Download - Liechtenstein-Journal
Download - Liechtenstein-Journal
Download - Liechtenstein-Journal
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
120 beiträge<br />
Dr. Adrian Plüss, Streit um Retrozessionen<br />
der Kläger aber am 2. März 2004 widerrief. Im vorliegenden<br />
Verfahren verlangt er Auskunft bzw. Edition von Unterlagen<br />
über Retrozessionen bzw. Rückvergütungen, welche die Beklagte<br />
von der Depotbank im Rahmen des Mandats erhalten<br />
hat, und zwar im Sinne einer Stufenklage, um danach seine<br />
Forderung beziffern zu können.<br />
Gemäss Schreiben der Depotbank an die Beklagte vom<br />
2. Dezember 2005 ergaben sich in den Jahren 1997 bis<br />
2003 folgende Courtagen, Depotgebühren und Retrozessionen<br />
auf dem Konto des Klägers:<br />
Dazu erläuterte A., bis 1997 hätten die Retrozessionen auf<br />
Courtagen 30 % und ab 1998 50 % betragen. Die Retrozessionen<br />
auf «Fiduz» und Depotgebühren seien konstant<br />
25 % gewesen. Ab 2003 habe die Depotgebühr im Minimum<br />
CHF 1´500 betragen. Die errechneten Retrozessionen<br />
seien brutto vor Abzug von 50 % der Mehrwertsteuer zu<br />
verstehen. Am 16. Januar 2004 überwies die Beklagte Retrozessionen<br />
in der Höhe von CHF 8´645.50 für die Jahre<br />
2001 bis 2003 bzw. – gemäss der Beklagten – bis 30. Juni<br />
2003.» 19<br />
Der Kläger stützte sich auf das Schreiben der Depotbank<br />
an die Beklagte. Er verlangte indessen eine schriftliche<br />
Vollständigkeitserklärung, «d.h. schriftlich sämtliche Retrozessionen<br />
und/oder Rückvergütungen jeder Art im Zusammenhang<br />
mit dem klägerischen Depot seit Etablierung der<br />
Geschäftsbeziehung bis zu deren Beendigung offen legen<br />
und gleichzeitig bestätige, dass in diesem Zusammenhang<br />
keine anderen oder zusätzlichen Vergütungen oder Ähnliches<br />
an die Beklagte bzw. an Drittpersonen geleistet worden<br />
seien. Aufgrund der bisherigen vorprozessualen Auseinandersetzungen<br />
gebe es genügend Anhaltspunkte, dass<br />
die Beklagte dem Kläger über Monate bewusst und gezielt<br />
Informationen vorenthalten und dies schlussendlich auch<br />
verschleiert habe, indem sie mit der Depotbank, aus welchen<br />
Gründen auch immer, gemeinsame Sache mache.» 20<br />
Die Beklagte berief sich auf den Inhalt des Vermögensverwaltungsmandats<br />
vom 7. Oktober 2003, wonach sie nicht<br />
verpflichtet sei, Rechenschaft über erhaltene Retrozessionen<br />
abzugeben. Der Vertrag enthalte folgende Bestimmung:<br />
«Der Kunde hat Kenntnis davon, dass ein Teil der mit seinem<br />
Depot entstandenen Courtagen oder Kommissionen<br />
von der Depotbank an die L. (= Beklagte) als Retrozessionen<br />
vergütet werden. Die Verwaltungsgesellschaft hat<br />
darüber keine Rechenschaft abzulegen.»<br />
liechtenstein-journal 4/2009<br />
«Dieser Vertrag habe denjenigen vom 7. April 1997 im<br />
Sinne einer Neuerungsabrede ersetzt, womit für die ganze<br />
Vertragsdauer die Bestimmungen der zweiten Vereinbarung<br />
massgebend gewesen seien. Es sei vereinbart<br />
worden, dass die Beklagte – ais reiner Kulanz und ohne<br />
Anerkennung irgendeiner Rechtspflicht – dem Kläger für<br />
die Jahre 2001 bis 30. Juni 2003, nicht jedoch für die vorhergehenden<br />
Jahre, die Retrozessionen in der Höhe von<br />
CHF 8´645.50 auszahlen würde. Im Gegenzug sei dann die<br />
neue Vermögensverwaltungsvereinbarung vom 7. Oktober<br />
2003 abgeschlossen worden, welche schriftlich festhalte,<br />
was die Parteien stets mündlich vereinbart hätten, dass die<br />
Beklagte die Retrozessionen einbehalten könne.<br />
Der Kläger hat bestritten, dass der Vertrag vom 7. Oktober<br />
2003 rückwirkende Geltung haben sollte. Dieses neue Vermögensverwaltungsmandat<br />
sei unter der ausdrücklichen<br />
Voraussetzung abgeschlossen worden, dass die Beklagte<br />
dem Kläger die vereinnahmten Retrozessionen unverzüglich,<br />
aber bis spätestens Ende 2003, rückvergüte.» 21<br />
2. Das Handelsgericht verneinte zunächst eine Rückwirkung<br />
des Vermögensverwaltungsmandats vom 7. Oktober 2003:<br />
«Als Resultat der objektiven Auslegung … ist somit festzuhalten,<br />
dass dieser Vertrag keine Regelung – weder hinsichtlich<br />
Rechnungslegung noch hinsichtlich Erstattungspflicht<br />
– für die unter dem alten Vermögensverwaltungsvertrag<br />
an die Beklagte vergüteten Retrozessionen enthält.» 22<br />
Im folgenden hielt das Handelsgericht fest, es bestünden<br />
keine Anhaltspunkte, «dass die diesbezügliche Aufstellung<br />
der Depotbank vom 2. Dezember 2005 unvollständig ist …<br />
Entsprechend genügt die Aufstellung der Depotbank als<br />
Beleg für die ausgerichteten Retrozessionen.» 23 Der Kläger<br />
hatte daher keinen Anspruch auf eine Vollständigkeitserklärung.<br />
«Eine gesetzliche Grundlage für die verlangte<br />
Vollständigkeitserklärung besteht jedoch nicht. Die Depotbank<br />
ist weder gegenüber dem Beklagten noch gegenüber<br />
dem Kläger (…) verpflichtet, eine Vollständigkeitserklärung<br />
abzugeben.» 24<br />
19 ZR 107 (2008), Nr. 35 E. I./III./1. und 2.<br />
20 ZR 107 (2008), Nr. 35 E. III./2./b.<br />
21<br />
ZR 107 (2008), Nr. 35 E.3/c.<br />
22<br />
ZR 107 (2008), Nr. 35 E. 3/c.<br />
23<br />
ZR 107 (2008), Nr. 35 E. e/aa.<br />
24<br />
ZR 107 (2008), Nr. 35 E. e/aa.