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Titelthema: Dachschildkröten

TitelthemaPangshura

TitelthemaPangshura tecta kann man als Reisender in Bangladesch häufig in ruhigen Wassern beim Sonnen beobachten; hier mehrereExemplare im Uferbereich eines Flussesjenes von „Kachuga tecta tecta“ besonders auf. Dazu schriebder Autor: „Es ist wohl nicht übertrieben, was Apartheitder Form und Farbe betrifft, sie als eine der schönsten undanziehendsten Schildkröten zu bezeichnen, die jemals inGefangenschaft gehalten worden ist. An Farbigkeit übertrifftsie sogar die amerikanischen Schmuckschildkröten“.Und Pritchard (1979) schreibt: „Die generelle Form erinnertstark an die amerikanischen Sägerückenschildkröten(Graptemys)“.Beschreibung: „Der oft wundervoll satt-moosgrüne Rückenpanzersteigt, beim Männchen noch mehr als beimWeibchen, von den Seiten her dachförmig zu einem Firstan. Ein höckeriger Kiel zieht in der Mitte des Rückenpanzersvon vorn nach hinten und endet am höchstenPunkt mit einem deutlich vorspringenden, fast spornartigenHöcker. Dieser Kiel bietet mit seiner herrlich rotenFärbung und schwarzen Einfassung einen prachtvollenAnblick“ (Jahn 1995). Plastron und Brücke sind gelb,mit mindestens zwei schwarzen länglichen Flecken anjedem Schild; die Kehlschilde haben nur einen Fleck.Nacken schwarz, mit vielen gelben Streifen, Kiefer gelb.Rote maskenartige Zeichnung hinter den Augen. Pangshuratecta unterscheidet sich von P. tentoria, die früherals Unterart von Ersterer geführt wurde, dadurch, dassP. tecta an der Oberseite des Kopfes dunkel gefärbt ist,am Hals deutliche Längsstreifen zeigt, und dadurch,dass der zweite Wirbelschild (Vertebrale) meist längerals der dritte ist. Die zarten und schlanken Männchenerreichen kaum 9 cm CL, die massigeren Weibchen hingegenbis zu 23 cm CL.Vorkommen: Pakistan, Indien und Bangladesch in denFlusssystemen der großen Flüsse Indus, Ganges, Brahmaputraund Meghna, ebenso im südlichen Nepal. Besiedeltaber auch jede stehende Wasseransammlung, die genugNahrung bietet und der Sonne zugewandt ist.Lebensraum: Die Art liebt ruhiges Wasser mit weichenBöden und vielen Wasserpflanzen. Auf unseren langenAutofahrten in Bangladesch haben wir P. tecta in jedem beliebigenGewässer beim Sonnen gesehen, selbst in trübenTeichen am Rand von Dörfern.Nahrung: Männchen und Jungtiere ernähren sich vornehmlichcarnivor, die Weibchen hingegen überwiegendherbivor; es werden aber gerne auch Krebse, Garnelen,Käfer und Insekten verzehrt.Reproduktion: Weibchen von Pangshura tecta werden mit16–17,5 cm CL geschlechtsreif und produzieren mehrereGelege pro Jahr. Hossain & Sarker (1995) erkannten eineEiablageperiode von Anfang Dezember bis Mitte Jännerund eine zweite von Mitte Februar bis Ende März. Andereberichten vom Beginn der Eiablagen in Pakistan und Indienbereits im Oktober. Weibchen mit 500–750 g Gewichtlegten in einem Jahr 14–26 Eier in zwei Gelegen; 9–15 Eierim ersten Gelege, 7–11 im zweiten. Die Eigrößen geben siemit durchschnittlich 50–51 x 20–21 mm und 10,4–10,9 g Gewichtan; das bezweifle ich, ihre Größe beträgt üblicherweise40–45 x 26–29 mm. Nach 15 Tagen der Eizeitigungbei 27–30 °C erkannten die genannten Autoren Blutgefäße,nach 40 Tagen Bewegungen im Ei, und nach 71 Tagenschlüpften die ersten Jungtiere bei einer Erfolgsquote von33,3 %.Gefährdung: Vor gut 50 Jahren war die Art besondersdurch zwei Gefahren offensichtlich in ihrem Bestand bedroht:durch Fang für den menschlichen Verzehr durch dieEinheimischen und für den nationalen und internationalenHandel. Um Letzterem entgegenzuwirken, wurde sie 1976auf CITES Anhang I gesetzt. Bis dahin galten die hübschen26

TitelthemaTiere im In- und Ausland als begehrte Pflegeobjekte. „Erfreulichist, dass die Tiere nicht zu Krankheiten, insbesondereMangelerkrankungen wie Knochenweiche, neigen“(Klingelhöffer 1959).Laut Moll (1984) bestand die Einstufung der Art in AnhangI des Washingtoner Artenschutzübereinkommens(WA) nicht zu Recht. Sie wurde aber erstaunenswerterWeise nie zurückgenommen und hat daher bis heute ihreGültigkeit. Es stellt den damaligen Pflegern von P. tectakein gutes Zeugnis aus, dass in wenigen Jahren nach demImportstopp 1976 P. tecta in Europa und Amerika aus denAquarien verschwunden war. Reimann & Philippen (1996)schrieben: „Heute gehören die Angehörigen der GattungKachuga (mit Ausnahme von Kachuga smithii) zu den besonderenKostbarkeiten eines jeden Schildkrötenpflegers undsind nur noch in wenigen Exemplaren in Europa vertreten“.Heute, wieder 25 Jahre später, kann man diese Behauptungruhig auch auf P. smithii ausdehnen. Die Wünsche der Liebhaberkönnen nur durch Nachzuchten erfüllt werden.So sehr sich die Aufnahme von P. tecta in CITES-Anhang Iauf die Bestände in den Aquaterrarien des Westens wieerwähnt ausgewirkt hat, so sehr blieb der Handel inAsien davon völlig unbeeindruckt. Wir haben die Artüberraschenderweise auf Märkten in Süd-China undin Hongkong lebend bzw. halbtot angetroffen. Chen etal. (2009) berichten, dass sie P. tecta und P. smithii aufMärkten in Taiwan vorgefunden haben! Wir haben inden Jahren 1991 bis 2015 Bangladesch wiederholt kreuzweisedurchreist, und auf jedem der zahlreichen Märkte,bei Großhändlern oder Privatverkäufern fanden wirP. tecta neben Lissemys punctata andersonii als die am häufigstenangebotene Schildkrötenart! Allerdings wegen derGröße ausschließlich Weibchen, aber die in jeder Form:lebend, tot, aufgeschnitten, tranchiert, zerlegt, oder nurihre Eier oder leeren Panzerteile. Noch etwa um das Jahr2000 wurden Männchen und Jungtiere in Tierhandlungenin Dhaka massenweise verkauft; vielfach als Kinderspielzeug.Diese Art scheint demnach ein unglaublichesReproduktionspotential zu haben und auch heute nochkeinesfalls selten zu sein. Dennoch wurde diese Art 2021auf Roten Liste der IUCN als „gefährdet“ (vulnerable)eingestuft (Ahmed et al. 2021), als Hauptgefährdung wirdder immer noch anhaltende Fang für die lokalen Märkteangegeben.Wermuth (1954) erhielt 1952 ein Tier von Mertens, dasdieser von einer Reise nach Pakistan mitgebracht hatte. Erhebt ihre Farbenpracht hervor, erwähnt ihre Seltenheit imHandel und bezeichnete die Art als keinesfalls heikel in derHaltung.Haltung: In der Folge seien drei erfreuliche Ausnahmen inForm von Nachzuchterfolgen in der europäischen Haltungnäher vorgestellt:Männchen von Pangshura tecta sind an Zeichnung und Farbenpracht kaum zu überbieten Foto V. Inffeld27

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