Fränkische Schule 02_03/2011 - BLLV

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Schul- und Bildungspolitik Bayerisches Schulwesen hat noch viele „Baustellen“ Klaus Wenzel sprach in Hochfranken: „Taugt das für übermorgen?“ Die bayerische Staatsregierung lässt ehrgeizigen bildungspolitischen Worten zu wenige finanzielle Taten folgen. Dies beklagte BLLV-Präsident Klaus Wenzel bei seinem Referat in Oberkotzau. Gemeinsam mit den Kreisverbänden Hof-Land, Naila und Münchberg hatte der KV Hof-Stadt zu einem Referat des BLLV-Präsidenten Klaus Wenzel (Foto) in die Aula der Schule in Oberkotzau eingeladen, und eine beinahe dreistellige Besucherzahl wollte die Thesen des Präsidenten hören. In der Begrüßung zollte KV-Vorsitzender Hans-Joachim Engler der Marktgemeinde Oberkotzau Respekt für die Entscheidung, der örtlichen Schule ein neues Gebäude zu errichten, was doch einiges Vertrauen in die Zukunft beweist. Zukunft und Zukunftsfähigkeit waren auch Thema des Referates von Klaus Wenzel, der darauf hinwies, dass er trotz seiner vielfältigen Aufgaben als Präsident auch wenigstens zweimal monatlich an Schulen sein wolle, um zu sehen, was an der Basis vorgehe. Er habe dabei beobachtet, dass trotz aller Probleme eine gute Arbeit geleistet werde: von engagierten Lehrern, von „gut“ ausgelasteten Schulleitungen und von einer Schulaufsicht, die sich bemühe, Schule zu organisieren. Bevor der Referent zu klären versuchte, ob das jetzige Schulsystem für übermorgen taugt, fragte er, ob es denn für heute tauge und wies auf sieben bedenkliche Zahlen hin: 1. Jedes zweite Kind verbindet Schule mit negativen Assoziationen wie Stress oder Angst. Für ein besseres Lernen wären aber Freude und Ausgeglichenheit nötig. 2. Schon jedes fünfte Grundschulkind ist in irgendeiner Weise therapiebedürftig. 3. Jedes Jahr bleiben in Bayern 35 000 bis 40 000 Schüler sitzen, was den Staatshaushalt mit 200 Millionen Euro belastet. Dieses Geld könnte man besser in mehr Lehrkräfte investieren. 4. Nachhilfelehrer und -institute nehmen im Jahr in Deutschland 1,5 Milliarden Euro ein. In Bayern sind es 150 Millionen. Mit diesem Geld soll aufgeholt werden, was die Schule heute nicht leistet. 5. 140 000 Schüler/innen in Bayern leben in Hartz-IV-Familien. 6. Damit hängt zusammen, dass in einem der reichsten Länder der Erde zwar die Zahl der Arbeitslosen zurückgeht, die Langzeitarbeitslosen aber immer mehr werden. Das drückt die Motivation der Schüler aus diesen Familien. 7. 60 000 Schüler in Deutschland (6000 in Bayern) verlassen die Schule ohne Abschluss. Gerade sie sind es, die in einigen Jahren unser Sozialsystem belasten werden. Wie reagiert nun die Staatsregierung Bayerns auf die gezeigten Probleme? Gelenkklassen, G 8 (mit hohem Zeitdruck), R 6 (mit erhöhtem Auslesedruck auf Grundschulen), Mittelschule (als kurzfristige Chance, aber kaum als längerfristige Lösung) sah Klaus Wenzel eher als Ausdruck von Aktionismus, neue Namen wie „Bildungslotsen“ und „Förderkulisse“ als Vernebelung des Grundproblems: Schulen testen heute, wie leistungsfähig das Kurzzeitgedächtnis ist, indem sie totes Faktenwissen prüfen. Wenzel sprach vom „Bulimielernen“. Stattdessen wäre eine Schule nötig, die junge Menschen auffordert, Handlungswissen zu erwerben; dafür müssen sie aber anspruchsvollere Lernprozesse durchlaufen und Fehler machen können. Dazu notwendig sind Zeit, kleine Klassen und ausreichend pädagogisches Personal. Eine erfolgversprechende Reform muss an den Fundamenten ansetzen. Es geht um alle drei grundlegenden Erziehungsinstitutionen: Familie, Kindergarten und Schule. In der Familie soll das Kind ab dem ersten Lebenstag Anregungen erhalten und lernen, aktiv zu sein. Heute zeigt sich, dass zu viele Eltern mit der Erziehung überfordert sind. Sie erbringen zwar die materielle Versorgung – oft sogar Überversorgung -, können aber oft dem Kind keine Orientierung geben, weil sie teilweise selbst orientierungslos sind. Wenzel bedauerte die Abschaffung des Schulfaches Erziehungskunde, zu dem er heute noch manchmal von früheren Schülern positive Rückmeldungen erfährt. In seiner Zeit als Lehrer und Seminarrektor gab er an der örtlichen Volkshochschule kostenlose Kurse für junge Eltern, die gut besucht waren, aber meistens von den Eltern, „die es eigentlich nicht nötig gehabt hätten“, nicht jedoch von Problemfällen. Eine – sehr konservativ klingende - Forderung an den Staat wäre es, Familien finanziell so auszustatten, dass die Betreuung des Kindes tagsüber gewährleistet ist. Zum Thema Kindergarten verwies Wenzel darauf, dass der BLLV offen ist für alle pädagogischen Berufe und auch Erzieherinnen im Kindergarten zu seinen Mitgliedern zählen. Schon in Kindergärten sind strukturierte Lernprozesse möglich und sinnvoll. Der „Bildungs- und Erziehungsplan“ (BEP) zeigt, was getan werden soll und kann. Aber das derzeitige Finanzierungsmodell, bei dem die Eltern je nach „gebuchter“ Betreuungszeit ihre Beiträge zu leisten haben, macht manche der guten Vorsätze zunichte. Die dadurch notwendigen Verwaltungsaufgaben beschneiden die Arbeitszeit der Erzieherinnen. Wenzel forderte daher eine weitgehende Kostenfreiheit der Bildungsangebote im Kindergarten und die bessere personale Ausstattung, da gerade Sprecherziehung nur in kleinen Gruppen erfolgversprechend geleistet werden kann. Bei der Erziehungsinstitution Schule legte Wenzel den Schwerpunkt auf die Grundschule, die vom ganzen Spektrum der künftigen Gesellschaft durchlaufen werde und eine bessere politische Würdigung verdient hätte. Derzeit erhalten Grundschullehrer/innen pro Arbeitsstunde die geringste Besoldung. Dabei stehen sie in einer Umfrage bei der Bevölkerung im Ansehen an vierter Stelle. Wünschenswert wäre auch ein höherer Männeranteil bei den Grundschullehrkräften, denn manche Kinder alleinerziehender Mütter erleben oft erst nach Kindergarten und Grundschule im Sekundarbereich einen Mann als Bezugsperson. Eine offene Gesellschaft erfordere die bestmögliche Förderung auch heterogener Gruppen, die so ihren eigenen Lernprozess entwickeln und lebenslang Freude am Lernen verspüren können. Dieser Freude steht heute in Bayern im Alter von 9 bis 10 Jahren der Auslesedruck entgegen. Übertrittsquoten an Gymnasien von bis zu 90 %, im Schnitt über 40 %, haben oft auch mit dem sozialen Statusdenken zu tun. Im dreigliedrigen Schulsystem geht aber nicht nur die soziale Schere auseinander, der demografische Wandel mit seinen prognostizierten Bevölkerungsrückgängen in manchen Regionen wird dazu führen, dass in manchen Gebieten die wohnortnahe Schule eine Wunschvorstellung bleibt. 4 fs 2-3/2011
Eine Lösung könnten die umstrittenen Kombiklassen sein, wenn sie nicht nur zu Einsparungszwecken eingeführt werden. Gemeinden sollten hier nach lokalen Gegebenheiten organisieren können. Der Referent streifte auch kurz die Lehrerbildung und bedauerte, dass die Studierenden zwar viel Wissen anhäufen, ihnen aber oft die konkrete Umsetzung der Pädagogik, das Lernen, was Lernprozesse bedeuten, vorenthalten werde. Zusammenfassend stellte Wenzel fest, dass wir eine grundlegende Reform brauchen, denn es geht um Menschen, die es wert sind, dass die Weichen richtig gestellt werden. (In der Bevölkerung hat der Begriff Reform durch viele misslungene Beispiele einen negativen Beigeschmack.) Er wies darauf hin, dass jeder in Bildung investierte Euro in einigen Jahren ein Mehrfaches an Einsparungen im Sozialhaushalt bringen werde. In der anschließenden Diskussion wies Wenzel auf die drei wichtigsten „Baustellen“ des bayerischen Schulwesens hin: Inklusion, Ganztagsschule und individuelle Förderung. Alle diese Entwicklungen erfordern mehr Personal, mittelfristig etwa 20 000 zusätzliche Kräfte. Nach Vortrag und Diskussion bot Rektor Siegfried Müller den Besuchern eine Führung durch den Schulhausneubau an, wovon rege Gebrauch gemacht wurde. Text/Foto: Werner Prell Die heutige Jugend ist gräßlich. Sie hat nicht den geringsten Respekt vor gefärbten (grauen) Haaren. Oscar Wilde fs 2-3/2011 Computer - Tipp WLAN-Missbrauch Wählen Sie sich mit Ihrem Computer mittels eines WLAN-Anschlusses in das Internet ein? Dann können auch Sie als Nutzer leicht Opfer von Schadensersatzforderungen wegen des illegalen Herunterladens von Dateien (Spielfilme, Spiele, Musik, Pornografie etc.) werden. Dies kann dann geschehen, wenn der WLAN-Anschluss nicht nach dem neuesten Stand der Technik verschlüsselt und damit nicht gesichert wird. Dann besteht die Gefahr, dass sich fremde Personen über den WLAN-Anschluss mit der IP- Adresse einer anderen Person in das Internet einwählen und eben eigentlich kostenpflichtige oder gar strafrechtlich relevante Inhalte über Ihre Adresse herunterladen. Zu einem informellen Besuch traf am 1. März der Präsident des BLLV Klaus Wenzel an der Grundschule Marktredwitz ein. Vor Ort konnte er die Vertretungssituation an der Grundschule hautnah miterleben. An diesem Tag fehlten vier Lehrkräfte, die durch Umschichtungen und die mobile Reserve vertreten werden mussten. Besonders interessierte er sich für die Ganztages- und Kooperationsklassen, die er auch im Unterricht besuchte. Nach Unterrichtsschluss führte er auch noch ausführliche Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen sowie dem zuständigen Schulrat Horst Geißel. Beklagt wurden vor allen die Personalknappheit, die Klassenstärken, die oft zusätzliche Belastung durch verhaltensauffällige Kinder. Zusätzliche Fortbildungsangebote Schul- und Bildungspolitik Vertretungssituation hautnah erlebt Klaus Wenzel besucht die Grundschule Marktredwitz zum Umgang mit verhaltensoriginellen Schülern wurden als wünschenswert erachtet. Die Kolleginnen und Kollegen sprachen sich dafür aus, die Kooperationsklassen in der 3. und 4. Jahrgangsstufe weiterzuführen. Diskutiert wurde auch die Überlastung des Leitungspersonals und der Verwaltungskraft. Zusätzlicher organisatorischer und zeitlicher Aufwand entstünde durch die Ganztages- und Kooperationsklassen sowie durch die Beurteilung und Beratung der Lehrkräfte. Leitungs- und Verwaltungszeit müssten deutlich angehoben werden. Klaus Wenzel bedankte sich für den erlebnisreichen Vormittag und die konstruktiven Gespräche mit dem Kollegium. Winfried Kneissl Bei seinem Besuch an der Grundschule Marktredwitz interessierte sich BLLV-Präsident Klaus Wenzel auch für die Lernbedingungen der Schüler. Das Problem hierbei ist, dass der Beweis, dass der Inhaber der IP-Adresse diese Inhalte nicht selbst heruntergeladen hat, nahezu nicht zu führen ist. Dies führt unabhängig von dem erheblichen persönlichen Ärger unter Umständen neben den Schadensersatzforderungen auch zu strafrechtlicher und damit meist auch dienstrechtlicher Verfolgung. Der BLLV Oberfranken möchte Sie ausdrücklich davor warnen und verweist Sie auf die aktuellen Informationen auf der BLLV-Homepage unter www.bllv.de/bs/2011/3 In diesem Zusammenhang auch der Hinweis auf die aktualisierten Informationen zu den urheberrechtlichen Fragen der Verwendung von Medien und Internet im Unterricht, die auf der Homepage www.medien.bllv.de neu eingestellt wurden. Sie geben einen soliden rechtlichen Hinter- grund, der es Ihnen ermöglicht, ohne rechtliche Probleme Medien in der Schule zu nutzen. Auch hier verstecken sich immer wieder rechtliche Probleme. Zu Ihrem Schutz möchten wir Sie bitten diese Hinweise zu beachten. fs Bitte beachten Sie den Redaktionsschluss: 30. Juni 2011 5
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