25.02.2013 Aufrufe

Juli - Langebrück

Juli - Langebrück

Juli - Langebrück

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Jahrzehntelang an ihrer Seite<br />

Der <strong>Langebrück</strong>er Dieter Uhlmann hat sich um seine<br />

an Alzheimer erkrankte Mutter gekümmert. Seine Erlebnisse<br />

über diesen "Abschied auf Raten" hat er niedergeschrieben.<br />

In seiner Wohnung hängen Bilder an der Wand. Sie zeigen<br />

jenen Menschen, den Dieter Uhlmann auf schmerzliche<br />

Weise gehen lassen musste: Seine Mutter. Viele<br />

Jahre litt sie unter Alzheimer, der häufigsten und bekanntesten<br />

Form der Demenz. Seine Erfahrungen mit<br />

diesem "Abschied auf Raten", wie sich die Erlebnisse<br />

auf sein Familienleben auswirkten, wie es sich anfühlt,<br />

einen geliebten Menschen zu verlieren, all das hat der<br />

<strong>Langebrück</strong>er Dieter Uhlmann in einem Buch niedergeschrieben.<br />

Zehn Lesungen hat er mittlerweile schon gehalten. Bis<br />

Jahresende werden noch einige dazukommen. Höhepunkt<br />

wird sicherlich der 21. September sein. Am Weltalzheimertag<br />

liest er, für die Teilnehmer an der Seniorenakademie<br />

Dresden, aus seinem Buch "An ihrer Seite:<br />

Alzheimer - Der lange Abschied von meiner lieben Mutter"<br />

vor. Dabei sind es auch diese Erlebnisse, die der<br />

<strong>Langebrück</strong>er schätzt. Eine Stunde lang trägt er vor,<br />

dann diskutiert er mit dem Publikum. "Vor Kurzem wunderte<br />

ich mich, warum ein älterer Herr nicht mit diskutieren<br />

wollte. Doch irgendwann kam er aus sich heraus",<br />

erzählt Dieter Uhlmann. "Ich habe ihr Buch bereits gelesen<br />

und mitunter andere Erfahrungen gemacht", sagte<br />

der Gast.<br />

Jene Berichte zeigen Dieter Uhlmann, wie es mit seiner<br />

Mutter hätte auch laufen können: Aggressives Verhalten,<br />

den eigenen Sohn nicht mehr erkennen, sich und<br />

seine Umgebung quasi komplett vergessen. Nicht mehr<br />

wissen, wie etwas funktioniert. Zugegeben es gab auch<br />

diese Momente, sowie Höhen und Tiefen während dieser<br />

Zeit, sagt Dieter Uhlmann. Wenn sie vorm Spiegel<br />

sitzt, mit ihrem Spiegelbild redet, als wäre es ein völlig<br />

anderer Mensch, so eine der vielen Situationen.<br />

"Als einziges Kind hatte ich eine enge, sehr liebevolle<br />

Beziehung zu ihr", sagt er. Wenn er erzählt, sieht man<br />

ihm deutlich an, dass die Erlebnisse der 13 Jahre aufopferungsvoller<br />

Pflege, sich die Zeit nehmen, mitunter<br />

schwere Entscheidungen treffen, nahe gehen.<br />

1996 holte er seine Mutter nach <strong>Langebrück</strong>, erst<br />

wohnte sie alleine, später zog sie ins Haus der Familie<br />

mit ein. Über die Krankheit wussten seine Frau und seine<br />

beiden Töchter Bescheid Dieter Uhlmann arbeitete<br />

zu diesem Zeitpunkt im Außendienst. War häufig unterwegs.<br />

Letztendlich hielt seine Ehe dieser Belastungsprobe<br />

nicht stand. Auch das Kapitel beschreibt er im<br />

Buch, "Ich wollte auch zeigen, wie die Krankheit das<br />

Familienleben belasten kann", sagt der <strong>Langebrück</strong>er.<br />

Dabei ist ihm die Familie wichtig. Sein Buch hat er für<br />

seine Kinder und die Enkel geschrieben. Seinen Töch-<br />

- 8 -<br />

tern gab er es vor der Veröffentlichung zu lesen.. Wollte<br />

wissen, was sie davon halten. Dieter Uhlmann hatte es<br />

nicht an einem Stück geschrieben. Viel Zeit lag dazwischen.<br />

Auch die Erlebnisse im Heim hat er aufgeschrieben.<br />

2000 entschied er sich für diesen schweren Schritt.<br />

"Damals fragten sie mich nur, ob Einbett- oder Zweibettzimmer",<br />

sagt er. Uhlmann war geschockt. Schließlich<br />

ging es nicht ums Regaleinräumen in einem Supermarkt,<br />

sondern um seine Mutter. "Um eine früher so lebensfrohe<br />

und zupackende Persönlichkeit, die nun hier<br />

leben sollte", sagt er. Nach neuneinhalb Jahren im Heim<br />

musste er schweren Herzens von ihr Abschied nehmen.<br />

Seine Mutter wurde 94 Jahre alt. Bis zum Schluss<br />

besuchte er sie täglich im Heim. Brachte ihr Obst und<br />

Schokolade mit, ging mit ihr spazieren.<br />

All dies und viele Erlebnisse hat Dieter Uhlmann auf 82<br />

Seiten niedergeschrieben. Und der <strong>Langebrück</strong>er hat<br />

Blut geleckt. Gefallen am Schreiben gefunden. „Mein<br />

nächstes Buch wird komplett was anderes”, sagt er augenzwinkernd.<br />

Muss dabei lachen, denn es geht wieder<br />

um seine eigenen Erfahrungen als Partnervermittler.<br />

Seine Mutter wäre bestimmt stolz auf ihren Sohn Dieter,<br />

der sie bis zum Schluss auf ihrem schwierigen Weg begleitet<br />

hatte. Immer an ihrer Seite war.<br />

Die Herzenöffnerin<br />

Folke Stimmel hat eine ganz besondere Beziehung zur<br />

legendären Kinderbuch-Illustratorin Gertrud Caspari,<br />

und bewahrt in ihrer <strong>Langebrück</strong>er Wohnung so manche<br />

Sensation auf.<br />

Die Klingel ertönt. „Komm nur herein”, ist in großen<br />

Buchstaben auf ein Plakat geschrieben. Darunter eine<br />

Zeichnung aus einem Kinderbuch. Rechts an der Eingangstür<br />

hängt das Plakat. Folke Stimmel öffnet die Tür.<br />

Bittet hinein. Auf das Plakat angesprochen, sagt sie:<br />

„Passt doch”. Denn Gäste empfängt sie häufiger in ihrer<br />

<strong>Langebrück</strong>er Wohnung, in der Friedrich-Wolf-Straße.<br />

An einem großen Tisch im Wohnzimmer bittet sie Platz<br />

zu nehmen. Auf diesem hat sie eine Auswahl an Kinderbüchern<br />

hingelegt. Alle haben etwas gemeinsam:<br />

Sie wurden von Gertrud Caspari, Folke Stimmels Großtante,<br />

illustriert. Einige hat Gertrud Caspari gemeinsam<br />

mit ihrem Bruder Walter gestaltet. Auch von diesen hat<br />

Folke Stimmel einige zu Hause.<br />

Seit 2008 leitet Folke Stimmel die Gertrud-Caspari-Familienstiftung,<br />

die das Andenken der Kinderbuchillustratorin<br />

bewahrt und die weit verzweigt, deutschlandweit<br />

verstreute Familie vereint. Alle drei Jahre steht ein Familientreffen<br />

an. Zwar hatte Gertrud Caspari keine Kinder,<br />

dafür aber viele Nichten und Neffen. Folke Stimmel wird<br />

hin und wieder gefragt, warum gerade sie die Stiftung<br />

leitet. Für die Antwort greift sie in den Bücherstapel,<br />

holt ein Buch hervor, das sich mit Leben und Werk ihrer<br />

Großtante befasst. Sie schlägt es auf. "Auch deswegen",<br />

sagt sie. Gezeigt ist eine Fotografie von 1942. "Auf dem<br />

Schoß von Gertrud Caspari sitzt ihre Großnichte Folke<br />

Rexhausen", ist dort zu lesen. "Gemeinsam mit meiner<br />

Mutter wohnte ich damals bei ihr". Gertrud Caspari war<br />

damals 67 Jahre alt, erst nicht sonderlich davon begeistert,<br />

dass ein Säugling mit im Haus leben sollte. Nach<br />

vier Wochen schrieb sie einen Brief. "Endlich ist ein Kind<br />

im Haus", erzählt Folke Stimmel. Für sie war Gertrud<br />

Caspari nicht die Großtante, sondern ihre Omi. Mit deren<br />

Büchern ist sie aufgewachsen. "Später konnte ich<br />

sie auswendig, obwohl ich gar nicht lesen konnte", sagt<br />

sie. Und Bücher ließen Folke Stimmel nicht mehr los,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!