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Dr. Fritz Fenzl Autor im Gespräch mit Dr. Wolfgang Habermeyer ...

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Gefahr – in dieser Sichtweise –, dass man da<strong>mit</strong> Wunder quasi inflationär<br />

macht? Ist es denn ein Wunder, wenn man verzeihen lernt oder wenn man<br />

innerlich wächst? Denn das Wandern, das Pilgern, das In-sich-Gehen ist ja<br />

<strong>im</strong>mer etwas, das völlig unabhängig vom Glauben, in dem man das tut, hilft.<br />

Wenn man ruhiger wird, dann kann es sehr wohl sein, dass man zu<br />

Erkenntnissen kommt, die man sonst in der Hektik des Alltags nicht hat. Ich<br />

frage einfach mal: Wenn man so etwas bereits als Wunder bezeichnet, wird<br />

dann das Wunder nicht inflationär, kann man das noch von Wundern<br />

unterscheiden, wie Sie sie bezeichnen?<br />

<strong>Fenzl</strong>: Wenn man nach Wundern fragt, dann bekommt man so viele Antworten<br />

darauf, wie man Leute befragt. Ich persönlich gehe ganz bewusst so weit,<br />

auch schon von kleinen Wundern zu sprechen und ich sehe darin<br />

überhaupt keine Inflation, denn auch die sind ja schon selten genug; man<br />

muss oft ganz hart darum kämpfen. Wenn ein Mensch sein Leben ändert,<br />

dann ist das ein Wunder. Diese großen Vorbilder gibt es ja bei den Heiligen:<br />

Wenn einer wie Ignatius von Loyola vom Haudegen, Raufbold und Krieger<br />

zum Krieger Christi wird, dann sind das große Umwälzungen, oder wenn<br />

ein Saulus zum Paulus wird. Aber auch schon, wenn man <strong>im</strong> Kleinen, wenn<br />

man <strong>im</strong> persönlichen Bereich eine Untugend durch beständiges sich<br />

hingeben an Gott und durch Beten und durch das Aufsuchen dieser Orte<br />

ablegen kann, schon dann benütze ich hierfür durchaus den Begriff<br />

"Wunder". Denn die Folge dieser kleinen Überwindungen des eigenen Ego<br />

führt eben auch zu Heilungsprozessen.<br />

<strong>Habermeyer</strong>: In dem Buch "Wahre Wunder", in dem Sie über die Aufzeichnungen des<br />

Pater Frumentius berichten, kommt eine Geschichte vor, an der ich das<br />

gerne ein wenig näher explizieren möchte. Das ist eine Geschichte, die<br />

un<strong>mit</strong>telbar nach dem Zweiten Weltkrieg in der Ohmstraße in München<br />

spielt. Ein Auto <strong>mit</strong> zwei Erwachsenen und einem kleinen Kind fährt in die<br />

Ohmstraße hinein. München ist völlig ausgebombt und dort in der<br />

Ohmstraße steht von einem Haus nur mehr die Fassade. Der Rest des<br />

Hauses ist zerstört. In dem Moment, in dem dieses Auto in die Straße fährt,<br />

fällt diese Fassade um: genau auf das Auto drauf. Die beiden<br />

Erwachsenen, also die Eltern, sind tot. Dort, wo das kleine Kind sitzt, war in<br />

dieser Fassade eine Tür, sodass diesem Kind überhaupt nichts passiert ist.<br />

Das Kind ist ein Jahr alt und überlebt dieses Unglück mehr oder wenig<br />

unverletzt. Sie und Pater Frumentius sagen nun, dass das ein Wunder sei.<br />

Sie können sich sicher vorstellen, dass es dafür auch andere Erklärungen<br />

gibt: Das kann schlicht und ergreifend einfach auch nur Glück oder Zufall<br />

gewesen sein. In seinem Buch "Tante Jolesch" lässt Friedrich Torberg<br />

diese Tante u. a. auch folgenden Satz sagen: "Gott behüte uns vor allem,<br />

was noch ein Glück ist." Denn wenn man Glück <strong>im</strong> Unglück hat, dann, so<br />

sagt sie, hat man ja dennoch auch <strong>im</strong>mer dieses Unglück. In diesem Fall<br />

sind zwei Menschen zu Tode gekommen, ein Mensch hat überlebt: Wie ist<br />

hier die Abgrenzung zwischen Glück und Wunder? Denn ich z. B., der<br />

zugegebenermaßen <strong>mit</strong> Wundern nichts anfangen kann, würde sagen,<br />

dass das einfach Glück gewesen ist: Da hat jemand schlicht und ergreifend<br />

einfach Glück gehabt.<br />

<strong>Fenzl</strong>: Das ist auch der klassische Begriff von Glück als bayerisches bzw.<br />

jüdisches Massel, als ein Noch-einmal-davon-Gekommen. An diese<br />

Geschichte <strong>im</strong> Archiv von Pater Frumentius erinnere ich mich ganz<br />

besonders: Sie steht ganz am Anfang. Alle diese Geschichten bergen<br />

<strong>im</strong>mer auch eine gewisse Schlitzohrigkeit oder haben einen doppelten<br />

Boden. Natürlich fällt hier diese Häuserfassade um und – diese Geschichte<br />

ist ja auch wirklich verbürgt – genau dort, wo in der Fassade eine Tür oder<br />

ein Fenster ausgespart war, überlebt ein Kind in diesem Auto. Das ist genau<br />

so, wie man ja auch sonst <strong>im</strong> Alltagsleben oft merkt: "Jetzt wäre fast etwas<br />

passiert!" Da steigt meinetwegen jemand aus irgendwelchen nichtigen<br />

Gründen in ein Flugzeug nicht ein, das dann abstürzt. Oder jemand hat

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