffen und vor dem H<strong>in</strong>tergrund der zeitgenössischen<br />

Architektur untersucht.<br />

Architektur, die den Bauch beglückt und den<br />

Kopf auf Trab br<strong>in</strong>gt. Man muss ke<strong>in</strong> Experte se<strong>in</strong><br />

und wird sofort e<strong>in</strong>sehen, dass die 1911 bis 1913<br />

errichtete Jahrhunderthalle im schlesischen Breslau<br />

e<strong>in</strong> ganz und gar außergewöhnliches Werk<br />

der Baukunst ist. Entworfen hat den kühnen Kuppelbau<br />

der damalige Breslauer Stadtbaurat Max<br />

Berg (*17. April 1870 <strong>in</strong> Stett<strong>in</strong>; † 22. Januar 1947<br />

<strong>in</strong> Baden-Baden). Den Kuppelbau führte die Firma<br />

Dyckerhoff & Widmann aus. Gebaut wurde<br />

die Messe-, Ausstellungs- und Veranstaltungshalle<br />

der schlesischen Prov<strong>in</strong>zialhauptstadt<br />

zum 100. Jahrestag (1913) der Befreiungskriege<br />

gegen Napoleon. Zur festlichen E<strong>in</strong>weihung<br />

am 20. Mai 1913 erschien der Kronpr<strong>in</strong>z des<br />

Deutschen Reiches. Anders als etwa beim Leipziger<br />

Völkerschlachtdenkmal allerd<strong>in</strong>gs sieht man<br />

der Jahrhunderthalle den nationalen Furor ihrer<br />

Zeit nicht an. Mit ca. 95 m Durchmesser des<br />

Innenraums war die Halle zum Zeitpunkt der Fertigstellung<br />

weltweit die größte dieser Art.<br />

Schon bald zählte das ausladende Ruhmeshaus<br />

zu den Ikonen der Moderne. Heute gehört<br />

der Stahlbetonbau mit <strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Kuppelspannweite<br />

von 65 Metern und <strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Höhe von<br />

41 Metern u. a. zu den größten Herausforderungen<br />

der Denkmalpflege. Weniger wegen s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r<br />

Maße, als wegen der angegriffenen Betonoberflächen.<br />

Nun steht der Bau auch im Mittelpunkt<br />

<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r ebenso s<strong>in</strong>nlichen wie <strong>in</strong>formativen<br />

Ausstellung des Breslauer Architekturmuseums,<br />

die <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> am Sch<strong>in</strong>kel-Zentrum der<br />

TU gezeigt wird. Max Berg studierte hier, an der

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