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Titelthema: Dachschildkröten

Natur- und

Natur- und ArtenschutzLebensraum von Mauereidechsen an den Ufern der ErlauEine DiskussionBei der Akzeptanz und dem Umgang mit nicht einheimischenMauereidechsen scheiden sich die Geister. Sie werdeneinerseits als Bereicherung oder zumindest als tolerabel angesehen.Andererseits wird eine Gefährdung einheimischerArten und Ökosysteme vermutet.Thiesmeier (2022) hat die wesentlichsten Argumente „gegenund für“ allochthone Mauereidechsen zusammengestelltund diskutiert. Eine Gefahr der Beeinträchtigung andererArten und von Ökosystemen durch gebietsfremde Mauereidechsenwird vor allem von Blanke & Lorenz (2019)gesehen, sowie auch von Blanke & Schulte (2022):• Da sich alle genetischen Linien der Mauereidechse untereinanderuneingeschränkt kreuzen können, ist beiHybridisierungen der Verlust von Allelen möglich; dieskann zu einer Verdrängung von einheimischen genetischenLinien durch Vermischung mit anderen genetischenLinien führen; durch ungünstige Konstellationen könntees daher zum Zusammenbruch der Populationen kommenoder einer besonderen Invasivität der Hybriden.• Räumliche Verdrängung der Zauneidechse oder derWaldeidechse.• Prädation von jungen Smaragd-, Zaun- oder Waldeidechsendurch adulte Mauereidechsen.• Übertragung von Krankheiten und Parasiten.• Schädigung der Biozönose z. B. durch Prädation von seltenenInsekten.Als Konsequenz wird in Niedersachsen vorgeschlagen, sie wieeine invasive Art der Verordnung (EU) „Nr. 1143/2014 überdie Prävention und das Management der Einbringung undAusbreitung invasiver gebietsfremder Arten“ zu behandeln.Als „invasiv“ im Sinn dieser Verordnung werden gebietsfremdeArten angesehen, die Gefährdungen für einheimischeArten oder Ökosysteme zur Folge haben. Diese Arten müsstendaher bekämpft und ihre Ausbreitung verhindert werden.Für die Praxis werden im Umgang mit gebietsfremden Mauereidechsendaher verschiedene Empfehlungen gemacht. Hierdie Wesentlichsten:• Keine Schutzmaßnahmen für und keine Umsiedlungen vonnicht heimischen Mauereidechsen,• Gestaltung im Siedlungsraum: möglichst keine Trockenmauern,keine Gabionen, keine Steinhaufen,• keine Aufwertung von Mauereidechsenlebensräumen (etwaSchaffung von Eiablageplätzen durch offene Böschungen),68

Natur- und ArtenschutzWindwurf und Einhiebe wegen des Borkenkäfers haben in den Donauleiten zur Erweiterung von Lebensräumen geführt;hier ein Habitat, in dem neben der Mauereidechse noch Smaragdeidechse, Schlingnatter und Äskulapnatter vorkommen• Schaffung von Ausbreitungsbarrieren, soweit andereseltene Arten (z. B. Zauneidechse) gefährdet erscheinen.Zum Schluss schreiben Schulte & Blanke (2022) aber auch:„Diese Empfehlungen für den Umgang mit nichtheimischenMauereidechsen sind im Einzelfall mit den Ansprüchengeschützter Arten und anderen Belangen des Naturschutzesund der Landschaftspflege abzuwägen.“Bei Thiesmeier (2022), Niedrist et al. (2020), Frühling et al.(2022) und Gremlica (2020) finden sich Argumente gegendie Bedenken, die zusammengefasst hier in der Reihung deroben genannten Gefährdungen dargestellt werden:• Eine Hybridisierung kann auch zu einer Erhöhung dergenetischen Vielfalt beitragen. Dies könnte zu einerbesseren Anpassung an die sich ändernden Umweltbedingungen,hier insbesondere dem Klima, führen; auchwerden noch auffallend strukturarme Lebensräumebesiedelt; insgesamt könnte sich das auf der Art-Ebenepositiv auswirken.• Es ist möglich, dass bei gemeinsamen Vorkommen dieDichte von Zauneidechsen zugunsten der Mauereidechsesinkt, neuere Untersuchungen belegen aber auch einestabile Koexistenz beider Arten.• Unterschiedliche Habitatpräferenzen von Mauer-, Smaragd-,Zaun- und Waldeidechse bergen großräumlichbetrachtet nur eine geringe Wahrscheinlichkeit vonÜberlappungen; lediglich in linearen, kleinflächigen undwenig strukturierten Lebensräumen kann eine Konkurrenzbeziehungfür die Zauneidechse negativ ausgehen.• Es gibt nur einzelne Beobachtungen (Fotos) der Prädationvon anderen Reptilien, aber keine Belege für negativeAuswirkungen auf die Populationen anderer Arten; auchzur Beeinträchtigung von Ökosystemen gibt es keineHinweise.• Wichtige Nahrung für Schlingnatter, Falken etc. als eine häufige,tagaktive Beute in dieser Größenklasse. Vielleicht könnenJungtiere sogar Ersatz für Großinsekten als Beute sein.Zu genetischen Linien der Mauereidechse, Hybridisierungenund zur Art-Ebene gibt es verschiedene Betrachtungsweisen.Ein derzeit verpflichtender, aber eher statischer Ansatz siehtden Erhalt der genetischen Vielfalt vor, wie er in der Biodiversitätskonvention(Übereinkommen über die biologische69

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