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Ein Beitrag zur Pädagogischen Diagnostik

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<strong>Ein</strong>e Zusammenstellung von Exponaten, die den Maximalzustand der Leistungsfähigkeit<br />

mit „Feiertagscharakter“ dokumentiert, unterstützt mitunter wenig im pädagogischen Alltag<br />

und bereitet auch nicht für den schulischen Alltag vor. Auch Kompetenzprofilspitzen lassen<br />

für Bewertungszwecke eine Aussage über Lehramtsanwärter zu. Wenn es aber um die<br />

Anliegen des deutschen zweiphasigen Lehrkräfte(aus)bildungssystems und den weltweit<br />

weitgehend einmaligen Vorbereitungsdienst geht, dann müssen, wenn die begriffliche<br />

Bedeutung ernst genommen wird, auch der Beratungscharakter und die Vorbereitung auf<br />

das volle Lehrkraftdeputat prominente Stellung in der Ausbildung einnehmen.<br />

Diese dilemmahafte Situation ist keineswegs neu: Empirische Studien <strong>zur</strong><br />

Belastungssituation von Lehramtsanwärtern, die Ausbildung im Vorbereitungsdienst und<br />

international wahrgenommene Schwächen (vgl. die Zusammenstellung empirischer<br />

Forschungsergebnisse für den Vorbereitungsdienst bei Böhner 2008b) belegen deutlich,<br />

dass in vielen Fällen (bei einigen Studien mehr als 50 % der Probanden) eine ausgeprägte<br />

psychische Drucksituation auf Grundlage der Bewertungsobliegenheit der<br />

Lehrkräfteausbilder perzipiert wird. Auf Basis dieser Begebenheit ist es mehr als<br />

unwahrscheinlich, dass Portfolio-Führende ihre selbst „wahrhaftig“ wahrgenommene<br />

Kompetenzlage dokumentieren - der potenzielle Bewertungscharakter des Portfolios<br />

schwingt implizit mit, selbst wenn dieser offiziell negiert wird. Die Bewertungsfunktion<br />

entsteht auf der „psychischen“ Ebene, wird in den Köpfen konstruiert - die<br />

„konstruktivistische“ und post-kognitive Wende in der pädagogisch-psychologischen<br />

Forschung erkennt mittlerweile auch an, dass subjektive Wahrheiten Lernprozesse<br />

determinieren (Krapp & Weidenmann 2006; sowie für den englischsprachigen Raum<br />

Woolfolk 2008). Subjektiv wahrgenommene „Wahrheiten“, d.h. Umstände, Begebenheiten<br />

und Wirkungsketten des pädagogischen Arbeitens verdichten sich zu subjektiven Theorien<br />

(eine Anordnung von Annahmen, Kenntnissen, Vermutungen, Motiven und Vorstellungen,<br />

die das Verhalten von Lehrkräften steuern; vgl. Groeben et al. 1988).<br />

Gerade im Bereich der subjektiven Theorien von Lehrkräften gilt es, nach<br />

Forschungserkenntnissen zu arbeiten, um professionalitätssteigernd zu wirken (vgl.<br />

Drechsel 1999, Müller 2007, Neuweg 2005 und 2006; für empirische Hinweise vgl. z.B.<br />

Hartinger et al. 2006). Just diese subjektiven Theorien - umgangssprachlicher auch<br />

„Bauchkonzepte“ genannt - der Lehrkräfte sind ein fokaler Ansatzpunkt im Portfoliokonzept<br />

(vgl. für die Lehrerbildung z.B. Meissner 2006). Subjektive Theorien sind bedeutsam und<br />

nach aktuellem Forschungsstand hoch wirksam für das Alltagsgeschäft von Lehrkräften<br />

(vgl. z.B. Müller 2004); sie offen zu legen und damit der Kritik von Lehrerkräftebildern<br />

preiszugeben, ist jedoch durch die potenzielle Bewertungsfunktion von Portfolios<br />

empfindlich eingeschränkt. Kraler erfasst den Zusammenhang zwischen der Beratungs-<br />

und Bewertungsfunktion emphatisch und anschaulich in einer Art „Gleichung“ (2007, S.<br />

77):<br />

Zusammenhang: „Ausbilden = Coachen + Beurteilen“ (ebd.).<br />

Unter Coachen subsumiert er „unterstützen, begleiten, fördern, betreuen ..., unter<br />

Beurteilen ...prüfen, bewerten, benoten“ (ebd., kursiv durch den Autor). Kraler spricht<br />

weiterhin von einem Spannungsfeld, das Lehrkräftebildner und Lehrkräfte im Allgemeinen<br />

ständig als Rollenwechsel erleben; dabei verdeutlicht er die Dilemmasituation<br />

metaphorisch als Gerichtsprozess mit der Verteidiger- und Richterrolle in Personalunion<br />

(ebd.). Nichts könnte deutlicher den ständig mitschwingenden Bewertungsaspekt bei einer<br />

portfoliobasierten Ausbildung signalisieren.

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