Ein Beitrag zur Pädagogischen Diagnostik

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Die Sprache bei einem Bericht ist sachlich, hat keine innere Handlungsstruktur, enthält keine wörtlichen Reden und ist im Präteritum sowie konzise, aber sprachlich genau verfasst. In Abgrenzung vom Bericht zum bislang üblichen Portfolio unterscheiden sich demnach insbesondere folgende Komponenten: Beim bisherigen Portfolio sammelt der Führende Belege, die seinen „Marktwert“ steigern; der Drang zum Präsentationsportfolio wird erheblich und prononciert somit die dekadenalte Kritik der Feiertagsdidaktik (z.B. Jank & Meyer 2005) in der Lehrkräfte(aus)bildung aufs Neue. Der beim Bericht gesteuerte Teil durch die Lehrkräfteausbilder und die „objektive“ Herangehensweise an Unterrichts- und Schulerlebnisse durch Darlegungen rein deskriptiver Natur, mit anschließenden Bedeutungszuweisungen und klar markierten Interpretationen der Berichtenden (Beobachtungen der „zweiten Ebene“) - erlauben definite Begrenzungen von subjektiven Erlebnissen und intersubjektiven Auslegungen. Diese Teile können dann fokussiert in Beratungs- und Dokumentationsgesprächen thematisiert werden. Damit „leidet“ bei Berichten der freie und weitgehend individualisierte Dokumentationscharakter des Portfoliokonzepts (vgl. Häcker 2007 und 2008); dies geschieht aber zugunsten einer klareren Struktur und Rezeption durch die Lehrerbildner. Vor der Plattform einer durch die Lehramtsanwärter ohnehin wahrgenommenen Erwartungshaltung beim Entwicklungsportfolio (vgl. Böhner 2009a) wird durch die Führung eines Berichts mehr Ehrlichkeit und mehr diagnostische Transparenz in die Lehrkräfte(aus)bildung getragen, ohne den Anspruch an eine reflexive - und durch Studien belegte (vgl. Böhner 2007) - kompetenzsteigernde Lehrkräfte(aus)bildung aufzugeben. 5 Ein konziser Ausblick oder das Desiderat einer Weiterentwicklung Der vorliegende Beitrag zeigt das Dilemma beim Portfolio bzw. bei portfolioähnlichen Instrumenten auf, dass der ausbildungsförderliche individuelle und ressourcenorientierte Charakter durch Bewertungsinterferenzen empfindlich gestört wird. Als Lösung wird vorgeschlagen, die Bewertungsaspekte einerseits offen zu kommunizieren und anderseits eine Entscheidung für einen diagnostischen Ansatz (oder mehrere kombinierte Ansätze) zu treffen und die Folgen für alle Involvierten transparent zu machen. Dies impliziert für Lehrerbildner einen offenen Umgang mit den Schwächen der bisherigen Bewertungspraxis; als Konsequenz sind diese Schwächen „offensiv“ mit den Lehramtsanwärtern zu erörtern bzw. Wahrnehmungen auch zu falsifizieren. In der Folge wäre es wünschenswert, wenn Lehrerbildner des Vorbereitungsdienstes die Bewertungsansätze systematisch einsetzen und evaluieren, ggf. die Bewertungsinstrumente elaborieren, von Erfahrungen berichten bzw. diese aufzeichnen, um damit der Weiterentwicklung einer „Pädagogischen Diagnostik“ von individuellen, verschriftlichten Lernprozessen Vorschub zu leisten. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Bedeutung dieser Instrumentarien in der Lehrer(aus)bildung wäre es nicht zuletzt auf der Grundlage des Qualitätskriteriums „Fairness von Ausbildung“ ein dringendes Anliegen, die vorgeschlagenen diagnostischen Ansätze mit Bewährungsuntersuchungen und Vertiefungsforschungen zu erweitern.
Literatur Arbeitsgruppe der Studienseminare BBS und des Landesprüfungsamtes in Rheinland-Pfalz (2002): Architektur der Ausbildung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen, Rheinland Pfalz. Mainz. Brettschneider, V. (2008): Der Einsatz von Portfolios als Lernprozesserfolgskontrollen, in: Unterricht Wirtschaft, Nr. 33, S. 55-59. Böhner, M. (2007): Orientierung an Standards zur Genese eines Ansatzes zur Neugestaltung der zweiten Phase der Lehrerausbildung“ – in: Berufs- und Wirtschaftspädagogik online (bwp@), Ausgabe 12. Böhner, M. (2008a): Portfolio - ein Instrument zur Einschätzung von Kompetenzen. Konzept, Praxis und Potenziale, in: WirtschaftsSpiegel, Nr. 5, S. 13-20. Böhner, M. (2008b): Wie wirkt sich der Vorbereitungsdienst auf die professionelle Kompetenz von Lehramtsanwärter/innen aus? - Ein Blick in die Forschungslage, in: Seminar, Heft 3, S. 81-95. Böhner, M. (2009a): Strukturierte Interviews zur Wahrnehmung der Führung von Entwicklungsportfolios durch Lehramtsanwärterinnen und -anwärter. Interner Bericht zur Evaluation der Ausbildung am Studienseminar BBS/Mainz. Mainz. Böhner, M. (2009b): Vom Lehrerbildungsportfolio zum Entwicklungsbericht. Vortrag bei der BAK- Tagung „Veränderte Arbeitsfelder in den Studienseminaren“ in Vallendar am 09. Mai 2009. Bolten, J. (1985): Die Hermeneutische Spirale, in: Poetica 17, Heft 3/4, S. 355-377. Bontekoe, R. (1996): Dimensions of the hermeneutic circle. Atlantic Highlands, NJ: Humanities Press. Brunner, H. (Hrsg.) (2006): Literaturwissenschaftliches Lexikon: Grundbegriffe der Germanistik. Berlin: Schmidt. Danielson, C. & Abruthyn, L. (1997). An introduction to using portfolios in the classroom. Alexandria VA: ASCD. Drechsel, B. (1997): Subjektive Lernbegriffe und Interesse am Thema Lernen bei angehenden Lehrpersonen. Münster: Waxmann. Dreikurs, R. (2003): Psychologie im Klassenzimmer. Stuttgart: Klett-Cotta. Gadamer, H.-G. (1972). Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik. Tübingen: Mohr Siebeck. Groeben, N., Wahl, D., Schlee, J. & Scheele, B. (Hrsg.) (1988): Forschungsprogramm ‘Subjektive Theorien’. Eine Einführung in die Psychologie des reflexiven Subjekts. Tübingen: Franke. Europarat (2001): Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen. München: Langenscheidt.
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