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Thomas Mann: “Der Kleiderschrank” – Originaltext und Übersetzung ...

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2. THOMAS MANNS STIL<br />

2.1 „What is style?“ (Seymour Chatman)<br />

Eine Erklärung der Begriffe Stil <strong>und</strong> Individualstil kann nützlich sein, um die Sprache von <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Mann</strong>, des Autors von „Der Kleiderschrank“ eingehend zu untersuchen. In jedem Fall ist es<br />

kompliziert, eine einheitliche Definition aus zahlreichen Studien zum Begriff des Stils abzuleiten.<br />

Das Wort Stil wird seit der ersten Hälfte des 15. Jahrh<strong>und</strong>erts als Entlehnung von lateinischen<br />

stilus bezeugt. Es bezeichnet einen „spitzen Gegenstand, Pfahl, Stiel, Stängel, Griffel zum<br />

Schreiben” 6 . Außerdem wird es auf das Schreiben, schriftliche Abfassung, Darstellung,<br />

Ausdrucksweise, Schreibart, Literatur, Sprache übertragen. Auf Deutsch bedeutet es zuerst<br />

„Schreibgriffel <strong>und</strong> schriftliche <strong>und</strong> mündliche Ausdrucksweise, Darstellungsart“ 7 ; insbesondere<br />

handelt es sich um „die übliche Form der Abfassung von (amtlichen) Schriftstücken, der<br />

Rechtsprechung <strong>und</strong> Prozessordnung“ 8 . Dann erfährt es auch eine Bedeutungsverschiebung: seine<br />

Hauptbedeutung Art zu schreiben wird zu Art etwas zu tun auch in anderen Bereichen<br />

verallgemeinert. Zum Beispiel dehnt es sich auf die Bereiche Musik, bildende Kunst, Sport aus.<br />

Es ist auch interessant, die Veränderung seiner Schreibweise zu beobachten: bis Anfang des 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts wurde es Styl geschrieben, wie auf Französisch <strong>und</strong> auf Englisch style. Die<br />

orthographische Variante entsteht aus einer irrtümlichen Verbindung des Wortes mit griechisch<br />

stỳlos, d.h. Säule <strong>und</strong> Pfeiler.<br />

Heutzutage ist das Wort Stil in Wörterbüchern so bestimmt:<br />

„1. Die Art <strong>und</strong> Weise, in der jemand spricht oder schreibt […]; 2.<br />

Die Art, in der ein Kunstwerk oder ähnliches gemacht ist, besonders<br />

wenn sie typisch für den Künstler oder für eine bestimmte Epoche ist<br />

[…]; 3. Die typische Art <strong>und</strong> Weise, wie sich jemand (im Sport)<br />

bewegt […]; 4. Die Art <strong>und</strong> Weise, wie sich jemand verhält oder wie<br />

er handelt […]; 5. Jemand versteht es, sich gut zu benehmen, sich<br />

geschmackvoll zu kleiden oder ähnliches.“ 9<br />

„1. Façon personnelle de se comporter […] ; 2. Manière d’exécuter un<br />

mouvement, un geste avec une certaine efficacité ou une certaine<br />

aisance […] ; 3. Façon particulière dont chaque individu exprime, le<br />

plus souvent par l’écrit, et grâce aux ressources de la langue, sa<br />

pensée, ses sentiments […] ; 4. Forme de langage usitée dans<br />

certains cas particuliers, dans une activité, dans une collectivité […] ;<br />

5. Manière d’exécuter une oeuvre, propre à un artiste, à un genre, à<br />

une époque, à un pays […] ; 6. Caractère d’une oeuvre présentant<br />

des qualités artistiques, et qui la rend originale.“ 10<br />

6<br />

W. Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (2. Band), Berlin, Akademie Verlag 1993, S. 1363<br />

7<br />

Ebd., S. 1363<br />

8<br />

Ebd., S. 1363<br />

9<br />

Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache, hg. von D. Götz u. a., Berlin, Langenscheidt KG 1996, S. 927<br />

10<br />

Dictionnaire de la langue française / lexis, hg. von J. Dubois, Paris, Larousse 1992, S. 1798 f.<br />

4

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