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Simbacher Anzeiger Heimatseiten - Zunftzeichen

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15. Mai 2020<br />

<strong>Simbacher</strong> <strong>Anzeiger</strong><br />

Simbachs Haus- und <strong>Zunftzeichen</strong><br />

von Walter Geiring<br />

Nr. 11/2020<br />

Siegfried Zottmeier hat sich auf<br />

Spurensuche begeben und die<br />

noch vorhandenen Haus- und<br />

<strong>Zunftzeichen</strong> in der Innstadt gesucht<br />

und dokumentiert. Unter<br />

Hauszeichen versteht man ein Eigentumszeichen,<br />

das außen an<br />

Häusern und Gebäuden angebracht<br />

wurde, erläutert Zottmaier.<br />

Es gab aber auch <strong>Zunftzeichen</strong>.<br />

Im Mittelalter symbolisierten die<br />

Zünfte ihr Berufs- und Gemeinschaftsverständnis<br />

in Form von<br />

<strong>Zunftzeichen</strong>. Dabei wurden diese<br />

Zeichen auch teilweise von<br />

einem Wappenschild umgeben.<br />

Die Zeichen hatten nicht nur eine<br />

Bedeutung für das Verständnis<br />

der jeweiligen Zunft nach innen,<br />

sondern dienten als Werbung<br />

oder als Zeichen für des Lesens<br />

nicht mächtige oder unterschiedlich<br />

mehrsprachige Bevölkerungsgruppen,<br />

ergänzt der <strong>Simbacher</strong>.<br />

Ursprünglich handelt es sich<br />

bei den Hauszeichen um einfache<br />

grafische Ritzsymbole, deren Vergangenheit<br />

sich bis in die vorgeschichtliche<br />

Zeit zurückverfolgen<br />

lassen. Durch das Hauszeichen<br />

fand eine klare Familienzuordnung<br />

statt, das Symbol wurde innerhalb<br />

der Familie weitergeben.<br />

Die ersten Berührungspunkte mit<br />

einem <strong>Zunftzeichen</strong> hatte der Ingenieur<br />

im Jahr 2005, als er in der<br />

Passauer Straße 2 zwei dieser besonderen<br />

Zeichen entdeckte. Die<br />

Familienzeichen befand sich am<br />

Haus des ehemaligen Buchbinders<br />

Albert Seidl (1881 bis 1960).<br />

Eine Tafel trägt die Inschrift „Seit<br />

1876 - Albert Seidl“ und die andere<br />

„Arbeit ADELT“, beide Tafeln<br />

enthalten jeweils auch ein <strong>Zunftzeichen</strong><br />

und wurden signiert. Ein<br />

wappenförmiges <strong>Zunftzeichen</strong><br />

stellt drei gekreuzte Werkzeuge<br />

über einer Buchpresse dar, das<br />

andere einen Hammer mit einer<br />

Eichel und dem Blatt einer Eiche.<br />

Seidl war unmittelbar nach dem<br />

Krieg erster demokratisch<br />

gewählter<br />

Bürgermeister<br />

Simbachs<br />

sowie Ehrenringträger<br />

und<br />

seit 1952 auch<br />

Ehrenbürger der<br />

Stadt.<br />

Nach Zottmaiers<br />

Informationen<br />

hatte das<br />

Haus mehrmals<br />

den Besitzer gewechselt<br />

und war<br />

mittlerweile in die<br />

Jahre gekommen.<br />

Der Außenputz bröckelte<br />

und die angebrachten<br />

historisch wertvollen<br />

künstlerischen <strong>Zunftzeichen</strong><br />

drohten abzustürzen. Kurzerhand<br />

kaufte der <strong>Simbacher</strong><br />

die beiden Hausmarken von dem<br />

damaligen Besitzer und nahm sie<br />

in Gewahrsam. Doch was sollte<br />

nun damit geschehen? In Absprache<br />

mit dem Fördervereinsvorsitzenden<br />

des Heimatmuseums<br />

Richard Findl und Architekt Otto<br />

Grimm (†) versuchte man, im Heimatmuseum<br />

einen Platz zu finden,<br />

um die beiden Tafeln als<br />

Dauerleihgabe einzubringen, beschreibt<br />

Zottmaier das weitere<br />

Vorgehen, der selbst im Arbeitskreis<br />

des Heimatmuseums tätig<br />

ist. Auch wenn es lange dauerte<br />

Hauszeichen:<br />

Werbung die jeder<br />

verstand<br />

und durch die Jahrtausendflut im<br />

Jahr 2016 nochmals eine Verzögerung<br />

eintrat, so wurde im Rahmen<br />

der Neugestaltung verschiedener<br />

Abteilungen im Museum<br />

für die beiden Hausmarken ein<br />

würdiger Platz gefunden. Bei der<br />

offiziellen Wiedereröffnung am<br />

29. Oktober 2019 konnten nun die<br />

beiden <strong>Zunftzeichen</strong> auch einem<br />

breiten Publikum präsentiert werden.<br />

Solide befestigt befinden sie<br />

sich nun neben der Schautafel<br />

„Ziegel Scheiblhuber“.<br />

Eine zusätzliche Besonderheit<br />

gibt es aber noch. Die Sandsteinplatten<br />

wurden nämlich von dem<br />

in Simbach im Jahr 1876 geborenen<br />

Bildhauer Martin Ambach gestaltet<br />

und signiert. Drei weitere<br />

Hauszeichen Ambachs existieren<br />

noch im Stadtgebiet an den ursprünglichen<br />

Hauseingängen. So<br />

zum Beispiel am Eingang der früheren<br />

Bäckerei Wörle am Stachus.<br />

Hier lautet der Text der Tafel „Seit<br />

1826 - Kaspar Wörle“ und ist mit<br />

entsprechenden Abbildungen einer<br />

Breze und Ähren versehen. Eine<br />

weitere Tafel ist in der Pfarr­<br />

kirchner Straße über dem<br />

Hauseingang des Gasthauses<br />

Göttler zu finden. Die Aufschrift<br />

zeigt hier den Text „Weissbier<br />

Brauerei Göttler - A. 1885 D.“ und<br />

ist mit einigen Brauutensilien umgeben.<br />

Das letzte der fünf noch in<br />

Simbach vorhandenen <strong>Zunftzeichen</strong><br />

befindet sich am Hauseingang<br />

der Holzhandlung von Georg<br />

Eiblmeier in Obersimbach. Zu<br />

lesen ist hier der Text: „Js. Georg<br />

Eiblmeier - A. D. 1586“. Die Abbildung<br />

zeigt die Wagnerzunft. Vor<br />

allem im Mittelalter baute und reparierte<br />

der Wagner Räder, Fuhrwerke,<br />

Karren und Erntemaschinen<br />

aus Holz.<br />

Der Bildhauer Martin Ambach<br />

hat in Simbach aber noch weitere<br />

Spuren hinterlassen. 1929 fertigte<br />

er den Löwen für das Kriegerdenkmal<br />

am Kirchenplatz, erst<br />

danach wurde das Monument in<br />

weiten Teilen so vollendet, wie<br />

wir es heute kennen. Der Unterbau<br />

mit den Namenstafeln wurde<br />

als Denkmal bereits im Jahr 1923<br />

nach einem Entwurf des <strong>Simbacher</strong><br />

Architekten Arnulf Albinger<br />

(1892 bis 1973) ausgeführt. Nach<br />

dem Tod von Bürgermeister Franz<br />

Eisenreiter (1862 bis 1948) gestaltete<br />

er die Grabstätte auf dem<br />

<strong>Simbacher</strong> Friedhof. Die großen<br />

Figuren bestehen aus gelbem<br />

Sandstein. Dargestellt sind neben<br />

Jesus am Kreuz die Trauernden<br />

Maria und Johannes. Auch diese<br />

Arbeit wurde von dem Bildhauer<br />

signiert. Martin Ambach starb<br />

1964 in Mannheim.<br />

Auch Architekt Arnulf Albinger<br />

zeigte seine künstlerische Begabung<br />

und hinterließ seine Spuren.<br />

So steuerte er vier eindrucksvolle<br />

Holzschnitte und Radierungen<br />

bei der Herausgabe der <strong>Simbacher</strong><br />

Heimatmappe im Jahr 1921<br />

bei. In den 1920er Jahren plante<br />

er das Bukenhofer-Haus in der<br />

Inn straße, das durch seine fein<br />

gegliederte Architektur besticht.<br />

Bemerkenswert ist hier das eiserne<br />

Balkongeländer zur Innstraße<br />

hin. Es trägt aus Eisenplatten<br />

gefertigt den Namenszug „Wilhelm<br />

Bukenhofer“. 1958 folgen<br />

Eingabepläne für das Geschäftshaus<br />

Hellmannsberger am Kirchenplatz,<br />

Privathäuser und Gartenanlagen.<br />

Die beiden Künstler Albinger<br />

und Ambach wurden in der Sonderaustellung<br />

„Von Zürn bis Albinger“<br />

im Jahr 2005 für ihre Arbeiten<br />

gewürdigt. Aktuell sind in Simbach<br />

nur fünf Hauszeichen Ambachs<br />

bekannt, wer darüber hinaus<br />

noch eine Hausmarke oder<br />

ein <strong>Zunftzeichen</strong> des Bildhauers<br />

über dem Hauseingang besitzt,<br />

kann sich jederzeit in der Lokal-<br />

Redaktion der PNP melden.<br />

Siegfried Zottmaier begab sich auf<br />

Spurensuche<br />

Fotos: Geiring

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