Das gepflästerte «Grüne Zimmer»ROBERT STADLEREinundzwanzig in Ausbildung stehende Pflästerer und drei Ausbildner haben kürzlich im Walliser DorfAgarn auf einem neuen öffentlichen Platz gemeinsam etwa 250 Quadratmeter Natursteinpflästerungverlegt. «<strong>Kunst</strong>+<strong>Stein</strong>» hat den im Rahmen einer Projektwoche des Verbands Schweizerischer Pflästerermeister(VSP) als Goodwill-Aktion durchgeführten Arbeitseinsatz am letzten Tag beobachtet.Es ist Freitag, der 24. April 2015, umhalb elf. Mitten in Agarn, einem 880Einwohner zählenden Dorf unweitvon Leuk, wird munter gehämmert undohrenbetäubend gefräst. Die Baustelle,nur etwas mehr als einen <strong>Stein</strong>wurf vonder Dorfkirche entfernt, macht zu diesemZeitpunkt einen noch ziemlich unfertigenEindruck. Dabei soll der Platz gemäss derZielvorgabe schon am Abend vollendetsein. «Das schaffen wir!», gibt sich BaustellenchefAndré Högger bei der Begrüssungzuversichtlich. Um gleich einzuschränken,dass damit natürlich nur die eigentlichePflästerung gemeint sei. Die Umgebungsarbeitenwürden später von Freiwilligenaus dem Dorf in Fronarbeit ausgeführt– und das könne sich noch bis in den Sommerhinziehen.André Högger hat die Projektwochezusammen mit Herbert Dirren, dem Präsidentender örtlichen Stiftung «IschärsAgaru» (unser Agarn), eingefädelt. Alsoberster Ausbildungsverantwortlicher desVSP und gleichzeitig Leiter des verbandseigenenBildungs- und Berufszentrums(BBZ) in Alpnach OW, hat Högger solche163/2015
Links: Die Teilnehmer der Projektwochezusammen mit ihren Kursleitern. Vorne in derMitte links der projektierende Ingenieur LotharAmbord, neben ihm Herbert Dirren, Präsidentder Stiftung «Ischärs Agaru» als Vertreter derBauherrschaft. (Fotos: R. Stadler)SONDERBEILAGE VSPRechts: Situation und Plangrundlage.Goodwill-Einsätze in der Vergangenheitschon mehrfach erfolgreich organisiertund geleitet (siehe Interview auf Seite 18).Wer mit ihm redet, spürt gleich, dass ermit Leib und Seele bei der Arbeit ist, aberauch, dass ihm auf der Baustelle nichtsam Herumkommandieren liegt, sonderner – wenn nötig – immer auch selber in dieHosen steigt und mit anpackt.Jetzt muss Högger seine Arbeit allerdingskurz unterbrechen, denn vor ihmhat sich ein Kamerateam des WalliserRegionalfernsehens «Canal/Kanal 9»aufgestellt und wünscht sich ein Interview.Die <strong>Stein</strong>fräse, auf der einer der Kursteilnehmer<strong>Stein</strong>e zuschneidet, hat daherfür einige Minuten zu verstummen. Dasssich ein Fernsehsender für das Pflästerneines Platzes interessiert, findet Höggergrossartig. «Das weckt Verständnis fürunsere Arbeit und fördert unser Image inder Öffentlichkeit», findet er. Der Fernsehjournalistingibt er daher bereitwilligAuskunft. Er erzählt ihr, dass die an derAktionswoche Teilnehmenden aus derganzen Schweiz und ein halbes Dutzendvon ihnen sogar aus dem deutschen BundeslandThüringen ins Wallis gereist seien,dass der Jüngste gerade mal 16 Jahre undder Älteste wohl so gegen 50 Jahre alt sei,dass aber alle – wenn auch auf verschiedenenWegen – noch in Ausbildung stehen.Während Högger das TV-Team verabschiedetund sich wieder der Arbeitzuwendet, stellt Herbert Dirren – er sassvon 1977 bis 1987 für den Kanton Wallisim Nationalrat – den Werdegang und dieZiele der als Bauherrschaft auftretendenStiftung «Ischärs Agaru» vor. Diese wurde1993 auf Dirrens Initiative gegründet, umdie damals zweckentfremdete alte Dorfkapellezu restaurieren, was in der Folgedann auch geschah. Jetzt aber hat dieStiftung noch weitaus ehrgeizigere Ziele.Unter der Bezeichnung «Grünes Zimmer»entsteht gegenwärtig im Herzen des Dorfes,auf dem alten Gehöft der Walliser PatrizierfamilieBayard, ein «Kompetenzzentrumfür Walliser Lebensart», wie es aufder Website der Gemeinde Agarn (www.agarn.ch) heisst. Es soll dies ein lebendigerTreffpunkt werden, wo altes WalliserBrauchtum erhalten und gepflegt wird.Obwohl sich das Grüne Zimmer nochim Aufbau befindet, werden dort bereitsheute regelmässig Erlebnis-Angebote organisiert,wie etwa «Wurschtu und Salzu»(Wursten und Salzen), «Sürchabus» (= Sauerkabis),«Trockensteinmauern», «Schindelnfabrizieren» und anderes mehr. Diedafür zur Verfügung stehenden Anlagensind das aus dem Jahr 1821 stammendeGutsgebäude (früher Doktorgut genannt)und eine benachbarte, rechtwinklig dazustehende Scheune mit Stall. Im so gebildetenAussenhof liegt ein neuer, vertieftangelegter Platz, der bereits vor einigenJahren etappenweise mit einer Naturstein-Trockenmauer eingefriedet worden istund jetzt also einen attraktiven Pflasterbelagaus Naturstein erhält.Als Pflästerungsmaterial hat der Stiftungsrateinen Simplon-Gneis ausgewählt.Dies ist zwar ein schönes und auch preislichrecht günstiges Gestein, aus der Sichtder Pflästerer aber kein optimales, wieAndré Högger und auch verschiedene derauf dem Platz arbeitenden Kursteilnehmerdem Berichterstatter gegenüber erklären.Weil der Gneis stark geschichtet ist, lässt ersich nämlich für Pflästerungszwecke relativschlecht bearbeiten und nur mit zusätzlichemArbeitsaufwand in die richtigeForm bringen. Daher auch das maschinelle3/2015 17