Rolf K. Wegst<strong>Labor</strong>arbeit <strong>im</strong> Marburger Zentrum <strong>für</strong> Synthetische Mikrobiologie zielt nicht nur darauf, biotische Phänomene besser zu verstehen als bisher.Besser als die NaturTobias Erbs Arbeitsgruppe opt<strong>im</strong>iert die Energiegewinnung.Kohlenstoff ist ein zentralesElement unseresPlaneten; er steckt inSed<strong>im</strong>enten und Gesteinen,fossilen Brennstoffen, inallen Lebewesen und natürlichin den Treibhausgasen Kohlendioxidund Methan. Zwischenall diesen Reservoirs herrschtein mehr oder minder reger Austausch,der häufig mit einer chemischenUmwandlung der kohlenstoffhaltigenVerbindungeneinhergeht – wie bei der Fixierungvon Kohlendioxid in Stärkewährend der Photosynthese.„Viele dieser Prozesse sindmikrobiell beeinflusst“, erklärtTobias Erb, seit kurzem Leiter einerunabhängigen Nachwuchsgruppeam Max-Planck-Institut<strong>für</strong> terrestrische Mikrobiologieund neues Mitglied be<strong>im</strong> MarburgerForschungszentrum„Synmikro“. „Mich interessiertdie elementare Biochemiedahinter: Wie entsteht aus unbelebtemKohlendioxid belebteMaterie?“„Kohlendioxid ist ein relativträges Molekül“, so Erb weiter.„Seine Fixierung“ – der Einbauin chemische Verbindungen –„ist deshalb ein energieaufwändigerProzess.“ Um diesenProzess anzustoßen, ist Aktivierungsenergieerforderlich, dievon Carboxylasen geliefert wird;so nennt man Enzyme, dieKohlendioxid (CO 2 ) in andereMoleküle einbauen. <strong>Die</strong> wohlbekannteste Carboxylase ist dieRibulose-1,5-bisphosphat-Carboxylase,kurz Rubisco, die inallen Pflanzen, aber auch vielenBakterien und Archaeen <strong>für</strong> dieCO 2 -Fixierung bei der Photosyntheseverantwortlich ist.Doch seit der Erstbeschreibungvon Rubisco in den 1950erJahren wurden noch sechs weitereStoffwechselwege entdeckt,die Kohlendioxid in Biomassefixieren – vier davon alleine inden letzten acht Jahren. An derjüngsten Entdeckung <strong>im</strong> Jahr2014 war auch Erb beteiligt.„Wir konnten zeigen, dass einebest<strong>im</strong>mte Gruppe marinerArchaeen, die Thaumarchaeota,<strong>im</strong> Laufe der Evolution eineneigenen Weg <strong>für</strong> die CO 2 -Fixierungin Anwesenheit von Sauerstoffentwickelt haben, und dassdieser Weg effizienter ist als diebisher bekannten Sauerstoff-unempfindlichenWege. <strong>Die</strong>se Erkenntnishat auch Relevanz <strong>für</strong>unser Verständnis des globalenKohlenstoffzyklus – <strong>im</strong>merhinsind die Thaumarchaeota diedritthäufigsten Mikroorganismenin den Ozeanen.“CO 2 -Fixierung passiertaber nicht nur <strong>im</strong> sogenanntenPr<strong>im</strong>ärstoffwechsel, der auf10
<strong>Die</strong> Erkenntnisse, die von den Forschenden gewonnen werden, sollen auch helfen, künstliche Bauteile <strong>für</strong> lebende Zellen zu entwickeln.die Erhaltung und Vermehrungvon Biomasse ausgerichtet istund den weitaus größten Teilder Stoffflüsse ausmacht; auch<strong>im</strong> Sekundärstoffwechsel, dembeispielsweise die Synthesevon Pigmenten, Alkaloiden undAntibiotika zugeordnet wird,wird Kohlendioxid aus der Luftgebunden und in Substrateeingebaut – nur dienen dieseSubstrate, anders als die beider Photosynthese entstehendeStärke, dann eben nicht als Energiespeicher.Dennoch hat sichin diesem Zusammenhang offenbarein besonders effizientesund schnelles CO 2 -fixierendesEnzym entwickelt: Vor einigenJahren entdeckte Erb <strong>im</strong> Stoffwechselvon Purpurbakterieneine Carboxylase, die zehn- bishundertmal effizienter ist als alleanderen bekannten Carboxylasen,also entsprechend mehrCO 2 -Moleküle pro Zeit undEnergieeinheit fixiert. „<strong>Die</strong>seEntdeckung war ein Zufall. Wirhatten ganz allgemein die Lebensweisevon Purpurbakte rienin ihrer Umwelt studiert undsind dabei auf diesen neuen TypCarboxylasen gestoßen: die re -duktiven Carboxylasen“, erzähltErb. „Heute wissen wir, dassreduktive Carboxylasen weitverbreitet sind undvor allem inBodenbakterienwie Streptomyceten einewichtigeRolle in derAnti biotikasynthesespielen“.An derEidgenössi schen TechnischenHoch schule Zürich(ETH), wo der Mikrobiologe biszum Januar eine Nach -wuchsgruppe leitete, untersuchteErb mit seinem Teamdann zunächst die Biochemieund Evolution dieser Enzyme.„Reduktive Carboxylasen sindM• SCHWERPUNKT •I K R O Bwahrscheinlich relativ spät <strong>im</strong>Laufe der Evolution aus einfachenReduktasen entstanden“,erläutert Erb. „Dabei haben sieeine kleine Tasche entwickelt,in der das Kohlendioxid gebundenund in räumliche Nähezum Substrat gebracht wird.“Mit seinen Mitarbeiternkonnte der Biologeaußerdem zeigen,was reduktiveCarboxylasen soeffizient macht:Mit Hilfe einesCofaktors bildendiese Enzyme ausihrem Substrat eineäußerst reaktive Zwischenstufe,die dann sehrschnell mit dem gebundenenKohlen dioxid reagiert.Doch warum hat sich dieseschnellste Reaktion <strong>im</strong> Sekundärstoffwechselentwickelt,warum sind die bisher beschriebenenKohlendioxid-fixierendenWege <strong>im</strong> Pr<strong>im</strong>ärstoffwechselI EI O L O Gnicht genauso effizient? „Dashat mit vielen Faktoren zu tun“,so Erb. „Der von der Rubisco katalysierteProzess zum Beispielist zwar langsam und kostet vielEnergie, aber andererseits ist dasEnzym sehr stabil. Und Pflanzensteht über das Sonnenlichtpraktisch unbegrenzt Energiezur Verfügung, sie können sicheinen teuren Stoffwechselwegleisten.“ Darüber hinaus spielt<strong>im</strong>mer auch die Entstehungsgeschichteeine Rolle, und damitletztlich der Zufall, welcheKomponenten in einer Zellezusammenkommen oder sichgemeinsam entwickeln. „Esgenügt schließlich nicht, einEnzym zu haben, man brauchtauch den ganzen Stoffwechselwegdrumherum“, betont Erb.Denn die reduktive Carboxylasefixiert zwar hocheffizient Kohlendioxidaus Luft, allerdings ineinem Produkt, mit dem die übrigenEnzyme der Photosynthesegar nichts anfangen können,11