Kiesteichente Dezember 2011 - Freie Waldorfschule Mannheim
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winter<br />
Stephanie Fabian<br />
Mit Weihnachten ist das so eine Sache. Es teilt die Menschen zunächst<br />
einmal in Menschen, die Familie haben und in Menschen,<br />
die keine Familie haben. Jetzt trifft man an einer Schule ja überwiegend<br />
auf Menschen, die zumindest Kinder haben. Auf die Lehrer<br />
muss das ja aber schon nicht mehr unbedingt zutreffen. Und Kinder<br />
haben alleine, macht aus einem ja auch noch keine Familie. Jetzt<br />
schau ich doch mal schnell in mein Etymologisches Wörterbuch<br />
(das ist ganz schön staubig, seit ich die Wörter nur noch google...).<br />
Mein Wörterbuch erklärt mir, dass Familie aus dem Lateinischen<br />
kommt (familia / familiaris), famulus bedeutet der Diener und es<br />
deutete ursprünglich (16. Jh) auf eine (mitarbeitende) Hausgenossenschaft<br />
hin. Direkt darunter steht übrigens „famos“ und das<br />
bedeutet großartig. Und (doch noch schnell gegoogelt... es gibt<br />
erstaunlicherweise keine allgemeingültige gesetzliche Definition<br />
des Begriffs „Familie“.<br />
Zudem ist von weihnachtlicher Bedeutung, ob man in einem großen<br />
Familienverband lebt, in dem die Fragen zu Weihnachten überwiegend<br />
organisatorischer Natur sind: „Wie schaffen wir in drei<br />
Festtagen ein eigenes Fest, ein Fest mit der Schwiegerfamilie und<br />
eines mit der eigenen Herkunftsfamilie und einen Tag zur Erholung?“<br />
Diese Frage stellt sich nicht, wenn man alleine oder in seiner<br />
eigenen kleinen Familie lebt und räumlich oder emotional weit<br />
weg ist vom restlichen Familienverband, also an Weihnachten erst<br />
einmal niemand verpflichtet ist. Niemandem verpflichtet sein, bedeutet<br />
aber auch ganz konkret Weihnachten selbst zu gestalten<br />
und vielleicht herauszufinden, was es an Weihnachten so braucht.<br />
Dieser Satz ist ja eigentlich nicht zu Ende...was es so braucht, so<br />
braucht - für was denn? Dieser Satz bleibt offen und jeder kann ihn<br />
selbst weiterführen.<br />
(Jetzt will ich aber nicht gesagt haben, dass<br />
sich nur der mit Weihnachten auseinandersetzt,<br />
der nicht festverplant ist.)<br />
Eine kleine Gedankenauswahl können<br />
Sie nachfolgend lesen. Ich habe verschiedene<br />
Menschen zum Stichwort<br />
„Weihnachten“ befragt:<br />
Marianne Gütermann<br />
(Klassenlehrerin 7A)<br />
10<br />
Weihnachten<br />
Patricia Porr<br />
(Klassenlehrerin 7 B):<br />
Wenn Weihnachten die Nacht ist,<br />
in der die Engel fliegen, wie müssen<br />
wir Menschen uns dann verhalten und<br />
dieses Fest gestalten, um die Engel<br />
wahrzunehmen?<br />
Mein Mann und ich machen seit 15<br />
Jahren die Christgeburtsspiele der Schule<br />
gemeinsam mit den Oberstufenschülern, mein<br />
Mann (Johannes Corn) begleitet dies von der musikalischen<br />
Seite und ich mache die allgemeine Regiearbeit und alles<br />
Sonstige. Durch das immer wiederkehrende Proben und Üben der<br />
Weihnachtstexte und Lieder sind wir bis Weihnachten zutiefst auf<br />
das innere Geschehen eingestimmt, sodass das Weihnachtsfest<br />
bei uns dann schweigend erwartet wird und in aller Stille stattfindet.<br />
sw-Illustrationen: Carola Sickmüller<br />
Vera Wohlgemuth<br />
( Klassenlehrerin 2A):<br />
Ich freue mich von Herzen darauf in der<br />
Weihnachtszeit das schöne Gedicht von Christian Morgenstern mit<br />
meiner Klasse zu sprechen:<br />
Es war einmal eine Glocke,<br />
die machte baum, baum...<br />
und es war einmal eine Flocke,<br />
die fiel dazu wie im Traum....<br />
Die fiel dazu wie im Traum...<br />
die sank so leis hernieder,<br />
wie ein Stück Englein Gefieder<br />
aus dem silbernen Sternenraum.<br />
So leis als wie ein Traum...<br />
und als vieltausend gefallen leis,<br />
da war die ganze Erde weiß,<br />
als wie von Engleinflaum.<br />
Brigitte von der Decken<br />
(Waldorfschuloma und Hortnerin)<br />
Heiligabend<br />
Die Verhaltensforscher behaupten, dass die heftigsten<br />
Kräche in den Familien am Weihnachtsfest stattfinden.<br />
Das stimmt. Stimmt aber auch wieder nicht.<br />
Also, Andreas (Vater) und Michael (Sohn, 16 Jahre)<br />
probten am 24.12. (ich glaube es war 1991) die<br />
Musik für die Mitternachtshandlung in der Christengemeinschaft:<br />
Michael (Cello), Andreas (Bratsche).<br />
Aus einem Grund, den ich nicht mehr erinnere,<br />
kam es zu einem herzlichen Streit. Es kam oft bei<br />
den beiden zu lautstarken herzlichen Streitereien,<br />
wobei sie sich 15 Minuten später die Hände mit den<br />
Worten „Peace“ reichten. Michael hörte auf zu spielen,<br />
legte sein Cello hin, ging wütend zur Haustür und mit<br />
einem:„Das ist mir zu blöd“, verschwand er. Der Ruf :„Michael<br />
komm bitte zurück, Michael!!! Du sollst sofort zurückkommen!!!“,<br />
erreichte ihn nicht. Oder doch? Ich hörte nur von draußen: „Ihr<br />
könnt mich alle mal!!!“. In seinem Zorn vergaß er seine warme<br />
Jacke anzuziehen. Und draußen gab es Minusgrade. Er wird<br />
bestimmt gleich zurückkommen. Das ist doch viel zu kalt. Er kam<br />
nicht. Wir gingen auf die Suche. Silberpappel! Nichts! Um die<br />
Schule herum! Nichts! Es fing an zu dämmern. Es fehlte einer. Wie<br />
sollten wir ohne ihn Weihnachten feiern? Wir waren in Sorge. Aber<br />
dann klingelte es. Michael war wieder da. (Es waren inzwischen 2<br />
Stunden nach seinem Abhauen vergangen.) Er kam schweigend in<br />
das Weihnachtszimmer und schnippte mit Daumen und Zeigefinger<br />
einen Weihnachtsmann an, der hoch aus einem bunten Teller<br />
herausragte, das Glöckchen (es war ein Schoko- Weihnachtsmann)<br />
klingelte und der Weihnachtsmann lag lang. Michael war mit der<br />
Straßenbahn zum Bahnhof gefahren. Zurückfahren konnte er aber<br />
04/11 kiesteichente