frohe Weihnachten - Gmünder Tagespost
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GLÜCKWÜNSCHE ZU WEIHNACHTEN Samstag, 24. Dezember 2011 17<br />
Am Tag „irgendwann“ ging sie weg<br />
uch im Frauenhaus in<br />
A Schwäbisch Gmünd wird ein<br />
paar Tage vor Heiligabend gemeinsam<br />
<strong>Weihnachten</strong> gefeiert.<br />
Drei Frauen und vier Kinder<br />
wohnen derzeit dort und eine<br />
Familie blickt mit viel Zuversicht<br />
in die kommende Zeit.<br />
Am Mittwoch vor <strong>Weihnachten</strong><br />
wird im Frauenhaus ein Christbaum<br />
aufgestellt und geschmückt,<br />
gemeinsam kochen<br />
und essen steht ebenfalls auf<br />
dem Programm. Auch kleine Geschenke<br />
werden verteilt. Heiligabend<br />
verbringen die Frauen<br />
dann alleine, manchmal besuchen<br />
sie ihre Verwandten oder<br />
feiern zusammen.<br />
„Viel schwieriger ist die Zeit um<br />
Silvester“; beschreibt Diplom-<br />
Sozialpädagogin Claudia Seiler,<br />
„dann beginnt ein neues Jahr,<br />
man blickt zurück und nach vorne“.<br />
Fünf Frauen können im<br />
<strong>Gmünder</strong> Frauenhaus untergebracht<br />
werden und leben dort in<br />
einer Art Wohngemeinschaft.<br />
„Wir bieten körperlich und seelisch<br />
misshandelten Frauen<br />
Schutz und Sicherheit“, beschreibt<br />
Claudia Seiler. Sie ist<br />
seit 20 Jahren eine der Ansprechpartnerinnen<br />
im Frauenhaus.<br />
Im Oktober 2010 konnte<br />
die Frauen- und Kinderschutzeinrichtung<br />
des Ostalbkreises<br />
ihr 20jähriges Bestehen feiern.<br />
Inzwischen haben mehr als 850<br />
Frauen mit über 1000 Kindern in<br />
der Einrichtung Schutz gefunden.<br />
Selten seien die Frauen länger<br />
als ein halbes Jahr im Frauenhaus,<br />
erzählt Claudia Seiler:<br />
„Ein Drittel bleibt eine Woche,<br />
ein Drittel etwa vier Wochen<br />
und ein Drittel der Frauen wohnen<br />
drei Monate oder länger<br />
hier“. Viele suchen sich eine eigene<br />
Wohnung, manche gehen<br />
zurück in ihr häusliches Umfeld -<br />
und manche kommen wieder.<br />
Der 23. November war für Tanja<br />
<strong>Weihnachten</strong> im Frauenhaus: In drei Wochen<br />
ein neuer Mensch geworden<br />
Seit 20 Jahren ist Diplom-Sozialpädagogin Claudia Seiler im Frauenhaus<br />
tätig. (Fotos: ub)<br />
Möller (Name geändert) der<br />
Tag, an dem sich ihr Leben änderte.<br />
„Im Nachhinein denke<br />
ich, es war alles so hingerichtet“,<br />
erzählt sie vom ganz plötzlichen<br />
Entschluss, endlich wegzugehen.<br />
22 Jahre hat sie die<br />
Gewalt in ihrer Ehe erduldet:<br />
Schläge, Eingesperrtsein, Würgen<br />
bis zur Bewusstlosigkeit<br />
und krankhafte Eifersucht, so<br />
dass sie schließlich nicht mal<br />
mehr den Balkon betreten durfte.<br />
„Er war eine tickende Bombe<br />
und ich wusste, wir müssen gehen,<br />
bevor was Schlimmes passiert“.<br />
An dem Tag fügte sich alles<br />
zusammen: Die Telefonnummer<br />
vom Frauenhaus war auf<br />
einmal da und sie, ohne Führerschein,<br />
fand gleich jemand, der<br />
sie fahren konnte. Mit ihren drei<br />
Töchtern und ihrem Sohn kam<br />
sie dort unter, dem ältesten<br />
neunzehnjährigen Sohn konnte<br />
sie erst abends telefonisch unter<br />
viel Tränen mitteilen, was sie<br />
getan hatte. Über seine Unterstützung<br />
ist sie heute noch<br />
glücklich: „Er hat nur eines ge-<br />
sagt: Respekt, Mama“.<br />
Wie sehr sich ihr Leben in drei<br />
Wochen verändert hat, kann sie<br />
manchmal selber nicht glauben<br />
„Ich bin ein ganz anderer<br />
Mensch geworden“ erklärt sie.<br />
Nie hatte sie eigenes Geld, auch<br />
irgendwo hingehen durfte sie<br />
nicht. Jetzt genieße sie die Zeit<br />
mit ihren Kindern, in der Stadt,<br />
beim Bummeln oder einfach bei<br />
einer Tasse Kaffee mit ihrer ältesten<br />
Tochter.<br />
Viel Dankbarkeit empfindet sie<br />
für alle Mitarbeiterinnen im<br />
Frauenhaus,<br />
die immer für<br />
sie da seien:<br />
„Hier sind so<br />
wunderbare<br />
Menschen, die<br />
uns so sehr geholfen<br />
haben“.<br />
Sie will an alle<br />
betroffenen<br />
Frauen appellieren,<br />
den<br />
Schritt zu wa-<br />
gen und wegzugehen.<br />
Nichts mehr er-<br />
dulden, keine bösen Worte und<br />
schon gar keine Gewalt - Tanja<br />
Möller will in ihr altes Leben auf<br />
keinen Fall zurück Sie hofft auf<br />
die gerichtliche Entscheidung,<br />
dass sie noch vor <strong>Weihnachten</strong><br />
wieder zurück in die Wohnung<br />
kann, ihr Mann muss ausziehen.<br />
An einen Neuanfang mit ihm<br />
denkt sie keine Sekunde, auch<br />
wenn er mit SMS und vielen Versprechungen<br />
Besserung gelobt.<br />
„Wenn ich an ihn denke, sehe<br />
ich nur eine leere Gestalt“, beschreibt<br />
sie die erloschenen Gefühle.<br />
Ihr ältester Sohn erwartet<br />
seine Mutter und Geschwister<br />
dann in ihrer Wohnung und auf<br />
das Weihnachtsfest zu Hause<br />
freut sich die Familie besonders.<br />
Zumal die jüngste Tochter am<br />
23. Dezember, sie selber am 24.<br />
Geburtstag hat. Wenn es noch<br />
nicht klappen sollte mit der<br />
Rückkehr rechtzeitig zu den Feiertagen,<br />
wollen sie das gemeinsame<br />
Fest im Frauenhaus genießen:<br />
„Auch wenn ich froh bin,<br />
wieder nach Hause zu kommen,<br />
könnte ich dauernd heulen, weil<br />
wir hier wieder weggehen“.<br />
Aber der 23. November wird für<br />
sie immer der Tag „Irgendwann“<br />
bleiben. Denn irgendwann<br />
wollte sie 22 Jahre lang<br />
weggehen, an diesem Tag hat<br />
sie es geschafft. Ute Betz<br />
Auch die Kinder versuchen, ihre Zimmer mit persönlichen<br />
Dingen wohnlich zu gestalten.<br />
Schönes Fest für Wohnungslose<br />
ie Begegnungsstätte St. Eli-<br />
Dsabeth in der Klösterlestraße<br />
in Schwäbisch Gmünd ist bei<br />
wohnungslosen Menschen eine<br />
gerne angenommene Anlaufstelle.<br />
Das ganze Jahr über wird<br />
in der Wärmestube eine Mahlzeit<br />
serviert, jetzt in der Weihnachtszeit<br />
darf man sich auch<br />
selbstgebackene Gutsle schmecken<br />
lassen und gemeinsam den<br />
Heiligabend verbringen.<br />
Das Haus St. Elisabeth, das von<br />
der Caritas Ost-Württemberg<br />
betrieben wird, hat unter den<br />
Wohnungslosen in ganz<br />
Deutschland einen besonders<br />
guten Ruf. Jörg Eibisch kann das<br />
beurteilen, denn er war selber<br />
26 Jahre obdachlos, bevor er seit<br />
einiger Zeit eine eigene Wohnung<br />
beziehen konnte. „Mit<br />
meinen beiden Katzen Tinka<br />
und Felix feiere ich dort <strong>Weihnachten</strong>“,<br />
erzählt er. Alles sei<br />
bereits fertig hergerichtet und<br />
der Baum geschmückt. Denn an<br />
Heiligabend hat er noch zu tun:<br />
Morgens wird Jörg Eibisch wie<br />
immer vor dem CityCenter die<br />
Obdachlosenzeitung „Trottwar“<br />
verkaufen - und außerdem<br />
Die Krippe wurde St. Elisabeth von Schwester Birgit<br />
überlassen und steht in der Kapelle im Haus.<br />
<strong>Weihnachten</strong> in der Begegnungsstätte<br />
St. Elisabeth<br />
führungen mit<br />
Herz“ durch.<br />
„Schon im ersten<br />
Jahr hatten<br />
wir 19<br />
Führungen,<br />
die immer hier<br />
in St. Elisabeth<br />
enden“, beschreibtAndreas<br />
Frey, der<br />
seit elf Jahren<br />
in der Begegnungsstätte<br />
mit seinen<br />
Kolleginnen<br />
für die Wohnungslosen<br />
da<br />
ist.<br />
Bei seinen Führungen macht<br />
Jörg Eibisch gerne Werbung für<br />
den Förderverein, der 1997 zur<br />
Unterstützung von Wohnungslosen<br />
und allen anderen hilfsbedürftigen<br />
Menschen in Schwäbisch<br />
Gmünd gegründet wurde.<br />
Die Unterstützung der <strong>Gmünder</strong>,<br />
sei es durch Kauf der Trott-<br />
War-Hefte, durch Spenden für<br />
St. Elisabeth oder den Förderverein<br />
sei immer wieder toll,<br />
freut sich Andreas Frey. Als Beispiel<br />
nennt er die vielen Geschenke,<br />
die jetzt von Geschäftsleuten<br />
für die Obdachlosen gespendet<br />
wurden. Oder das Angebot<br />
der Leuchtturm-Bowlingbahn,<br />
allen Kegeln und Essen<br />
umsonst zu ermöglichen. „Die<br />
Metzgerei Scherrenbacher spendet<br />
seit ich hier bin, an Heiligabend<br />
das komplette Essen“,<br />
berichtet er.<br />
Zum Weihnachtsgottesdienst<br />
um 13.30 Uhr in der Kapelle im<br />
Haus ist jeder herzlich willkommen,<br />
ebenso zum anschließenden<br />
gemütlichen Beisammensein.<br />
„Da kommen manchmal<br />
Jörg Eibisch und Andreas Frey (rechts) erzählen vom<br />
Weihnachtsfest in der Begegnungsstätte St. Elisabeth.<br />
(Fotos: ub)<br />
hat er an diesem Tag auch seinen<br />
57. Geburtstag.<br />
Er genieße die Weihnachtszeit<br />
sehr intensiv, dies sei aber die<br />
ersten Jahre seiner Obdachlosigkeit<br />
anders gewesen. Im nächsten<br />
Jahr will Jörg Eibisch, der<br />
seit 2005 aus gesundheitlichen<br />
Gründen in Schwäbisch Gmünd<br />
lebt, seine Lebensgeschichte auf<br />
278 Seiten veröffentlichen. Er,<br />
der einst in der ehemaligen DDR<br />
wegen Fluchtversuch ins Gefängnis<br />
kam, später<br />
freigekauft<br />
wurde, in der<br />
Drückerkolonne<br />
arbeitete, nach<br />
Nichterfüllen der<br />
Anforderungen<br />
an der Autobahnraststätteausgesetzt<br />
und so obdachlos<br />
wurde,<br />
engagiert sich seit<br />
Jahren für wohnungsloseMen-<br />
schen. Seit 2007<br />
führt er erfolgreich<br />
die „Stadt-<br />
auch Menschen, die Hartz IV beziehen<br />
oder Menschen aus der<br />
Nachbarschaft“, erzählt Andreas<br />
Frey. Wie der alte Mann, der<br />
lange die Einladung nicht annehmen<br />
wollte und mittlerweile<br />
Stammgast ist. Es gibt auch jedes<br />
Jahr Freiwillige, teilweise<br />
ehemalige Wohnungslose, die<br />
Gutsle backen. „Das gibt es nirgendwo<br />
sonst in ganz Deutschland,<br />
dass für Obdachlose gebacken<br />
wird“, versichert Jörg Eibisch.<br />
Die gespendeten Geschenke<br />
und Präsente, für die<br />
der Förderverein einen Zuschuss<br />
gibt, werden bei der Weihnachtsfeier<br />
verteilt.<br />
Neben dem Tages- und Begegnungsstättenbereich<br />
und der<br />
Wärmestube, wo Durchreisende<br />
eine Mahlzeit zu sich nehmen<br />
können, ihre Wäsche waschen<br />
oder aber auch übernachten<br />
können, gibt es in St. Elisabeth<br />
ein Aufnahmehaus als zeitlich<br />
befristetes Wohnangebot sowie<br />
eine Beratungsstelle der Caritas.<br />
„Ganz neu ist das Kochprojekt<br />
in unserer Küche“, erzählt Andreas<br />
Frey. Dort werden seit einigen<br />
Monaten für verschiedene<br />
Stadtteilprojekte, die Kontaktstelle<br />
„Limit“ und für St. Elisabeth<br />
rund 60 Essen täglich<br />
selbst gekocht. Jedes Essen wird<br />
vom Förderverein mit zwei Euro<br />
bezuschusst und kostet die<br />
Wohnungslosen dann 1,70 Euro.<br />
Freude herrscht auch über den<br />
anstehenden Bau von St. Martin<br />
direkt neben der Begegnungsstätte.<br />
„Dort können vier Männer<br />
wohnen, die alters- und gesundheitsbedingt<br />
nicht mehr<br />
auf der Straße leben können<br />
und vier Frauen“, beschreiben<br />
Jörg Eibisch und Andreas Frey<br />
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