Kontakte - St. Mauritius Kirchengemeinde
Kontakte - St. Mauritius Kirchengemeinde
Kontakte - St. Mauritius Kirchengemeinde
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>St</strong>ellungnahme zum Rücktritt von Frau<br />
Dr. Margot Käßmann von Pastor Rainer von<br />
Oppen im Gottesdienst am 28. Februar 2010<br />
in unserer <strong>St</strong>. <strong>Mauritius</strong>kirche.<br />
Liebe Gemeinde,<br />
tief bewegende Ereignisse für unsere evangelische<br />
Kirche liegen in der vergangenen Woche<br />
hinter uns: Die Autofahrt von Frau Dr. Käßmann<br />
unter Alkoholeinfluss, und die daraus resultierenden<br />
Folgen, ihr sofortiges ausdrückliches<br />
Bedauern, unterschiedliche Reaktionen in<br />
der Öffentlichkeit, schließlich ihr Rücktritt am<br />
vergangenen Mittwoch.<br />
Wir können nicht einfach so zur Tagesordnung<br />
übergehen, sondern möchten unsere Gefühle<br />
ernst nehmen. So haben wir am letzten<br />
Mittwoch in unserer Kirchenvorstandssitzung<br />
beschlossen, dass ich hier an dieser <strong>St</strong>elle ganz<br />
kurz ein paar Worte sage.<br />
Erschrocken über die Fahrt unter Alkoholeinfluss<br />
der Bischöfin wollen wir nichts verharmlosen.<br />
Sie hat falsch gehandelt, wie es sicher<br />
viele unter uns auch schon getan haben. Sie<br />
stand unter einer besonderen Verantwortung als<br />
Bischöfin und EKD-Ratsvorsitzende. Dahinter<br />
kann niemand zurück.<br />
Trotzdem zeigten die ersten sehr unterschiedlichen<br />
Reaktionen, wie es um unsere evangelische<br />
Kirche bestellt ist. Zurückhaltend, mitfühlend,<br />
aber auch völlig überzogene, die Verhältnismäßigkeit<br />
aus dem Blick verlierende Äußerungen,<br />
ja Häme über Frau Käßmann auch<br />
aus evangelischen Kreisen. All den zuletzt genannten<br />
möchte man im Grunde den biblischen<br />
Satz zurufen: „Wer ohne Sünde ist, der werfe<br />
den ersten <strong>St</strong>ein.“<br />
Nun wie auch immer: Frau Dr. Käßmann ist<br />
von all ihren Ämtern zurückgetreten; sie wird ihre<br />
ganz persönlichen Gründe dafür haben. Vor allem<br />
in der Art und Weise, ihren Rücktritt öffentlich<br />
bekannt zu geben, blieb sie authentisch.<br />
Auch hier zeigte sie wieder ihre Geradlinigkeit<br />
und Klarheit. Ich frage mich schon, wie viel<br />
Druck auf ihr lastete, wie viel sie schon hat ertragen<br />
müssen gerade auch als Frau in diesen hohen<br />
kirchlichen Ämtern.<br />
<strong>St</strong>. <strong>Mauritius</strong> Kirchengmeinde<br />
Christliche Werte...<br />
27<br />
Persönlich hätte ich mir gewünscht, dass sie<br />
zumindest ihrAmt als Landesbischöfin behalten<br />
hätte, - zumal bei ihrer Fahrt unter Alkoholeinfluss<br />
ja Gott sei Dank niemand Drittes zu Schaden<br />
gekommen ist. Ganz besonders gefragt habe<br />
ich mich in den letzten Tagen, ob nicht die<br />
christlichen Werte, für die wir ja hier stehen, bis<br />
in die oberen Etagen der Kirche wirken müsste;<br />
mein (Traum-)Bild von Kirche ist, dass Worte<br />
wie Barmherzigkeit, Vergebung, Neu anfangen<br />
dürfen, durchhaltbar sind auch in Krisen. So<br />
wünschte ich es mir hier in unseren Gemeinden,<br />
aber eben auch bei einem Umgang mit einer Landesbischöfin.<br />
Mir fiel das Bild des Petrus ein,<br />
das auch in einem Leserbrief zu lesen war. Petrus,<br />
der Fels, auf dem die christliche Kirche aufgebaut<br />
werden sollte, so das Matthäusevangelium<br />
(16,18). Petrus, der wenig später dreimal verleugnet,<br />
Jesus zu kennen. Platt gesagt, wird unsere<br />
christliche Kirche auf einem Versager aufgebaut.<br />
Ich finde, hier wird uns drastisch vor Augen<br />
geführt, was auch in der vergangenen Woche<br />
in der Person von Frau Käßmann spürbar<br />
wurde: Wir alle, ob nun in Leitungsfunktionen<br />
der Kirche, oder als Neben- und Ehrenamtliche<br />
oder als Besucher von Gottesdiensten, wir alle<br />
sind Menschen, keine Heiligen. Wir machen<br />
Fehler, jede und jeder. Das macht auch unser<br />
kirchliches Leben aus. Trotzdem versuchen wir<br />
immer wieder neu, so gut wie möglich im Sinne<br />
Jesu Christi zu leben. Insofern denke ich im<br />
Blick auf die Geschehnisse mit Frau Käßmann,<br />
dass wir mit unseren christlichen Werten hätten<br />
zeigen können: Bei uns geht es anders zu als in<br />
so vielen gesellschaftlichen Zusammenhängen.<br />
Trotzdem: Selbstverständlich gilt es zu allererst,<br />
den Rücktritt von Frau Dr. Käßmann zu<br />
respektieren. Gleichzeitig aber möchten wir ihr<br />
von Herzen danken, für all ihr segensreiches<br />
Wirken in und für unsere christliche Kirche.<br />
Wir wünschen ihr gerade jetzt ganz viel<br />
Kraft, liebevolle Menschen an ihrer Seite, die<br />
ihr Mut und Vertrauen schenken und Gottes Segen<br />
auf ihrem weiteren Weg.<br />
Dissen, den 28. Feb. 2010<br />
Rainer von Oppen