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Brachflächen - Literaturaustausch

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Anke Laufer: Bogotá – ein vom Wind durchblättertes BuchNein, die von mir entdeckten Steinsockelwaren keine Trümmerstücke aus jenemverbrannten Gebäude. Die mutmaßlicheLösung des Rätsels entdeckte ich nur einpaar Tage später durch einen merkwürdigenZufall im Pavillon des Lichts, einem kleinenBauwerk im neoklassizistischen Stil, dasim Parque de la Independencia steht, unterGummibäumen, Akazien und den schwindelerregendhohen Wachspalmen – Bäume,von denen manche sagen, sie seien älter alsdie Stadt selbst. Im Pavillon sind ein paarwenige Archivaufnahmen ausgestellt, vondenen mir eine recht unscharfe Schwarzweißfotografieins Auge fiel. Sie war währendder Abrissarbeiten an den vier Brunnengemacht worden, die es früher auf der PlazaBolívar gegeben hatte. Diese Brunnen wareneinst von Stufen, niedrigem Mauerwerkund Straßenlaternen umrahmt. In den Sockelndieser Laternen meinte ich die Steinquader zuerkennen, auf die ich auf dem Abraumgeländegestoßen war.Unscheinbare Zeichen zu entdecken und diedahinter verborgenen Geschichten zu erzählenbedeutet, die Seiten eines Buches mit der eigenenStimme zu füllen. Dies tun viele Einwohner derStadt. Manche davon sind in dem Netzwerk vonSchreibwerkstätten organisiert, das sich RELATAnennt und vom Kulturministerium unterstütztwird. In der Schreibwerkstatt „Stadtchroniken“,bei der ich zu Beginn meines Aufenthalts zu Gastwar, schreiben Autoren über Verfall und Sterbender Schulen im Stadtzentrum, berichten vomLeben der Bauern, die sich in Usme gegen diezunehmende Verstädterung der Region am Randvon Bogotá wehren und geben jenen Frauen eineStimme, die von der Prostitution leben.48

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