Unterrichtung - DIP - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 9. Wahlperiode Drucksache 9/565<br />
2. Kartellverbot und Kooperation<br />
Das Kartellverbot umfaßt wettbewerbsbeschränkende Verträge,<br />
Beschlüsse oder abgestimmte Verhaltensweisen nur, soweit<br />
sie geeignet sind, die Marktverhältnisse spürbar zu beeinflussen.<br />
Bis zu dieser „Spürbarkeitsgrenze", d. h. bei allen im<br />
Markt praktisch nicht ins Gewicht fallenden Kooperationen,<br />
können Unternehmen frei und ohne vorherige Legalisierung<br />
durch die Kartellbehörden zusammenarbeiten. Enthält die geplante<br />
Kooperation keine wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen,<br />
ist das Kartellverbot ohnehin nicht berührt. Obwohl<br />
gerade kleine und mittlere Unternehmen wegen ihrer<br />
häufig unbedeutenden Marktstellung die Möglichkeit zur kartellfreien<br />
Kooperation haben, herrscht bei ihnen weithin Unsicherheit<br />
darüber, wo die Grenzen dieser „kartellfreien" Kooperation<br />
verlaufen. Leistungssteigernde Kooperationen, mit denen<br />
kleine und mittlere Unternehmen größenbedingte Vorteile<br />
konkurrierender Großunternehmen zumindest teilweise ausgleichen<br />
können, haben aber gerade angesichts der zunehmenden<br />
Strukturveränderungen und notwendigen Anpassungszwänge<br />
in der Wirtschaft erhebliche wirtschafts- und wettbewerbspolitische<br />
Bedeutung. Sie können zu einer Verbesserung<br />
der Wettbewerbsstrukturen beitragen und sind wettbewerbspolitisch<br />
erwünscht. Das Bundeskartellamt hat deshalb geprüft,<br />
ob die Grenzen der kartellfreien Kooperation durch generelle<br />
qualitative und quantitative Kriterien so abgesteckt<br />
werden können, daß die Unternehmen leicht beurteilen können,<br />
ob ein Kooperationsvorhaben ohne Berührung des Kartellverbots<br />
durchgeführt werden kann. Derartige generelle<br />
Grenzziehungen sind jedoch nicht möglich, da nach der höchstrichterlichen<br />
Rechtsprechung (WuW/E BGH 1461 ff. „Fertigbeton")<br />
stets alle im Einzelfall in Betracht kommenden Umstände<br />
abzuwägen sind. Kleinen und mittleren Unternehmen können<br />
bei einer derartigen wettbewerbsrechtlichen Beurteilung einer<br />
Kooperation leicht entschuldbare Fehleinschätzungen unterlaufen.<br />
Das Bundeskartellamt hat daher durch Verwaltungsgrundsätze<br />
verdeutlicht (Sechster Abschnitt S. 133 f.), in welchen<br />
Grenzen es von einer Verfolgung möglicher Gesetzesverstöße<br />
bei leistungssteigernden Kooperationen mit geringer<br />
wettbewerbsbeschränkender Bedeutung absieht.<br />
Im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens (§ 47 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz<br />
und § 37 a) hat das Bundeskartellamt<br />
Verstöße gegen das Kartell- und Abstimmungsverbot (§§ 1, 25<br />
Abs. 1) auch bisher in aller Regel nicht verfolgt, wenn an einer<br />
Kooperation lediglich kleine und mittlere Unternehmen beteiligt<br />
waren und der von der Beschränkung erfaßte Marktanteil<br />
und die Marktwirkung sehr gering waren. An dieser Verwaltungspraxis<br />
wird das Bundeskartellamt festhalten und Wettbewerbsbeschränkungen<br />
in aller Regel nicht verfolgen, wenn<br />
— sie mit einer leistungssteigernden zwischenbetrieblichen<br />
Zusammenarbeit durch Koordinierung von Unternehmensfunktionen<br />
verbunden sind,<br />
— nur ein kleiner Kreis rechtlich und wirtschaftlich selbständiger<br />
kleiner und mittlerer Unternehmen beteiligt ist und<br />
Leitlinien zur<br />
Anwendung des §1<br />
auf Bagatellfälle