NAI DE 2012-06.indd - Missionswerk Mitternachtsruf
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10 HINTERGRUNDINFORMATIONEN AUS ISRAEL<br />
Nachrichten aus Israel • 06/<strong>2012</strong><br />
«LAND GEGEN FRIE<strong>DE</strong>N»<br />
Der Sinai: eine «Spielwiese für Terroristen»<br />
In den letzten Monaten wurde Israel wiederholt vom Sinai aus angegriffen.<br />
Der Sinai ist rund 61.000 Quadratkilometer<br />
gross, dreimal so gross wie der<br />
ganze Staat Israel, der es gerade einmal<br />
auf die Fläche des deutschen Bundeslandes<br />
Hessen bringt. Es ist eine weitläufige<br />
Wüste mit nur wenigen Städten,<br />
die zumeist die südliche Küstenspitze<br />
säumen und bei Europäern beliebte<br />
Ferienressorts sind. Früher stiess man<br />
hier ausschliesslich auf Beduinen, die<br />
heute noch die Hälfte der 1,3 Millionen<br />
Einwohner stellen. Internationale Bedeutung<br />
hat das Gebiet wegen des 1869<br />
eingeweihten Suezkanals.<br />
Entwicklungen rund um diesen Kanal<br />
brachten Israel den zweiten Krieg<br />
seiner Geschichte. Nach dem Ersten<br />
Weltkrieg herrschten hier die Briten,<br />
die sich zusammen mit den Franzosen<br />
die Mehrheitsrechte an der Suez-Kanal-Gesellschaft<br />
sicherten. Ägyptens<br />
Präsident Nasser liess die Gesellschaft<br />
1956 verstaatlichen, um «koloniale<br />
Einflüsse einzudämmen». Nachfolgend<br />
entwickelte sich ein diplomatisches<br />
Geplänkel, in das Grossbritannien,<br />
Frankreich, die USA und die UdSSR<br />
involviert waren. Schlussendlich sprachen<br />
doch noch die Waffen. Am 26. Oktober<br />
1956 marschierten israelische<br />
Truppen in den Gazastreifen und die<br />
Sinai-Halbinsel ein. Wenig später begannen<br />
auch britische und französische<br />
Bombardements. Israel zog sich<br />
im Frühjahr 1957 wieder aus dem Gebiet<br />
zurück. Nasser war weiterhin an<br />
der Macht, aber wenigstens wurde eine<br />
UN-Truppe ins Leben gerufen, die für<br />
Israel als Puffer zu den Ägyptern fungierte,<br />
sodass die Schifffahrt aus dem<br />
israelischen Eilat am Roten Meer wieder<br />
möglich war.<br />
Im Zuge des Sechstagekrieges kam<br />
der Sinai unter israelische Kontrolle.<br />
Israel errichtete dort militärische Befestigungslinien,<br />
die zwischen 1968<br />
und 1970 immer wieder von Ägypten<br />
angegriffen wurden. Es war ein Zermürbungskrieg.<br />
Im Jom-Kippur-Krieg von<br />
1973 kam es dann zu ausserordentlich<br />
heftigen Gefechten. Dennoch blieb der<br />
Sinai teilweise unter israelischer Kontrolle.<br />
Im Rahmen des Friedensvertrages<br />
von 1979 stimmte Israel zu, sich<br />
aus dem Gebiet zurückzuziehen. Die<br />
offizielle Übergabe an Ägypten erfolgte<br />
1982 und damit auch die Stationierung<br />
von UN-Truppen, um das Gebiet zu demilitarisieren.<br />
Es war das erste Mal, dass Israel<br />
die Politik «Land gegen Frieden» umsetzte.<br />
Die Räumung der israelischen<br />
Siedlung Yamit ist für einen Teil der israelischen<br />
Bürger bis heute ein Trauma,<br />
denn Israel holte die Bewohner Yamits<br />
gewaltsam aus ihren Häusern. Daraufhin<br />
liessen sich viele im jüdischen Siedlungsgürtel<br />
Gush Katif im Gazastreifen<br />
nieder. 2005 wurde dann auf Geheiss<br />
von Ariel Sharon auch der Gazastreifen<br />
geräumt. Für etliche Familien war es<br />
die zweite zwangsweise Räumung – für<br />
viele zudem aus einem Gebiet, das sie<br />
dem Volk als von Gott zugesprochen<br />
betrachten – aus Gross-Israel. Nicht<br />
nur die nachfolgenden Entwicklungen<br />
im Gazastreifen, sondern die sich inzwischen<br />
immer mehr zuspitzende Sicherheitslage<br />
im Sinai wirft bei vielen<br />
Israelis – auch bei denen, die keinerlei<br />
Gross-Israel-Aspirationen hegen – die<br />
Frage auf, ob man durch die Rückgabe<br />
von Land tatsächlich in den Genuss von<br />
Frieden kommen kann.<br />
Lange Zeit galt die etwas über 200<br />
Kilometer lange Grenze Israels zu Ägypten<br />
als ruhig. Diese ist recht durchlässig.<br />
Da Ägypten die Beduinen des Sinai<br />
vernachlässigte und Not die Menschen<br />
bekanntlich erfinderisch macht, erblühte<br />
hier der Drogenschmuggel. Wegen<br />
der Entwicklungen in Afrika kommen<br />
darüber hinaus schon seit Jahren illegale<br />
Migranten über diese Grenze nach<br />
Israel. Zur Zuspitzung der Lage trugen<br />
zwei weitere politische Entwicklungen<br />
bei: die Hamas-Machtübernahme im Gazastreifen<br />
und der «Arabische Frühling»<br />
in Ägypten und anderen Staaten Nordafrikas.<br />
Längst werden hier nicht mehr<br />
nur Drogen, sondern vor allem auch<br />
Waffen geschmuggelt.<br />
Im Sinai wimmelt es mittlerweile<br />
von Terroristen. Wenngleich hier mit israelischer<br />
Zustimmung mehr ägyptische<br />
Soldaten stationiert sind, so räumen sie<br />
zum Beispiel nachts wichtige Strassenkontrollen<br />
– aus Angst vor Anschlägen.<br />
Viele Beduinen scheinen nämlich auf<br />
den Gehaltslisten von Terrororganisationen<br />
zu stehen. Dazu gehört längst<br />
nicht nur die Hamas, denn auch die al-<br />
Qaida agiert im Sinai.<br />
Die Folgen sind massiv: Im Sinai<br />
trainieren Terroristen ihr Handwerk.<br />
Der Waffenschmuggel floriert immens.<br />
Die Anschläge mehren sich, und zwar<br />
nicht nur auf die Gaspipeline, die Israel<br />
und Jordanien mit ägyptischem Gas versorgt.<br />
Vielmehr gibt es nun sogar Raketenangriffe<br />
(die zwei Grad-Raketen, die<br />
kürzlich vom Sinai auf Eilat abgefeuert<br />
wurden, sollen aus libyschen Arsenalen<br />
stammen) und Terrorüberfälle schwappen<br />
über die Grenze. Israel hat keine<br />
Handhabe, um diese «Spielwiese für Terroristen»<br />
zu kontrollieren. Zum Schutz<br />
des eigenen Landes kann man lediglich<br />
versuchen, die Grenze undurchlässiger<br />
zu machen, weshalb Israel 2011 mit<br />
dem Bau eines rund 500 Millionen Euro<br />
teuren Grenzzauns begann. AN �