Gemeindebrief März-Mai-2016
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Neues aus dem Regenbogenland<br />
20<br />
LERNFELD GESELLSCHAFTSSPIELE<br />
Vier Kinder sitzen am Tisch und spielen Mensch –<br />
ärgere – dich – nicht. Die Kinder haben das Spiel schon<br />
häufig gespielt. Sie kennen die Spielregeln. Und dennoch.<br />
Es gibt ständig Streit. Es mag einfach nicht so recht<br />
gelingen. „Der pfuscht!“ „Die würfelt nicht richtig!“,<br />
lauten die gegenseitigen Vorwürfe. Die Erzieherin setzt<br />
sich dazu. Schon kehrt Ruhe ein. Einige erklärende<br />
Worte fallen, und das Spiel kann fortgesetzt werden.<br />
Die Regeln werden eingehalten. Die Erzieherin achtet<br />
darauf.<br />
Ein Kind ist dabei, das wird ständig rausgeschmissen. Ein<br />
anderes würfelt keine 6 und kommt erst gar nicht aus<br />
dem Loch heraus. Da wird die Frustrationstoleranz auf<br />
eine harte Probe gestellt. Es ist gar nicht so einfach, sich<br />
nicht zu ärgern, wenn nichts funktioniert.<br />
Ein Spielstein hat es fast bis zum Ziel geschafft – bis zu<br />
seinem Rauswurf. Das kommt bei vier Mitspielerinnen<br />
und Mitspielern nicht gerade selten vor. Das Spiel<br />
beginnt sich in die Länge zu ziehen. Geduld, Ausdauer<br />
und Durchhaltevermögen werden strapaziert. Konzentrationsfehler<br />
treten vermehrt auf. Es wird nicht mehr<br />
richtig gezählt. Keine(r) passt auf, wann er/sie an der<br />
Reihe ist. Die Erzieherin stellt eine wachsende Unruhe<br />
und mangelnde Spielfreude fest. Dabei ist gerade der<br />
Spaß am Spiel so wichtig. Die Erzieherin schlägt vor, von<br />
dem Vorsatz alle vier Spielsteine ins Ziel zu bringen<br />
abzuweichen und sich nur mit einem Stein im Ziel zu<br />
begnügen. Der Vorschlag wird angenommen. Nun ist ein<br />
Ende absehbar. Der erste Stein hat sein Ziel erreicht –<br />
und jetzt kann neu entschieden werden. „Wer hört<br />
auf?“ „Wer möchte weiter spielen?“ „Wer möchte<br />
einsteigen?“<br />
Eine alltägliche Situation im Kindergarten. Kinder<br />
lernen jeden Tag – und sie lernen durch Spiele - auch<br />
durch Gesellschaftsspiele. Dabei geht es nicht nur um<br />
den Erwerb von den bereits erwähnten Fähigkeiten:<br />
Frustrationstoleranz, Geduld, Ausdauer, Durchhaltevermögen<br />
und Konzentrationsfähigkeit, sondern es<br />
werden Begriffe eingeführt, Farben und Formen<br />
werden gelernt und ein Verständnis für Zahlen und<br />
Mengen wird trainiert. Gefühle und Wünsche können<br />
unter der Berücksichtigung der Wünsche und Bedürfnisse<br />
anderer geäußert werden. Und ganz wesentlich:<br />
Der Spaß darf nicht fehlen. Eine witzige Bemerkung hier,<br />
ein passender Zuspruch da, kann dabei sehr hilfreich<br />
sein. Und fördert die Entwicklung emotionaler und<br />
sozialer Kompetenz. Fähigkeiten, die nicht angeboren<br />
sind sondern erlernt werden. Es ist daher nicht selbstverständlich,<br />
dass Kinder, auch wenn sie ein Spiel<br />
kennen, das auch alleine spielen können. Damit das<br />
gelingen kann, brauchen sie uns Erwachsene – uns<br />
Eltern, Lehrer und Erzieher. Als Vorbilder und Helfer<br />
für ein Lernen mit Spaß. Und ganz wichtig: Es braucht<br />
auch Zeit und Ruhe. Zwischen Hausputz und Frisörtermin<br />
noch mal kurz eine Runde Würfelspiel, könnte zu<br />
einem eher unbefriedigendem Ergebnis führen – für alle<br />
Beteiligten.<br />
Beate Reusch