THEMAGestalterische Vorschläge: vierModellvarianten in Plastilin,Massstab 1:10.K+S: Wie ging es weiter?Angelika: Jeder von uns hatdann mit Plastilin ein oderzwei kleine Modelle geformt.Eines von Martin haben wirdann einstimmig zur Ausführungausgewählt. Im Unterrichtmit Stefan Vollenweiderhaben wir es fotografiert undvia Photoshop virtuell in denzuvor ebenfalls fotografiertenStandort auf dem SpielplatzHebel eingefügt.Silvan: Wir kennen in unsererBildhauerausbildung ja auchdas Schulfach «Präsentationund Dokumentation», wowir den Umgang mit solchenArbeiten erlernen. Die dabeientstandene Dokumentationhaben wir unseren Lehrpersonen– die uns während desganzen Projektes begleitet undunterstützt haben –, unserenKollegen von der <strong>Stein</strong>metzklasseund schliesslich zweiVertretern des Auftraggebers,also des St. Galler Gartenbauamtes,präsentiert. Letzterewaren mit unserem Vorschlageinverstanden und gaben ihnzur Umsetzung frei. All diesfand noch vor den letztenSommerferien statt. Das Weiterentwickelnund Umsetzenkam erst danach.K+S: Habt Ihr im Rahmen diesesProzesses eigentlich auchdie damals bereits bestehendensechs anderen Märchensteinebesichtigt? Gibt esgewisse Gestaltungsgemeinsamkeitenmit diesen?Martin: Nein, ausser, dass füralle <strong>Stein</strong>e das gleiche Material,nämlich Muschelkalk ausEstavayer, verwendet wurde.Es waren übrigens keine neugebrochenen <strong>Stein</strong>e, sondernReststücke, die uns das städtischeGartenbauamt kostenloszur Verfügung gestellt hatte.Wir mussten erst überprüfen,ob der <strong>Stein</strong> durchgehend gesundund also brauchbar ist.K+S: Und Trudi Gerster – warsie euch Jungen ein Begriff?Werkplatz beim Schulhaus Bild St.Gallen.Marco: Ich kannte sie nichtwirklich, habe dann abereine Ausstellung über sie imSchweizerischen Landesmuseumin Zürich besucht.K+S: Wie habt Ihr die Umsetzungeures Projektes, alsodie effektive Arbeit am <strong>Stein</strong>,erlebt? Habt Ihr immer gemeinsamgearbeitet?Angelika: Nein, nicht immer,die Arbeiten dauerten ja eineganze Woche, und ich selbstkonnte von meinem Lehrbetriebaus nicht so lange dafürfreinehmen. Es waren aberimmer mindestens drei von unsan der Arbeit, manchmal auchalle vier.K+S: Wie habt ihr euch aufgeteilt?Silvan: Das war manchmalschon etwas mühsam. Der<strong>Stein</strong> ist ja nicht so gross,der Platz am Werkstück alsoentsprechend eng, vor allem,wenn einer von uns mit derFräse gearbeitet hat und dieanderen gleichzeitig mit Handwerkzeugen.Angelika: Wobei es eigentlichaber doch erstaunlich gutfunktionierte. Bei der Ausführunggab es im gesamtenProzess am wenigsten – jaeigentlich kaum – Konflikte.K+S: War die Arbeitsweisekein Thema?Stefan: Soviel ich weiss schon.Martin bevorzugt die Handarbeit,die anderen setzenteilweise mehr auf die Maschinenarbeit.Diese Unterschiedemuss man verstehen undakzeptieren können. Ich findedas grundsätzlich ein interessantesThema.Marco: Das Problem war jaauch, dass wir für die Ausführungnur eine Woche Zeit hatten.Wenn wir alles von Handgemacht hätten, wären wirkaum damit fertig geworden.Wir mussten also auch hierKompromisse eingehen.Silvan: Es musste halt dochziemlich viel <strong>Stein</strong> weg...Angelika: Wir wären ohneMaschine sicher nicht fertiggeworden; wir hätten sonstganz bestimmt eine Wochelänger daran gearbeitet.Martin: Ich streite nicht ab,dass wir länger gehabt hätten.Aber für mich ist das eine Frageder Philosophie.K+S: Welche Werkzeuge habtIhr eingesetzt?Silvan: An Maschinen warendas ein Presslufthammer undein Winkelschleifer, an Handwerkzeugenhaben wir Spitzeisenund Zahneisen verwendet.1<strong>03</strong>/2015
Die Oberfläche ist von Handpunktgespitzt.Stefan: Die Arbeiten wurdenvon den vier Lernenden übrigensvollkommen selbstständigund ohne Beaufsichtigungoder Anordnungen durch unsLehrpersonen ausgeführt.Als ich aus den Herbstferienzurückkam, stand das fertigeObjekt vor mir.K+S: Dann kam der grosse Tagdes Versetzens.Stefan: Der Termin war schonlange vorher auf einen Schultagfestgelegt worden. Auchdie untere Klasse konnte imRahmen des Unterrichts daranteilnehmen. Es war ein gesellschaftlicherAnlass, aber auchfür alle spannend zu sehen,wie das Objekt, das immerhinrund eine Tonne wiegt, mitdem Auslegerkran von derStrasse aus versetzt wurde. Eininteressantes Detail vielleichtnoch: Während bei allenübrigen sechs Märchensteinendas kleine Schild mit demQR-Code am jeweiligen Objektselbst montiert ist, haben sichunsere Schüler aus gestalterischenGründen entschieden,das Schild separat auf einemkleinen Sockel in der Wiese zuplatzieren.K+S: Habt Ihr eigentlich ineurem Lehrbetrieb schoneinmal an einem ähnlichen«freien» Objekt wie diesenMärchenstein gearbeitet?Angelika: Nein, so gross habeich bisher noch nie gearbeitet.In unserem Betrieb sind wirhauptsächlich in der Restaurierungund im Grabmalbereichtätig. An freien Arbeiten habeich aber schon viele «Vogelbädli»gemacht (lacht).Marco: Das ist bei mir ähnlich:Restaurierungsarbeiten, Werkstückeersetzen, Grabmale...Silvan: Bei mir sind es hauptsächlichGrabmale.Martin: Ich konnte schon anSkulpturen mitarbeiten, zurzeitgerade an einem Relief.(Die Lehrerin Ingrid Tekenbroekstösst nach einer Schulstundezur Diskussionsrunde)K+S: Ingrid, wie hast du dasProjekt Märchenstein erlebt?Ingrid: Ich fand es sehr spannend,dass wir, beziehungsweiseunsere <strong>Stein</strong>bildhauerklasse,Gelegenheit dazu bekamen, ineiner Gruppe etwas Gemeinsameszu entwickeln, etwas,das nicht fiktiv ist, sonderneinen Realitätsbezug hat undzum Schluss tatsächlich auchumgesetzt werden konnte. DieKlasse hat das – über verschiedeneSchulfächer verteilt – vonA bis Z angepackt und durchgezogen.Es war das erste Malin dieser Art an unserer Schule.Ich unterstütze solche Projektesehr; ob wir bald wieder einsolches durchführen können,liegt aber natürlich nicht inunserm Kompetenzbereich.Sollten wir erneut eine Möglichkeithaben, würden wirgrundsätzlich sicher wiedergerne mitmachen. Ein Honorargehört übrigens auch dazu,sonst sind wir schnell einmalbei Schwarzarbeit...Martin: Von der Ideenfindungüber die Präsentation, dieUmsetzung, das Versetzen,die Dokumentation bis zurEntlöhnung fand ich allessehr anregend. Auseinandersetzungensind bei solchenGruppenarbeiten unvermeidlichund gerade das besondersSpannende daran.Ingrid: Es gab für uns dreiverschiedene Möglichkeiten,diese Projektarbeit abzuwickeln.Erste Möglichkeit: Wirmachen einen Wettbewerbuntereinander, jede/r macht einenVorschlag und präsentiertdiesen; dann wird juriert undeine der Arbeiten individuellausgeführt und auch individuellfinanziell entschädigt. ZweiteMöglichkeit: Wir machenebenfalls einen Wettbewerb,entscheiden dann, welcherVorschlag am Spannendstenist und setzen diesenVorbereitung für den Abtransport.Platzieren der fertigen Arbeit in St.Gallen-St.Georgen.schliesslich gemeinsam um.Dritte Möglichkeit, jene, dieunsere vier Auszubildendengewählt haben: Wir erarbeitengemeinsam etwas, wobei aberjeder und jede zuerst einmalselbständig etwas sucht, esdann auf den Tisch legt undeiner gemeinsamen Diskussionstellt; danach beginnt einProzess, bei dem auch das Gedankengutvon den anderenaus der Gruppe aufgenommenund integriert wird, so dassam Schluss jeder und jede dasWerk auch als sein Werk annehmenkann. Das ist ja etwas,das man im Berufsalltag imKontakt mit Architekten, Landschaftsarchitektenoder auchmit Kunden ebenfalls lernenmuss. Einen solchen Prozess1:1 an einem realen Projektgemeinsam – und gelegentlichauch unter persönlichenSpannungen – durchzuziehen,halte ich für sehr lehrreich.Unsere Vierergruppe hat dieseHerausforderung aus meinerSicht gut gemeistert. ■3/2015 11