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Kiesteichente Dezember 2011 - Freie Waldorfschule Mannheim

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aus der schule<br />

4<br />

eines Klassenteilers muss sich nach der Betreuungszeit richten,<br />

die der Lehrer dem Schüler widmen kann. Oft ist das ein individueller<br />

Unterricht, der vom Lehrer auf den einzelnen Schüler<br />

abgestimmt werden muss, damit dieser seine Arbeit zunächst<br />

gefühlsmäßig ergreifen kann. In der Anschauung des Geschaffenen<br />

kann es im nächsten Schritt zu einer objektiven Sicht auf<br />

das Werkstück kommen, die einen Erkenntnisschritt bedeutet.<br />

Einmal ergriffen, ist diese erworbene Fähigkeit auch auf andere<br />

Gebiete übertragbar. Diesem Ziel des selbständigen Menschen,<br />

der aus „innerem Antrieb“ handelt, dient aller Unterricht an der<br />

<strong>Waldorfschule</strong>. Christine Rehe bezeichnet in diesem Vorgang<br />

des Unterrichtens „…das Werkstück als das Instrument der<br />

Diagnostik zur Verständnishilfe des Schülers“.<br />

Gerade der Bereich des handwerklich-künstlerischen Unterrichtes<br />

ist - auch das war Thema der Tagung - anders als an<br />

unserer Schule, vielerorts Eingriffen und drohenden Kürzungen<br />

ausgesetzt. Mittelknappheit, sinkende Schülerzahlen und ein<br />

schwindendes Interesse seitens der Kollegien und Elternschaften<br />

stellen den Unterricht in den handwerklich-künstlerischen<br />

Fächern in seiner jetzigen Form zunehmend infrage. Vielerorts<br />

bleibe immer weniger Zeit und Raum für die individuelle Arbeit<br />

mit den Kindern und für Gestaltungsmöglichkeiten im Unterricht,<br />

so die Beobachtung der Kunst- und Werklehrer. Verkürzte<br />

Epochen und immer weniger Wochenstunden in immer weniger<br />

Schuljahren mindern die Möglichkeiten, den Unterricht sinnvoll<br />

wirken zu lassen. Die Bastelstunde mit schnell herzustellenden<br />

Werkstücken ist mancherorts schon Realität. An vielen Schulen<br />

fällt es den Werklehrern immer schwerer, im Kollegium für die<br />

existentielle Bedeutung des Lernens mit Kopf, Herz UND Hand<br />

zu werben. Der finanzielle Druck zwingt Schulen in allen Bundesländern,<br />

die Deputate für den Werk- und Kunstbereich weiter<br />

zu kürzen, die Gruppengröße anzuheben und die Vielfalt der<br />

angebotenen Fächer einzuschränken oder auf Projektwochen zu<br />

reduzieren. Entsprechend gab es manch bewundernden Blick<br />

auf die <strong>Mannheim</strong>er Situation mit einem personell und zeitlich<br />

gut besetztem Unterricht und räumlich und technisch vorbildlich<br />

ausgebauten Werkstätten.<br />

Was braucht eine Schule, um sich die Bedeutung des Kunst-<br />

und Werkunterrichtes immer wieder ins Bewusstsein rufen zu<br />

können?<br />

Ganz sicher muss der erste Schritt von den Kollegen des Werk-<br />

und Kunstbereiches getan werden. Allzuleicht wird die Werkstatt<br />

zum Schneckenhaus, in das man sich zurückzieht und versucht<br />

zu gestalten, was die Deputats- und Stundenplaner übrig<br />

gelassen haben. Mit dem ersten Schritt muss auf das Kollegium<br />

zugegangen werden. Warum nicht eine Konferenz oder Arbeitsgruppe,<br />

eine Sitzung des Vorstandes oder des Beitragskreises<br />

in der Werkstatt abhalten lassen? Die Werkstücke im Raum, die<br />

Bilder an der Wand, der Geruch nach Farbe oder Holz sprechen<br />

für sich und genau jenen Teil des Menschen an, der in der<br />

Debatte zugunsten der Ratio immer zurücksteckt. Bei Konferenztagen<br />

oder an pädagogischen Wochenenden sollten die<br />

Türen zu den Werkstätten weit offen stehen. So praktiziert es<br />

Johannes Schumann aus Rosenheim seit vielen Jahren. Er bringt<br />

Werkstücke in die Konferenz und lässt die Kollegen teilhaben<br />

an den Leistungen der Schüler. Auch eine Schüler- oder Klassenbesprechung<br />

anhand von Beispielen aus der Arbeit in den<br />

künstlerisch-praktischen Fächern bietet sich an und ist Grundlage<br />

für ein echtes Klassengespräch. Tage der offenen Werkstatt<br />

sollten stattfinden, die den fachfremden Kollegen und Eltern ein<br />

Verständnis geben von den Zeitabläufen des Unterrichts und<br />

dem notwendigen Zeitaufwand, der auch hier wie in allen anderen<br />

Fächern zu leisten ist.<br />

Der Werklehrertagung kommt als Forum hohe Bedeutung zu.<br />

Sie dient der Fortbildung in praktischer Hinsicht und bietet<br />

Werklehrern aus ganz Europa die Möglichkeit, neue Techniken<br />

kennen zu lernen. Sie ist aber auch der Ort, um pädagogische<br />

Fragen zu bewegen. Reinhold Öxler, Werklehrer aus Stuttgart,<br />

bezeichnet die Tagung als „Wanderseminar“. Ohne äußere<br />

Merkmale, ohne Gebäude, Strukturen, Verwaltung treffen sich<br />

seit Jahrzehnten Werk- und Kunstlehrer aus allen Teilen der<br />

Welt, um diesen Fragen nachzugehen. In gegenseitiger Wertschätzung,<br />

mit Neugier und Humor ist diese Tagung ein Kraftquell<br />

für die tägliche Arbeit an der Schule.<br />

Die Zeit drängt, so ein Fazit der Tagung, denn in Zukunft<br />

werden immer weniger Kinder aus „waldorfnahem Umfeld“<br />

unsere Schulen besuchen. Die Eltern unserer künftigen Schüler<br />

müssen erst gewonnen werden. Dabei ist zu beobachten, dass<br />

<strong>Waldorfschule</strong>n zunehmend praktisch tätige Eltern verprellen,<br />

da sie Schulstrukturen vorfinden, in denen eine Begriffswelt<br />

herrscht, die ihnen und ihren Kindern keinen Raum für eigene<br />

Erfahrungen lässt. Für die Elternhäuser mit hohem Bildungshintergrund<br />

ist dagegen handwerkliche Arbeit im Alltag oft nicht<br />

mehr erlebbar. Da taucht, so scheint es, schnell die Frage auf,<br />

ob statt Korbflechten oder Buchbinden nicht besser ein weiterer<br />

Kurs in Informatik angeboten werden könnte.<br />

Beiden Seiten könnte ein Wochenende praktischen Tuns, während<br />

dem beispielsweise Metall gegossen wird, wie Rik ten Cate<br />

und Oliver Luz es in <strong>Mannheim</strong> vorgeführt haben, zu einem<br />

besonderen Erlebnis verhelfen. Thomas Bock aus Bergisch-<br />

Gladbach sagt es ganz deutlich: „Berichten bringt wenig – es<br />

müssen Wahrnehmungsfelder geschaffen werden, die dem<br />

Austausch unter Kollegen und mit Eltern einen Erfahrungshintergrund<br />

geben.“ Thomas Rappaport ist an diesem Punkt wieder<br />

bei dem von ihm gepriesenen „stillen Wissen“ seiner Hände.<br />

„Wenn im Tun die Intelligenz der eigenen Hände begriffen<br />

wird, geht es nicht mehr um das Weiterführen von Traditionen,<br />

sondern darum, Erlebnisräume zu schaffen, die ein hohes Maß<br />

an Authentizität vermitteln – das soziale Gold unserer Zeit, das<br />

alle suchen“.<br />

Sebastian Berg<br />

Zukunft der Schule<br />

Wie läufts mit dem neuen Schulmodell?<br />

Die Situation<br />

Seit diesem Schuljahr leben wir in der Oberstufe mit dem neuen<br />

Modell, das in dreijähriger Arbeit entwickelt wurde:<br />

• Der Hauptunterricht endet um 9.40h .<br />

• In der Oberstufe wird überwiegend in 70´- und 90´-Einheiten<br />

unterrichtet.<br />

• Dazwischen liegen Freiräume/Pausen von 30´oder 50´.<br />

04/11 kiesteichente

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