S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie ... - DGVS
S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie ... - DGVS
S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie ... - DGVS
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
246<br />
<strong>Leitlinie</strong><br />
Tab. 1-2-1 Rom-III-Kriterien für die mit Bauchschmerzen assoziierten funktionellen<br />
gastrointestinalen Störungen bei Kindern (> 4 Jahre) und Jugendlichen<br />
[110].<br />
H2a. Diagnostische Kriterien1 für eine funktionelle Dyspepsie<br />
Alle folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:<br />
1. Anhaltend oder wiederkehrend auftretende Schmerzen oder Missempfindungen<br />
mit Schwerpunkt im Oberbauch (oberhalb des Nabels).<br />
2. Keine Erleichterung durch Defäkation, keine Assoziation mit dem Beginn<br />
eine Änderung von Stuhlfrequenz oder -form (d.h. es liegt kein RDS vor).<br />
3. Keine Anzeichen für einen entzündlichen, anatomischen, metabolischen<br />
oder neoplastischen Prozess, der die Symptome des Patienten erklärt.<br />
H2b. Diagnostische Kriterien2 für ein <strong>Reizdarmsyndrom</strong><br />
Alle folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:<br />
1. Abdominelle Missempfindungen (eine unangenehme Empfindung, die<br />
nicht als Schmerz beschrieben wird) oder Schmerzen, die mindestens in<br />
25% der Zeit mit 2 oder mehr der folgenden Kriterien assoziiert sind:<br />
a. Besserung durch Defäkation,<br />
b. Auftreten ist mit einer Änderung der Stuhlfrequenz assoziiert,<br />
c. Auftreten ist mit einer Änderung der Form (des Aussehens) des Stuhlgangs<br />
assoziiert.<br />
2. Keine Anzeichen für einen entzündlichen, anatomischen, metabolischen<br />
oder neoplastischen Prozess, der die Symptome des Patienten erklärt.<br />
H2c. Diagnostische Kriterien3 für eine abdominelle Migräne<br />
Alle folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:<br />
1. Anfallsartige Episoden mit heftigen, akuten periumbilikalen Schmerzen,<br />
die für mindestens 1 Stunde andauern.<br />
2. Zwischenzeitlich Perioden mit normalem Gesundheitszustand über<br />
Wochen bis Monate.<br />
3. Der Schmerz beeinträchtigt normale Aktivitäten.<br />
4. Der Schmerz ist mit mindestens 2 der folgenden Symptome assoziiert:<br />
a. Appetitlosigkeit,<br />
b. Übelkeit,<br />
c. Erbrechen,<br />
d. Kopfschmerzen,<br />
e. Lichtscheu,<br />
f. Blässe.<br />
5. Keine Anzeichen für einen entzündlichen, anatomischen, metabolischen<br />
oder neoplastischen Prozess, der die Symptome des Patienten erklärt.<br />
H2 d. Diagnostische Kriterien4 für funktionelle Bauchschmerzen im<br />
Kindesalter<br />
Alle folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:<br />
1. Episodischer oder kontinuierlicher Bauchschmerz.<br />
2. Unzureichende Kriterien für andere funktionelle gastrointestinale Störungen.<br />
3. Keine Anzeichen für einen entzündlichen, anatomischen, metabolischen<br />
oder neoplastischen Prozess, der die Symptome des Patienten erklärt.<br />
H2 d1. Diagnostische Kriterien5 für das Syndrom der funktionellen<br />
Bauchschmerzen im Kindesalter<br />
Die Kriterien für funktionelle Bauchschmerzen im Kindesalter müssen in<br />
mindestens 25% der Zeit erfüllt sein und mindestens eines der Folgenden:<br />
1. Beeinträchtigung alltäglicher Funktionen.<br />
2. Zusätzliche somatische Symptome wie Kopfschmerzen, Gliederschmerzen<br />
oder Schlafstörungen.<br />
1 Die Kriterien sind mindestens einmal pro Woche seit mindestens 2 Monaten<br />
vor Diagnosestellung erfüllt.<br />
2 Die Kriterien sind mindestens einmal pro Woche seit mindestens 2 Monaten<br />
vor Diagnosestellung erfüllt.<br />
3 Die Kriterien sind mindestens zweimal in den letzten 12 Monaten erfüllt.<br />
4 Die Kriterien sind mindestens einmal pro Woche seit mindestens 2 Monaten<br />
vor Diagnosestellung erfüllt.<br />
5 Die Kriterien sind mindestens einmal pro Woche seit mindestens 2 Monaten<br />
vor Diagnosestellung erfüllt.<br />
Eine Korrelation zwischen der psychiatrischen Nomenklatur<br />
und der Rom-Klassifikation wurde nicht hergestellt.<br />
Layer P et al. <strong>S3</strong>-<strong>Leitlinie</strong> zur <strong>Definition</strong>,… Z Gastroenterol 2011; 49: 237 –293<br />
Wegen der geringen Zahl von Studien mit Einschlusskriterien<br />
nach Rom III werden in dieser <strong>Leitlinie</strong> auch Studien berücksichtigt,<br />
deren Patienten nach den Rom-II-Kriterien rekrutiert<br />
wurden. Unterschiede in den Kriterien könnten Einfluss auf<br />
die Ergebnisse haben.<br />
Statement 1-2-2<br />
Die tatsächliche Prävalenz sowie Geschlechts- und Altersverteilung<br />
des RDS im Kindesalter sind unklar.<br />
Kommentar<br />
Es existieren nur einzelne, auf die Rom-II-Kriterien bezogene<br />
epidemiologische Studien in begrenzten Populationen, die die<br />
verschiedenen Typen funktioneller Bauchschmerzen entsprechend<br />
differenzieren [108, 109, 122 –126]. Daten aus Deutschland<br />
sind nicht spezifisch für funktionelle Ursachen [127].<br />
Anzunehmen ist eine Prävalenz unterhalb derjenigen von rezidivierenden<br />
Bauchschmerzen. Diese bewegt sich verschiedenen<br />
Studien zufolge in einem Bereich von 0,3 –ca. 20% [128]. In<br />
Italien konnte – basierend auf den Rom-II-<strong>Definition</strong>en – in<br />
der Primärversorgung von Patienten bis zum 14. Lebensjahr<br />
eine Prävalenz des <strong>Reizdarmsyndrom</strong>s von 0,14% und von<br />
funktionellen Bauchschmerzen von 0,62% ermittelt werden<br />
[125], auch wenn diese Zahlen aus der Beobachtung des klinisch-pädiatrischen<br />
Alltags für Deutschland eher höher zu liegen<br />
scheinen.<br />
Unter Patienten, die wegen rezidivierender oder chronischer<br />
funktioneller Bauchschmerzen in spezialisierten kindergastroenterologischen<br />
Abteilungen vorgestellt werden, sind etwa<br />
22 – 45% nach den Rom-Kriterien als RDS einzustufen [108,<br />
109, 111, 116].<br />
Zur Geschlechts- und Altersverteilung existieren keine ausreichenden<br />
Daten.<br />
Statement 1-2-3<br />
Es gibt Hinweise darauf, dass Angststörungen und Depression bei<br />
Kindern mit funktionellen Bauchschmerzen im Vergleich zu gesunden<br />
Kindern gehäuft auftreten. Die Häufigkeit von Angststörungen<br />
und Depression bei Kindern und Jugendlichen mit Bauchschmerzen<br />
scheint dagegen bei funktionellen Störungen im<br />
Vergleich zu organischen Störungen nicht unterschiedlich zu sein.<br />
Kommentar<br />
Literatur zu psychischen Komorbiditäten funktioneller Bauchschmerzen:<br />
[129 –135]. Separate Daten zum <strong>Reizdarmsyndrom</strong><br />
liegen nicht vor. Die Kausalitätsbeziehung ist unklar.<br />
Statement 1-2-4<br />
Es gibt Hinweise darauf, dass chronische Bauchschmerzen im Kindesalter<br />
im Langzeitverlauf mit einem erhöhten Risiko sowohl für<br />
Bauchschmerzen und andere somatische Symptome, wie z. B.<br />
Kopfschmerzen, als auch für psychosoziale Störungen, wie z. B.<br />
Angststörungen, oder häufigen Fehlzeiten in der Schule oder am<br />
Arbeitsplatz, einhergehen.<br />
Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt.