S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie ... - DGVS
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248<br />
<strong>Leitlinie</strong><br />
Tab. 2-1 Nachgewiesene Veränderungen beim <strong>Reizdarmsyndrom</strong> mit Biomarker-Potenzial. 1<br />
potenzielle Biomarker Veränderungen bei Reizdarm<br />
Motilität erhöhte Transitzeit bei RDS-D<br />
verringerte Transitzeit bei RDS-O<br />
Sensitivität z.T. erhöhte viszerale Sensitivität<br />
Schleimhautpermeabilität verringerter Gewebewiderstand<br />
verringerte Expression des Tight-Junction-Proteins ZO-1<br />
Immunzellen in Schleimhautbiopsien<br />
– intraepitheliale T-Zellen, Mastzellen<br />
– Nerv-Mastzell-Assoziation<br />
Immunmediatoren in Schleimhautbiopsien<br />
– Tryptase und andere Proteasen<br />
– Histamin<br />
– Proteases<br />
– Zytokine<br />
– Defensine<br />
Nerven in Schleimhautbiopsien<br />
– Nervenfasern<br />
– viszerale Afferenzen<br />
Kommentar<br />
Es gibt Hinweise, dass in einer Untergruppe von Patienten die<br />
Manifestation des RDS durch eine Immunaktivierung hervorgerufen<br />
wird [152–157]. Diese Immunaktivierung unterhält<br />
eine geringgradige Entzündung, die sich in einer erhöhten<br />
Ausschüttung von proinflammatorischen Zytokinen zeigt. Außerdem<br />
weisen RDS-Patienten eine erhöhte Anzahl aktivierter<br />
T-Zellen auf [158, 159]. In einigen Studien gibt es klare Hinweise<br />
für geringgradige Entzündung bei RDS: erhöhte Lymphozytenzahl<br />
in der Lamina propria und/oder der intraepithelialen<br />
Lymphozyten trotz normaler H&E-Färbung.<br />
In Kolonbiospien von Patienten mit postinfektiösem RDS zeigte<br />
sich eine erhöhte Expression des proinflammatorischen Zytokins<br />
IL-1β [160].<br />
In Kolonbiopsien von RDS-Patienten zeigte sich eine verringerte<br />
Expression und Sekretion der Chemokine IL-8, CXCL-9 and<br />
MCP-1 [161]. Damit hat die Schleimhaut von RDS-Patienten<br />
ein Defizit an Chemokinen, die eine kritische Rolle bei mukosalen<br />
Abwehrmechanismen spielen.<br />
Bei RDS-Patienten wurde eine erhöhte Mastzelldichte bzw. erhöhte<br />
Freisetzung der Mastzellmediatoren, insbesondere Pro-<br />
erhöhte Anzahl CD3 + -Lymphozyten<br />
erhöhte Anzahl und Reaktivität c-kit und Tryptase positiver Zellen<br />
engere lokale Assoziation zwischen Nerven und Mastzellen<br />
erhöhte Freisetzung<br />
erhöhte Freisetzung<br />
erhöhte Freisetzung bei RDS-D<br />
erhöhte Freisetzung von IL 1β bei PI-RDS<br />
erhöhte Freisetzung von humanem β-Defensin 2<br />
erhöhte Anzahl PGP 9.5 positiver Nervenfasern, erhöhte Substanz-P-Expression<br />
erhöhte TRPV1-Expression<br />
Schleimhautbiopsie Überstände<br />
– Nervensensibilisierung Aktivierung des ENS durch Histamin, Serotonin und Proteasen<br />
Aktivierung viszeraler Afferenzen<br />
Immunmediatoren im Blut<br />
– Zytokine<br />
– HPA-Achse<br />
– Antikörper<br />
Serotoninmetabolismus<br />
– Serotoninspiegel<br />
– Enterochromaffine Zellen<br />
– Serotonin-Wiederaufnahme-Transporter (SERT)<br />
erhöhte TH-2-Zytokinspiegel, erhöhte IL-6, IL-8, TNF-α,IL-1β Spiegel<br />
erhöhte ACTH und Kortisol-Spiegel<br />
Antikörper gegen bakterielles Flagellin<br />
erhöhte Serotonin-Plasmaspiegel bei RDS-D<br />
erhöhte Anzahl in Schleimhautbiopsien<br />
veränderte SERT-Expression und Funktion<br />
Genexpression<br />
– Schleimhaut erhöhte Expression von DKFZP564O0823 (vermutliche Funktion: Schleimproduktion)<br />
Stuhl<br />
– Mediatoren aus Immunzellen oder Mikrobiota<br />
– Mikrobiota<br />
erhöhte Konzentration von humanem β-Defensin, Proteasen, S100A12, Lactoferrin<br />
instabile Mikrobiota<br />
Verhalten veränderte Symptomperzeption<br />
1 ACTH = Adrenokortikotropes Hormon; RDS-O = Reizdarm vom Obstipationstyp; RDS-D = Reizdarm vom Durchfalltyp; ENS = enterisches Nervensystem; HPA<br />
Achse = Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden Achse; IL = Interleukin; ZO-1 = Zonula occludens 1, PI-RDS = postinfektiöses <strong>Reizdarmsyndrom</strong>,<br />
PGP = Protein gene product (panneuronaler Marker); TRPV1 = Transient Receptor Potential Vanniloid Receptor 1 (Marker viszeraler Afferenzen).<br />
Layer P et al. <strong>S3</strong>-<strong>Leitlinie</strong> zur <strong>Definition</strong>,… Z Gastroenterol 2011; 49: 237 –293<br />
teasen und Histamin beschrieben [162, 163]. Gleichzeitig befanden<br />
sich die Mastzellen in unmittelbarer Nähe von<br />
Nervenfasern. Diese anatomische Assoziation korreliert mit<br />
der viszeralen Schmerzintensität und der Schmerzfrequenz.<br />
RDS-Patienten zeigen eine Erhöhung einzelner Zytokine oder<br />
eines Zytokinpanels. Insbesondere das proinflammatorische<br />
Zytokin IL-1β sowie IL-6, IL-8 und TNF-α finden sich akzentuiert,<br />
wohingegen eine Suppression der Aktivität des antiinflammatorischen<br />
Zytokins IL-10 gezeigt werden konnte. Eine<br />
sichere Zuordnung der Zytokinmuster zu einem TH-1- oder<br />
TH-2-Profil ist nicht möglich.<br />
Eine weitere Studie ging der Hypothese nach, ob ein proinflammatorisches<br />
Zytokinprofil bei RDS-Patienten durch das<br />
cholinerge System beeinflusst wird. Dabei waren Patienten<br />
mit RDS als auch Patienten mit einer manifesten Depression<br />
im Vergleich zu gesunden Kontrollen untersucht worden. Es<br />
zeigte sich, dass sowohl die RDS- als auch die Depressionspatienten<br />
ein proinflammatorisches Zytokinprofil aufwiesen.<br />
Bei Patienten mit einem RDS allein fand sich zusätzlich eine<br />
verstärkte Muskarin-Rezeptor-vermittelte IL-6 Antwort [164].<br />
Bei RDS-Patienten ist das antimikrobiell wirkende Protein Humanes<br />
β-Defensin-2 erhöht [165, 166]. Dieses Ergebnis führt<br />
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