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Radiata 8 (1) Tagungsjournal

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Schildkrötenfang in

Schildkrötenfang in Georgia Jo Guntermann lm Sommer 1996 hatte ich die Gelegenheit, professionelle Schildkrötenfänger in GeorgiazweiTage lang auf ihren Touren zu begleiten, Mirwarvon vornherein klar, dass ich während dieser Tage nicht nur Biotope kennenlernen würde, sondern auch einen für mich eher befremdlichen Umgang mit Schildkröten. Meine Enrvartungen wurden im vollen Umfang bestätigt. Die Jagd anf Stisswasser- Schildkröten ist in Georgia an eine entsprechende Lizenz gebunden (cornmercial fishing license). Während die erlaubten Jagdmethoden für andere US - Bundesstaaten aufgelistet sind, ist dies für Georgia nicht der Fall. (LEVELL, 1995) Immerhin gibt es in wenigen Bundesstaaten eine Diskussion über die Zulassung einer Jagd auf Schnappschildkröten mit entsprechend beköderten Angelhaken. In einer Reihe von Staaten ist dies allerdings eine ausdrücklich als legal aus gewiesene Jagdmethode. Die von mir begleiteten Schildkrötenftinger arbeiten mit Reusen, wie sich auch bei CONANT 1958 beschrieben sind. Da tote Schildkröten ftir die Fänger wertlos sind, wird stets darauf geachtet, dass ein kleiner Teil der Reuse oberhalb der Wasseroberfläche liegt. Als Köder dienen etwa faustgroße Stticke von karpfenartigen Fischen, die rnittels Fleischerhaken arn Reusenboden befestigt werden. Die geruchliche Penetranz dieser Köder ist so erheblich, dass ich rnich nach den beiden Touren von einigen stark durchhankten Kleidungsstticken trennen musste. Entsprechend ist allerdings auch die Lockwirkung auf Schildkröten unter Wasser. In den täglich kontrollierten Reusen befinden sich überwiegend Schnappsclrildkröten (C h e ly dra s erpent in a) und Schrnuckschildkoten (Trachemys, Pseudemys), seltener Nloschusschildköten (Sternotherus m.ntinor) und Schlamrnsclrildkröten (Kinostemon s. subntbrum), vereinzelt auch Florida Clrickens (Deirochelys reticularia). Wilrrend die letzten drei Arten ehvas vorsichtiger behandelt werden, weil die rnittelfristig in den US- Heimtiermarkt gelangen sollen, ist das Schicksal der erstgenannten Arten kurzfristig düsterer: Schnappschildkröten sind Fleischlieferanten, die eher in Gewichtseinheiten als in Stückzahlen gehandelt werden. Die Schrnuckschildkröten gelangen über Louisiana zum Yerzehr nach Hongkong und in andere Metropolen Südostasiens. Der in den USA erzielbare Sttickpreis für eine erwachsene Trachemys/Pseudemys ist I USD, wäluend in Asien dafür bis 25 USD bezahlt werden. Die l'rauer, die die Schildkrötenflinger wegen dieser unerreichbaren Profitrate befüllt, dtirfte durch die enormen Fangmengen kompensiert werden. Bis auf ktirzere Frostperioden irn Winter ist eine tägliche Fangquote von 250-350 erwachsene Chrysemys normal. Mir wurde auch 26 Journal AG Schildkröten B ('l) Mäz 1999

\,on Spitzenllingen von 2000 Tieren an :rnzelnen Tagen berichtet. Dann seien Cie Hälterungsbecken derart gefiillt, lass flir Wasser kaurn noch Platz sei, berichteten die Fänger stolz. Die un- .,orstellbar großen Sumpfflächen beherbergen offenbar entsprechende \lengen an Schildkröten. Da diese Gebiete aber nur zum Teil zugänglich t der urit dern Kanu zu befahren sind, ist der Fang in Bervässerungsteichen rnnerhalb riesiger Plantagen lukrativer. Die Farmer möchten neben dem Gmndrecht auch das Fischereirecht uber diese Teiche nicht unbedingt * ahrnehmen, aber zumindest wahren. Sre fuhlen sich durch die bloße Anwesenheit der Schildkröten gestört, weil sie vennuten, dass diese ihnen den gesamten in den Teichen befindlichen Fischbestand wegfressen. Da die Murition auf Dauer zu teuer würde, um auf Schildkröten irn Sonnenbad zu schießen, werden die Schildkrotenftinger gerufen, wie Schädlingsbeseitiger. Diese wissen zwar sehr genau, dass die von den Fannern so gehassten Tiere ubenviegend Pflanzen fressen, wtirden dies aber aus ,,grrtem" Grund ihren Auftraggebern nie rnitteilen. Einerseits wird durch den Fang und Export von US-Schildkröten nach Asien der dortige Hunger nach symbolrrächtigern Fleisch ein wenig gestillt, rielleicht auch zusätzlich angeheizt. Anderseits hat der geringftigigere Verzehr von Schildkröten in Nordamerika eine indianische Tradition, die von den eruopäischen Siedlern gern aufgegriffen worden ist. (LAMME, 1983) Außer den genannten Arten lverden nach wir vor in den Südstaaten auch bedrohte und geftihrdete Schildkrötenarten verzehrt. An Suwannee-River erzählte mir ein State-Park-Ranger, dass die Goplrer-Schil dkröte (Gopherus polyphemus) auch heute noch als ,,Hoover-Chicken" bezeichnet und genutzt werde. Hoover hatte, bevor er US-Präsident wurde, als Organisator der arnerikanischen Lebensmittelversorgung allen US-Bürgern jeden Tag ein Huhn im Topf versprochen. Wie es mit manchen Versprechen so ist, war auch dieses nicht haltbar, also bedienten (oder bedienen) sich die Menschen in der Natur. Die Jagd auf Alligator-Schnappschildkröten (Macroclentmys temminkki) z'x Fleischgewinnung dtü:fte irnmer noch andauern. Von mir inspizierte, gefriergekülilte Schädel dieser Tiere, die angeblich in den siebziger Jaluen getötet worden sein sollten, dürften deutlich jüngeren Datums gewesen sein. Wenngleich bei den Schildkrötenfängern vielleicht tatsächlich die Einsicht besteht, dass die Jagd auf Macroclemmys kaum einen fleischwirtschaftlichen Nutzen bringt, werden täglich säckeweise Schmuckschildkröten abgeerntet. Die kaum beweisbare, von mir aber mehrfach gehörte Behauptung, dass nämlich rveibliche Schmuckschildkröten vor ilrern transpazifischen Marsch in den Kochtopf noch einrnal in ,,Zuchtfannen" Eier legen dürfen, betrifft uns Schildkrötenliebhaber im weiteren Sinn schon eher. Ich gehe davon aus, dass wir alle niclrt an dern enormen Zustrom von nordamerikanischen Babyschildkröten interessiert sind und diesen aus Tierschutzgründen eher ablehnen . Es werden aber ernsthafte Schildkrötenliebhaber solange mit Konsurnenten l/ärz 1999 JournalAG Schiidkroten B (1) 27

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