D'HANDWIERK mars 2019
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
MAGAZINE<br />
THÉMATIQUE<br />
Redaktion: Claude François ■ Fotos: Lynn Theisen<br />
DAS KOMPETENZZENTRUM DIGITALT HANDWIERK<br />
„Wir setzen pragmatische<br />
Lösungen in den Mittelpunkt!“<br />
Das Handwerk muss sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen, und die Umstellung auf digital gesteuerte Prozesse<br />
mischt die Karten grundlegend neu. Das Mitte 2018 geschaffene Kompetenzzentrum „Digitalt Handwierk“ berät, begleitet und<br />
unterstützt die Betriebe auf ihrem Weg in die Digitalisierung.<br />
Prof. Dr. Marc Ant,<br />
geschäftsführender Direktor<br />
der Kompetenzzentren des<br />
Luxemburger Handwerks und<br />
Romain Schmit,<br />
Generalsekretär der Fédération<br />
des Artisans<br />
im Interview.<br />
„Wir schlagen den Unternehmen konkrete<br />
Konzepte vor, die alle Prozesse berücksichtigen<br />
und umsetzbar sind.“<br />
Marc Ant<br />
Das „Centre de Compétence Digitalt Handwierk“ ist<br />
das dritte Kompetenzzentrum, das die „Fédération<br />
des Artisans“ eingerichtet hat, nach den „Centres de<br />
Compétences Génie Technique du Bâtiment et Parachèvement“.<br />
In Zusammenarbeit mit dem gesamten Handwerksektor<br />
will das neue Kompetenzzentrum als dynamisches<br />
Gremium einen „methodischen und konzeptionellen<br />
Rahmen schaffen“, der es den Betrieben erlaubt, den digitalen<br />
Übergang zu erleichtern und zu beschleunigen.<br />
In folgenden Interview erläutern Prof. Dr. Marc Ant, der<br />
geschäftsführende Direktor der Kompetenzzentren des<br />
Luxemburger Handwerks, und Romain Schmit, der Generalsekretär<br />
der Fédération des Artisans, die Ausrichtung, die<br />
Möglichkeiten und die Ziele des neuen Kompetenzzentrums,<br />
dessen Büros bei den Kompetenzzentren angesiedelt sind.<br />
Herr Ant, wie definiert sich die Grundaufgabe des neuen<br />
Kompetenzzentrums?<br />
Marc Ant: Wir versuchen Betriebe zu identifizieren, die<br />
bei der Digitalisierung eine Unterstützung benötigen, und<br />
andererseits bemühen wir uns, Programme, Projekte und<br />
Finanzierungsmöglichkeiten zu finden, die zur Umsetzung<br />
der Digitalisierung in diesen Betrieben beitragen können.<br />
Am Anfang steht die Strategie eines Betriebes, dann kommen<br />
die Prozesse und dann die Umsetzung mit Hilfe der digitalen<br />
Möglichkeiten.<br />
Es geht grundsätzlich darum, einen Betrieb so aufzustellen,<br />
dass die Prozesse klar definiert und beschrieben werden und<br />
anschließend mit Hilfe angepasster Software und Hardware<br />
Optimierungspotenziale erreicht werden. Digitalisierung ist<br />
mehr als nur Computer kaufen und Software installieren -<br />
es ist eine Vision, wie ein gesamter Betrieb neu aufgestellt<br />
werden kann, wie Prozesse automatisiert, besser ablaufen<br />
und mit weniger Fehlern belastet werden. Die Optimierung<br />
der Produktionsprozesse trägt maßgeblich dazu bei, dass ein<br />
Betrieb sich wieder verstärkt seinen eigentlichen Aufgaben und<br />
Kernkompetenzen widmen kann, was zu einer verbesserten<br />
Produktivität führt.<br />
Wie werden die infrage kommenden Betriebe identifiziert?<br />
Marc Ant: Wir arbeiten derzeit vor allem proaktiv, denn die<br />
Betriebe ergreifen die Initiative bisher nur selten. Wir stehen<br />
ja noch am Anfang unseres Programms, in der Pilotphase.<br />
Wir haben aber einen guten Überblick von den Betrieben, die<br />
infrage kommen und Hilfe benötigen. Natürlich konzentrieren<br />
wir uns auf handwerkliche Betriebe, aber wir haben auch<br />
ein offenes Ohr für kleine und mittelständische Betriebe aus<br />
anderen Bereichen.<br />
In Luxemburg gibt es nicht wenige Betriebe, die die Digitalisierung<br />
längst vollzogen haben - die benötigen unsere Hilfe<br />
nicht. Auf der anderen Seite gibt es Unternehmen, die noch gar<br />
nicht soweit sind, dass wir überhaupt eingreifen könnten.<br />
Eine wichtige Voraussetzung ist die Bereitschaft eines<br />
Firmenleiters, sich mit der Umstellung auf digitale Prozesse zu<br />
beschäftigen. Es nützt nichts, wenn jemand nicht bereit ist.<br />
Wie auch bei den beiden anderen Programmen benötigen<br />
wir aber einige Leader, die andere dazu bewegen, mitzuziehen.<br />
Wie geht das Kompetenzzentrum Digitalt Handwierk konkret<br />
vor?<br />
Marc Ant: Wir setzen jeweils pragmatische Lösungen in<br />
den Mittelpunkt. Es ist überhaupt nicht unser Anliegen,<br />
theoretische Diskurse zu führen oder abstrakte Überlegungen<br />
zu formulieren - dafür besucht man Vorlesungen in<br />
Universitäten.<br />
Wir schlagen den Unternehmen vielmehr konkrete Konzepte<br />
vor, die alle Prozesse berücksichtigen und umsetzbar sind.<br />
Wenn ein Unternehmen komplexere Strukturen einführen will,<br />
dann sind wir auch gern beratend zur Stelle. Wir kommen aber<br />
nicht mit genrefremden Angeboten: wir müssen ihnen helfen,<br />
sich auf ihren eigenen Gebieten zu entwickeln.<br />
Unsere Beratung vollzieht sich auf verschiedenen Ebenen,<br />
und zuweilen dauert es lange, bis jemand sich konkret mit den<br />
Herausforderungen und Möglichkeiten der Digitalisierung in<br />
diesem Betrieb beschäftigt.Wir knüpfen die ersten Kontakte,<br />
und unsere Leute sind keine Informatiker, sondern Experten in<br />
Strategie und Prozeduren, Prozessmanager. Es sind Leute mit<br />
Erfahrung, die zuhören, die sich Betriebe anschauen,<br />
um herauszufinden, wie sie organisiert und aufgestellt sind.<br />
Ich persönlich bin Organisationspsychologe, und meine<br />
Aufgabe ist es, das Verhalten der Leute in einem Betrieb zu<br />
begutachten und einzuordnen.<br />
Haben die Firmenleiter ein offenes Ohr für Ihre Vorschläge?<br />
Marc Ant: Es hat sich gezeigt, dass die Betriebe unsere Hilfe<br />
benötigen, aber auch, dass wir viel Überzeugungsarbeit leisten<br />
müssen - im Grunde helfen wir den Betrieben, über sich selbst<br />
nachzudenken. Wir fragen sie, was sie eigentlich tun.<br />
Und warum sie es so tun. Was ihr Betrieb eigentlich ist. Und<br />
/03/<strong>2019</strong><br />
42 43