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S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie ... - DGVS

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262<br />

<strong>Leitlinie</strong><br />

4-3: Allgemeine, komplementäre und alternative Verfahren<br />

beim RDS bei Kindern (AG 9)<br />

Statement 4-3-1<br />

Die Betreuung eines Kindes mit RDS sollte ggf. unter Einbeziehung<br />

psychosozialer Professionen erfolgen. In therapierefraktären Fällen<br />

sollte frühzeitig ein Kindergastroenterologe mit einbezogen werden.<br />

[Evidenzgrad D, Empfehlungsstärke ↑, Konsens]<br />

Kommentar<br />

Hierzu gibt es keine Studien. Wegen der Häufigkeit psychischer<br />

Komorbiditäten und psychosozialer Belastungsfaktoren erscheint<br />

aber die Einbeziehung von psychosozialen Professionen sinnvoll,<br />

auch zur Vorbereitung eventueller kognitiv-behavioristischer<br />

Trainingsprogramme. Der pädiatrische Gastroenterologe bringt<br />

seine Expertise bezüglich seltener organischer Erkrankungen<br />

und die erweiterten, spezifischen Diagnoseverfahren (z.B. Endoskopie,<br />

Funktionstests) für die differenzierte Suche nach organischen<br />

Ursachen ein.<br />

Statement 4-3-2<br />

In der Interaktion mit Kindern und Eltern sollten die Beschwerden<br />

der Kinder ernst genommen werden. Funktionelle Beschwerdemodelle<br />

und das biopsychosoziale Bauchschmerzmodell sollten<br />

nach entsprechender Vordiagnostik thematisiert werden.<br />

[Evidenzgrad C, Empfehlungsstärke ↑, Konsens]<br />

Kommentar<br />

Die Akzeptanz eines biopsychosozialen Krankheitsmodells<br />

durch die Eltern verbessert den Outcome bei Kindern mit rezidivierenden<br />

Bauchschmerzen [356]. Eine Beratung bzw. eine<br />

Schulung der Eltern zum richtigen Umgang mit den Schmerzen<br />

(„Ablenkung statt Verstärkung“) kann einen positiven Einfluss<br />

auf den Verlauf der Schmerzsymptomatik haben [357].<br />

Statement 4-3-3<br />

Komplementäre oder alternative Therapieformen (Akupunktur,<br />

TCM, Homöopathie etc.) sollten beim kindlichen RDS eher nicht<br />

angewendet werden.<br />

[Evidenzgrad D, Empfehlungsstärke ↓, Konsens]<br />

Kommentar<br />

Diese Therapieverfahren werden häufig angewendet [358], ihre<br />

Sicherheit und Wirkung sind bislang aber nicht dokumentiert.<br />

Ein starker Placeboeffekt ist aufgrund der Daten zu placebokontrollierten<br />

Medikamentenstudien zu postulieren [359, 360].<br />

Kapitel 5 – Ernährung<br />

5-1: Diagnostische und therapeutische Rolle der Ernährung<br />

beim RDS bei Erwachsenen (AG 5)<br />

I. Einleitung<br />

Das Thema „Ernährung“ im Kontext von <strong>Reizdarmsyndrom</strong><br />

(RDS) wird kontrovers diskutiert. Zum einen ist unklar, ob<br />

Ernährungsfaktoren bei der Entstehung von RDS eine Rolle<br />

spielen, zum anderen ist wenig bekannt, inwieweit ernäh-<br />

Layer P et al. <strong>S3</strong>-<strong>Leitlinie</strong> zur <strong>Definition</strong>,… Z Gastroenterol 2011; 49: 237 –293<br />

rungsmedizinische Maßnahmen sinnvoller Bestandteil eines<br />

Therapiekonzepts für Patienten mit RDS sein können. Nachdem<br />

ein Paradigmenwechsel in der <strong>Definition</strong> des RDS zu erwarten<br />

ist, wonach das Krankheitsbild nicht ausschließlich<br />

anhand von Symptomkonstellationen und Ausschluss anderer<br />

Erkrankungen, sondern nach pathophysiologischen Veränderungen<br />

wie subklinische Entzündung, Störung des Darmnervensystems<br />

oder Störung im Bereich der Darm-Hirn-Achse<br />

definiert wird, kann erwartet werden, dass auch die Rolle<br />

der Ernährung in der <strong>Pathophysiologie</strong> des RDS neu definiert<br />

werden muss. Derzeit ist lediglich festzuhalten, dass das RDS<br />

gegenüber Nahrungsmittelunverträglichkeiten ( = immunologisch<br />

vermittelte Nahrungsmittelallergien oder meist durch<br />

Enzymdefekte verursachte Nahrungsmittelintoleranzen) abgegrenzt<br />

werden muss und dass nur wenige pauschale Ernährungsempfehlungen<br />

evidenzbasiert sind. Dem steht eine<br />

Erwartungshaltung vieler Patienten bez. der Ernährungstherapie<br />

gegenüber, die die evidenzbasierten Empfehlungen vielfach<br />

übersteigt. Da andererseits bekannt ist, dass Placeboeffekt<br />

und Suggestion eine relevante Rolle in der Behandlung<br />

des RDS spielen können, ist es möglich, dass durch eine allzu<br />

„nüchterne“ Darstellung der Evidenz ernährungstherapeutischer<br />

Maßnahmen wertvolle Therapieoptionen vertan werden<br />

könnten. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass das Fehlen<br />

einheitlicher Ernährungsempfehlungen in keiner Weise<br />

ausschließt, dass individuelle Ernährungstherapien wie beispielsweise<br />

auf subjektiven Unverträglichkeiten basierende<br />

Eliminationsdiäten sehr erfolgreich sein können, ohne dass<br />

andere Erkrankungen als RDS nachgewiesen sind. Daraus<br />

mag verständlich werden, warum hier präsentierte, nach<br />

strengen Kriterien geprüfte Empfehlungen und therapeutischer<br />

Alltag manchmal divergieren. Trotz all dieser Limitationen<br />

können 11 Empfehlungen ausgesprochen werden, die<br />

überwiegend mit starkem Konsens gestärkt wurden.<br />

Statement 5-1-1<br />

Es gibt keine einheitliche Ernährungsempfehlung für alle Patienten<br />

mit einem <strong>Reizdarmsyndrom</strong>, aber es gibt zahlreiche individuelle<br />

Ernährungsempfehlungen, die sich an den jeweiligen Symptomen<br />

orientieren.<br />

[Evidenzgrad B, Empfehlungsstärke ↑, starker Konsens]<br />

Kommentar<br />

Der Evidenzgrad B dieser Äußerung basiert auf zahlreichen Arbeiten<br />

(aller Evidenzgrade inklusive Grad I), die zu dieser Thematik<br />

negative Ergebnisse erbracht haben. Auf deren Nennung<br />

wird verzichtet. Ebenso haben zahlreiche Arbeiten belegt, dass<br />

es für Subgruppen von Patienten mit RDS evidenzbasierte<br />

Empfehlungen gibt, die im Folgenden mit entsprechender Literatur<br />

dargestellt werden. Andererseits gibt es keine Arbeit, die<br />

das Statement 5-1-1 als primäre Fragestellung adressiert. Aus<br />

diesem Grund wurde der Evidenzgrad von A nach B abgestuft.<br />

Statement 5-1-2<br />

Ernährungsbezogene Empfehlungen für Patienten mit der Diagnose<br />

<strong>Reizdarmsyndrom</strong> vom postinfektiösen Typ weichen nicht von<br />

den Empfehlungen für Patienten mit anderen Typen des <strong>Reizdarmsyndrom</strong>s<br />

ab.<br />

[Evidenzgrad D, Empfehlungsstärke ↑, starker Konsens]<br />

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