Schlesische Nachrichten - Oberschlesien eine Region in Europa ...
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<strong>Schlesische</strong> <strong>Nachrichten</strong> 21/2006 DE LIBRIS / VERMISCHTES<br />
15<br />
Schlesier auf Briefmarken 2007<br />
Gleich zweimal dürfen sich 2007 die Schlesier freuen.<br />
Etwa 800 Themenvorschläge für Briefmarken<br />
gehen jährlich aus der Bevölkerung im M<strong>in</strong>isterium<br />
e<strong>in</strong>. Der Programmbeirat wählt aus diesen die Briefmarkenthemen<br />
für das jeweils kommende Jahr. Dabei<br />
stellt er sicher, dass nur Themen, Jubiläen, Ereignisse<br />
und Personen von besonderer Bedeutung<br />
gewürdigt und zudem die unterschiedlichen <strong>Region</strong>en<br />
Deutschlands berücksichtigt werden. So<br />
Spielfilm damals und heute<br />
Der Spielfilm, der deutsche zumal, übte <strong>in</strong><br />
den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts<br />
<strong>e<strong>in</strong>e</strong> viel größere Fasz<strong>in</strong>ation aus, als dies<br />
heute der Fall ist. Es gab noch ke<strong>in</strong> Fernsehen,<br />
und es wurden Filme zwar noch <strong>in</strong><br />
schwarzweiß, aber je nach Thematik von<br />
höchster Qualität und Milieudichte angefertigt.<br />
Berl<strong>in</strong>, Babelsberg und deutsche<br />
Filmstars waren zu <strong>e<strong>in</strong>e</strong>m Weltbegriff geworden.<br />
Die Filmbauten waren von<br />
großem Aufwand. Schlager wurden erfunden<br />
und komponiert, die heute noch jeder<br />
kennt, ja, von denen man heute noch zehrt.<br />
Juden hatten daran <strong>e<strong>in</strong>e</strong>n hohen Anteil, und<br />
die Ereignisse von 1933 führten hier zu vielen<br />
schmerzlichen Verlusten. Man braucht<br />
nur an „lch b<strong>in</strong> von Kopf bis Fuß...“ zu denken,<br />
oder gar an das seherische „Das gab’s<br />
nur e<strong>in</strong>mal, das kommt nicht wieder“. Auf<br />
Dramaturgie, Drehbücher, Stars und Regie<br />
wurde höchste Sorgfalt verwendet.<br />
Wenn man sich heute die langweiligen<br />
Fernsehserien anschaut, so begreift man<br />
den Unterschied. Sie s<strong>in</strong>d nicht nur dramaturgisch<br />
m<strong>in</strong>derwertig, sondern auch<br />
damaligen Hochburg des Historismus, zwischen<br />
1889 und 1893. Se<strong>in</strong> Nachlass liegt heute am<br />
Institut für <strong>Region</strong>alentwicklung und Strukturplanung<br />
<strong>in</strong> Erkner, das kostbare Orig<strong>in</strong>alpläne<br />
beigesteuert hat. Die TU-Plansammlung wiederum<br />
entlieh wunderbare Zeichnungen von<br />
Bergs Breslauer Kollegen Hans Poelzig, der den<br />
benachbarten Pavillon für die Historische Ausstellung<br />
entworfen hat.<br />
Berg verwirklichte s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>n Raumtraum östlich<br />
des Stadtzentrums, deshalb blieb der Betonriese<br />
vom Krieg verschont. Dem Architekten schwebte<br />
allerd<strong>in</strong>gs <strong>e<strong>in</strong>e</strong> Art Gesamtkunstwerk vor. Mit<br />
dem Maler Oskar Kokoschka plante er die Ausmalung<br />
und farbige Verglasung des Kuppelraums.<br />
Aus Geldmangel blieb es dann beim<br />
Sichtbeton.<br />
Die E<strong>in</strong>weihung der Halle wurde mit der zur<br />
damaligen Zeit größten Orgel der Welt begangen,<br />
<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Schöpfung des Frankfurter Orgelbauers<br />
Wilhelm Sauer, ausgeführt durch die Orgelbaufirma<br />
E. F. Walcker & Cie. Die Orgel hatte<br />
15.133 Pfeifen und 200 Register. Nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg wurde das Orgelwerk auf drei<br />
neue Orgeln aufgeteilt. Gegenwärtig wird die Halle<br />
für Messen, Sportveranstaltungen und kulturelle<br />
Veranstaltungen genutzt. Sie besitzt ca.<br />
6.000 Sitzplätze, bei Verwendung von Stehplätzen<br />
fasst sie fast 20.000 Personen. In den<br />
1970er und 1980er Jahren existierte <strong>in</strong> der Halle<br />
e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>o.<br />
entsteht <strong>e<strong>in</strong>e</strong> Vorschlagsliste, die dem F<strong>in</strong>anzm<strong>in</strong>ister<br />
unterbreitet wird. Er entscheidet endgültig<br />
über die Themen, die dann auf Postwertzeichen<br />
ersch<strong>e<strong>in</strong>e</strong>n. Im Jahr 2007 werden im März des 100.<br />
Geburtstags von Helmuth James Graf von Moltke<br />
und im Dezember des 275. Geburtstags Carl<br />
Gotthard von Langhans gewürdigt, die Werte betragen<br />
55 Cent.<br />
Am 1. März ersche<strong>in</strong>t die Serie „Aufrechte De-<br />
noch technisch schlecht. Um <strong>e<strong>in</strong>e</strong> Szene<br />
e<strong>in</strong>igermaßen auszuleuchten ist man offensichtlich<br />
schlichtweg zu faul und br<strong>in</strong>gt<br />
über weite Strecken dadurch e<strong>in</strong> total versoßtes<br />
Bild.<br />
Wer hätte außerdem gedacht, dass <strong>in</strong><br />
den Leserspalten der „Filmwelt“ der damalige<br />
deutsche Osten sehr reich vertreten<br />
ist? Es tauchen die Ortsnamen auf, die<br />
jeden aus s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r östlichen Heimat Vertriebenen<br />
<strong>in</strong>s Grübeln br<strong>in</strong>gen, oder auch, je<br />
nach Schicksal und Temperament zu Wutausbrüchen<br />
führen können. Beileibe nicht<br />
nur Breslau, sondern von den Masurischen<br />
Seen bis zur Katzbach, wo gegen die napoleonischen<br />
Truppen wie besessen<br />
gekämpft wurde.<br />
Was taucht hier noch auf? Zoppot, Danzig,<br />
Greifenberg, Liegnitz, Königsberg –. Der<br />
ganze Osten nahm lebhaften Anteil am<br />
Filmgeschehen. All diese Städte und Gebiete<br />
wurden Deutschland unter tätiger Mitwirkung<br />
s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r eigenen Regierung im Lauf<br />
der Nachkriegsereignisse entrissen.<br />
Re<strong>in</strong>hard Seufert<br />
Im vergangenen Jahr wurden die Halle, <strong>in</strong><br />
der noch immer Messen, Sportturniere und<br />
Konzerte stattf<strong>in</strong>den, und das 1913 von Berg<br />
und Poelzig um sie herum geme<strong>in</strong>sam gestaltete<br />
Ausstellungsgelände als Bau- und Gartendenkmale<br />
von nationalem Rang anerkannt.<br />
Der E<strong>in</strong>trag <strong>in</strong> die UNESCO-Welterbeliste soll<br />
folgen. Zum Ensemble gehört auch die Mustersiedlung<br />
der Werkbund-Ausstellung „Wohnung<br />
und Werkraum“ von 1929, an der Architekten<br />
wie Hans Scharoun und Adolf Rad<strong>in</strong>g<br />
mitgebaut haben.<br />
Wenn der Bestand zur Breslauer Architektur<br />
des 19. und 20. Jahrhunderts so systematisch<br />
aufarbeitet wird wie hier geschehen, alle<strong>in</strong><br />
über 60 Seiten Quellennachweise, Bibliographien<br />
und Anmerkungen, dann kann man<br />
nur zu dem Werk gratulieren. Jedem <strong>in</strong> Breslau<br />
geborenen sollte es <strong>e<strong>in</strong>e</strong> Pflichtlektüre se<strong>in</strong>,<br />
empfehlen möchte ich den Band allen Architekten<br />
und Ingenieuren.<br />
Jerzy Ilkosz, Die Jahrhunderthalle und das<br />
Ausstellungsgelände <strong>in</strong> Breslau – das Werk Max<br />
Bergs, aus dem polnischen übersetzt von Beate<br />
Störtkuhl, 2006. 340 Seiten, 410 Abbildungen,<br />
gebunden, R. Oldenbourg Verlag München,<br />
ISBN 3-486-57986-X, (Schriften des<br />
Bundes<strong>in</strong>stituts für Kultur und Geschichte der<br />
Deutschen im östlichen <strong>Europa</strong>, Bd. 28)<br />
39,80 € .<br />
Michael Ferber<br />
mokraten“ anläßlich des jeweils 100. Geburtstags<br />
von Helmuth James Graf von Moltke und Claus<br />
Schenk von Stauffenberg gedacht wird. Bereits<br />
1964 ehrte die Deutsche Bundespost mit der Herausgabe<br />
von Briefmarken diese Demokraten.<br />
Am 11. März 1907 wird Helmuth James Graf<br />
von Moltke als erster Sohn des Gutsbesitzers und<br />
Mitglieds des Preußischen Herrenhauses Graf Helmuth<br />
von Moltke und dessen Ehefrau Dorothy (geb.<br />
Lady Rose-Innes), der Tochter des Obersten Richters<br />
der Südafrikanischen Union, auf dem Familiengut<br />
Kreisau geboren. S<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Eltern s<strong>in</strong>d Anhänger<br />
der pazifistischen Kirche „Christian Science“. Moltke<br />
verbr<strong>in</strong>gt s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> K<strong>in</strong>dheit mit fünf Geschwistern<br />
auf dem Familiengut und <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, 1923 – 1925<br />
besucht er das Landerziehungsheim Schondorf am<br />
Ammersee und das Realgymnasium <strong>in</strong> Potsdam,<br />
dem schließt sich 1927 – 1929 e<strong>in</strong> Jurastudium <strong>in</strong><br />
Breslau, Heidelberg, Berl<strong>in</strong> und Wien an. 1927 bittet<br />
Moltke Gerhart Hauptmann und He<strong>in</strong>rich Brün<strong>in</strong>g<br />
um Unterstützung <strong>e<strong>in</strong>e</strong>s von ihm geplanten<br />
Lagers, das junge Akademiker und junge Industriearbeiter<br />
durch geme<strong>in</strong>same Arbeit zusammenführen<br />
soll. 1928 organisiert er die Durchführung<br />
des ersten Lagers bei Breslau mit etwa<br />
100 Teilnehmern, gleichzeitig legt Moltke se<strong>in</strong> Referendarsexamen<br />
ab, 1929 übernimmt er die Leitung<br />
des Gutes Kreisau. 1933 gründete Moltke den<br />
„Kreisauer Kreis“.<br />
Zu der Widerstandsgruppe um Moltke und Wartenburg,<br />
die später von der Geheimen Staatspolizei<br />
als „Kreisauer Kreis“ bezeichnet wurde, gehören<br />
u.a. Carlo Mierendorff, Adolf Reichwe<strong>in</strong>,<br />
Horst von E<strong>in</strong>siedel (1906 – 1944), Adam von Trott<br />
zu Solz, Hans Bernd von Haeften (1905 – 1944)<br />
und Theodor Haubach (1903 – 1945). Der Kreisauer<br />
Kreis plant weniger den organisierten Kampf zur<br />
Zerstörung des NS-Staates, sondern beschäftigt<br />
sich primär mit der Vorbereitung für die Zeit nach<br />
dem Sturz der Diktatur Adolf Hitlers. Die Mitglieder<br />
des Kreises hoffen auf <strong>e<strong>in</strong>e</strong>n Staatsstreich des<br />
Militärs.<br />
Am 18. Januar 1944 wird Moltke von der<br />
Schutzstaffel (SS) festgenommen. Der Geheimen<br />
Staatspolizei (Gestapo) war bekannt geworden,<br />
dass er zuvor s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>n Freund Otto Carl Kiep (1886<br />
– 1944) vor dessen drohender Verhaftung gewarnt<br />
hatte. Moltke wird im Konzentrationslager (KZ) Ravensbrück<br />
gefangengehalten. Er wurde zunächst<br />
nicht verurteilt, sondern lediglich als „pflichtvergessener<br />
Beamter“ strafversetzt. Moltke erhält Besuche<br />
von s<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Frau, ihm werden Akten aus dem<br />
Amt zur Bearbeitung überbracht, und er trägt Zivilkleidung.<br />
Im Zusammenhang mit dem Attentat<br />
vom 20. Juli 1944 wird Moltke vernommen, ohne<br />
dass die Gestapo bereits Näheres über s<strong>e<strong>in</strong>e</strong><br />
Kenntnisse weiß. S<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Ehefrau richtet e<strong>in</strong> Gnadengesuch<br />
an He<strong>in</strong>rich Himmler, das abgelehnt<br />
wird.<br />
Moltke wird am 11. Januar 1945 zum Tode verurteilt<br />
und zwölf Tage später im Zuchthaus Berl<strong>in</strong>-Plötzensee<br />
durch Strang h<strong>in</strong>gerichtet. In <strong>e<strong>in</strong>e</strong>m<br />
Brief aus der Haft hat Moltke für s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> beiden Söhne<br />
s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Motivation zum Widerstand h<strong>in</strong>terlassen:<br />
„Seitdem der Nationalsozialismus zur Macht gekommen<br />
ist, habe ich mich bemüht, s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Folgen<br />
für s<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Opfer zu mildern und <strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Wandlung den<br />
Weg zu bereiten. Dazu hat mich me<strong>in</strong> Gewissen<br />
getrieben – und schließlich ist das <strong>e<strong>in</strong>e</strong> Aufgabe<br />
für <strong>e<strong>in</strong>e</strong>n Mann.“ Moltke ist mit <strong>e<strong>in</strong>e</strong>r Büste <strong>in</strong> der<br />
Walhalla geehrt. Als sehr religiöser Mensch war er<br />
<strong>e<strong>in</strong>e</strong>rseits entschieden gegen das NS-Unrechtsregime,<br />
aber auch gegen e<strong>in</strong> Attentat auf Hitler.