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Ursula Müller Asymmetrische Geschlechterkultur in Organisationen ...

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136 <strong>Müller</strong>: <strong>Asymmetrische</strong> <strong>Geschlechterkultur</strong> <strong>in</strong> <strong>Organisationen</strong> (ZfP 2/98)<br />

etabliert werden. Dies gilt für Hochschulen wie für öffentlichen Dienst und Betriebe der<br />

Privatwirtschaft gleichermaßen.<br />

Letztlich hat die fem<strong>in</strong>istische Kritik lt. Kirsch-Auwärter die Auswahlprozeduren<br />

und -kriterien noch nicht zu grundsätzlich anderen Resultaten br<strong>in</strong>gen können; sie hat<br />

aber e<strong>in</strong> Schw<strong>in</strong>den der Legitimation der herkömmlichen Praxis bewirkt und e<strong>in</strong> Brüchigwerden<br />

der Strukturen.<br />

Frauenfördermaßnahmen lassen sich als wichtiges Element von kulturellem Wandel<br />

<strong>in</strong> <strong>Organisationen</strong> begreifen. Wie <strong>in</strong> den vorherigen Kapiteln ausgeführt, sehen sie<br />

sich starkem kulturellem Widerstand ausgesetzt. E<strong>in</strong> Grund liegt dar<strong>in</strong>, daß das Thema<br />

Frauenförderung selbst <strong>in</strong> sich e<strong>in</strong>e Tendenz birgt zu „stark emotionalisierten Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />

über <strong>in</strong>dividuelle und gesellschaftliche Wertvorstellungen h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Geschlechtsrollen von Männern und Frauen. Dies ist e<strong>in</strong> Effekt der bei der Umsetzung<br />

von Frauenfördermaßnahmen bestehenden Geschlechterkonkurrenzen, der die<br />

Möglichkeit zur Durchsetzung von sachgerechten und effektiven Problemlösungen verr<strong>in</strong>gert.<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund ersche<strong>in</strong>t es besonders wichtig, die Entscheidungsaufgabe<br />

... e<strong>in</strong>zugrenzen und konkret festzulegen“ (Jüngl<strong>in</strong>g 1995, S.137).<br />

Vor dem oben ausgeführten Argument, daß nämlich Angstreduktion e<strong>in</strong>e wichtige,<br />

wenn auch selten bewußte Aufgabe <strong>in</strong> und von <strong>Organisationen</strong> ist, ersche<strong>in</strong>t dieser Ratschlag<br />

der pragmatischen E<strong>in</strong>- und Abgrenzung auch als e<strong>in</strong> Ausdruck der Notwendigkeit,<br />

Angstbewältigungsstrategien anzubieten. Um das so schwierige und beängstigende<br />

Thema Frauenförderung überhaupt behandeln zu können, soll die zu erfüllende Aufgabe<br />

so konkret und fest umrissen – und damit auch beschränkt – wie nur eben möglich gehalten<br />

werden.<br />

Prozesse der Veränderungen s<strong>in</strong>d auch deshalb brisant, weil e<strong>in</strong> kultureller Wandel<br />

<strong>in</strong> der Organisation ke<strong>in</strong> Selbstzweck ist, sondern mit Wandel auf anderen Ebenen e<strong>in</strong>hergeht,<br />

diesen vorbereiten oder legitimieren sollen. So wirkt sich kultureller Wandel<br />

auf organisatorische Entscheidungsprozesse aus, und er wirkt <strong>in</strong> die Verteilung immaterieller,<br />

aber auch materieller Ressourcen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, <strong>in</strong>dem er Verteilungskriterien def<strong>in</strong>iert<br />

und damit Macht und E<strong>in</strong>flußchancen festlegt. Insofern heißt Kulturwandel immer auch<br />

Machtwandel im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Neuverteilung von Macht und E<strong>in</strong>flußchancen (Schreyögg<br />

1988, S.164).<br />

Die Heftigkeit der Kontroversen um Frauenförderung hängen auch damit zusammen,<br />

daß die objektiven Grundlagen für männliche Dom<strong>in</strong>anz immer brüchiger werden.<br />

Die Legitimität von Frauendiskrim<strong>in</strong>ierung schw<strong>in</strong>det. Die Verb<strong>in</strong>dung von Qualifikation<br />

und Fortkommen legitimiert die meritokratische Ideologie von <strong>Organisationen</strong>; von<br />

daher wird Geschlechterdifferenz als Diskrim<strong>in</strong>ierungsstruktur „objektiv“ obsolet.<br />

Frauen s<strong>in</strong>d gleich und vielfach besser qualifiziert, aber ihr „Lohn“ bleibt aus.<br />

Der fem<strong>in</strong>istische Diskurs rührt an die Vorstellungen, die <strong>Organisationen</strong> von sich<br />

selbst haben, <strong>in</strong>dem er die Kriterien offenlegt, anhand derer sie tatsächlich funktionieren<br />

(Kirsch-Auwärter 1996b). Insofern drückt diese vordergründig problematische Entwicklung<br />

auch Erfolge der Frauenforschung aus und damit e<strong>in</strong>e Art paradoxer Anerkennung.<br />

Institutionalisierungen von Frauenforschung und Frauenförderung treten e<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> die Ause<strong>in</strong>andersetzung darum, wessen Stimme <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Diskurs zählt. Dies ist für

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