application/pdf : 241 Ko - Abeille Musique
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dem Text schenken, der deutlich und klar vernehmlich in der Manuskript Canonici misc. 213 beginnt mit einer lateinischen<br />
Melodie der unteren Stimme artikuliert wird.<br />
Mottete über die Heilige Jungfrau, zweifellos das Werk eines<br />
Um die späteren Phasen norditalienischer Polyphonie zu <strong>Ko</strong>mponisten aus Nordeuropa. Ihr fünfstimmiger Satz ist<br />
illustrieren, muss man sich an die Instrumentalmusik des ziemlich ungewöhnlich für die Zeit (wahrscheinlich aus den<br />
fränkisch-italienischen Repertoires aus dem <strong>Ko</strong>dex Faenza<br />
wenden 4 und 7 sowie an die Balladen von zwei<br />
1420er Jahren). Nur im Old Hall-Manuskript oder in den<br />
Motetten von Dufay findet man andere Beispiele dieser Art.<br />
florentinischen <strong>Ko</strong>mponisten: dem berühmten Francesco<br />
Landini 8 und 9 und seinem bemerkenswerten, wenn auch<br />
wenig bekannten <strong>Ko</strong>llegen Andreas de Florentia 1 und 2.<br />
Unsere Motette ist in allen fünf Stimmen isorhythmisch und<br />
klingt erstaunlich konsonant. Könnte es sein, dass dieses<br />
wunderschöne und anonyme Stück das Werk des größten<br />
(Johannes Ciconia, dessen Musik leicht einen Platz im <strong>Ko</strong>mponisten jener Zeit, nämlich von Guillaume Dufay,<br />
Programm dieser CD finden würde, verdient sein eigenes stammt?<br />
Aufnahmeprojekt.) Der wachsenden Bedeutung des Ballad- Alle übrigen <strong>Ko</strong>mpositionen stehen in der im 15. Jahrengenres<br />
seit den 1360er Jahren Rechnung tragend sind alle hundert vorherrschenden Liedform, dem Rondeau. Alle außer<br />
hier vorgestellten Stücke polyphone Balladen. Wie bei den einer sind dreistimmige Stücke, deren <strong>Ko</strong>mposition mit einem<br />
meisten mittelalterlichen Gattungen, in denen die lyrische Cantus-Tenor-Duett begann, das dann durch einen <strong>Ko</strong>ntratenor<br />
Dichtung in der eigenen Sprache polyphon vertont wurde, zusätzliche harmonische Färbung und rhythmische Impulse<br />
gehorcht auch die Ballade zwei organisatorischen Grundprinzipien:<br />
Zum einen wird die musikalische Form durch die<br />
erhielt. Die Stilpalette ist erstaunlich breit. Plaindre m’estuet<br />
bp von Hugo de Lantins (eine Vertonung eines Gedichts mit<br />
Zusammenstellung von zwei musikalischen Einheiten in Form schamlosen Akrostichon) enthält diverse lange Passagen mit<br />
von Wiederholung und Variation gebildet, und zum anderen Imitationen hauptsächlich zwischen dem Cantus und Tenor.<br />
wird ein Textabschnitt niemals gesungen und dann sofort Diese Imitationen können bei einer Aufführung durch geeignete<br />
wiederholt. Das musikalische Schema der Ballade, wie es in Textunterlegung zugespitzt werden (wie das auch hier<br />
den auf dieser CD aufgenommenen Werken ersichtlich wird, geschieht). Allen drei Stimmen des Liedes wurden im Manu-<br />
kann wie folgt dargestellt werden: A (ripresa)–bb (zwei skript Text unterlegt. Die Harmonien klingen satt und klangvoll<br />
piedi)–a (volta)–A (ripresa).<br />
Andreas de Florentia trat 1375 in Florenz dem Orden<br />
und enthalten viele volle Dreiklänge. Das anonyme, vierstimmige<br />
Stück Confort d’amours br lässt eine Rhythmik<br />
der Diener Mariens bei und war wie Landini Organist.<br />
Seine Ballade Per la ver’onestà 2 zeigt einen reifen<br />
zweistimmigen Stil, in dem die Stimmen im Charakter homo-<br />
erkennen, der man häufig in der Manuskriptsammlung<br />
Canonici misc. 213 begegnet. Die Mensur entspricht einem<br />
modernen<br />
gener sind, als das in früheren Stücken wie Quando la stella<br />
der Fall war. Per la ver’onestà ist ein fließender Dialog, in dem<br />
die Stimmen durch Passagen mit imitierendem <strong>Ko</strong>ntrapunkt<br />
und Motivaustausch vereint werden. Ähnliches kann man auch<br />
über Landinis Ochi dolenti mie 8 sagen, wo kaum eine<br />
einzige Note überflüssig ist.<br />
Die Auswahl von Stücken (angefangen mit Band bl)<br />
aus dem italienischen und möglicherweise venezianischen<br />
-Takt, und die Rhythmen in den oberen Stimmen<br />
alternieren nervös zwischen Viertel-Achtel- und Achtel-Viertel-<br />
Gruppen, so dass die Stimmen kaum jemals synchron laufen<br />
(was ein Kennzeichen dieses Stils ist). Auch die unablässigen<br />
Hemiolengesten (wo der -Takt in drei Viertel unterteilt ist)<br />
variieren den Rhythmus. Demzufolge gibt es im gesamten<br />
Stück eine Bewegung auf fast jedem Schlag des -Takts und<br />
es entsteht ein ruheloser Eindruck. Interessante Aspekte<br />
in diesem Stück (und es gelang uns nicht, ein weiteres<br />
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