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5Familie in Palästina„ Vom Himmel hoch“ – Weihnachten auf ErdenWeihnachten ist in unserer Gesellschaft das Fest allerFeste. Es ist ein Familienfest. Es ist ein vom Konsumbestimmtes Fest. Es ist mit so hohen Erwartungenund so tiefen Enttäuschungen verbunden, dassmanche davor fliehen – und gerade so davonbestimmt werden. Was hat es mit diesem Fest aufsich? Versuchen wir´s mit einer Geschichte!Zum hundertjährigen Bestand des Krippenvereins in einem Tiroler Dorf erzähltder alte Pastor seiner Festgemeinde im Gottesdienst von einer Familie, die zurWeihnachtszeit in der Wohnstube neben dem Christbaum eine Krippe aufgestellthat. Im Hause lebte auch ein behäbiger Kater. Dem gelang es, sich in die Stubezu schleichen. Und auf der Suche nach einem besonders angenehmen Schlafplatzstieß er auf den Stall von Bethlehem. Kurzerhand räumte er die Heilige Familie,einen danebenstehenden Engel sowie Ochs und Esel hinaus und rollte sich andieser Stelle behaglich zusammen. Am nächsten Morgen wurde der Frevelnatürlich entdeckt, der Kater bekam für die Weihnachtszeit striktes Stubenverbotund ansonsten hat man über dieses Krippenspiel herzlich gelacht.Als der Pastor seine Geschichte bis zu diesem Punkt erzählt hatte, konnte er essich nicht verkneifen, noch ein kleines moralisches Schwänzchen anzuhängen:die Frage nämlich, ob sich nicht auch bei unseren Krippen heimlich fette Katereinschleichen könnten, die das Heilige ausräumen und sich dann breit in die Mittelegen… Die übliche Kritik an der Moderne. Ich will die Geschichte so nutzen:Schon die alte christliche Tradition hatte mit viel Weisheit die Geburt des Kindesim Stall mit den Tieren ausstaffiert – sie sind unsere nächsten Verwandten ausder „Tiefe“. Und dazu die Engel aus der „Höhe“, die den Lobgesang anstimmen:„Ehre sei Gott in der Höhe – und Friede auf Erden“. Es ist nicht schwer, ein Rindauf der Weide zu sein, und es ist nicht schwer, ein Engel im Himmel zu sein.Schwer ist es, auf Erden ein Mensch zu sein, wie ein jüdisches Sprichwort sagt. Umdiesen Menschen, der das schwere Los hat, ein Tier zu sein, das „Ich“ sagen kann,geht es beim Fest aller Feste. Und deshalb ist es verständlich, dass gerade diesesFest so spannungsbeladen ist. „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ singenwir zu Weihnachten. Das kleine Kind wird vergöttlicht, von Tieren umgeben, vonEngeln besungen, von den Erwachsenen angebetet und von den Großen der Erdemit Geschenken überhäuft: Eine großartige, größenwahnsinnige Fantasie, diein uns allen steckt. Theologisch ausgedrückt: Wenn Gott Mensch geworden ist,bedeutet das Annahme des Lebens, Annahme des Menschseins, Annahme dereigenen Person. Und zwar genau des Lebens, Menschseins und Personseins, dasso hoffnungslos „zwischen“ Himmel und Erde steht, wie das in dem Ausdruck„wir sind Tiere, die „Ich“ sagen können“ bewusst wird.Der alte Pastor hatte erzählt, dass die Engel mit verzückten Gesichtern immernoch das Band „Ehre sei Gott in der Höhe“ in der Hand hielten, weil sie dieVeränderung in der Krippe unter ihnen nicht bemerkt hatten. Vielleicht hatten siedas neue Leben unter sich doch entdeckt…..?Pfarrer Wolfgang Köhne, Roetgen, für denevangelischen Kirchenkreis Monschauer Land

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