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GZD_Kunst_Stein_03_2015.pdf

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hatte sein Auskommen mitpersonenbezogenen Grabmalen,Zweitschriften und figürlicherBildhauerei, die ihre Zeitbraucht, um seinen Ansprüchenzu genügen. Einen Lehrling zubeschäftigen, wäre ihm nie inden Sinn gekommen. Bis einesTages das Telefon klingelte. Einejunge Stimme fragte nacheiner Schnupperlehre und liessauch dann nicht locker, alsHöck unverblümt sagte, dass ermit Kindern und Jugendlichennichts anfangen kann. FürMädchen habe er weder eineKantine noch ein WC. Kein Problem,signalisierte Melanie undinsistierte: «Mich interessiertkörperliche Arbeit. Ich kannzeichnen und bin nicht kompliziert.»Höck kapitulierte undliess Melanie schnuppern.Feuertaufe an einerEngelsfigurFür die damals 14-Jährige wardie Schule eine Last. Sie wollteetwas Kreatives machen, dachtezuerst an Grafik und verwarfdiese Idee – zuviel Computerarbeit,zu wenig Bewegung.«<strong>Stein</strong>bildhauerei verkörpertalles, was ich brauche», fanddie Bassersdorferin und suchtefür ein Praktikum einen Bildhauerin der Nähe. Das warRalph Höck. «Hast du überlegt,was du machen willst?»,fragte er am ersten Schnuppertag.Melanie hatte klare Vorstellungen:«Ein Relief.» DieZeichnung war schnell fertig,der Ton fürs Modell noch garnicht bestellt, das Abformen inGips «megacool», sagt Melanie.Höck besorgte ein Bruchstückaus griechischem Marmor. Melaniebearbeitete es mit Spitzeisenund Fäustel, holte sicheine dicke Blase an der Handund fertigte einen Phantasiekopf,der später einen Käuferfand. Höck, inzwischen vomTalent und DurchhaltewillenMelanies überzeugt, zeigte derSchülerin den Umgang mit demPunktiergerät an einer Engelsfigur,an der sie kurzerhandweiterarbeiten sollte. «Beim<strong>Stein</strong> hast du keinen zweitenVersuch. Du darfst nichts falschmachen», erinnert sich Melaniean die Feuertaufe. Die Arbeitan der schwierigsten Stelle zwischenHals und Flügel glückte.Höck, nun restlos vom Talentdes Mädchens überzeugt, gabihr die gewünschte Lehrstelle.Die vierjährige Ausbildungzur <strong>Stein</strong>bildhauerin trat Melaniemit 15 an. Ein halbes Jahrfrüher, als geplant, weil sie dieSchule abgebrochen hatte. DieBerufsschule in St. Gallen besuchtesie gerne. Die berufsbezogenenFächer interessiertensie und im Zeichnen und Punktierenerzielte sie Bestnoten.Highlight ihrer Lehrzeit, warein Auftrag eines Geschäftsmannesaus Deutschland, derLinks: Für eine Gartenskulpturfertigte Melanie drei Modellefür eine Stele mit Januskopf ausbeigem Kalkstein.Mitte: «Betriebsausflug» im LandRover: Melanie am Lenkrad mitKarin Fiechter und Ralph Höck vorder Fahrt nach Marokko.Rechts: Die zeichnerischeBegabung von Melanie zeigt sichim Bild mit steigendem Pferd.(Foto: Melanie Sterba)sich eine Grabskulptur mit einerliegenden Frau aus Carrara-Marmor wünschte. Höck warihm empfohlen worden. DerBildhauer zögerte. «Wir habennoch nie eine so grosse Arbeitgemacht.» Ohne Melanie hätteHöck diesen Auftrag nichtangenommen. Mit Unterbrechungenwar die monolithischeSkulptur aus einem dreiTonnen schweren Block nacheinem halben Jahr fertig undder Kunde vom Ergebnis begeistert:Eine junge Frau liegttrauernd auf einem Sarkophag,der Körper von einem faltenwerfendenTuch verhüllt, dieArme schlank, aber muskulös,den Kopf mit dem Gesicht nachunten auf einem Unterarm gebettet.Von Melanies Talent überzeugt,war auch die Jury des erstenNachwuchswettbewerbs imRahmen der Messe Stone+tec3/2015 13

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