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Ursula Müller Asymmetrische Geschlechterkultur in Organisationen ...

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128 <strong>Müller</strong>: <strong>Asymmetrische</strong> <strong>Geschlechterkultur</strong> <strong>in</strong> <strong>Organisationen</strong> (ZfP 2/98)<br />

sierung der Geschlechterdifferenz“ (He<strong>in</strong>tz et al. 1997, S.245) aufgefaßt werden. Dadurch<br />

wird deutlich, daß jede Organisation, ob es ihr bewußt ist oder nicht, „Geschlechterpolitik“<br />

betreibt.<br />

Daß „Geschlecht“ <strong>in</strong> <strong>Organisationen</strong> erst dann e<strong>in</strong>e Rolle spiele, wenn Frauen <strong>in</strong><br />

den <strong>Organisationen</strong> Positionen e<strong>in</strong>nehmen, ist e<strong>in</strong>e gängige Sichtweise, die <strong>in</strong> der neueren,<br />

durch fem<strong>in</strong>istische Kritik <strong>in</strong>spirierten Organisationsforschung wirksam kritisiert<br />

worden ist. In Arbeiten aus den 80er und 90er Jahren wurde gezeigt, wie Organisation<br />

unter Ausschluß von Frauen als System funktionaler Differenzierung konzipiert und zugleich<br />

als geschlechtsneutral imag<strong>in</strong>iert wurde (Burrell 1984; Witz/Savage 1992; <strong>Müller</strong><br />

1993). Mit der Vorstellung e<strong>in</strong>er entkörperlichten Arbeitskraft (Acker 1991) g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>her<br />

die Sexualisierung von Frauen, die historisch betrachtet deren Ausschluß aus <strong>Organisationen</strong><br />

begründete und rechtfertigte (Klöster und Armeen ließen zunächst Frauen zu,<br />

schlossen sie dann aber sukzessive aus), während männliche Arbeitskraft nicht nur als<br />

entsexualisierte, sondern auch als „entkörperlichte“ betrachtet wurde. Als angeblich<br />

„körperfreies“, abstrahiertes Subjekt entsprach und entspricht das so konstruierte männliche<br />

Arbeitsvermögen eher der Vorstellung des idealen Organisationsmitgliedes als das<br />

weibliche und rechtfertigt die Privilegierung des männlichen (siehe auch Rastetter 1994,<br />

S.81 ff.). Die Marg<strong>in</strong>alisierung von Frauen und die Privilegierung von Männern <strong>in</strong> <strong>Organisationen</strong><br />

konnte auf diese Weise zweifach durchgesetzt werden. Zum e<strong>in</strong>en betont<br />

die Sexualisierung von Frauen ihre Dysfunktionalität für <strong>Organisationen</strong> und wird zum<br />

Mittel der Dom<strong>in</strong>anzsicherung von Männern; zum anderen kann die Marg<strong>in</strong>alisierung<br />

von Frauen mit organisationellen Mitteln betrieben werden, wie z.B. dem Zuschnitt von<br />

Arbeits<strong>in</strong>halten und Tätigkeitsanforderungen, der E<strong>in</strong>ordnung von Positionen <strong>in</strong> die Organisationshierarchie<br />

u.a.m., die die Marg<strong>in</strong>alisierung der Frauen als Ergebnis sachlicher<br />

Entscheidungskriterien ersche<strong>in</strong>en lassen.<br />

Zusammengefaßt hat die fem<strong>in</strong>istisch <strong>in</strong>spirierte Organisationsdiskussion den<br />

Blick geöffnet für die „gendered substructure“ von <strong>Organisationen</strong> (Acker), die aber e<strong>in</strong>er<br />

detaillierteren Analyse noch harrt. Sie hat ferner die Vorstellung von „Organsation“<br />

und „Bürokratie“ als monolithischer Blöcke, <strong>in</strong> denen Weiblichkeit immer abgewertet<br />

wird und Frauen immer „Opfer“ von Macht und Hierarchie s<strong>in</strong>d, verlassen zugunsten e<strong>in</strong>er<br />

flexibleren Sichtweise (vgl. Halford/Savage/Witz 1997, S. 17). In dieser Perspektive<br />

ist es z.B. durchaus möglich zu postulieren, daß Teile der Organisation Gleichstellungspolitik<br />

als Personalpolitik ablehnen, während andere dies befürworten, aktiv betreiben oder<br />

gar enthusiastisch begrüßen (Halford et al. a.a.O.). Geschlechterpolitik <strong>in</strong> <strong>Organisationen</strong><br />

kann Element organisationeller Innovation se<strong>in</strong> oder aber auch – <strong>in</strong> traditioneller, hierarchisierender<br />

Form – Innovationsblockade (vgl. Rudolph/Grün<strong>in</strong>g 1996).<br />

Die Veränderung von <strong>Geschlechterkultur</strong> <strong>in</strong> <strong>Organisationen</strong> <strong>in</strong>teressiert hier <strong>in</strong>sbesondere<br />

unter dem Aspekt, statt der traditionellen und tendenziell immer noch vorherrschenden<br />

asymmetrischen <strong>Geschlechterkultur</strong> e<strong>in</strong>e symmetrische zu etablieren. Dieser<br />

Prozeß wird aus der Perspektive von Gleichstellungs<strong>in</strong>teressen heraus notwendig, wenn<br />

auch die Organisationsstruktur geschlechtersymmetrisch werden soll. In der Vorstellungswelt<br />

relevanter Akteure muß der Gedanke der Geschlechtersymmetrie Platz greifen,<br />

um bei Arbeitsstrukturierungs- und Personalentscheidungen nicht immer wieder<br />

unterzugehen zu Gunsten der traditionellen und gewohnten Asymmetrie. Umgekehrt

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