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FESTIVAL<br />

Nr.9 | Oktober 2009<br />

istanbulpost.net<br />

Das 1963 ins Leben gerufene Altin Portakal (Golden Orange) Filmfestival ist unbestrittener Höhepunkt des Filmjahres mit großer Ausstrahlung auf die einheimische<br />

Filmszene und internationalen Gästen. Ein Fest für die Augen und Anstoß zum Nachdenken.<br />

Hosgeldiniz überall- eine Stadt<br />

im Filmfieber<br />

Vom 10. bis 17. Oktober beherbergte Antalya die nationalen und internationalen Gäste des<br />

46. Internationalen Golden Orange Filmfestivals.<br />

Mit viel Mut wurde es 1963 aus der Taufe gehoben und entwickelte<br />

sich zum längsten und bedeutendsten der Türkei. Auch<br />

wenn das Budget erheblich kleiner war als in den vergangenen<br />

Jahren, so wurde die Qualität sogar verbessert-weg von zuviel<br />

Glamour und zurück zu Filmkunst und Bürgernähe, den Garanten<br />

auch für wirtschaftlichen Erfolg. Das Konzept des künstlerischen<br />

Leiters Vecdi Sayar ging voll auf. 16 türkische und 12 internationale<br />

Filme maßen sich in zwei Wettbewerben getrennt um die goldene<br />

Venus. "Sie ist eine erotische Statue,die<br />

ich jetzt in der Hand halte,während<br />

ich viele ähnliche heute morgen im Museum<br />

nur betrachten konnte”, freute sich<br />

der amerikanische Starregisseur Bob Rafelson<br />

unter dem Jubel des Publikums in der<br />

vollbesetzten Glaspyramide, der besten<br />

Stube der Stadt, zu der jedermann mit einer<br />

Eintrittskarte zu fünf Lira (Schüler und Studenten<br />

drei) Zutritt hatte, auch bei dieser<br />

Verleihung von Ehrenpreisen.Lang anhaltender<br />

Beifall begleitete auch den wegen<br />

"Thought Crimes" von 1951 bis 1957 inhaftierten<br />

Vedat Türkali und der lebenden<br />

Theater-, Film- und Fernsehlegende Erol<br />

Günaydin. Dieser beglückwünschte den<br />

jungen deutsch-türkischen Regisseur Miraz<br />

Beraz einen Tag nach der Aufführung seines<br />

Films "Min Dit" in kurdischer Sprache (Ich<br />

habe es gesehen) im nationalen Wettbewerb zu seinem Mut, ihn<br />

mit dieser großen sozialen, kulturellen und politischen Brisanz<br />

(Morde der paramilitärischen Einheiten der Geheimdienste in<br />

Diyarbakir) einzureichen.<br />

Standing Ovations des Publikums im ausverkauften größten<br />

Kinosaal des Kulturzentrums AKM und hunderte Menschen bei<br />

der Pressekonferenz in, vor und um die Lounge herum ließen die<br />

wenigen provokanten Äußerungen zur Randerscheinung werden.<br />

"Uns ist jeder willkommen, der sich für die freiheitlich demokratische<br />

Grundordnung einsetzt. Autonomie der Ethnien ist<br />

Fundament für die Einheit der Türkei.” So und ähnlich äußersten<br />

sich laut einige Umstehende, als Miraz Bezar für freies künstlerisches<br />

Schaffen eintrat. Das Team, das nicht mit einer Auszeichnung<br />

gerechnet hatte und die Aufnahme in den nationalen Wettbewerb<br />

bereits als solche ansah, nahm<br />

daher mit großer Freude die "Venus" für<br />

das beste Drehbuch entgegen. "Wir haben<br />

den Film aufgrund seiner cineastischen<br />

Leistung ausgesucht, nicht weil er<br />

kurdisch ist”, stellte Vecdi Sayar heraus.<br />

"Aber die Jahre zuvor wäre das nicht<br />

möglich gewesen. Der Film Min Dit in<br />

kurdischer Sprache dokumentiert ein<br />

Umdenken in der Gesellschaft und einen<br />

Wandlungsprozess in ihrer Denkweise",<br />

fuhr er fort.<br />

Ein Festival<br />

mitten in der Stadt<br />

Wenn in den letzten Jahren Stretchund<br />

Luxuslimos mit dunkel getönten<br />

Scheiben die Fahrgäste verbargen und<br />

nur wenige Bürger in die Nähe des Roten<br />

Teppichs kamen, so war dieses Jahr für Filmleute und Bürger ein<br />

unvergessliches Erlebnis. Dichte Zuschauerreihen säumten bei<br />

der traditionellen Parade zur Eröffnung die Straßen und riefen ihren<br />

"Lieblingen" "Hosgeldiniz" zu. Die Akkus der Handykameras<br />

mussten Schwerstarbeit leisten. Diese grandiose Stimmung setzte<br />

sich die Woche über im Fokus der orangefarbenen Pupille und<br />

29<br />

übergroßer Statuen der goldenen Venus aus Hartplastik fort, dem<br />

Logo der diesjährigen Festspiele. Im 46. Jahr ist das "Altinportakal"<br />

in die Mite der Stadt und die Herzen ihrer Einwohner zurückgekehrt.<br />

"Die Begeisterung für die jungen Preisträger und ihren<br />

Mainstream in die internationalen Festspiele sollte die Veranstalter<br />

ermutigen,mehr nationale Filme in den internationalen Wettbewerb<br />

zu bringen, um sich auf dieser Ebene mit den eurasischen<br />

Filmschaffenden zu messen, "hörte man von etlichen Filmkritikern.<br />

Diese Gedankengänge wurden durch die Meldung unterstützt,<br />

dass die deutsch, französisch, türkische Koproduktion<br />

"10 to 11"am selben Abend in Abu Dhabi ausgezeichnet<br />

wurde.Pelin Esmer,in Antalya international ohne Preis, erhielt<br />

für ihren Debütfilm 50 000 US-Dollar als beste Nachwuchsregisseurin.<br />

Hans Müller / Antalya<br />

FOTO: HANS MÜLLER

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